Aus der Rubrik “Mieterproteste”:

Berliner Zeitung am 07.09.2021: Groß-Demo für Mietenstopp in Berlin: Mieter machen mobil
Die Veranstalter fordern von der nächsten Bundesregierung einen „radikalen Kurswechsel“ in der Wohnungspolitik. Bis zu 30.000 Menschen werden zur Demo erwartet.
Mieterinitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbände rufen für Sonnabend zu einer Demonstration in Berlin auf, um einen „radikalen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik von der zukünftigen Bundesregierung einzufordern“. Das geht aus einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung der Veranstalter hervor. Die Organisatoren rechnen mit 10.000 bis 30.000 Teilnehmern. Laut Polizei sind 20.000 Personen angemeldet. Im Mittelpunkt des Protests steht die Forderung nach einem Mietenstopp.
„Ob Frankfurt, Dresden, München, Leipzig, Berlin, Hamburg oder Köln: Die Mieten steigen unaufhörlich weiter oder haben unzumutbare Höhen erreicht – und das nicht nur in den großen Städten“, kritisieren die Organisatoren der Demonstration. Vielerorts sinke das Angebot an preisgünstigem Wohnraum dramatisch, verlören Menschen durch Zwangsräumung ihre Wohnung oder fänden „schlicht keinen bezahlbaren Wohnraum“. Wohnen sei aber „ein Menschenrecht und keine Ware“, deswegen brauche Deutschland einen sofortigen Kurswechsel in der Mieten- und Wohnungspolitik.

Neue Bundesregierung soll gleich nach der Wahl handeln

„Wir wollen am 11. September ein kraftvolles Zeichen setzen, die Stärke und den Widerstand der Berliner und bundesweiten Mietenbewegung auf die Straße bringen“, sagt Kim Meyer vom Mietenwahnsinn Bündnis Berlin. „Viele Mieterinnen und Mieter in Deutschland sind verzweifelt“, sagt Matthias Weinzierl von der Kampagne Mietenstopp. „Sie haben die berechtigte Sorge, ihr Zuhause zu verlieren.“ Denn die Mieten stiegen immer weiter, auch Corona habe daran nichts geändert. „Deswegen fordern wir jetzt einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre“, so Weinzierl. Der Mietenstopp müsse sofort nach der Wahl von der Bundesregierung beschlossen werden.
„In den sechs Jahren eines Mietenstopps müssen dringend weitere Reformen angegangen werden“, fordert Monika Schmid-Balzert vom Deutschen Mieterbund. „Es muss das Bodenrecht reformiert werden, denn mit extrem hohen Bodenpreisen kann kein bezahlbarer Wohnraum entstehen.“ Außerdem müsse die Wohnungsgemeinnützigkeit wieder eingeführt werden. Die war Ende der 1980er-Jahre von der schwarz-gelben Koalition von Kanzler Helmut Kohl (CDU) abgeschafft worden. Bis dahin hatten sich gemeinnützige Unternehmen verpflichtet, ihre Wohnungen auf Dauer zu beschränkten Preisen zu vermieten und das Firmenvermögen nur für den Wohnungsbau einzusetzen. Im Gegenzug genossen sie steuerliche Vorteile.

Protestzug startet am Alexanderplatz

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten fordert, „100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr und viele leistbare Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung“ zu bauen. Außerdem müsse der Kündigungsschutz verbessert werden„Nicht nur in Berlin werden immer mehr Menschen mit geringem Einkommen durch hohe Mieten obdachlos oder in neue Armutssiedlungen am Stadtrand verdrängt“, sagt Karlheinz Paskuda vom bundesweiten Aktionsbündnis gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung. „Auch gewerbliche Angebote des alltäglichen Bedarfs verschwinden.“ Eine Enteignung von Wohnungskonzernen, nicht nur in Berlin, sei nötig, um Mieter „vor Spekulation und Profitinteressen zu schützen“.
Initiatoren der Demonstration sind das bundesweite „Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“, die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ und die Kampagne „Mietenstopp! Denn dein Zuhause steht auf dem Spiel“. Die Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen wirbt um Unterstützung beim Volksentscheid über die Vergesellschaftung von Wohnungen großer Unternehmen. „Wir haben in Berlin am 26. September 2021 die historisch einzigartige Chance, ein Zeichen gegen den Verkauf unserer Städte zu setzen“, sagt der Sprecher der Initiative Rouzbeh Taheri. Der Volksentscheid biete die Möglichkeit, „Hunderttausende Wohnungen der Spekulation zu entziehen und im Sinne der sozialen Wohnraumversorgung zu bewirtschaften“.
Die Demo soll von 13 bis 18 Uhr vom Alexanderplatz zum Großen Stern ziehen. In der City ist in dieser Zeit mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/gross-demo-fuer-mietenstopp-mieter-machen-mobil-li.181444