Stellt der Einbau eines Etagenfahrstuhls eine vom Mieter zu duldende Modernisierungsmaßnahme dar, und zwar selbst dann, wenn durch den Einbau der Flur der Wohnung um 1,60 m verkürzt wird?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 362/14, Urteil vom 07.04.2015) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Beklagten sind gemäß § 555 d BGB zur Duldung der vom Kläger geplanten Maßnahmen zum Einbau eines Fahrstuhls unter Herstellung eines Zugangs auf der Etage der streitgegenständlichen Wohnung der Beklagten verpflichtet. Bei dem Einbau eines Fahrstuhls handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555 b Nr. 4 BGB, durch welche die Nutzbarkeit der Wohnung der Beklagten infolge einer leichteren Zugangsmöglichkeit verbessert wird. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass das Vorhandensein eines Personenaufzugs in der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels als wohnwerterhöhendes Merkmal aufgeführt ist (Berliner Mietspiegel 2013, ABl. Nr. 21/2013, Seite 694).
Der Einbau eines Fahrstuhls ist grundsätzlich als eine den Gebrauchswert der Mietsache erhöhende Modernisierungsmaßnahme anzusehen (Bamberg/Roth, BeckOK § 555 b BGB, Rn 30). Es kann dahinstehen, ob der Einbau eines Fahrstuhls möglicherweise auch der Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse im Sinne von § 555 b Nr. 5 BGB dient. Dies änderte an der grundsätzlichen Duldungspflicht nichts.
Die geplante Maßnahme stellt für die Beklagten keine Härte dar, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist, wobei finanzielle Erwägungen im Hinblick auf die zu erwartende Mieterhöhung in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind, § 555 d Abs. 2 BGB.
Eine nicht zu rechtfertigende Härte wird nicht dadurch begründet, dass der Einbau des Fahrstuhls mit einer Änderung des Grundrisses der Wohnung verbunden ist, indem der Wohnungseingang etwa um 1,60 m in den Wohnungsflur hinein verlegt und dieser entsprechend verkürzt wird.
Ob eine Wohnungsgrundrissänderung im Zusammenhang mit einer Modernisierung als Härte anzusehen ist und eine Duldungspflicht des Mieters ausschließt, ist durch Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2008 – VIII ZR 105/07, GE 2008, 469). Die Verlegung der Wohnungseingangstür unter Verkürzung des Wohnungsflurs um 1,60 m hat angesichts der Gesamtgröße der Wohnung von 133,71 qm nur geringfügige Auswirkungen und ändert deren Zuschnitt und Nutzbarkeit insgesamt nicht maßgeblich. Denn die dem regelmäßigen Aufenthalt dienenden Räume werden nicht angetastet. Hinzu kommt, dass die Verringerung der Wohnfläche infolge der Verkleinerung des Flur teilweise eine gewisse Kompensation dadurch erfährt, dass der Wohnung ein zusätzlicher Abstellraum mit einer Größe von 4 qm zugeschlagen wird.
Eine Härte wird auch nicht durch den Verlust des Zugangs zum Nebentreppenhaus begründet. Auch wenn sich die Beklagten bislang auf dessen Nutzung zum Erreichen der Mülltonnen eingestellt haben, stellt der nunmehr erforderliche Weg durch das Haupttreppenhaus keine entscheidende Änderung Nutzungsgewohnheiten der Beklagten dar.
Entsprechendes gilt für die mit den voraussichtlich achttägigen Bauarbeiten verbundenen Beeinträchtigungen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese über einen längeren Zeitraum zu so erheblichen Störungen führen, dass die Annahme einer Härte gerechtfertigt erscheint.
Der Umstand, dass die Wohnung durch den Wegfall eines Teils des Flurs nach Ansicht der Beklagten ihren “repräsentativen Eingangsbereich” verlieren und die sich momentan im Flur befindenden Jugendstilmöbel dort keinen Platz mehr haben würden, ist mit Blick auf die Einrichtungsmöglichkeiten, die eine 133,71 qm große Wohnung bietet, ebenfalls nicht als Härte anzusehen.
Nach allem führen die mit den Arbeiten der Klägerin zwangsläufig verbundenen Nachteile bei einer Gesamtschau jedenfalls nicht zu so erheblichen Einschränkungen der Nutzbarkeit der Wohnung, dass die Annahme einer Härte begründet ist, die über die üblichen Nachteile deutlich hinausgehende Einbußen voraussetzt.
Es kann dahinstehen, ob die Möglichkeit des Anbaus eines Außenfahrstuhls mit einem Halt auf den Treppenzwischenpodesten bestanden hat. Auch wenn dieser ebenfalls grundsätzlich als wohnwerterhöhend anerkannt ist, ist der Komfortgewinn durch den ebenerdigen Zugang zu den Wohnungen deutlich höher und nicht vergleichbar.
Eine unzumutbare Härte folgt auch nicht aus einer sog. Luxusmodernisierung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 253/04, GE 2005, 1056). Dies ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass nach Sinn und Zweck der Regelungen betreffend die Modernisierung grundsätzlich eine Verbesserung des Wohnstandards erreicht werden soll. Deshalb ist eine Modernisierung auch nicht auf einen derzeitigen durchschnittlichen Standard beschränkt. Vielmehr darf der Vermieter grundsätzlich die Attraktivität seiner Wohnung auch durch eine überdurchschnittliche Ausstattung erhöhen und damit die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt vorantreiben (BGH a.a.O.). Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die vorliegende Modernisierung zu einer erheblichen Erhöhung der Miete führt. Indes ist das Haus unter Berücksichtigung der sehr großzügig geschnittenen Wohnungen und der Lage in Schlachtensee doch eher auf gehobene Wohnverhältnisse eingerichtet. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist das Vorhandensein eines Aufzugs für viele Mieter von großem Nutzen und stellt für diese folglich keinen übertriebenen Luxus dar.”