Archiv für den Monat: September 2020

Aus der Rubrik “Mieterinformatione­n”:

Pressemitteilu­ng vom 29.09.2020: Senat verlängert Maßn­ahmen zur Verbesseru­ng des Mieterschutzes in Berlin für die Dauer der Corona-Kri­se bis Ende 2020

Aus der Sitzung des Senats am 29. Septem­ber 2020:

Auf Vorlage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat der Senat von Berlin in seiner heutigen Sitzu­ng die Geltungsdauer der im März 2020 be­schlossenen „Maßnahm­en zur Verbesserung des Mieterschutzes und zur Vermeidung von Wohnungsverlusten“ bis Ende des Jahres 2020 verlängert.
Sebastian Sche­el, Senator für Stad­tentwicklung und Woh­nen: „Die Corona-Pan­demie ist längst nic­ht überstanden. Dem trägt der Senat Rech­nung und hat in sein­er heutigen Sitzung die Verlängerung der Maßnahmen zur Verbe­sserung des Mietersc­hutzes und zur Verme­idung von Wohnungsve­rlusten beschlossen. Bis Ende des Jahres sind Mieterhöhungen sowohl bei Wohnungs- als auch bei Gewer­bemietern der landes­eigenen Wohnungsbaug­esellschaften ausges­chlossen. In Zeiten der andauernden Unsi­cherheit, halte ich diese Maßnahme für ein wichtiges Signal. Wir nehmen damit in­sbesondere die Gewer­bemieter in den Blic­k. Sie sind von der Krise besonders stark betroffen. Deshalb brauchen wir kulante und individuelle Lösungen, um die Gewe­rbetreibenden durch die Krise zu bringen­.“
Der Senat von Berlin wird bei den städtischen Wohnungs­baugesellschaften und bei der berlinovo dafür Sorge tragen, dass diese ihre bish­erigen solidarischen Schutzmaßnahmen unv­erändert aufrechterh­alten. So werden wei­terhin bei Mietrücks­tänden individuelle und kulante Lösungen vereinbart, keine Kündigungen wegen Zah­lungsrückständen aus­gesprochen und auch keine Räumungen bewo­hnter Wohnungen vera­nlasst.
Die für die Wo­hnmietverhältnisse beschriebenen Maßnahm­en gelten gleichfalls für die Gewerbemie­tverhältnisse der st­ädtischen Wohnungsun­ternehmen. Gerade für den Gewerbevermiet­ungsbereich sind über die beschlossenen Hilfsangebote des La­ndes Berlin und des Bundes hinaus partne­rschaftlich orientie­rte Lösungen zwischen den Wohnungsuntern­ehmen und den Mieter­innen und Mietern ex­istentiell.
Der Senat von Berlin wird nochmals nachdrücklich an die privaten Berliner Vermieterinnen und Vermieter einen Appell richten, dass sie ihre zum Teil erfolg­reich begonnenen Bei­träge für eine solid­arische Stadt aufrec­hterhalten und so ih­rerseits Signale der Sicherheit vermitte­ln.

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidu­ngen”:

Amtsgericht Sp­andau – 8 C 35/20 – Beschluss vom 18.09.­2020
Spandauer Volk­sblatt am 23.09.2020: Mietendeckel – Mie­terhöhungsprozess au­sgesetzt
Das Amtsgericht Spandau – 8 C 35/20 – hat am 18.09.2020 in einem Mieterhöh­ungsprozess beschlos­sen:
Der Rechtsstre­it wird – im Hinblick auf die derzeitigen Vorlagenbeschlüsse gemäß Art. 100 GG zum Bundesverfassungs­gericht im Hinblick auf die Frage der Ve­rfassungsgemäßheit des MietenWoG Berlin – ausgesetzt.
Hintergrund
Die Vermieterin nimmt die Mieter gerichtlich vor dem Amtsgericht Spandau auf Zustimmung zur Er­höhung der Bruttokal­tmiete für ihre Wohn­ung in der Lutherstr­aße in Spandau mit Wirkung ab dem 01.03.­2020 in Anspruch. Das streitgegenständli­che Mieterhöhungsver­langen stammt vom 17­.12.2019 und ist den Mietern am 20.12.20­19 zugegangen. Die Mieter haben dem Miet­erhöhungsbegehren ni­cht zugestimmt.
Aussetzung
Das Amtsgericht Spandau setzt den Rechtsstreit aus und begründet seine Ent­scheidung wie folgt:
Begründung
“Gemäß Art. 1 § 3 Abs. 1 Satz 1 Mi­etenWoG Bln ist eine Miete allerdings verboten, die die am 18. Juni 2019 wirksam verei­nbarte Miete übersch­reitet. Dies ist hier der Fall, da die von der Klägerin gelt­end gemachte Miete die in Art. 1 § 3 Mie­tenWoG festgelegte Stichtagsmiete übersc­hreitet, da diese si­ch lediglich auf 483­,94 Euro belief. Der zeitliche Anwendung­srahmen des Art. 1 § 3 MietenWoG ist erö­ffnet, da das Mieter­höhungsverlangen den Beklagten erst am 20.12.2019 zugegangen ist. Zudem wird die erhöhte Miete auch erst ab einem Zeitpu­nkt begehrt, welcher nach dem Inkrafttre­ten des vorgenannten Gesetzes liegt.
Da der zeitlic­he Anwendungsbereich eröffnet ist, kommt es mithin auf die Frage der Verfassungs­gemäßheit dieser Vor­schrift an, zumal si­ch das Gericht der Auffassung der 67. Ka­mmer des Landgerichts anschließt, wonach der Vermieter die Zustimmung zu dem Erh­öhungsverlangen selb­st dann nicht verlan­gen kann, wenn er ve­rsichert, die Miete, die die Stichtagsmi­ete überschreitet, weder zu fordern noch entgegenzunehmen (v­gl. Beschluss des La­ndgerichts Berlin vom 06.08.2020 – 67 S 109/20).
Zur Überzeugung des Gerichts ist die Vor­schrift des Art. 1 § 3 MietenWoG Bln in der Fassung vom 11. Februar 2020 (GVBl. 2020, 50) mit Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 1 GG i.V.m. §§ 557 Abs. 1, 558 Abs. 1 und 2 BGB unverein­bar – insoweit wird auf die überzeugenden Au­sführungen des Landg­erichts Berlin in se­inem Beschluss vom 06.08.2020 – 67 S 109/20 verwiesen – und für das hiesige Klageverfahren ent­scheidungserheblich. Das Verfahren war deswegen – mit Einver­ständnis der Parteien – nach § 148 ZPO analog – auszusetzen.”
Kommentar des AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschu­tzbund e.V.
Spandaus Miete­rinnen und Mieter be­finden sich damit zu­rzeit bei Mieterhöhu­ngen (sog. “Schatten­mieterhöhungen”) in der “Mietendeckel-Wartes­chleife”, und zwar so lange, bis das Bundesverfa­ssungsgericht entsch­ieden hat. Sollte das Bundesverfassungsg­ericht sich der Rech­tsauffassung der Ziv­ilkammer 67 des Land­gerichts Berlin ansc­hließen und den Miet­endeckel für verfass­ungswidrig erachten, wären Mieterhöhungen zurzeit möglich. Wenn hingegen das Bun­desverfassungsgericht den Mietendeckel für verfassungsgemäß halten sollte, würden Mieterhöhungen zur­zeit gegen den Miete­ndeckel verstoßen.
Mit einer Ents­cheidung des Bundesv­erfassungsgerichts ist nicht vor dem 2. Quartal 2021 zu rech­nen.
Fazit
Für Spandaus Mieterinnen und Mieter besteht im Falle des Erhalts einer Mie­terhöhung ein großes Prozess- und Kosten­risiko, wenn sie der Mieterhöhung nicht zustimmen sollten, da nicht vorausgesagt werden kann, wie das Bundesverfassungsg­ericht letztendlich entscheiden wird.
Bei Erhalt ein­er Mieterhöhung soll­te auf jeden Fall ei­ne juristische Berat­ung in Anspruch geno­mmen werden.

Aus der Rubrik “Gerichtsentescheid­ungen”:

EuGH – C-724/18 sowie C-727/18, Ur­teil vom 22.09.2020
Berliner Zeitu­ng am 22.09.2020: Urteil zu Airbnb – Zweckentfremdung von Wohnraum: Berlin si­eht sich gestärkt
Der Europäische Gerichtshof hat ei­ne Regelung aus Fran­kreich bestätigt, mit der der Kurzzeitve­rmietung von Wohnung­en durch Plattformen wie Airbnb ein Rieg­el vorgeschoben werd­en soll. Das hat Aus­wirkungen auf die de­utsche Hauptstadt.
Der Berliner Senat sieht sich durch eine Entscheidung des Europäischen Ger­ichtshofs (EuGH) im Kampf gegen die ille­gale Vermietung von Ferienwohnungen best­ätigt. Hintergrund: Der EuGH entschied am Dienstag zu einer Regelung aus Frankre­ich, dass EU-Staaten der Kurzzeitvermiet­ung über Plattformen wie Airbnb notfalls einen Riegel vorsch­ieben dürfen, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen (Rechtssache C-724/18).
„Das Urteil des EuGH stärkt uns im Kampf gegen die Zwe­ckentfremdung von Wo­hnraum“, sagte Berli­ns Stadtentwicklungs­senator Sebastian Sc­heel (Linke). „Um den Wohnungsbestand zu sichern und der Zer­störung der Nachbars­chaften in unseren Kiezen entgegenzuwirk­en, braucht es die Möglichkeit, legale von illegalen Angebot­en zu unterscheiden und Verstöße konsequ­ent zu ahnden.“
Dass eine Gene­hmigung für regelmäß­ige Kurzzeitvermietu­ngen gefordert wird, ist aus Sicht des EuGH durch einen „zwi­ngenden Grund des Al­lgemeininteresses“ gerechtfertigt, nämli­ch den Kampf gegen den Wohnungsmangel. Die Genehmigungspflic­ht sei auch verhältn­ismäßig, da sie auf bestimmte Vermieter räumlich begrenzt se­i, entschied das Ger­icht im Fall aus Fra­nkreich. Wohnungen, die dem Vermieter als eigener Hauptwohns­itz dienen, seien au­sgenommen.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 23.09.2020: Berlin – Vergesellschaftung würde 226.000 Wohnungen betreffen
Der Senat gibt seine Stellungnahme zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ ab. Die Entschädigung könnte teuer werden.
Der rot-rot-grüne Senat legt sich nicht fest, ob er die Forderung nach einer Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen in Berlin unterstützt oder nicht. In der am Dienstag beschlossenen Stellungnahme des Senats zum Volksbegehren der Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ unterstützt die Landesregierung zwar ausdrücklich das Ziel des Begehrens, den gemeinwirtschaftlichen Anteil an Wohnungen in Berlin zu erhöhen. Doch zugleich vermeidet der Senat, sich für oder gegen eine Vergesellschaftung auszusprechen.​
Stattdessen verweist die Koalition darauf, dass sie das Ziel durch Ankäufe von Wohnungen und den Neubau bereits jetzt verfolge und zudem rechtliche Instrumente wie den Mietendeckel nutze, um den Mietenanstieg zu begrenzen. Die von der Initiative geforderte Überführung von Wohnungen aus Privateigentum in öffentliches Eigentum könne gegebenenfalls „nur durch ein politisch und im konkreten juristisch umstrittenes Vergesellschaftungsgesetz erreicht werden“, stellt der Senat fest.

Jetzt muss das Abgeordnetenhaus beraten

Betroffen von einer Vergesellschaftung wären nach jetzigem Stand rund 226.000 Wohnungen in Berlin. Laut der Stellungnahme des Senats würde dafür eine Entschädigung in Höhe von mindestens 29 Milliarden Euro fällig werden. Im Falle einer Kreditfinanzierung müsste Berlin dafür einen Zuschuss von etwa sechs Milliarden Euro aus der Landeskasse leisten.
Neben der Opposition im Abgeordnetenhaus übt die Wohnungswirtschaft Kritik an der Vergesellschaftungsinitiative. „Enteignung schafft nicht eine einzige zusätzliche Wohnung“, ​ sagte Maren Kern, Chefin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Das Geld, das dafür ausgegeben werde, brauche Berlin dringend an anderer Stelle. „Enteignung heißt deshalb: weniger Investitionen in Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Nahverkehr, moderne Verwaltung und sozialen Wohnungsbau“, so Kern.

Aus der Rubrik “Veranstaltungen”:

Spandauer Volksblatt am 22.09.2020: Sommer und Leschewitz sprechen über “Was bringt der Mietendeckel?”
Falkenhagener Feld. Unter der Überschrift “Was bringt der Mietendeckel?” laden die Linke-Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer und Franziska Leschewitz, für die Linkspartei Mitglied im Abgeordnetenhaus, am Dienstag, 29. September, zu einer Informationsveranstaltung ein. Sie findet ab 18 Uhr im Klubhaus, Westerwaldstraße 13, statt. Über das Thema sprechen Guido Brendgens, Referent der Berliner Linksfraktion für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und Marcel Eupen, Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes Spandau. Die notwendige Anmeldung erfolgt unter 23 56 41 77 oder
helin-evrim.sommer.ma05@bundestag.de. Wer nicht kommen kann, aber Fragen hat, kann sie auch schriftlich einreichen.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Spandauer Volksblatt am 18.09.2020: Verjährungsfalle – Erstattungsansprüche gegenüber Deutsche Wohnen vor Verjährung
Die Ansprüche der Mieterinnen und Mieter gegenüber der Deutsche Wohnen bzw. deren Tochtergesellschaften als Vermieterinnen auf Erstattung der Kostendifferenzbei der Position Versicherung im Jahr 2016 im Vergleich zu 2015 verjähren mit dem Ablauf des 31.12.2020.
Betroffen sind Ansprüche aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahr 2017 für die Abrechnungsperiode 2016.
Zur Erinnerung:
Die Deutsche Wohnen Management GmbH legte bis 2015 in der Deutsche Wohnen/GSW-Großsiedlung im Falkenhagener Feld – aber auch in anderen Siedlungen in Berlin – die Kosten der Versicherung nach der Anzahl der Objekte um. In 2016 änderte sie einseitig den Abrechnungsmaßstab:
Seit 2016 werden die Kosten der Versicherung nach Quadratmeter Wohnfläche abgerechnet. Durch die Änderung des Abrechnungsmaßstabs ist es in der GSW-Großsiedlung im Falkenhagener Feld zu einer Kostensteigerung von über 50 % gekommen.
Dies hielt das Amtsgericht Spandau (AG Spandau – 6 C 293/19, Urteil vom 18.10.2019) für nicht rechtens und verurteilte die GSW Immobilien GmbH – ein Tochterunternehmen der Deutsche Wohnen – nach der Umstellung der Versicherungsprämie zur Erstattung der Mehrkosten im Jahr 2016 im Vergleich zum Jahr 2015 und führte zur Begründung in seinem Urteil wie folgt aus:
„Die Beklagte hat den Klägern € 77,68 zu erstatten, weil sie – anders als in den Vorjahren – Versicherungsprämien in die Abrechnung eingestellt hat, deren Berechnung nicht der Anzahl der Mietobjekte zur Grundlage hatte, sondern die Wohn-/Nutzfläche, was zu der von den Klägern zutreffend errechneten Erhöhung des auf die Kläger umgelegten Anteils geführt hat. Diese Kostenerhöhung aufgrund veränderter Prämienberechnung ist entweder überhaupt nicht oder nur aufgrund eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot eingetreten.
Der in Rede stehende Versicherungsvertrag hatte eine feste Laufzeit vom 1. Januar 2014 bis zum 1. Januar 2017. Es ist nicht ersichtlich, dass der Versicherer eine vertraglich eingeräumte Befugnis hatte, die Grundlage der Prämienberechnung während der Laufzeit einseitig zu ändern, …”
Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Die Deutsche Wohnen Management GmbH nahm nach der vorgenannten Gerichtsentscheidung gegenüber allen Mieterinnen und Mietern, für die der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. Widerspruch gegen die Nebenkostenabrechnung 2016 eingelegt und den Einwand der unzulässigen Prämienumstellung erhoben hatte, Erstattungen der Kostendifferenz vor.
In einem Schreiben der Deutsche Wohnen Management GmbH vom 12.11.2019 heißt es insofern wie folgt:
„In Bezug auf die Versicherungskosten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2016 erstatten wir Ihren Mitgliedern die Kostendifferenz zu dem Vorjahr in Höhe von 68,44 €, da die Bemessungsgrundlage unterjährig geändert wurde.“

Verjährung droht

Mieterinnen und Mieter, die bisher noch keine Erstattung für 2016 verlangt haben, müssen sich nun sputen, da ihre Ansprüche mit dem Ablauf des 31.12.2020 verjähren. Sie sollten umgehend rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Hier bietet sich u.a. eine der Beratungsstellen der bezirklichen Mieterberatung an.
Inzwischen liegt auch eine gerichtliche Entscheidung für die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2017 (AG Spandau – 5 C 104/20 – vom 14.07.2020) vor, die allerdings noch nicht rechtskräftig ist. In diesem Urteil lautet es wie folgt:
„Die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs hat die Klägerin dargelegt.
Es ist unstreitig, dass die Beklagte durch einen vorfristigen Neuabschluss eines Versicherungsvertrags am 2.8.2016 unter Änderung der Berechnungsgrundlage von der Anzahl der Mietobjekte auf die Wohn-/Nutzfläche und damit Quadratmeter die Erhöhung der Versicherungsprämie um 51,69 % ausgelöst hat.“
Für das Jahr 2017 tritt Verjährung erst mit dem Ablauf des 31.12.2021 ein, so dass noch ausreichend Zeit zur Geltendmachung der Ansprüche besteht.

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

Berliner Zeitung am 21.09.2020: Schwedischer Investor will fast 4000 Wohnungen in Berlin kaufen
Der Vertrag wurde schon unterzeichnet. Doch die Bezirke können noch eingreifen. Sie haben für etwas mehr als die Hälfte der Häuser ein Vorkaufsrecht.
Die Tinte unter dem Kaufvertrag ist trocken – ob der Mega-Deal wie geplant zustande kommt, ist aber offen. Das schwedische Wohnungsunternehmen Heimstaden Bostad will in Berlin für rund 830 Millionen Euro 130 Immobilien mit 3902 Wohnungen, 208 Gewerbeeinheiten und 321 Parkplätzen erwerben. Das geht aus einer jetzt verbreiteten Mitteilung von Heimstaden hervor. Die genauen Adressen der Immobilien teilte Heimstaden nicht mit. Auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärte das Unternehmen aber, dass die Häuser unter anderem in den Bezirken Mitte, Pankow, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg liegen.
Da sich etwas mehr als die Hälfte der Häuser laut Heimstaden in Milieuschutzgebieten befindet, ist noch unklar, ob diese Immobilien von dem schwedischen Unternehmen übernommen werden können. Denn in Milieuschutzgebieten haben die Bezirke ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Verhindern kann ein privater Erwerber die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn er sich schriftlich zur Einhaltung besonderer Mieterschutzvorschriften verpflichtet und beispielsweise auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verzichtet. Abwendungsvereinbarung wird eine solche Verpflichtung genannt.
Für die Ausübung des Vorkaufsrechts hat der Bezirk zwei Monate Zeit. Wenn die Bezirke das Vorkaufsrecht anwenden, machen sie dies meist zu Gunsten einer landeseigenen Gesellschaft oder einer Genossenschaft. Das Problem: Die Kaufpreise sind mitunter so hoch, dass sich niemand mehr findet, zu dessen Gunsten der Bezirk das Vorkaufsrecht ausüben kann. Deswegen gibt es private Erwerber, die keinen Grund mehr sehen, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Manche Häuser geraten deshalb ohne zusätzlichen Schutz in neue Hände. Dann gilt aber immer noch der normale Milieuschutz.

Eines der größten europäischen Wohnungsunternehmen

Heimstaden ist mit rund 100.000 Wohnungen in sechs Ländern eines der führenden europäischen Wohnungsunternehmen. Hinter Heimstaden stehen als Eigentümer und Anteilseigner europäische Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen. Den Abschluss der Transaktion in Berlin erwartet das Unternehmen im vierten Quartal 2020 oder im ersten Quartal 2021.
Heimstaden antwortet auf Fragen, etwa dazu, für wie viele Wohnungen die Mieten nach der zweiten Stufe des Mietendeckels abgesenkt werden müssen, nur allgemein. So erklärt das Unternehmen, Heimstaden respektiere „ausdrücklich alle Vorschriften und Rechte zum Mieterschutz“ und habe „die Rahmenbedingungen in Berlin vor dem Kauf gründlich geprüft und berücksichtigt“. Der Erwerb der Wohnungen durch Heimstaden werde „keine negativen Veränderungen für die Mieterinnen und Mieter mit sich bringen.“
Heimstaden habe eine langfristige Anlagestrategie ohne kurzfristige Gewinnerzielungsabsicht. Das Unternehmen kaufe die Häuser nicht, um sie wieder zu verkaufen. „Sollten Immobilien in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden, bedeutet dies nicht, dass wir diese veräußern“, so ein Unternehmenssprecher. „Wenn wir in einzelnen Fällen Wohnhäuser verkaufen, befinden sich diese in Gegenden, in denen wir nicht genügend Häuser haben, um unseren Kunden einen angemessenen Service zu liefern, der unseren Standards entspricht“, so der Sprecher.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/schwedischer-investor-will-fast-4000-wohnungen-in-berlin-kaufen-li.106571

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Berliner Morgenpost am 17.09.2020: Wohnungsmarkt – Wohnungs-Enteignung würde 28 Milliarden Euro kosten
Das Volksbegehren wurde für rechtlich zulässig erklärt. Koalition einigt sich auf gemeinsame Position, die auch mehr Neubau vorsieht.
Nach dem Mietendeckel folgt in Berlin der nächste mietenpolitische Aufreger. Denn das bundesweit erste Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen rückt einen Schritt näher. Die Senatsinnenverwaltung hat ein geplantes Volksbegehren zur Enteignung großer Wohnungskonzerne für zulässig erklärt. Das teilte die Verwaltung am Donnerstag mit.
Demnach handelt es sich nicht um ein konkretes Gesetz, sondern ähnlich wie beim Volksbegehren zur Offenhaltung des Flughafens Tegel um eine Handlungsaufforderung an den Senat. Es sei auf einen „sonstigen Beschluss im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses“ gerichtet und wäre im Erfolgsfall für den Senat formal unverbindlich.
Ziel: Mindestens 400.000 kommunale Wohnungen
Eine Arbeitsgruppe aus Senats- und Fraktionsvertretern hat nun einen Text formuliert, mit dem der Senat trotz dieser Uneinigkeit offiziell auf die Initiative antworten soll. Der Text, der am Dienstag im Senat beschlossen werden soll, liegt der Berliner Morgenpost vor. Darin unterstützt die Koalition ausdrücklich wesentliche Anliegen des Volksbegehrens. Man verfolge bereits das Ziel des Volksbegehrens, das „gemeinwirtschaftliche Angebot an Wohnraum zu erhöhen“, also den Wohnungsbesitz von landeseigenen Gesellschaften, Genossenschaften oder nicht profitorientierten Vermietern. Auch das Mietendeckel-Gesetz, das Miethöhen einfriert oder auch absenkt, wird als Akt der Unterstützung für die Wünsche des Volksbegehrens angeführt. Der Senat sehe sich dem Ziel verpflichtet, den Bestand kommunaler Wohnungen durch Neubau und Ankauf auf mindestens 400.000 zu erhöhen, heißt es in dem Text.
Sollte das so durchgehen, hätten alle Koalitionspartner zugesagt, die Aktivitäten im Neubau noch einmal hochzufahren. Die Pläne der Initiative würden bedeuten, dass 240.000 Wohnungen großer privater Eigentümer in gemeinnützigen Besitz zu überführen wären. Mit einem dafür nötigen Vergesellschaftungsgesetz beträte Berlins Senat abermals – wie schon im Falle des Mietendeckels – juristisches Neuland. Es bedürfe in den Details ausführlicher Debatten und umfangreicher Recherchen.
Volksbegehren: 28 Millarden Euro Kosten für die Umsetzung
Die Kosten der Umsetzung des Volksbegehrens werden vom Senat auf 28 Milliarden Euro geschätzt. Um eine solche Summe auch über Kredite aufbringen zu können, müsste Berlin sechs Milliarden Euro aus dem Landeshaushalt aufbringen. Zum Vergleich: Das wäre etwa ein Fünftel der jährlichen Ausgaben des Landes.
Ob die „Deutsche Wohnen-Enteignen“-Initiatoren auf Grundlage dieser Senatsposition zu Verhandlungen bereit sind und darauf verzichten, ihre Volksbegehren in die zweite Stufe zu tragen, ist offen. Noch, so heißt es in der Koalition, wäre es für sie terminlich möglich, eine Volksabstimmung parallel zum Tag der Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen im Herbst nächsten Jahres zu erreichen.
Auch das Parlament muss noch zustimmen
Durch ist das Thema aber noch nicht. Denn nach der inhaltlichen Stellungnahme des Senats muss sich anschließend das Abgeordnetenhaus mit dem Thema beschäftigen. Die Parlamentarier haben dafür vier Monate Zeit. Gibt es eine Mehrheit für das Anliegen der Enteignungsinitiative, dann würde das Landesparlament den Senat unverbindlich auffordern, „alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung […] erforderlich sind“, wie es im Text der Initiative heißt, den die Verwaltung geprüft hat.
Gibt es keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, steht nach Angaben der Innenverwaltung die zweite Stufe des Volksbegehrens an: Dann müsste die Initiative wieder Unterschriften sammeln. Diesmal müssen es mindestens sieben Prozent der Wahlberechtigten sein, rund 175.000. Nur wenn die erreicht werden, kommt es zu einem Volksentscheid. Nach einer Ablehnung durch das Parlament hat die Initiative laut Paragraf 18 im Abstimmungsgesetz ebenfalls vier Monate dafür Zeit. Sollte der Volksentscheid parallel zur Abgeordnetenhauswahl stattfinden, würde das der Initiative erleichtern, auf mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten zu kommen, die dafür vorgeschrieben sind. Beim Volksentscheid selbst ist eine einfache Mehrheit erforderlich.
Wie geht es weiter, wenn das geklappt hat? „Das hängt vom zukünftigen Senat ab“, sagte Taheri. „Das wird ein starker politischer Auftrag sein und sicherlich in den Koalitionsverhandlungen eine wichtige Rolle spielen.“

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

rbb24.de am 17.09.2020: Entscheidung der Innenverwaltung – Volksbegehren “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” ist zulässig

Schon lange haben die Initiatoren des Volksbegehrens “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” darauf gewartet, dass ihre Unterlagen auf Zulässigkeit geprüft werden – und fühlte sich vom Senat hingehalten. Nun steht fest: Das Volksbegehren ist zulässig.
Das umstrittene Volksbegehren “Deutsche Wohnen & Co. enteignen!” ist zulässig. Das hat die für die Prüfung zuständige Senatsverwaltung für Inneres am Donnerstag bekanntgegeben.
Die 77.000 gesammelten Unterschriften reichen aus, so die Verwaltung. Zudem ziele das Begehren auf einen Beschluss des Abgeordnetenhauses ab und sei damit für den Senat unverbindlich. Den Text hatten die Initiatoren zuvor nach Rücksprache mit dem Senat geändert. Nach Angaben der Senatsinnenverwaltung strebt die Trägerin des Volksbegehrens nun an, dass der Senat Maßnahmen einleitet, “die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung” erforderlich seien.

Initiative strebt Abstimmung am Wahltag 2021 an

Rouzbeh Taheri, Mit-Begründer und Sprecher der Initiative “Deutsche Wohnen & Co. enteignen” zeigte sich auf Nachfrage von rbb|24 sehr zufrieden mit der Entscheidung. “Es hat lange genug gedauert.” Nun würden offiziell die Fristen laufen, als nächstes müsse sich erst der Senat und dann das Abgeordnetenhaus zum Volksbegehren verhalten, so Taheri. Sollten die Forderungen nicht übernommen werden, werde die nächste Stue eingeleitet: Er rechne damit, so Taheri, dass man ab Ende Februar, Anfang März 2021 mit der Sammlung von Unterschriften für das eigentliche Volksbegehren starten werde. Ziel sei weiterhin eine Volksabstimmung im Herbst 2021, wenn auch die Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus stattfinden.

Innenverwaltung meldet verfassungsrechtliche Bedenken an

Die Innenverwaltung gibt jedoch zu bedenken, dass die Enteignung von Unternehmen verfassungsrechtlich schwierig sei und keinen Vorschlag liefert “für die Regelung der Entschädigungshöhe, der den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 3 GG) genügt”. Die Prüfung habe sich auch nur auf die Frage bezogen, ob der von den Initiatoren des Volksbegehrens angestrebte Beschluss mit höherrangigem Recht vereinbar wäre. “Eine inhaltliche Bewertung des Anliegens des Volksbegehrens ist damit nicht verbunden”, hieß es.
Gleichwohl sei nicht “nach jeder denkbaren Betrachtungsweise” ausgeschlossen, dass ein verfassungsmäßiger Entwurf für ein Vergesellschaftungsgesetz vorgelegt werden könnte.

Senat in der Sache gespalten

Die Senatsinnenverwaltung hatte sich in den vergangenen Monaten viel Kritik anhören müssen. Ihr wurde vorgeworfen untätig zu sein, weil es lange dauerte bis nun ein Ergebnis verkündet wurde. Zuletzt hatte der neue Bausenator Sebastian Schell allerdings angekündigt, dass das Prüfverfahren zeitnah abgeschlossen sein würde.
Die rot-rot-grüne Koalition ist sich in ihrer Haltung gegenüber dem Volksbegehren nicht einig. Nur die Linken sind klar dafür, Unternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen in der Stadt zu enteignen, die Grünen sehen es höchstens als “letztes Mittel” an, die SPD ist dagegen.

Die Initiative selbst möchte keine Verstaatlichung, sondern den Bestand in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen. Sie richtet sich dabei primär gegen große Wohnungskonzerne wie die Deutsche Wohnen. Das Unternehmen besitzt in der Hauptstadt mehr als 110.000 Wohnungen. Hintergrund sind zunehmende Diskussionen um steigenden Mieten und Wohnungsknappheit vor allem in Metropolen.

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/09/volksbegehren-deutsche-wohnen-enteignen-zulaessig-berlin.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Pressemitteilung Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 17.09.2020: Zulässigkeitsprüfung für Volksbegehren abgeschlossen
Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat die Prüfung der Zulässigkeit des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co. enteignen!“ abgeschlossen und im Ergebnis dessen Zulässigkeit festgestellt. Die Prüfung bezog sich ausschließlich auf die Frage, ob der vom Volksbegehren angestrebte Beschluss mit höherrangigem Recht vereinbar wäre.

Eine inhaltliche Bewertung des Anliegens des Volksbegehrens ist damit nicht verbunden. Die entsprechende Stellungnahme wird der Senat innerhalb der nächsten 15 Tage beschließen.
Die Trägerin des Volksbegehrens strebt nach zwischenzeitlicher Änderung ihres Antrags einen Beschluss an, mit dem der Senat unverbindlich aufgefordert werden soll, „alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung […] erforderlich sind“.
Konkret hat die Zulässigkeitsprüfung Folgendes ergeben:
1. Das Volksbegehren ist formal zulässig; es liegt eine ausreichende Zahl von Unterstützungsunterschriften vor.
2. Das Volksbegehren ist auf einen „sonstigen Beschluss im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses“ gerichtet und wäre daher im Erfolgsfall für den Senat formal unverbindlich.
3. Volksbegehren, die dem Senat aufgeben, einen bestimmten, inhaltlich weitgehend konkretisierten Gesetzentwurf vorzulegen und einzubringen (Gesetzgebungsauftrag), sind unstatthaft, weil sie nicht in die „Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses“ fallen, so wie es Art. 62 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung von Berlin vorsieht. Diese Volksbegehen sind mit dem Gesetzesinitiativrecht des Senats unvereinbar. Das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen!“ fordert aber – nach klarstellender Modifizierung durch die Trägerin – den Senat nicht mehr ausdrücklich dazu auf, ein Gesetzgebungsverfahren mit einem inhaltlich spezifizierten Gesetzentwurf einzuleiten. Unter dieser Prämisse kann das Volksbegehren noch als statthaft angesehen werden.
4. Materiell-rechtlich bestehen gegen die vom Volksbegehren angestrebte Vergesellschaftung von Wohnungen verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, da in dem Beschlussentwurf eine tragfähige Begründung u.a. für die Auswahl der in Anspruch zu nehmenden Wohnungen sowie Ausnahme- und Härtefallregelungen zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit einer Vergesellschaftung fehlt.
Der Beschlussentwurf enthält zudem keinen Vorschlag für die Regelung der Entschädigungshöhe, der den Anforderungen des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 3 GG) genügt. Gleichwohl ist es nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass innerhalb des von dem Beschlussentwurf gesetzten Rahmens ein verfassungsmäßiger Entwurf für ein Vergesellschaftungsgesetz vorgelegt werden könnte.
Nach den Prüfungsmaßstäben, die für ein Beschlussvolksbegehren anzuwenden sind, ist das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen!“ als zulässig zu bewerten.
https://www.berlin.de/sen/inneres/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.993149.php