Archiv für den Monat: Juni 2021

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

„Wettbewerbsrechtlich ist die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia kein Untersagungsfall“
Meldung vom: 28.06.2021

Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Vonovia SE, Bochum, im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebotes alle Anteile an der Deutsche Wohnen AG, Berlin, zu erwerben, freigegeben. Das Vorhaben betrifft bundesweit zahlreiche lokale oder regionale Märkte für die Vermietung von Wohnimmobilien.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die gemeinsamen Marktanteile der Unternehmen rechtfertigen keine wettbewerbsrechtliche Untersagung. Mit Vonovia und Deutsche Wohnen würden zwei Schwergewichte auf dem deutschen Wohnungsmarkt zusammenkommen, und uns ist natürlich auch bewusst, wie angespannt die Wohnungssituation in Berlin und vielen anderen Großstädten ist. Wir haben die verschiedenen regionalen Wohnungsmärkte daher sorgfältig geprüft. Einen besonderen Fokus haben wir auf 2-3 Zimmer-Wohnungen mit normaler Ausstattung und einer Nettokaltmiete bis sieben Euro je Quadratmeter gelegt. In diesem Segment haben die beiden Unternehmen verhältnismäßig viele Wohnungen im Portfolio. In Berlin liegt der gemeinsame Marktanteil in diesem Segment bei deutlich unter 20 Prozent, in Dresden bei knapp über 20 Prozent. In anderen Städten sowie in anderen Marktsegmenten sind die gemeinsamen Marktanteile durchweg niedriger.“

Besonders vertiefte Ermittlungen hat das Bundeskartellamt in den Wohnungsmärkten in den Städten Berlin, Dresden, Mainz, Wiesbaden, Puchheim sowie der Gemeinde Wustermark vorgenommen. Nur hier kamen überhaupt gemeinsame Marktanteile von Vonovia und Deutsche Wohnen von über 10 Prozent auf den verschiedenen Mietwohnungsmärkten in Betracht.

Die Anbieterstruktur für Mietwohnungen ist trotz der großen Wohnungsbaugesellschaften weiterhin sehr zersplittert. Auf lokaler oder regionaler Ebene ist deshalb auch in Folge des Zusammenschlusses keine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu erwarten. Auf den relevanten Märkten sind neben zahlreichen Privatvermietern zumeist auch kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften sowie weitere gewerbliche Anbieter vertreten, die den Verhaltensspielraum von Vonovia weiterhin begrenzen.

Beispiel Berlin: Von den rund 1,658 Mio. Mietwohnungen in der Stadt Berlin (zum 31. Dezember 2019) gehören rund 322 Tsd. städtischen Wohnungsunternehmen, rund 189 Tsd. sind in genossenschaftlicher Hand und rund 1,147 Mio. gehören privaten Wohnungsunternehmen und Einzeleigentümern, davon hält Vonovia rund 41 Tsd. und Deutsche Wohnen rund 110 Tsd. Wohnungen (gemeinsamer Marktanteil an Mietwohnungen in Berlin Stadt insgesamt ca.10 Prozent).
https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2021/28_06_2021_Vonovia_DW.html?nn=3591286

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

rbb24.de am 28.06.2021: Mega-Deal zwischen Immobilienriesen – Kartellamt genehmigt Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen

“Keine wettebwerbsrechtliche Untersagung gerechtfertigt”: Das Bundeskartellamt hat keine Einwände gegen den geplanten Zusammenschluss der beiden größten deutschen Wohnimmobilienkonzerne. Vonovia will den Deal bis Ende August abschließen.
Die Wohnungskonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen haben vom Kartellamt grünes Licht für ihre Fusion bekommen. “Die gemeinsamen Marktanteile der Unternehmen rechtfertigen keine wettbewerbsrechtliche Untersagung”, erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, am Montag. Die Anbieterstruktur für Mietwohnungen sei trotz der großen Wohnungsbaugesellschaften weiterhin sehr zersplittert. Auf lokaler oder regionaler Ebene sei in Folge des Zusammenschlusses keine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu erwarten.

Vonovia rechnet Ende August mit Abschluss des Deals

Vonovia teilte mit, Ende August mit dem Abschluss des Übernahmeangebots zu rechnen. Der Bochumer Konzern bietet für seinen Berliner Konkurrenten 18 Milliarden Euro, die Aktionäre von Deutsche Wohnen sollen 52 Euro je Aktie erhalten.
Die Offerte läuft noch bis zum 21. Juli. Bis dahin muss Vonovia auf mehr als 50 Prozent der Anteile kommen, fast 22 Prozent hat sich Vonovia bereits im Vorfeld gesichert.
https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2021/06/berlin-vonovia-deutsche-wohnen-fusion-kartellamt.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 
Berliner Morgenpost am 25.06.2021: Deutsche Wohnen – Spandauer Initiative fordert Rekommunalisierung von Siedlung
 
Die Siedlung An der Kappe der Deutsche Wohnen verfällt. Anwohner schreiben offenen Brief an Regierenden Bürgermeister Müller (SPD).
 
Für Marlies Vogel steht eines fest: In der historischen Großsiedlung An der Kappe in Spandau fühlen sich die Ratten deutlich wohler als die Mieter. „Es ist schmerzhaft, wie die Politik es zulassen konnte, was aus dieser über 80 Jahre alten Arbeitersiedlung geworden ist“, sagt die Co-Sprecherin einer Initiative, die die Rekommunalisierung der Objekte der Deutsche Wohnen und zudem einen umfassenden Milieuschutz für das Gebiet fordert.
 
In einem offenen Brief hat sich die Bewegung nun direkt an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gewandt. Dieser hatte zuletzt angekündigt, dass das Land Berlin vermehrt ehemals aus öffentlichen Wohnungsunternehmen veräußerte Wohnungen in die öffentliche Hand zurückzuholen wolle. „Wir sind der Auffassung, dass sich grundsätzlich nur etwas ändern wird, wenn die Wohnsiedlung An der Kappe wieder in Besitz einer städtischen Wohnungsgesellschaft ist“, heißt es in dem Schreiben der Initiative.
 
Schimmel und bröckelnder Putz bei gleichzeitiger Mieterhöhung
Darin werden die Zustände im Viertel schonungslos offengelegt. Schon lange verkommen die 1140 Wohneinheiten in den 41 Blöcken aus dem Jahr 1936. Bis 2004 war das Ensemble im Besitz der Gewobag. Anschließend war es durch die Draaipunt-Holding in Amsterdam übernommen worden, bevor die Häuser 2016 an die Deutsche Wohnen gingen.
 
Die Wohnungen und das Wohnumfeld befinden sich seit dem in einem Zustand, der für die Initiative nicht mehr tragbar ist. So bröckele der Putz, die Höfe, Gärten und Gänge verwilderten. Dringend notwendige Instandhaltungsmaßnahmen der Dächer und Dachböden, Keller und Fenster sowie eine Sanierung der durch Schimmelbefall gekennzeichneten Wohnungen werden nach Angaben der Anwohner einfach nicht durchgeführt.
 
Mieterschutzbund unterstützt die Rekommunalisierung
Gleichzeitig seien aber die Heiz- und Betriebskosten stetig gestiegen, sagen die Bewohner. „Bei den vielen Mieterhöhungsverlangen können viele Mieter auch die Miete nicht mehr bezahlen“, sagt Vogel, „es fehlt der Milieuschutz.“ Offensichtlich versuche die Deutsche Wohnen mit dieser Strategie, Gewinne durch Vernachlässigung der Instandhaltungspflichten maximal zu steigern und das ohne Rücksicht auf die Mieterinnen und Mieter und ohne jede soziale Verantwortung, so Vogel weiter.
 
Unterstützt wird Vogels Initiative derweil vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV). „Zwar führt die gewünschte Rekommunalisierung der Großsiedlung An der Kappe nicht zu mehr Wohnraum, jedoch zu einer sozial orientierten Wohnraumversorgung und damit zu mehr Mieterschutz“, sagt Marcel Eupen, Vorsitzender des AMV.
 
Die Linke Spandau will keinen überhöhten Marktpreis
Auch die Spandauer Linke befürwortet diese Idee. Die Mieterinnen und Mieter forderten nach vielen Jahren des Verfalls zu Recht, dass die Gewinne in Investitionen für die Sanierung und Instandhaltung und nicht in die Taschen der Aktionäre fließen sollen, heißt es aus der Partei.
 
„Der Rückkauf der Wohnungsbestände muss aber zu einem dem Zustand und Sanierungsbedarf angemessenen Preis erfolgen und nicht zu einem überhöhten Marktpreis“, ergänzt der Fraktionsvorsitzende Lars Leschewitz. „Es kann nicht Aufgabe des Landes Berlins sein, privaten Immobilienkonzernen ihre für die Rendite heruntergewirtschafteten Wohnungsbestände mit vielen Steuergeldern abzunehmen.“
 
Initiative will nicht aufgeben
Bürgermeister Müller hat derweil noch nicht auf den offenen Brief reagiert. Immerhin hat sich aber der Berliner SPD-Vorsitzende Raed Saleh, der selbst aus Spandau stammt, zu einem Treffen mit Vertretern der Initiative bereit erklärt.
 
Marlies Vogel kündigt an, dass die Anwohner nicht aufgegeben werden: „Wir werden unsere Anliegen noch an kommunale Parteien, Mietervereine sowie an das Bündnis soziales Wohnen Spandau weiterleiten“, sagt sie. Außerdem seien noch eine Unterschriftenaktion, ein Mieterfest und schließlich auch eine Mieterdemonstration geplant.
 
 
 
https://www.morgenpost.de/bezirke/spandau/article232631403/Spandauer-Initiative-fordert-Rekommunalisierung-von-Siedlung.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 
Berliner Abendschau am 24.06.2021: Kritik am Rückkauf – Teurer Wohnungsdeal
Am geplanten Rückkauf von 20 000 Wohnungen der Deutsche Wohnen und Vonovia durch die Städtischen Wohnungsbaugesellschaften gibt es Kritik. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt würde sich dadurch nicht entspannen. Dazu kommt der schlechte Zustand vieler Wohnungen und die dadurch entstehenden Sanierungskosten.
https://www.rbb-online.de/abendschau/videos/20210624_1930/rueckkauf-wohnungen.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 
rbb24.de am 24.06.2021: Berlin-Deal mit Deutsche Wohnen und Vonovia – Immobilienexperten warnen vor Rückkauf kommunaler Wohnungen
Um bezahlbaren Wohnraum zu sichern, will das Land Berlin 20.000 Wohnungen der Konzerne Deutsche Wohnen und Vonovia zurückkaufen. Ein teurer Spaß. In Neubau wäre das Geld besser investiert, meinen Immobilienexperten.
Petra Storch wohnt im 13. Stock eines Hochhauses in der Siedlung Falkenhagener Feld. Vermieterin ist hier die Deutsche Wohnen. Für ihre 43-Quadratmeter-Wohnung bezahlt Petra Storch 270 Euro Netto-Kaltmiete. Allerdings kämpft sie seit ihrem Einzug mit Schimmel und undichten Fenstern. “Im Winter muss ich die Heizung voll aufdrehen und sitze hier dennoch mit Schal auf der Couch und friere”, erzählt die Mieterin. Nach vielen Beschwerden wurde zwar der Schimmel beseitigt, aber die Fenster schließen immer noch nicht richtig. “Eigentlich müsste ich neue Fenster bekommen”, meint Petra Storch. Aber bisher hat die Deutsche Wohnen die Fenster nicht ausgetauscht.
In der Siedlung liege vieles im Argen, berichtet Heinz Troschitz vom Spandauer Mieterverein: “Es gibt einen massiven Instandhaltungsstau. Es ist seit Jahren nichts mehr gemacht worden.” Er regt sich darüber auf, dass Berlin die Siedlung zurückkaufen will: “Jetzt zahlt der Steuerzahler, um diese Wohnungen wieder zu sanieren.” Immerhin hat die Deutsche Wohnen nun einen Großteil der Fahrstühle repariert. Doch die 50 Jahre alten Häuser sehen dennoch heruntergekommen aus. Der Sanierungsbedarf erscheint hoch.

Der Rückkauf kostet Milliarden

Für Berlin ergibt sich jetzt die Gelegenheit, die Siedlung im Falkenhagener Feld zurückzukaufen. Nach der Fusion haben Deutsche Wohnen und Vonovia ein Verkaufsinteresse signalisiert. Damit käme die Koalition ihrem Ziel, den kommunalen Bestand bis 2025 auf 400.000 Wohnungen zu erhöhen, einen großen Schritt näher.
Auf der Einkaufsliste des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und von Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD) stehen 20.000 Wohnungen der Wohnungsunternehmen Deutsche Wohnen und Vonovia, neben dem Falkenhagener Feld etwa auch die Thermometer-Siedlung in Lichterfelde.
Beide Siedlungen gehörten einst der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW, die 2004 privatisiert wurde. “Wir können dann kaufen, wenn wir ungefähr zum Ertragswert kaufen”, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz auf einer Pressekonferenz Ende Mai. Eine Kaufsumme nannte er nicht. Nur so viel: Es werde teurer werden als die 2,1 Milliarden Euro für den Rückkauf des Stromnetzes.
https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2021/06/vonovia-deutsche-wohnen-senat-berlin-rekommunalisierung.html

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

inforadio.de am 24.06.2021: Mehr Mieterschutz, aber kein neuer Wohnraum
Durch mehr landeseigene Immobilien will der Berliner Senat die steigenden Mieten bremsen. 20.000 Wohnungen sollen dazugekauft werden, wenn sich die Konzerne Vonovia und Deutsche Wohnen zusammenschließen. Das sei zwar gut für den Mieterschutz, Wohnungssuchenden bringe es aber nichts, sagt Ute Barthel von rbb24-Recherche.
Berlin komme seinem Ziel, 400.000 Wohnungen in landeseigenem Besitz zu haben, mit dem Kauf ein großes Stück näher. Das Ziel sei zudem schneller erreicht, denn beim Neubau hinken die kommunalen Wohnungsbausgesellschaften derzeit hinterher, erklärt Barthel.

Kauf könnte Investitionen in Neubau behindern

Allerdings müsse der Kauf durch Kredite finanziert werden. Das könne langfristig die Spielräume der Wohnungsbaugenossenschaften für Investitionen in den Neubau einschränken, so Barthel. Für Mieter bedeute es zwar mehr Sicherheit, wenn ihre Wohnungen in den kommunalen Besitz übergehen. Menschen auf Wohnungssuche bringe dieser Ankauf allerdings nichts – denn es entsteht kein neuer Wohnraum.

https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/202106/24/581022.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann im selbständigen Beweisverfahren ein Beweisantrag darauf gerichtet sein, die Höhe der Mietminderung durch einen Sachverständigen begutachten zu lassen?
Die Antwort des Oberlandesgerichts Saarbrücken (OLG Saarbrücken – 2 W 11/21, Beschluss vom 05.05.2021) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Oberlandesgericht Saarbrücken in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht ein rechtliches Interesse (§ 485 Abs. 2 ZPO) der Antragstellerin daran, dass die Höhe der aufgrund der behaupteten Mängel berechtigten Mietminderung außerhalb eines anhängigen Rechtsstreits durch ein Sachverständigengutachten festgestellt wird.

a) Zwar wird in der landgerichtlichen Rechtsprechung teilweise vertreten, Feststellungen zur Minderungshöhe könnten nicht Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 485 ZPO sein (LG Berlin, MDR 1991, 444; LG Saarbrücken, WuM 1992, 144, 145; LG Hamburg, Beschluss vom 27. Juli 2011 – 333 T 43/11BeckRS 2012, 8455). Begründet wird dies damit, dass die Beurteilung, in welchem Umfang die Miete aufgrund eines Mangels der Mietsache gemäß § 536 BGB gemindert sei, eine Rechtsfrage darstelle, deren Beantwortung dem Gericht obliege.

b) Vorherrschend ist dagegen die Auffassung, wonach § 485 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit eröffne, in einem selbständigen Beweisverfahren auch die Höhe der Mietminderung durch einen Sachverständigen begutachten zu lassen (KG, NJW-RR 2000, 513; BeckOK ZPO/Kratz [1.3.2021], § 485 Rn. 37; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl., § 485 Rn. 27; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 4. Aufl., § 485 Rn. 46; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 485 Rn. 9; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 14. Aufl., § 536 BGB Rn. 520; Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 536 BGB Rn. 66d; Bub/Treier/ Fischer/Günter, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. XI Rn. 217; Guhling/Günter/Nober, Gewerberaummiete, 2. Aufl., Kap. 5 Rn. 14; Scholl, NZM 1999, 108, 109).

c) Der Senat folgt der herrschenden Meinung.

aa) Die Höhe der Mietminderung richtet sich wesentlich nach dem Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung. Dieses festzustellen wird dem Gericht vielfach nur auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen des Mangels auf die Möglichkeit zum Gebrauch der Mietsache möglich sein. Angaben des Sachverständigen dazu, wie die durch den Mangel hervorgerufene Nutzungseinschränkung prozentual zu bewerten ist, sind dabei in der Praxis üblich und können dem Gericht zumindest eine Orientierungshilfe bei der Bestimmung der angemessenen Mietminderung sein (vgl. Scholl, aaO, S. 110). Dementsprechend wird es im Mietprozess ohne weiteres als zulässig und im Einzelfall sogar als geboten erachtet, einen Sachverständigen zur Klärung des Minderungsbetrags heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1991 – XII ZR 47/90NJW-RR 1991, 779; Beschluss vom 11. Juni 1997 – XII ZR 254/95NJWE-MietR 1997, 202). Für das selbständige Beweisverfahren gilt insoweit nichts Anderes.

bb) Der Wortlaut des § 485 Abs. 2 ZPO steht einer Beweiserhebung nicht entgegen. Feststellungen zur Höhe der Minderung betreffen den Zustand bzw. den Wert einer Sache im Sinne von § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Höhe der Mietminderung knüpft unmittelbar an den Zustand der Mieträume an (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. Januar 2017 – 12 W 34/16BeckRS 2017, 102285 Rn. 9), auf deren Wert sie sich zudem – jedenfalls mittelbar – auswirkt. Daneben ist die Bestimmung der Mietminderung zumindest im weiteren Sinne dem Bereich der Schadensfeststellung gemäß § 485 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZPO zuzuordnen (KG, aaO).

cc) Auch der Normzweck spricht für die Zulässigkeit einer Begutachtung der Minderungshöhe. § 485 Abs. 2 ZPO stellt eine Sonderregelung für die Fälle dar, in denen ein selbständiges Beweisverfahren unabhängig vom drohenden Verlust eines Beweismittels zweckmäßig erscheint, weil es eine vorprozessuale Einigung der Parteien erleichtert (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – VI ZB 53/08NJW-RR 2010, 946 Rn. 6). Voraussetzung für die Beweiserhebung ist, dass einer der in § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO genannten Fälle vorliegt und dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist dabei weit zu fassen (BGH, Beschluss vom 14. März 2018 – V ZB 131/17NJW 2018, 1749 Rn. 11; Beschluss vom 20. Oktober 2009 – VI ZB 53/08, aaO; Beschluss vom 16. September 2004 – III ZB 33/04NJW 2004, 3488 Rn. 2). § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO bestimmt ergänzend, dass ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dies wird bei gutachterlichen Feststellungen zur Höhe der Mietminderung nicht selten der Fall sein, sofern es den Parteien gelingt, auf der Grundlage des Gutachtens einvernehmlich einen bestimmten Minderungsbetrag festzulegen (vgl. hierzu auch OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1674).

2. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.

a) Die in dem Nichtabhilfebeschluss geäußerten Bedenken gegen die Fassung der Beweisfragen sind unbegründet. Selbst wenn man die Frage nach der Höhe der Mietminderung dem Wortlaut nach als eine der Beurteilung durch einen Sachverständigen entzogene Rechtsfrage ansehen wollte, wäre sie jedenfalls einer Auslegung dahingehend zugänglich, dass nach dem Umfang der mangelbedingten Gebrauchsbeeinträchtigung gefragt wird (vgl. Wieczorek/Schütze/Ahrens, aaO). Zumindest hierzu kann sich ein Sachverständiger äußern.

b) Gemäß § 487 Nr. 2 ZPO muss der Antrag die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, über die Beweis erhoben werden soll. Besondere inhaltliche Anforderungen an die Darlegung der Beweistatsachen bestehen nicht (BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – VI ZB 11/15NJW-RR 2016, 63 Rn. 9). Der Vortrag muss lediglich so substanziiert sein, dass der Verfahrensgegenstand eindeutig abgrenzbar ist und der Sachverständige weiß, zu welchen behaupteten Tatsachen er Antworten geben soll (KG, NJW-RR 2000, 468, 469; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. März 2013 – 1 W 42/12BeckRS 2013, 9197; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 18. Aufl., § 487 Rn. 3). Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift auch, soweit es um die Mietminderung geht. Darin werden die einzelnen Mängel nach Art und Auswirkungen beschrieben und es wird eine Größenordnung angegeben, in der aus der Sicht der Antragstellerin deswegen eine Minderung der Miete gerechtfertigt ist. Weitere Angaben waren nicht erforderlich.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Besteht ein Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV, wenn die Wärmemenge nach der Gleichung gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 HeizkostenV bestimmt worden ist?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 79/20, Urteil vom 26.11.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. b) wie folgt aus: „Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich auf ein Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV. Die Kammer nimmt Bezug auf ihre Entscheidung vom 20.06.2018 (65 S 29/18). Darin hat sie ausgeführt:
“Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV liegen nicht vor. Nach dieser Regelung hat der Nutzer das Recht, den auf ihn entfallenden Kostenanteil einer nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten um 15% zu kürzen, soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften der Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet wurden.”

Zuzugeben ist den Klägern, dass die Beklagte hier entgegen § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV (nF) die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge der verbundenen Anlage nicht mit einem Wärmezähler gemessen, um sie – entsprechend der überarbeiteten Fassung des § 9 HeizkostenV (vgl. BR-Ds. 570/08, S. 15 f.) – von denen der zentralen Heizungsanlage zu trennen. Sie hat die Wärmemenge stattdessen nach der Gleichung gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 HeizkostenV bestimmt, dies offenbar, ohne dass die – von ihr darzulegenden – Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nach § 9 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV vorliegen; die Beklagte hat schon erstinstanzlich vorgetragen, dass sie die Zähler inzwischen installiert hat.

Die HeizkostenV sanktioniert jedoch nicht jeden Verstoß gegen ihre Regelungen mit dem pauschalierten Schadenersatzanspruch nach § 12 Abs. 1 Satz 1. Kumulativ erforderlich ist, dass infolge des Verstoßes verbrauchsunabhängig abgerechnet wurde. Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

Die Beklagte hat den individuellen Verbrauch der Kläger an Wärme und Warmwasser den Regelungen der §§ 4 Abs. 1, 2, 5 Abs. 1 HeizkostenV entsprechend erfasst und auch abgerechnet. Der Umstand, dass die Beklagte die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende – vom einzelnen Nutzer ohnehin nur bedingt beeinflusste – Wärmemenge 2014 und 2015 nicht gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV gemessen hat, um ihren Anteil am Gesamtverbrauch zu ermitteln, führt hier nicht dazu, dass sie nunmehr nicht verbrauchsabhängig im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV abgerechnet hätte. Die Abrechnungen erfolgten vielmehr weiterhin auf der Grundlage des individuell gemessenen Verbrauchs der einzelnen Nutzer; die Verwendung der Gleichung nach § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 HeizkostenV stellt sicher, dass – anders als bei Verwendung der Gleichung nach Satz 4 und im Falle eines Verstoßes gegen § 5 HeizkostenV – auch der Anteil der auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallenden Wärmemenge weiterhin verbrauchsbezogen ermittelt wird, denn sie knüpft an das gemessene Volumen des verbrauchten Warmwassers und die gemessene oder geschätzte mittlere Temperatur des Warmwassers an (vgl. überzeugend: Lammel, ZMR 2016, 6, [7]; ders., jurisPR-MietR 6/2018, Anm. 4).

Die – im Urteil des Amtsgerichts und dem von diesem in Bezug genommenen Urteil der Zivilkammer 67 (Urt. v. 15. Juni 2016 – 67 S 101/17) vermisste – Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2016 (VIII ZR 2016, WuM 2016, 174) führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde – entgegen § 5 Abs. 2 HeizkostenV – keine Vorerfassung vorgenommen, obwohl es zwei Gruppen von Nutzern gab, die mit unterschiedlichen Messgeräten ausgestattet waren. Für eine Nutzergruppe (Ausstattung mit Wärmemengenzählern) wurde nach dem ermittelten individuellen Verbrauch abgerechnet, der anderen Gruppe (Ausstattung mit Heizkostenverteilern) im Wege der Differenzberechnung der “Rest” auferlegt; Messungenauigkeiten gingen damit einseitig zu Lasten der Nutzergruppe, deren individuell erfasster Verbrauch nicht die Grundlage der Abrechnung bildete (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 7, 19). Letzteres ist der maßgebliche Unterschied. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof sich in der Entscheidung vor allem ausführlich mit der Auffassung des Berufungsgerichts auseinandergesetzt, dass § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV verlange, dass für die mit Heizkostenverteilern ausgestattete Nutzergruppe eine neue Heizkostenabrechnung auf der Grundlage der Kostenverteilung nach Wohnflächen zu erstellen sei.

Die Kammer weicht damit auch – entgegen der missverständlichen Formulierung der Entscheidungsgründe – nicht vom Urteil der Zivilkammer 63 vom 16. Januar 2018 (63 S 91/17) ab. Auch dieser Entscheidung lag – ausweislich des Tatbestandes – ein anderer Sachverhalt zugrunde. In dem streitgegenständlichen Objekt wurde gerade nicht verbrauchsabhängig abgerechnet, denn die dortige Vermieterin hat die Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten nach Flächen durchgeführt, nicht nach dem individuell erfassten Verbrauch der einzelnen Nutzer.”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Abrechnung für den vertraglich vereinbarten Abrechnungszeitraum bereits vor Ablauf des Abrechnungszeitraums geschuldet?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 79/20, Urteil vom 26.11.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. b) wie folgt aus: „Insoweit handelt es sich bei der zweiten Abrechnung um die – tatsächlich geschuldete – Abrechnung der Betriebskosten zum Ende des Vertragsverhältnisses. Eine Abrechnung für den vertraglich vereinbarten Abrechnungszeitraum – das vollständige Kalenderjahr – war hier wegen der Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf des Abrechnungszeitraums ohnehin nicht geschuldet (vgl. näher Langenberg, Betriebs- und Heizkostenrecht, 7. Aufl., G Rn. 32).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Muss der Vermieter bei der Kostenposition Sperrmüll darlegen und beweisen, dass die Sperrmüllkosten bei der Beseitigung von Müll auf Gemeinschaftsflächen entstanden sind?
Die Antwort des Amtsgerichts Wuppertal (AG Wuppertal – 97 C 154/20, Urteil vom 02.12.2020) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Amtsgericht Wuppertal in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Denn die Klägerin ist hinsichtlich der Berechtigung der Kostenposition Sperrmüll, deren gegenüber der Beklagten geltend gemachter Kostenanteil allein 263,65 Euro beträgt und damit die für das Jahr 2015 noch geltend gemachte Nachforderung bereits übersteigt, darlegungs- und beweisfällig geblieben.
Die Darlegungs- und Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung trifft den Vermieter (Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, § 556 BGB Rdnr. 261). Bezogen auf die Kostenposition Sperrmüll, deren grundsätzliche Umlegbarkeit die Beklagte nicht zuletzt angesichts ihres unwidersprochen gebliebenen Vortrages, wonach Sperrmüll auch im Jahr 2018 entsorgt wurde, sodass nicht lediglich eine einmalige Entrümpelungsaktion, bei der es am Merkmal der laufenden Entstehung i.S.d. § 1 I BetrKV fehlen würde (vgl. Pfeifer, in: BeckOK-Mietrecht, 21. Edition Stand: 01.08.2020, § 556 BGB Rdnr. 742)) zutreffend annimmt (vgl. BGH, Urteil v. 13.01.2010 – VIII ZR 137/09), bedeutet dies, dass die Klägerin auch darzulegen und ggf. nachzuweisen hat, dass die Sperrmüllkosten bei der Beseitigung von Müll auf Gemeinschaftsflächen entstanden sind. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, obwohl die Beklagte nicht nur ausdrücklich in Abrede gestellt, dass die vorliegend angefallenen und abgerechneten Kosten nur den für alle Mieter zugänglichen Teil des Gebäudes betrafen, sondern darüber hinaus dezidiert vorgetragen haben, dass die Mieter des Hauses jeweils über einen eigenen, abschließbaren Keller verfügen, sodass Verschmutzungen nachverfolgbar seien. Überdies werde die Waschküche lediglich von zwei Mietern zum Aufstellen ihrer Waschmaschine und ihres Trockners verwendet. Schließlich werde der Speicher ausschließlich von einer – sogar namentlich benannten – Mieterin genutzt.

Dem ist die Klägerin nachfolgend überhaupt nicht mehr entgegengetreten. Vielmehr hat sie sich allein auf die bereits zuvor vorgelegten Rechnungen berufen. Diese sind jedoch für sich genommen in keiner Weise geeignet, den Nachweis zu führen, dass es sich bei den entrümpelten Flächen tatsächlich ausschließlich um Gemeinschaftsflächen handelt. Der zudem in Bezug genommene weitere Vortrag bleibt ebenfalls ohne Substanz, spricht die Klägerin doch nur davon, dass es sich bei den betroffenen Flächen “in der Regel um die Gemeinschaftsflächen im Keller handele“. Damit setzt sie dem Beklagtenvorbringen im Ergebnis schon keinen schlüssigen eigenen Vortrag entgegen; ein ausreichendes Bestreiten ist somit schon nicht erkennbar, § 138 III ZPO. Jedenfalls aber fehlt es an einem Beweisantrag der Klägerin für ihre Behauptung, dem ggf. nachzugehen wäre.

Dass die Klägerin überdies – was ebenfalls erforderlich erscheint (vgl. Wiederhold, in: BeckOK-BGB, 56. Edition Stand: 01.11.2020, § 556 Rdnr. 31) – trotz des vorstehend bereits dargelegten konkreten Vortrages der Beklagten nicht näher darauf eingeht, warum ihr die Ermittlung der für den Sperrmüll Verantwortlichen nicht zumutbar ist, sei lediglich ergänzend angemerkt.”