Archiv für den Monat: Februar 2024

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Zeitung am 28.02.2024: Gewobag korrigiert Heizkostenabrechnung nachträglich – zulasten der Mieter
Weil der Energielieferant höhere Ausgaben für eine Wohnanlage ermittelt hat als ursprünglich errechnet, werden die Bewohner im Nachhinein zur Kasse gebeten.
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hat in einer Wohnanlage in Spandau die Heizkostenabrechnung für 2022 nachträglich korrigiert – zulasten der Mieter. „Mit Bedauern“ müsse sie mitteilen, dass eine „Korrektur der Abrechnung der Heizkosten“ erforderlich sei, schreibt die Gewobag in einem Brief an die Mieter in Staaken. Betroffen von der Korrektur sind nach Angaben der Gewobag 318 Wohnungen an der Heerstraße und im Semmelländerweg, die per Strom über Nachtspeicherheizungen mit Energie versorgt werden.

Als Grund für die Korrektur verweist die Gewobag darauf, dass der Energieversorger, die Vattenfall Real Estate Energy Sales GmbH, für die Wohnungen nachträglich einen höheren Verbrauch und höhere Kosten für das Jahr 2022 in Rechnung gestellt habe. Statt der ursprünglich berechneten 372.807,40 Euro habe Vattenfall einen höheren Verbrauch festgestellt und nunmehr Kosten in Höhe von 381.315,26 Euro berechnet – also 8507,86 Euro mehr als zuvor.

Mit der Korrektur der Abrechnung werden den betroffenen Mietern nach Angaben einer Gewobag-Sprecherin nun zusätzlich Kosten in Höhe von 41 Cent je Quadratmeter Wohnfläche in Rechnung gestellt. Die Mehrbelastungen pro Haushalt liegen zwischen 16,85 Euro und 55,95 Euro. Für eine durchschnittlich große Wohnung mit 65 Quadratmetern fallen Kosten von 26,65 Euro an. Dem gegenüber stehen nach Angaben der Gewobag Guthaben aus der ursprünglichen Heizkostenabrechnung für 2022, weshalb es sich „nicht um Nachzahlungen“ handele, wie das Unternehmen betont. Die Guthaben der Mieter verringern sich jedoch entsprechend.

Heizkosten nachträglich nach oben korrigieren – ist das erlaubt?

Aber ist die nachträgliche Korrektur zulasten der Mieter überhaupt zulässig? Die Gewobag geht offenbar davon aus. Das Wohnungsunternehmen verweist jedenfalls darauf, dass der Energieversorger „entsprechend gesetzlicher Vorgaben berechtigt“ sei, bis zu drei Jahre rückwirkend Nachforderungsansprüche geltend zu machen, wenn ein Fehler festgestellt worden sei. Vermieter müssen laut Gesetz zwar die Betriebskostenabrechnungen innerhalb eines Jahres nach dem Abrechnungszeitraum vorlegen. Doch Ausnahmen davon sind möglich, wenn ein Vermieter „die verspätete Geltendmachung“ der Nachforderung nicht zu vertreten hat.
Im vorliegenden Fall legte die Gewobag die Korrektur der Abrechnung mit Schreiben vom 26. Januar 2024 vor. Also eigentlich zu spät. Die Gewobag beruft sich jedoch auf eben jenen Passus im Gesetz, wonach dies zulässig ist, wenn der Vermieter „die verspätete Geltendmachung“ der Nachforderung nicht zu vertreten habe. Das Problem: Vattenfall teilte der Gewobag die veränderten Kosten bereits mit „Rechnungsdatum“ vom 10. November 2023 mit, die Gewobag erstellte ihre Betriebskostenabrechnung für 2022 aber erst elf Tage danach, nämlich am 21. November 2023.

Mieterberater: Bewohner müssen die Schlechterstellung nicht hinnehmen

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) stellt die Rechtmäßigkeit des Vorgehens deswegen infrage. „Bedenkt man, dass die Korrekturabrechnung der Vattenfall Real Estate Energy Sales GmbH bereits vom 10. November 2023 stammt, hätte diese bereits bei der ursprünglichen Betriebs- und Heizkostenabrechnung der Gewobag vom 21. November 2023 berücksichtigt werden müssen“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. „Dann hätte es einer Korrekturabrechnung am 26. Januar 2024 überhaupt nicht bedurft“, sagt er.
Die Gewobag verweist hingegen darauf, dass Rechnungen von Vattenfall von ihrem „System elektronisch erfasst“ werden. Im vorliegenden Fall sei es „zu einer zeitlichen Überschneidung“ gekommen: „Zum Zeitpunkt der Erfassung der Korrekturrechnung waren die Heizkostenabrechnungen für 2022 für die oben genannten Adressen bereits erstellt“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. „Nach eingehender Prüfung der Korrektur durch unsere Fachabteilungen und der Feststellung, dass es sich hierbei um einen berechtigten Anspruch handelt, haben wir umgehend Nachberechnungen vorgenommen“, teilt sie mit.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) sieht es anders. Die Gewobag mache es sich „eindeutig zu einfach“, sagt AMV-Chef Eupen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse sie „konkret darlegen, welche Bemühungen sie unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung im Jahr 2023 sicherzustellen“. Derartige Entlastungsgründe fänden sich in der Korrekturabrechnung aber nicht. „Ohne Angabe nachvollziehbarer Entlastungsgründe gehen wir davon aus, dass die Mieterinnen und Mieter die wirtschaftliche Schlechterstellung durch die Korrekturabrechnung nicht hinnehmen müssen“, sagt Eupen.