Archiv der Kategorie: Gerichtsentscheidungen

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 14.06.2022: Landgericht stützt Berliner Mietspiegel 2021
Gut für Mieter und Vermieter: Der Mietspiegel 2021 reicht zur Begründung einer Mieterhöhung aus. Das Urteil sorgt für Klarheit – leider nicht überall in Berlin.
Im Streit um den Berliner Mietspiegel 2021 liegt jetzt ein Urteil des Landgerichts vor, das den Mietspiegel stützt – und Mietern wie Vermietern gleichermaßen nutzt. Die 67. Zivilkammer des Landgerichts entschied bereits am 9. Juni, dass der Mietspiegel 2021 ein „taugliches Begründungsmittel“ für eine Mieterhöhung sei, auch wenn es sich bei dem Werk „um keinen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel“ im Sinne des Gesetzes handeln sollte.
Das Landgericht korrigiert mit dem Urteil eine Entscheidung des Amtsgerichts Spandau vom Januar 2022. Das Spandauer Gericht hatte den Mietspiegel 2021 für nichtig erklärt und das darauf gestützte Mieterhöhungsverlangen eines Vermieters zurückgewiesen.
Spandau sah im Mietspiegel 2021 weder einen qualifizierten Mietspiegel, an den besonders hohe Anforderungen gestellt werden, noch einen einfachen Mietspiegel. Aus Sicht des Gerichts handelte es sich beim Mietspiegel 2021 um eine unzulässige Fortschreibung des Mietspiegels von 2019. Andere Amtsgerichte, darunter jene in Neukölln und Lichtenberg, hatten hingegen festgestellt, dass der Mietspiegel 2021 anwendbar sei.

Mieter hätten Forderungen schwerer kontrollieren können

Wäre das Landgericht der Auffassung der Spandauer Richter gefolgt, hätte dies zumindest für den Zuständigkeitsbereich der 67. Zivilkammer – für Spandau, Mitte, Prenzlauer Berg und Tiergarten – weitreichende Folgen gehabt.
Für Mieter wie für Vermieter wäre dies von Nachteil gewesen. Vermieter hätten Mieterhöhungen dann auf andere Weise begründen müssen, zum Beispiel mit der Benennung von drei Vergleichswohnungen oder einem Sachverständigengutachten, hätten für eine normale Mieterhöhung also einen höheren Aufwand betreiben müssen. Auf der anderen Seite hätte Mietern bei den anderen Mieterhöhungsbegründungen stärkere Forderungen der Vermieter gedroht, die sich zudem schwerer kontrollieren lassen.

Mieter- und Verbraucherschutzbund: Sieg für Mieter und Vermieter

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) sieht das Landgerichtsurteil sowohl als „Sieg für die Berliner Mieter als auch für die Vermieter“, wie AMV-Chef Marcel Eupen sagt. „Mieterhöhungsverlangen können weiterhin mit dem Berliner Mietspiegel 2021 begründet werden und sind formwirksam, auch wenn es sich unter Umständen bei diesem weder um einen qualifizierten noch um einen einfachen Mietspiegel handeln sollte“, sagt Eupen. „Es müssen keine teuren Sachverständigengutachten eingeholt werden“, so der AMV-Chef.
Das Landgericht stützt zwar den Mietspiegel 2021, aber nicht uneingeschränkt. So erklärte die 67. Zivilkammer, Zweck der gesetzlichen Begründungspflicht von Mieterhöhungen sei es, „dem Mieter erste Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu geben“. Diesen Mindestanforderungen genüge der Mietspiegel 2021 „auf jeden Fall“.
Fast schon kurios: Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, aus der sich ein möglicher Mieterhöhungsspielraum ergibt, stützt sich das Landgericht nicht auf den Mietspiegel 2021, sondern auf den Mietspiegel 2019. Es könne dahinstehen, ob der Mietspiegel 2021 für die Ermittlung der ortsüblichen Miete geeignet sei, wenn „eine richterliche Schätzung auf Grundlage eines Vorgängermietspiegels möglich“ sei, führen die Richter dazu aus. Im vorliegenden Fall stuft das Landgericht den Mietspiegel aus dem Jahr 2019 als geeignete Schätzgrundlage ein.

Rechtssicherheit gibt es mit dem Urteil zunächst nur für einen Teil der Mieter

Zum Stichtag des Mietspiegels 2019 am 1. September 2018 habe sich für die Wohnung im vorliegenden Fall eine ortsübliche Miete von 8,03 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ergeben. Das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters, der die Miete auf 7,64 Euro je Quadratmeter anheben wollte, überschreite die ortsübliche Miete damit nicht. Es sei „aufgrund des allgemeinen Preisanstiegs“ davon auszugehen, dass die ortsübliche Miete im Zeitraum vom 1. September 2018 bis zum Zugang des Mieterhöhungsschreibens im Juni 2021 nicht von 8,03 Euro je Quadratmeter auf die vom Vermieter lediglich verlangten 7,64 Euro gesunken sei.
Ob das Vorgehen des Landgerichts der Weisheit letzter Schluss sei, möge dahinstehen, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. „Zumindest ist sie ein tauglicher Weg, um die zulässige Nettokaltmiete zu berechnen.“ Mieter, die in Spandau, Mitte, Prenzlauer Berg oder Tiergarten wohnen, das heißt in den Gebieten, für die die Zivilkammer 67 des Landgerichts zuständig ist, haben laut AMV-Chef Eupen zurzeit Rechtssicherheit.
Ob die anderen vier Mietberufungskammern des Landgerichts der Rechtsauffassung der 67. Kammer folgen oder zu einer anderen Rechtsauffassung gelangen, bleibe abzuwarten, sagt AMV-Chef Eupen. „Solange nicht Entscheidungen aller fünf Landgerichtskammern vorliegen, herrscht für alle nicht in Spandau, Mitte, Prenzlauer Berg oder Tiergarten wohnenden Mieter und deren Vermieter weiterhin Rechtsunsicherheit.“

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 17.06.2022 – Nach BGH-Urteil zu Rauchwarnmeldern: Unternehmen lenken ein
Landeseigene Howoge und Degewo wollen Ausgaben für angemietete Geräte nicht mehr auf Betriebskosten umlegen. Eine Frage bleibt aber unbeantwortet.
Die Wohnungsunternehmen Howoge und Degewo lenken ein. Nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die Ausgaben für angemietete Rauchwarnmelder nicht auf die Betriebskosten umgelegt werden dürfen, wollen die beiden landeseigenen Gesellschaften ihre bisherige Abrechnungspraxis ändern.
„Die Degewo hält sich natürlich grundsätzlich an geltende Rechtsprechung und hat die Umlage sofort gestoppt“, sagte ein Sprecher der Degewo auf Anfrage der Berliner Zeitung. Und eine Sprecherin der Howoge sagte: „Ab sofort wird keine Umlage der Mietkosten für die Rauchwarnmelder mehr erfolgen.“
Offen ist noch, wie die Unternehmen in Fällen von bereits abgerechneten Betriebskosten verfahren. Zum Beispiel, ob die Unternehmen von sich aus unzulässig kassierte Beträge für die vergangenen Abrechnungsperioden zurückerstatten oder ob die zu viel kassierten Beträge nur an jene Mieter zurückgezahlt werden, die in diesem Punkt Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung eingelegt haben.
Der Degewo-Sprecher sagte dazu: „Unser Vorgehen zu Rückzahlungen ist noch in der internen Abstimmung.“ Und die Howoge-Sprecherin erklärte: „Hinsichtlich der Rückzahlung der bereits gezahlten Beiträge sowie der zukünftigen Verfahrensweise zur Ausstattung mit Rauchwarnmeldern befinden wir uns derzeit in der Entscheidungsfindung.“

Degewo muss auf rund 800.000 Euro jährlich verzichten

Die Degewo hat die Kosten für Rauchwarnmelder den Angaben zufolge seit 2018 auf die Betriebskosten umgelegt – mit 0,8 bis 1,6 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich. Für alle Wohnungen der Degewo seien dadurch 800.000 Euro pro Jahr eingenommen worden, so der Unternehmenssprecher. Diese würden künftig zum Beispiel für Neubau oder Sanierung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden (VIII ZR 379/20), dass die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern „ihrem Wesen nach“ nicht als umlagefähige Betriebskosten einzustufen sind. Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund rief die landeseigenen Unternehmen danach auf, die Kosten an ihre berlinweit betroffenen Mieter zurückzuzahlen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/nach-bgh-urteil-zu-rauchwarnmeldern-unternehmen-lenken-ein-li.237163

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 14.06.2022 – Abzocke mit Rauchwarnmeldern: Jetzt hat der Bundesgerichtshof entschieden
Urteil: Ausgaben für angemietete Geräte dürfen nicht als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. In Berlin profitieren viele Haushalte.
Mieter können sich freuen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Streit über die Anschaffung von Rauchwarnmeldern entschieden, dass Ausgaben für angemietete Geräte nicht als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden dürfen (VIII ZR 379/20). Die Entscheidung dürfte allein in Berlin Auswirkungen auf Zehntausende Mieterhaushalte haben, bei denen bisher die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden.
Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 11. Mai aus, dass die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern „ihrem Wesen nach“ nicht als umlagefähige Betriebskosten einzustufen seien. Betriebskosten seien Kosten, die dem Eigentümer laufend entstehen. Die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern fielen aber ausschließlich dann an, wenn der Vermieter sich dazu entschließe, die Rauchwarnmelder nicht zu erwerben, sondern sie stattdessen anzumieten. Ob der Eigentümer die Geräte erwerbe oder anmiete, stehe allein in seiner Entscheidungsmacht.
Im vorliegenden Fall hatte die Vermieterin in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2016 einen Betrag in Höhe von 9,74 Euro für die Miete der Rauchwarnmelder berechnet, in einem weiteren Jahr verlangte die Vermieterin 9,88 Euro. Nach der Entscheidung des BGH muss die Mieterin die Beträge nicht bezahlen.

Mieter- und Verbraucherschutzbund begrüßt das Urteil

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) begrüßt das BGH-Urteil. „Der Bundesgerichtshof hat in seinem maßgeblichen Urteil überzeugend und nachvollziehbar begründet, warum die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern keine auf die Mieter umlegbaren Betriebskosten sind, da sie den Kos­ten für deren Er­werb gleich­zu­set­zen sind“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. An­schaf­fungs­kos­ten stel­lten selbst keine Be­triebs­kos­ten dar. Die­ser Grund­satz könne nicht da­durch um­gan­gen wer­den, dass der Ver­mie­ter sich an­statt für einen Er­werb der Rauchwarnmelder für deren An­mie­tung ent­schei­de.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs kommt laut AMV-Chef Eupen nicht überraschend, da bereits das Landgericht Berlin mit Urteil vom 8. April 2021 ähnlich entschieden habe. Es urteilte in einem Berufungsverfahren von Mietern aus dem Falkenhagener Feld in Spandau gegen die Deutsche-Wohnen-Tochter GSW, dass die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern keine Betriebskosten seien (67 S 335/20).
Trotz des Landgerichtsurteils herrschte aber bisher in Berlin keine Rechtssicherheit. So stellte die Deutsche Wohnen den Mietern in Spandau in der Betriebskostenabrechnung für 2020, die im Oktober vergangenen Jahres zugestellt wurde, erneut die kompletten Kosten für Anmietung und Wartung der Rauchwarnmelder in Rechnung. Erst auf Widerspruch des AMV zog die Deutsche Wohnen die Forderung zurück ­– „aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, wie das Unternehmen damals erklärte.

Mieterberater fordert freiwillige Erstattung der Kosten

Nicht nur die Deutsche Wohnen, sondern auch zwei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften – Degewo und Howoge – stellten die Ausgaben für die Anmietung von Rauchwarnmeldern Mietern als Betriebskosten in Rechnung, wie die Berliner Zeitung Anfang dieses Jahres berichtete. Die Degewo erklärte ihr Verhalten damals mit dem Hinweis, dass die Rechtsprechung zur Umlagefähigkeit der Kosten für Rauchwarnmelder „nicht einheitlich“ sei – und verwies auf ein Urteil des Landgerichts Magdeburg, das die Umlagefähigkeit von Mietkosten für Rauchwarnmelder (Az. 1S 171/11) bestätigt habe. Ähnlich äußerte sich die Howoge.
AMV-Chef Eupen sagt jetzt: „Ich erwarte, dass Vermieter, die bisher die Mietkosten der Rauchwarnmelder gegenüber ihren Mietern abgerechnet haben, nun freiwillig Erstattungen der Kosten der Anmietung der Rauchwarnmelder an ihre berlinweit betroffenen Mieterinnen und Mieter leisten – und zwar seit der Abrechnungsperiode 2020.“ In Zukunft müssten die Unternehmen „davon absehen, mit diesen Kosten über ihre Betriebskostenabrechnungen ihre Mieter zu belasten“, um weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Während bei der Deutsche Wohnen „nur an das soziale Gewissen appelliert“ werden könne, sei bei den landeseigenen Unternehmen „eine Erstattung der zu Unrecht kassierten Beträge für die Anmietung von Rauchwarnmeldern alternativlos, und zwar unaufgefordert“, so Eupen. „Eine Nichterstattung bei Degewo und Howoge wäre ein politisch nicht hinnehmbarer Skandal.“

Deutsche Wohnen deutet Einlenken an

Während von Howoge und Degewo am Montag bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten war, deutet die Deutsche Wohnen Einlenken an. „Aufgrund des Gerichtsurteils des BGH werden wir unsere bisherige Praxis hinsichtlich der Abrechnung der Anmietung von Rauchmeldern entsprechend anpassen und bei künftigen Betriebskostenabrechnungen umsetzen“, teilte eine Unternehmenssprecherin mit. „Bis dato war die Rechtsprechung nicht einheitlich. Verschiedene Gerichtsurteile hatten die Umlagefähigkeit bestätigt“, so die Sprecherin.
AMV-Chef Eupen rät: „Mieterinnen und Mieter, die bisher noch keinen Widerspruch gegen ihre Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahre 2021 für die Abrechnungsperiode 2020 eingelegt haben, sollten, sofern sie die maßgebliche Abrechnung erst nach dem 14. Juni 2021 erhalten haben, umgehend Widerspruch einlegen.“ Darin sollten die Mieter ausdrücklich rügen, dass die Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder als Anschaffungskosten keine umlegbaren Betriebskosten sind und von daher erstattet werden müssen. „Sie sollten darüber hinaus unverzüglich rechtliche Hilfe bei einem Mieterverein in Anspruch nehmen“, so Eupen. Generell empfehle der AMV allen Mietern, ihre jährliche Betriebs- und Heizkostenabrechnung durch einen Mieterverein überprüfen zu lassen. Dafür haben sie zwölf Monate nach Erhalt der Abrechnung Zeit.

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 18.05.2022: Neues Urteil stützt Berliner Mietspiegel 2021
Anders als das Amtsgericht Spandau hält das Amtsgericht Wedding den Mietspiegel für anwendbar. Rechtssicherheit gibt es für Berliner Mieter damit noch nicht.
Zum Berliner Mietspiegel 2021 liegt jetzt ein weiteres Gerichtsurteil vor. Das Amtsgericht Wedding entschied im Streit um eine Mieterhöhung, dass der Vermieter die Miete unter Berufung auf den Mietspiegel 2021 erhöhen dürfe. „Ungeachtet seiner methodischen Mängel“ erfülle der Mietspiegel 2021 die Aufgabe, dass sich der Mieter auf seiner Grundlage darüber informieren könne, ob er einer Mieterhöhung des Vermieters zustimmt oder nicht (Az 12b C 523/21).
Das Amtsgericht Wedding bewertet den Mietspiegel 2021 damit anders als das Amtsgericht Spandau. Dieses hatte vor kurzem den Mietspiegel 2021 für nichtig erklärt und das Mieterhöhungsverlangen eines Vermieters, der sich auf den Mietspiegel berufen hatte, zurückgewiesen (AZ 6 C 395/21).
Mehr Klarheit für die Mieter bringt das aktuelle Urteil des Amtsgerichts Wedding zwar nicht. Es führt aber immerhin dazu, dass der Mietspiegel, der unter allen Mieterhöhungsmitteln als das mieterfreundlichste gilt, nicht von einem weiteren Gericht infrage gestellt wird.

Rechtsanwalt verlangte Abweisung der Klage

Das Amtsgericht Spandau hatte unter anderem bemängelt, dass der Berliner Mietspiegel 2021 kein qualifizierter Mietspiegel sei. Denn qualifizierte Mietspiegel, die nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt werden, dürften nur einmal nach zwei Jahren fortgeschrieben werden – zum Beispiel anhand der Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Da aber bereits der Mietspiegel 2019 auf einer Fortschreibung des Mietspiegels 2017 beruht habe, sei eine erneute Fortschreibung 2021 „rechtlich unzulässig“ gewesen.
Im Streit um die Mieterhöhung, die nun vor dem Amtsgericht Wedding verhandelt wurde, hatte der Rechtsanwalt der Mieterin auf das Urteil des Amtsgerichts Spandau verwiesen – und beantragt, die Klage des Vermieters abzuweisen. Dem folgte das Gericht aber nicht. Auch wenn der Mietspiegel 2021 „eine zweite Fortschreibung darstellen sollte“, lägen ihm ursprünglich erhobene Mietpreise zugrunde, argumentierte das Gericht. So stelle der Mietspiegel 2021 ein Zahlenwerk dar, welches eine „sachliche Grundlage für die Bewertung der ortsüblichen Vergleichsmiete bietet“.
Als solche sei der Mietspiegel 2021 „weiterhin wesentlich aussagekräftiger“ als etwa die Benennung von Vergleichswohnungen, auf die sich Vermieter bei der Begründung einer Mieterhöhung laut Gesetz ebenfalls stützen können.

Gericht ließ Mieterhöhung nur teilweise zu

Im vorliegenden Fall wollte der Vermieter die Miete für eine 96 Quadratmeter große Wohnung um rund 71 Euro erhöhen. Das Gericht erlaubte aber nur eine Erhöhung um gut 46 Euro – weil wohnwerterhöhende Ausstattungsmerkmale vom Mieter geschaffen worden waren.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) beurteilt die Entscheidung des Amtsgerichts mit gemischten Gefühlen. „Es ist zwar bedauerlich, dass die Mieterin den Rechtsstreit um die Mieterhöhung teilweise verloren hat“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. Die Entscheidung sei aber trotzdem „ein Sieg für die Berliner Mieter“. Denn das Gericht habe ausgeführt, dass der Mietspiegel 2021 trotz erheblicher methodischer Mängel bei der Erstellung als Instrument zur Begründung einer Mieterhöhung sowie zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete noch immer wesentlich aussagekräftiger sei als etwa die Benennung von Vergleichswohnungen.
„Es bleibt abzuwarten, ob sich die Rechtsauffassung des Amtsgerichts Spandau oder die des Amtsgerichts Wedding in der Praxis durchsetzen wird“, sagt Eupen. „Solange keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, herrscht Rechtsunsicherheit, und zwar sowohl für Vermieter als auch für Mieter“, so der AMV-Chef. „Es ist zu hoffen, dass zumindest bald erste Urteile des Landgerichts Berlin vorliegen, an denen sich die Amtsgerichte orientieren können.“ Bisher gibt es mehr Urteile, die den Mietspiegel stützen. Die Amtsgerichte in Neukölln und Lichtenberg hatten mit Entscheidungen vom 7. Juli 2021 (Az. 13 C 43/21) und vom 5. November 2021 (AZ. 10 C 553/21) festgestellt, dass der Mietspiegel 2021 anwendbar sei.

Ein Vorschlag für den Fall, dass der Mietspiegel gekippt wird

Für den Fall, dass sich die Rechtsauffassung des Amtsgerichts Spandau durchsetzen sollte und Berlin damit keinen gültigen Mietspiegel hat, hat Eupen eine Empfehlung parat: Unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der im Jahr 2019 geurteilt hat, dass ein 20 Jahre alter Mietspiegel für die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nicht mehr ausreicht, rät er dazu, einfach den Berliner Mietspiegel 2019 anzuwenden – und zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zu den Werten einen Stichtagszuschlag hinzuzurechnen. Dies könnte zumindest solange gemacht werden, bis Berlin wieder einen gültigen aktuellen Mietspiegel habe.

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Zeitung am 07.04.2022 – Keine Mieterhöhung: Amtsgericht Spandau erklärt Mietspiegel 2021 für nichtig
Eine Erhöhung, die der Vermieter mit dem Mietspiegel begründet hat, sei unzulässig, so das Gericht. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben.
Im Rechtsstreit um eine Mieterhöhung hat das Amtsgericht Spandau den Mietspiegel 2021 für nichtig erklärt und das Mieterhöhungsverlangen eines Vermieters, der sich auf den Mietspiegel berufen hatte, zurückgewiesen. Sollte sich die Rechtsauffassung durchsetzen, was offen ist, hätte dies weitreichende Folgen für laufende und geplante Mieterhöhungsverlangen. Denn diese werden in der Regel mit dem Mietspiegel begründet.
Das Amtsgericht Spandau entschied, dass der Berliner Mietspiegel 2021 kein qualifizierter Mietspiegel ist. Denn qualifizierte Mietspiegel, die nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt werden, dürften nur einmal nach zwei Jahren fortgeschrieben werden – zum Beispiel anhand der Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Da aber bereits der Mietspiegel 2019 auf einer Fortschreibung des Mietspiegels 2017 beruht habe, sei eine erneute Fortschreibung 2021 „rechtlich unzulässig“ gewesen, so das Amtsgericht (AZ 6 C 395/21). „Vielmehr hätte der Mietspiegel neu erstellt werden müssen“, heißt es in dem Urteil. Es stammt vom 10. Januar 2022, wurde aber erst jetzt bekannt.
Das Amtsgericht erklärte zugleich, dass der Mietspiegel 2021 auch „kein einfacher Mietspiegel“ sei. Denn er sei nicht aus den Mieten gebildet worden, die in den vergangenen sechs Jahren geändert oder neu vereinbart wurden. Grundlage des Mietspiegels von 2019 waren noch Mieten aus den vergangenen vier Jahren. Im vorliegenden Fall wurde das Mieterhöhungsverlangen deswegen abgewiesen. Der Vermieter hatte die Miete für eine knapp 39 Quadratmeter große Wohnung im Pillnitzer Weg in Spandau zum 1. September 2021 um 35,70 Euro auf 273,73 Euro erhöhen wollen.

 

Benennung von Vergleichswohnungen möglich

Der Mietspiegel gibt Auskunft über die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen je nach Baualter, Größe, Lage und Ausstattung. Vermietern dient der Mietspiegel dazu, Mieterhöhungen zu begründen und die korrekte Miethöhe beim Abschluss neuer Verträge zu ermitteln. Mieter können anhand des Mietspiegels prüfen, ob die Forderungen der Vermieter berechtigt sind. Außer mit dem Mietspiegel können Mieterhöhungen mit der Benennung von drei Vergleichswohnungen, einem Sachverständigengutachten oder mit Angaben aus einer Mietdatenbank begründet werden.
Der Mietspiegel 2021 wurde auf Basis des Mietspiegels 2019 fortgeschrieben, weil sich die Mieten in Berlin zuvor wegen des Mietendeckels nicht frei am Markt bilden konnten. Die jetzige Situation ist also eine späte Folge des Mietendeckels. Dass es Probleme mit dem Mietspiegel 2021 geben könnte, war kurz nach Veröffentlichung des Mietspiegels 2021 publik geworden. So hatte Steffen Sebastian, Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg, den Mietspiegel als nicht anwendbar bezeichnet, weil es sich um eine zweite Fortschreibung des Werks handele. Sebastian warnte vor „weitreichenden Folgen“. Etwa, dass „gut organisierte Großvermieter, die drei passende Vergleichsmieten finden“, damit „Mieterhöhungen weit über dem Niveau des Mietspiegels begründen“ können. Ohne gültigen Mietspiegel laufe die Mietpreisbremse de facto ins Leere.
Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) verweist darauf, dass es sich bei dem Urteil aus Spandau „um die Einzelfallentscheidung einer Abteilung eines Amtsgerichtes“ handele. „Wir teilen diese Rechtsauffassung nicht und verweisen in diesem Zusammenhang auf andere Urteile zu dieser Thematik“, erklärte BBU-Sprecher David Eberhart. Das Amtsgericht Neukölln und das Amtsgericht Lichtenberg seien mit Entscheidungen vom 7. Juli 2021 (Az. 13 C 43/21) und vom 5. November 2021 (AZ. 10 C 553/21) zum Schluss gekommen, dass der Mietspiegel 2021 anwendbar sei. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verweist wie der BBU auf die Urteile aus Neukölln und Lichtenberg. „Es bleiben die Entscheidungen der höheren Instanzen abzuwarten“, so die Behörde. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der Mietspiegel 2021 ein qualifizierter Mietspiegel ist.“

 

Beratung empfohlen

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) empfiehlt Mietern, die eine Mieterhöhung erhalten, „fachlichen Rat einzuholen“. Bei bereits anhängigen Klagen sowie zukünftigen Klagen bestehe für Vermieter zumindest in Spandau das Risiko, dass ihre Klagen unter Berufung auf das Urteil des Amtsgerichts Spandau abgewiesen werden und ihre Mieterhöhung damit nicht zum Tragen komme, so AMV-Chef Marcel Eupen. In Anbetracht der Massenmieterhöhungen der Vonovia sowie der Deutsche Wohnen zum 1. April sei dies „äußerst praxisrelevant“. Denn die Unternehmen müssten in all jenen Fällen, in denen Mieter dem Erhöhungsverlangen nicht zugestimmt haben, bis zum 30. Juni Klage erheben.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/keine-mieterhoehung-amtsgericht-spandau-erklaert-mietspiegel-2021-fuer-nichtig-li.221273

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Spandauer Volksblatt am 15.04.2021: Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern

Deutsche Wohnen – Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern sind keine Betriebskosten!
Das Landgericht Berlin – 67 S 335/20 – hat mit Urteil vom 08.04.2021 in einem Berufungsverfahren Spandauer Mieter aus dem Falkenhagener Feld gegen die GSW Immobilien AG entschieden, dass die Kosten für die Anmietung von Rauchwarnmeldern keine Betriebskosten sind.
Die GSW Immobilien AG rechnete über die Deutsche Wohnen Management GmbH mit Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 05.11.2019 für die Abrechnungsperiode 2018 gegenüber den involvierten Mietern aus der Steigerwaldstraße in Spandau u.a. die Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder bei der ista Deutschland GmbH ab. Die Kosten beliefen sich für das Jahr 2018 auf 13,66 € und für alle 102 Mieter der Wirtschaftseinheit für 555 Rauchwarnmelder auf 1.981,35 €. Pro Rauchwarnmelder ergibt sich ein Mietpreis von 3,00 € netto bzw. 3,57 € brutto.
Die Mieter, die Mitglied im AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. sind, ließen über den AMV mit Schreiben vom 14.04.2020 Widerspruch gegen die vorgenannte Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 05.11.2019 für die Abrechnungsperiode 2018 einlegen und forderten u.a. die Rückzahlung der Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder. Die Deutsche Wohnen Management GmbH lehnte dies mit Schreiben vom 11.05.2020 ab. Die Mieter erhoben am 24.06.2020 Klage vor dem Amtsgericht Spandau. Das Amtsgericht Spandau wies die Klage mit Urteil vom 13.10.2020 ab. Auf die Berufung der Mieter verurteilte das Landgericht Berlin mit Urteil vom 08.04.2021die GSW Immobilien AG zur Erstattung der Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder in Höhe von 13,66 €.
In den Urteilgründen heißt es auf der Seite 4 u.a. wie folgt:
„Die Berufung ist begründet, soweit sie auf Rückzahlung anteiliger auf die Betriebskostenabrechnung vom 5. November 2019 gezahlter Kosten für die Anmietung von Rauchmeldern i.H.v. 13,66 EUR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gerichtet ist. Die insoweit geleisteten Zahlungen sind ohne Rechtsgrund erfolgt.
Die Berufung rügt zu Recht, dass es sich bei den Kosten für die Anmietung von Rauchmeldern nicht um umlegbare Betriebskosten im Sinne der §§ 556 Abs. 1 Satz 2 BGB, 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV handelt (…). Danach sind Betriebskosten nur solche, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Zwar fallen die Kosten der Anmietung von Rauchmeldern „laufend” an. Den Vorgaben der §§ 556 Abs. 1 Satz 2 BGB, 1 Abs. 1 Satz 1 BetrKV zuwider entstehen diese Kosten jedoch nicht „durch das Eigentum” des Vermieters. Betriebskosten sind Miete i.S.d. 535 Abs. 2 BGB und stellen eine Gegenleistung für die Pflichten des Vermieters aus § 535 Abs. 1 BGB dar. Davon sind die Anschaffungs- und Kapitalkosten – mit Ausnahme der ausdrücklich normierten Tatbestände – nicht erfasst (…). Deshalb sind die Kosten der Anmietung von Rauchmeldern nicht anders zu behandeln als die des betriebskostenrechtlich ebenfalls nicht umlagefähigen Erwerbs eines Rauchmelders.”
Das Urteil des Landgerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig. Das Landgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die GSW Immobilien AG den Weg zum BGH beschreitet.
Bedenkt man, dass der Deutsche Wohnen Konzern, zu dem auch die GSW Immobilien AG gehört, allein in Berlin mehr als 110.000 Wohnungen (Stand 31.12.2020: 110.414) bewirtschaftet, so hat das streitgegenständliche Urteil eine außerordentlich große Bedeutung für Mieterinnen und Mieter des Deutsche Wohnen Konzerns in Berlin.
Hinzu kommt, dass nicht nur die GSW/Deutsche Wohnen die Kosten der Anmietung der Rauchwarnmelder als vermeintliche Betriebskosten auf Ihre Mieter umlegt, sondern viele andere Vermieter ebenfalls.
Kommentar des AMV:
Das Landgericht Berlin hat in seinem maßgeblichen Urteil überzeugend und nachvollziehbar begründet, warum die Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder keine auf die Mieter umlegbaren Betriebskosten sind, sondern als Anschaffungs- und Kapitalkosten nicht „durch das Eigentum“ des Vermieters entstehen und damit nicht zu bezahlen bzw. nach erfolgter Bezahlung zurückzuzahlen sind.
Der AMV hofft, dass die Deutsche Wohnen nun freiwillig Erstattungen der Kosten der Anmietung der Rauchwarnmelder an ihre berlinweit betroffenen Mieterinnen und Mieter leistet und In Zukunft davon absieht, mit diesen Kosten über ihre Betriebskostenabrechnungen ihre Mieter zu belasten, so dass sich weitere Rechtsstreitigkeiten vermeiden lassen.
Mieterinnen und Mieter der Deutsche Wohnen, die bisher noch keinen Widerspruch gegen ihre Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahre 2020 für die Abrechnungsperiode 2019 eingelegt haben, sollten umgehend Widerspruch einlegen und in diesem ausdrücklich und explizit rügen, dass die Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder als Kapitalersatz- bzw. Anschaffungskosten keine umlegbaren Betriebskosten sind und von daher erstattet werden müssen. Sie sollten darüber hinaus unverzüglich rechtliche Hilfe bei einem Mieterverein in Anspruch nehmen.
Der AMV empfiehlt generell allen Mieterinnen und Mietern, ihre jährliche Betriebs- und Heizkostenabrechnung durch einen Mieterverein überprüfen zu lassen. Laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch haben Mieter dafür zwölf Monate nach Erhalt der Abrechnung Zeit. Bei der Nebenkostenabrechnung aus dem Jahre 2020 für die Abrechnungsperiode 2019 ist die Jahresfrist in den meisten Fällen noch nicht abgelaufen, und zwar überall dort, wo seit dem Zugang der Abrechnung nicht mehr als ein Jahr vergangen ist.

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Berliner Kurier am 14.04.2021: Über dieses Urteil jubeln Berliner Mieter: Amtlich! Ausgaben für angemietete Rauchwarnmelder sind keine Betriebskosten
Vermieter dürfen die Ausgaben für die Anmietung von Rauchwarnmeldern nicht als Betriebskosten den Mietern in Rechnung stellen. Das hat das Landgericht mit Urteil vom 8. April 2021 in einem Berufungsverfahren entschieden. Es wurde von Spandauer Mietern gegen die GSW Immobilien AG angestrengt, die zur Deutsche Wohnen gehört. Dem KURIER liegt das Urteil (67 S 335/20) vor, das der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) für die Bewohner erstritten hat.
Im vorliegenden Fall rechnete die GSW die Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder über die Deutsche Wohnen Management GmbH mit einer Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom November 2019 für die Abrechnungsperiode 2018 ab. Die Kosten beliefen sich laut AMV bei dem betroffenen Haushalt für das Jahr 2018 auf 13,66 Euro und für alle 102 Mieter der Wirtschaftseinheit für 555 Rauchwarnmelder auf 1.981,35 Euro.

In erster Instanz verloren die Mieter noch

Die Mieter legten Widerspruch gegen die Betriebs- und Heizkostenabrechnung ein und forderten unter anderem die Rückzahlung der Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder. Die Deutsche Wohnen Management GmbH lehnte dies ab. Daraufhin zogen die Mieter vor Gericht. Das Amtsgericht Spandau wies die Klage zwar noch zurück. Auf die Berufung der Mieter hin verurteilte das Landgericht nun aber die GSW Immobilien AG zur Erstattung der Kosten für die Anmietung der Rauchwarnmelder in Höhe von 13,66 Euro.
Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass es sich bei den Mietkosten für die Rauchwarnmelder nicht um umlegbare Betriebskosten handelt. Danach sind Betriebskosten nur solche, die dem Vermieter durch das Eigentum laufend entstehen. Zwar fielen die Kosten der Anmietung von Rauchmeldern „laufend“ an. Doch handele es sich dabei nicht um das Eigentum des Vermieters. Das Landgericht ließ die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Deutsche Wohnen akzeptiert die Entscheidung

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund zeigt sich zufrieden. „Der AMV hofft, dass die Deutsche Wohnen nun freiwillig Erstattungen der Kosten der Anmietung der Rauchwarnmelder an ihre berlinweit betroffenen Mieterinnen und Mieter leistet und in Zukunft davon absieht, mit diesen Kosten über ihre Betriebskostenabrechnungen ihre Mieter zu belasten, sodass sich weitere Rechtsstreitigkeiten vermeiden lassen“, so AMV-Chef Marcel Eupen. „Mieter der Deutsche Wohnen, die bisher noch keinen Widerspruch gegen ihre Betriebs- und Heizkostenabrechnung aus dem Jahre 2020 für die Abrechnungsperiode 2019 eingelegt haben, sollten umgehend Widerspruch einlegen.“
Die Deutsche Wohnen erklärte auf Anfrage, dass es bereits mehrere Gerichtsurteile zur Frage gebe, inwiefern die Anmietung von Rauchwarnmeldern betriebskostenumlagefähig sei. Die Rechtsauffassung sei „uneinheitlich“. Im vorliegenden Fall sei es um mehrere Themen und Aspekte gegangen. „Da in diesem Urteil eben diese anderen Streitthemen beschlossen und geklärt wurden, haben wir uns dazu entschieden, das Urteil so zu akzeptieren“, erklärte eine Sprecherin.
https://www.berliner-kurier.de/berlin/amtlich-ausgaben-fuer-angemietete-rauchwarnmelder-sind-keine-betriebskosten-li.152749

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

Verwaltungsgericht Berlin – VG 8 L 201/20, Beschluss vom 30.03.2021:
 
Pressemitteilung vom 31.03.2021: „Mietendeckel“: Bezirksamt darf Mieterhöhung verbieten (Nr. 19/2021)
Die Berliner Bezirksämter dürfen Vermietern Mieterhöhungen auf Grundlage des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen (MietenWoG Bln, „Berliner Mietendeckel“) verbieten. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.
Die Antragstellerin ist ein Wohnungsunternehmen. Im Januar 2020 forderte sie den Mieter einer ihrer Wohnungen auf, einer Mieterhöhung zustimmen. Bis zur Klärung der Verfassungsgemäßheit des Mietendeckels sei die erhöhte Miete aber nicht zu entrichten. Nachdem der Mieter dem nicht zugestimmt hatte, erhob die Antragstellerin beim Amtsgericht Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Hierüber ist noch nicht entschieden. Auf Hinweis des Mieters untersagte das Bezirksamt der Antragstellerin, die Zustimmung zur Mieterhöhung zu verlangen. Zur Begründung führte das Bezirksamt aus, mit dem Mietenstopp nach dem MietenWoG Bln seien Mieterhöhungen untersagt. Es komme nicht darauf an, dass die Antragstellerin die Zahlung der erhöhten Miete vorerst nicht verlange.
Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie ist u.a. der Auffassung, der Mietenstopp sei verfassungswidrig. Dem Land Berlin fehle es an der Gesetzgebungskompetenz für eine solche Regelung, die außerdem unzulässigerweise in das Eigentumsgrundrecht eingreife.
Die 8. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. Das Vorgehen des Bezirksamts sei rechtmäßig. Nach dem MietenWoG Bln dürfe die zuständige Behörde von Amts wegen alle zur Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Maßnahmen treffen. Hierzu zähle auch die hier getroffene Untersagungsentscheidung. Das Bezirksamt habe Veranlassung gehabt, ordnungsrechtlich gegen die Antragstellerin vorzugehen, weil sie die Zustimmung zur Mieterhöhung entgegen dem gesetzlichen Mietenstopp verlangt habe. Der Mietenstopp sei zwar in der Rechtsprechung der Zivilgerichte und der juristischen Literatur umstritten, aber nicht evident verfassungswidrig. Dem Land Berlin stehe die Gesetzgebungskompetenz für eine mietpreisrechtliche Regelung zu. Der Mietenstopp sei als politisch gesetzte Preisgrenze eine Ausnahmeregelung, die zeitweilig die Vorschriften des bürgerlichen Rechts überlagere. Angesichts steigender Mieten befürchte der Gesetzgeber eine Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsschichten aus ihrem sozialen Umfeld. Der Mietenstopp solle ihnen eine „Atempause“ verschaffen; wegen seiner zeitlichen Befristung sei er mit dem Eigentumsgrundrecht vereinbar und daher Vermietern zumutbar.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

BGH – VIII ZR 123/20, Urteil vom 18.11.2020: Sachverständigengutachten schlägt Berliner Mietspiegel
Der Ber­li­ner Miet­spie­gel ist eine ge­eig­ne­te Schät­zungs­grund­la­ge, um die orts­üb­li­che Ver­gleichs­mie­te für eine Woh­nung zu er­mit­teln. Bie­tet eine Ver­mie­te­rin aber ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten für diese Frage an, steht es dem Ge­richt frei, die­ses an­zu­neh­men, so der Bun­des­ge­richts­hof. Das gelte auch für ein Be­ru­fungs­ge­richt, des­sen Vor­in­stanz sein Ur­teil auf den Miet­spie­gel ge­stützt hat.

Mieterhöhung in Berlin-Spandau

Eine Vermieterin hatte 2017 von der Mieterin ihrer Dreizimmer-Wohnung die Zustimmung zur Nettomieterhöhung um rund 50 Euro pro Monat gefordert, womit diese nicht einverstanden war. Das Amtsgericht Berlin-Spandau zog den Berliner Mietspiegel als Schätzungsgrundlage heran und befand, dass die dort inbegriffene “Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung” keine Erhöhung der von der Mieterin bereits gezahlten Miete begründet habe. Die Vermieterin verfolgte ihr Ziel vor dem Landgericht Berlin weiter. Dieses holte ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein und beschied auf dessen Grundlage, dass das Mieterhöhungsverlangen berechtigt war. Die Mieterin zog nun vor den Bundesgerichtshof, um das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen – jedoch ohne Erfolg.

Landgericht durfte Sachverständigengutachten einholen

Das Berufungsgericht darf dem BGH zufolge von der Einschätzung des Amtsgerichts abweichen und die ortsübliche Vergleichsmiete durch einen Sachverständigen ermitteln lassen. Die Schätzungsgrundlage nach § 287 Abs. 2 ZPO bindet die zweite Instanz nicht: Zwar handele es sich um Feststellungen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sie beruhten aber nur auf einer Schätzung nach § 287 ZPO. Ein Berufungsgericht ist nicht an eine Schätzung gebunden, vielmehr kann es nach den allgemeinen Beweisregeln der Zivilprozessordnung ein Gutachten einholen, wenn es Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen hat.

Sachverständigengutachten ist auf Einzelfall zugeschnitten

Für die betreffende Wohnung sah der Mietspiegel eine Nettokaltmiete zwischen 4,90 und 7,56 Euro/qm vor. Die Vermieterin forderte eine Erhöhung der damaligen 5,03 auf 5,65 Euro/qm ein. Das Amtsgericht hatte alle fünf nach dem Mietspiegel benannten Merkmale, die eine Mieterhöhung begründen, verneint und darauf seine Klageabweisung gestützt. Die Vermieterin bot nun dem Landgericht ein Sachverständigengutachten über die ortsübliche Miete an, welches nicht nur die bezeichneten wohnwerterhöhenden, sondern noch weitere Merkmale berücksichtigte. Die Ermittlung der Vergleichsmiete durch ein Gutachten versprach demnach mehr Erfolg als die Orientierungshilfen für die Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels. Dieser Teil des Mietspiegels unterfalle zudem nicht der Einordnung als “qualifiziert” – hiervon seien nur die Unter- und Obergrenzen der Kaltmiete betroffen.

Das Gericht ist frei

Der Bundesgerichtshof verkennt nicht, dass der Kostenaufwand eines Sachverständigengutachtens zum Streitwert des gerichtlichen Verfahrens außer Verhältnis stehen kann. Die auf dem Mietspiegel beruhende Schätzung wäre für die Entscheidung auch ausreichend gewesen, insbesondere soweit es sich um einen qualifizierten Mietspiegel nach § 558d BGB handele. Biete aber die beweisbelastete Partei – hier die Vermieterin – ein Gutachten an und biete dieses ein höheres Beweismaß als die Schätzung, stehe es dem Gericht frei, es anzunehmen.
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-sachverstaendigengutachten-schlaegt-berliner-mietspiegel

Aus der Rubrik “Gerichtsentscheidungen”:

BGH – VIII ZR123/20, Urteil vom 18.11.2020
DER TAGESSPIEGEL am 19.11.2020: Höhere Mieten als der Mietspiegel erlaubt
Bundesgerichtshof gibt Deutscher Wohnen Recht im Streit um Berliner Wohnung
Der Immobilienkonzern verlangte für eine Wohnung in Spandau mehr Miete, als durch den Mietspiegel erlaubt. Das ist in Ordnung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Streit über die Zulässigkeit einer Erhöhung der Miete über die Grenzen des Mietspiegels hinaus zugunsten der Deutschen Wohnen geurteilt (AZ: VIII ZR123/20).
Gestritten wurde über die Mieterhöhung für eine Wohnung in Spandau. Die Deutsche Wohnen hatte argumentiert, die gute Ausstattung der Wohnung rechtfertige ein Erhöhung von 422,82 Euro auf 474,93 Euro monatlich für die 84 Quadratmeter große Immobilie. Zuvor hatte das Amtsgericht Spandau die Mieterhöhungsklage der Deutschen Wohnen abgewiesen.

Gerichte dürfen Gutachten einholen

Das Landgericht hatte im Berufungsverfahren das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt. Danach war die Mieterhöhung zulässig. Dagegen war die Mieterin in Revision vor den BGH gezogen. Dieses hält das Einholen eines Gutachten für zulässig.
Gerichte seien nicht verpflichtet, nur nach Mietspiegel zu urteilen. In den Gerichtsbezirken Wedding und Schöneberg müssen Mieter nun mit der Einholung von Gutachten in Streitfällen rechnen.
Marcel Eupen vom Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der den Fall betreute, rechnet nicht damit, dass das Beispiel Schule macht. Die anderen Kammern des Berliner Landgerichts hätten bisher ähnliche Klagen der Deutschen Wohnen abgewiesen.
Hinzu komme, dass die Bundesregierung den Mietspiegel als Instrument zur Regulierung der Miethöhe durch Vorschriften gesetzlich stärken will. Sobald entsprechende Regeln festgeschrieben seien, würden Ausnahmefälle wie diese künftig wieder ausgeschlossen.

Mietdeckel drängt den Mietendeckel in den Hintergrund

Mietspiegel, Mietpreisbremse und andere mietrechtliche Bestimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bildeten bisher die Grundlage für die Festsetzung der Mieten und deren Erhöhung. Durch die Einführung des Mietendeckels gelten daneben in Berlin rechtliche Obergrenzen für die Mieten.
Die Annahme höhere Mieten als die in Tabellen abhängig vom Baujahr, der Ausstattung und des Zustands der Wohnungen (zuzüglich 20 Prozent tolerierte Überschreitung) ist seitdem verboten.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/hoehere-mieten-als-der-mietspiegel-erlaubt-bundesgerichtshof-gibt-deutscher-wohnen-recht-im-streit-um-berliner-wohnung/26640294.html