AMV im Lichte der Presse:

Berliner Zeitung am 04.03.2024 – Degewo und Co.: Nicht einmal 500 Mieter haben eine Überprüfung der Mietkosten beantragt

Berlins landeseigene Wohnungsunternehmen haben rund 132.000 Mieterhöhungen verschickt. Nur wenige Haushalte fordern eine Absenkung. So einfach ist das nicht, sagen Experten.
Bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen in Berlin haben sich bisher erst sehr wenige Haushalte auf das sogenannte Leistbarkeitsversprechen berufen, das Mieter vor einer finanziellen Überforderung durch steigende Mieten bewahren soll. Das geht aus einer Antwort des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) auf Fragen der Berliner Zeitung an die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hervor.
Laut BBU haben die landeseigenen Unternehmen rund 132.000 Mieterhöhungsverlangen für 2024 ausgesprochen, aber weniger als 500 Mieter haben sich gemeldet, um eine Überprüfung der Miete zu beantragen (Stand: 21. Februar). Anträge wurden bisher noch nicht bewilligt. Die Prüfungen dauerten noch an, so der BBU.
Die Bearbeitungszeit sei „abhängig von der Qualität der eingereichten Unterlagen und individuell abhängig von der Komplexität der Prüfung der Einkommenssituation des jeweiligen Antragstellers“. In der Regel werde von den Mietern kein Absenkungsbetrag beantragt, „sondern pauschal um Überprüfung der Miethöhe nach Anpassung auf Grundlage des Leistbarkeitsversprechens gebeten“, so der BBU-Sprecher.
Das Leistbarkeitsversprechen sieht vor, dass Mieter bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nicht mehr als 27 Prozent des Haushaltseinkommens für die Nettokaltmiete aufbringen müssen. Es gelten dabei bestimmte Grenzen bei der Wohnfläche und beim Einkommen. Die Wohnfläche für einen Einpersonenhaushalt darf 45 Quadratmeter nicht überschreiten, für einen Zweipersonenhaushalt liegt die Grenze bei 60 Quadratmetern. Ist die Wohnung größer, wird eine Absenkung der Miete gegebenenfalls anteilig berechnet.
Auf das Leistbarkeitsversprechen der städtischen Vermieter können sich Mieter berufen, deren Einkommen die Grenzen für einen sogenannten Wohnberechtigungsschein (WBS) 220 nicht überschreitet. Die Bezeichnung WBS 220 bedeutet, dass die Einkommensgrenzen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau, die dem Wert von 100 Prozent entsprechen, um maximal 120 Prozent überschritten werden dürfen. Für einen Einpersonenhaushalt liegt die Grenze für einen WBS 220 bei einem anrechenbaren Einkommen von 26.400 Euro, für einen Zweipersonenhaushalt bei 39.600 Euro – ausgehend vom Bruttoeinkommen werden dabei verschiedene Abzüge in Ansatz gebracht.
Stadtweit betrachtet, haben rund 1,16 Millionen Haushalte ein solches Einkommen, mehr als jeder zweite Haushalt in Berlin (Stand: 2022). Vom Leistbarkeitsversprechen profitieren aber nur die Mieter der rund 360.000 landeseigenen Wohnungen. Hier dürfte der Anteil der Anspruchsberechtigten mindestens so hoch sein wie im Berliner Schnitt, eher noch höher. Nach Angaben von BBU-Sprecher Eberhart gilt das Leistbarkeitsversprechen sowohl im Rahmen von Mieterhöhungen als auch außerhalb von Mieterhöhungen. Außerhalb von Mieterhöhungen hätten weniger als 50 Haushalte beantragt, die Bestandsmiete abzusenken.

Im Mieten-Bündnis galt eine andere Regelung

Das Leistbarkeitsversprechen wurde in der neuen Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften verankert, die seit dem 1. Januar 2024 gilt und den Unternehmen größere Mieterhöhungsspielräume eröffnet. Das Leistbarkeitsversprechen geht über die Vereinbarung des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbare Mieten hinaus. Darin hatten die landeseigenen Unternehmen und einige private Vermieter im Jahr 2022 zugesichert, dass sie Mieterhöhungen nicht durchführen, wenn diese zu Haushaltsbelastungen von mehr als 30 Prozent führen. Der Kreis der Anspruchsberechtigten war jedoch geringer, weil die Einkommensgrenzen niedriger lagen.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) kritisiert das Leistbarkeitsversprechen. Dadurch vergrößere sich „zwar der Kreis der Haushalte mit Anspruch auf eine finanzielle Entlastung“ und die Mietbelastungsgrenze werde von 30 auf 27 Prozent abgesenkt. „Doch gehen diese Verbesserungen leider einher mit einigen Nachteilen im Vergleich zu den Regelungen des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“, so AMV-Chef Marcel Eupen.
In der Bündnis-Vereinbarung verpflichteten sich die Unterzeichner dazu, dass sie Erhöhungen der Nettokaltmiete, die zu Haushaltsbelastungen von mehr als 30 Prozent des jährlichen Haushaltsnettoeinkommens führen, nicht durchführen, sagt Eupen. „Das heißt, dass die Vermieter bei Vorliegen einer Bedürftigkeit auf die Mieterhöhung komplett verzichten.“ Das Leistbarkeitsversprechen führe hingegen nicht dazu, dass die landeseigenen Unternehmen auf eine Mieterhöhung verzichten.

Mieterberater übt Kritik an „komplettem Systemwechsel“

„Von den Bewohnern wird vielmehr gefordert, dass sie den Mieterhöhungen zustimmen“, so Eupen. „Sonst laufen sie Gefahr, verklagt zu werden.“ Wenn sich ein Mieter auf das Leistbarkeitsversprechen berufe, werde erst danach geprüft, ob die erhöhte Miete abgesenkt werden muss. „Die neue, höhere Miete steht also fest und kann allenfalls im Nachhinein reduziert werden“, so Eupen. „Das ist ein kompletter Systemwechsel im Vergleich zur Vereinbarung des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen.“
Zu befürchten sei, „dass die höhere Miete in diesen Fällen die Vertragsmiete darstellt, auf der die nächste Mieterhöhung errechnet wird – und dass die neue Miete in den nächsten Mietspiegel einfließt, wodurch sich die Mieterhöhungsspielräume weiter erhöhen“, so der Mieterberater. Eupen: „Besser wäre es gewesen, wenn die landeseigenen Unternehmen in all jenen Fällen komplett auf Mieterhöhungen verzichtet hätten, bei denen die Bewohner mehr als 27 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete zahlen müssten.“
BBU-Sprecher Eberhart verweist darauf, dass ein Mieterhöhungsverlangen „grundsätzlich zustimmungspflichtig“ sei, sofern „keine formellen oder materiell-rechtlichen Einwände geltend gemacht werden können“. Bei nachweislicher Überforderung greife das Leistbarkeitsversprechen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/degewo-und-co-leistbarkeitsversprechen-nicht-einmal-500-berliner-mieter-haben-ueberpruefung-der-mietkosten-beantragt-li.2192321

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Zeitung am 28.02.2024: Gewobag korrigiert Heizkostenabrechnung nachträglich – zulasten der Mieter
Weil der Energielieferant höhere Ausgaben für eine Wohnanlage ermittelt hat als ursprünglich errechnet, werden die Bewohner im Nachhinein zur Kasse gebeten.
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hat in einer Wohnanlage in Spandau die Heizkostenabrechnung für 2022 nachträglich korrigiert – zulasten der Mieter. „Mit Bedauern“ müsse sie mitteilen, dass eine „Korrektur der Abrechnung der Heizkosten“ erforderlich sei, schreibt die Gewobag in einem Brief an die Mieter in Staaken. Betroffen von der Korrektur sind nach Angaben der Gewobag 318 Wohnungen an der Heerstraße und im Semmelländerweg, die per Strom über Nachtspeicherheizungen mit Energie versorgt werden.

Als Grund für die Korrektur verweist die Gewobag darauf, dass der Energieversorger, die Vattenfall Real Estate Energy Sales GmbH, für die Wohnungen nachträglich einen höheren Verbrauch und höhere Kosten für das Jahr 2022 in Rechnung gestellt habe. Statt der ursprünglich berechneten 372.807,40 Euro habe Vattenfall einen höheren Verbrauch festgestellt und nunmehr Kosten in Höhe von 381.315,26 Euro berechnet – also 8507,86 Euro mehr als zuvor.

Mit der Korrektur der Abrechnung werden den betroffenen Mietern nach Angaben einer Gewobag-Sprecherin nun zusätzlich Kosten in Höhe von 41 Cent je Quadratmeter Wohnfläche in Rechnung gestellt. Die Mehrbelastungen pro Haushalt liegen zwischen 16,85 Euro und 55,95 Euro. Für eine durchschnittlich große Wohnung mit 65 Quadratmetern fallen Kosten von 26,65 Euro an. Dem gegenüber stehen nach Angaben der Gewobag Guthaben aus der ursprünglichen Heizkostenabrechnung für 2022, weshalb es sich „nicht um Nachzahlungen“ handele, wie das Unternehmen betont. Die Guthaben der Mieter verringern sich jedoch entsprechend.

Heizkosten nachträglich nach oben korrigieren – ist das erlaubt?

Aber ist die nachträgliche Korrektur zulasten der Mieter überhaupt zulässig? Die Gewobag geht offenbar davon aus. Das Wohnungsunternehmen verweist jedenfalls darauf, dass der Energieversorger „entsprechend gesetzlicher Vorgaben berechtigt“ sei, bis zu drei Jahre rückwirkend Nachforderungsansprüche geltend zu machen, wenn ein Fehler festgestellt worden sei. Vermieter müssen laut Gesetz zwar die Betriebskostenabrechnungen innerhalb eines Jahres nach dem Abrechnungszeitraum vorlegen. Doch Ausnahmen davon sind möglich, wenn ein Vermieter „die verspätete Geltendmachung“ der Nachforderung nicht zu vertreten hat.
Im vorliegenden Fall legte die Gewobag die Korrektur der Abrechnung mit Schreiben vom 26. Januar 2024 vor. Also eigentlich zu spät. Die Gewobag beruft sich jedoch auf eben jenen Passus im Gesetz, wonach dies zulässig ist, wenn der Vermieter „die verspätete Geltendmachung“ der Nachforderung nicht zu vertreten habe. Das Problem: Vattenfall teilte der Gewobag die veränderten Kosten bereits mit „Rechnungsdatum“ vom 10. November 2023 mit, die Gewobag erstellte ihre Betriebskostenabrechnung für 2022 aber erst elf Tage danach, nämlich am 21. November 2023.

Mieterberater: Bewohner müssen die Schlechterstellung nicht hinnehmen

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) stellt die Rechtmäßigkeit des Vorgehens deswegen infrage. „Bedenkt man, dass die Korrekturabrechnung der Vattenfall Real Estate Energy Sales GmbH bereits vom 10. November 2023 stammt, hätte diese bereits bei der ursprünglichen Betriebs- und Heizkostenabrechnung der Gewobag vom 21. November 2023 berücksichtigt werden müssen“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. „Dann hätte es einer Korrekturabrechnung am 26. Januar 2024 überhaupt nicht bedurft“, sagt er.
Die Gewobag verweist hingegen darauf, dass Rechnungen von Vattenfall von ihrem „System elektronisch erfasst“ werden. Im vorliegenden Fall sei es „zu einer zeitlichen Überschneidung“ gekommen: „Zum Zeitpunkt der Erfassung der Korrekturrechnung waren die Heizkostenabrechnungen für 2022 für die oben genannten Adressen bereits erstellt“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. „Nach eingehender Prüfung der Korrektur durch unsere Fachabteilungen und der Feststellung, dass es sich hierbei um einen berechtigten Anspruch handelt, haben wir umgehend Nachberechnungen vorgenommen“, teilt sie mit.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) sieht es anders. Die Gewobag mache es sich „eindeutig zu einfach“, sagt AMV-Chef Eupen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse sie „konkret darlegen, welche Bemühungen sie unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung im Jahr 2023 sicherzustellen“. Derartige Entlastungsgründe fänden sich in der Korrekturabrechnung aber nicht. „Ohne Angabe nachvollziehbarer Entlastungsgründe gehen wir davon aus, dass die Mieterinnen und Mieter die wirtschaftliche Schlechterstellung durch die Korrekturabrechnung nicht hinnehmen müssen“, sagt Eupen.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Mo 09.10.2023 | 20:15 | SUPER.MARKT – Mieterrechte: Was tun, wenn gar nichts mehr geht?

Das Wohnungsunternehmen Adler Group hat große finanzielle Schwierigkeiten. Das bekommen auch Mieterinnen und Mieter in Berlin zu spüren. Wie können sie sich wehren?
Kaputte Regenrinnen, undichte Fenster oder Schimmel in der Wohnung: Viele Mieterinnen und Mieter von Wohnungen des wirtschaftlich angeschlagenen Immobilienunternehmens Adler Group beklagen sich heftig über zahlreiche Missstände in ihren Wohnungen, auch gegenüber ihren Hausverwaltungen. Nur, Erfolg haben sie damit meist nicht. Einige Mieter:innen wollen sich jetzt zusammenschließen.

Urlaub, Ferien …

das AMV-Team macht vom 21.07.2023 bis zum 06.08.2023 Sommerurlaub. In dieser Zeit findet in der Westerwaldstraße 9a keine Sprechstunde statt!
Ab dem 07.08.2023 sind wir gut erholt und voller Tatendrang wieder für Sie/Euch da. Eine angenehme und schöne Sommerzeit bis dahin wünscht der AMV!

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 10.07.2023: Neue Leitlinien für möblierte Wohnungen in Berlin – was bringen sie?
Mieter- und Vermieterverbände verständigen sich auf Handlungsempfehlungen. Rechtlich bindend sind diese aber nicht. Kritikern ist das nicht genug.
Der Anteil der Mietwohnungen, die mit Möbeln vermietet werden, wächst. Nicht zuletzt, weil Vermieter für möblierte Wohnungen mehr Miete verlangen dürfen. Doch oftmals werden die Zuschläge für die Möbel nicht gesondert ausgewiesen. Das erschwert die Überprüfung, ob die Mietpreisbremse eingehalten wird – und führt schon mal zu Streit.
Um solchen Streit zu vermeiden, haben sich Mieter- und Vermieterorganisationen in Berlin jetzt auf „Leitlinien für Möblierungszuschläge bei Wohnraum“ verständigt. Das geht aus einem Schreiben von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) an die Bezirksbürgermeister hervor, das der Berliner Zeitung vorliegt. Mit den Leitlinien wurde eine der Aufgaben erfüllt, zu denen sich die Wohnungswirtschaft vor einem Jahr im Rahmen des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen mit dem Land Berlin verpflichtet hat.
In den Leitlinien steht, dass „der Möblierungszuschlag gesondert bereits im Mietvertrag ausgewiesen werden“ und „seine Berechnung offenbart werden“ soll. Zugleich wird allerdings darauf hingewiesen, dass eine solche gesonderte Ausweisung des Möblierungszuschlags „nicht gesetzlich geregelt“ sei. Allerdings ergebe sich aus den Vorschriften zur Mietpreisbremse eine Auskunftspflicht des Vermieters. Soll heißen: Um die geforderte Transparenz kommt im Zweifel kein Vermieter herum.
Zur Höhe des Möblierungszuschlags wird in den Leitlinien auf die bisherige Rechtsprechung in Berlin hingewiesen. Danach wird davon ausgegangen, dass der Vermieter monatlich zwei Prozent des Zeitwerts der Möbel als Zuschlag verlangen darf. Zugrunde gelegt wird dabei, dass die Möbel zehn Jahre genutzt werden und sich der Wert der Möbel jedes Jahr um zehn Prozent verringert. Hat der Vermieter 5000 Euro in Möbel investiert, darf er also im ersten Jahr einen Aufschlag von 100 Euro monatlich verlangen. Im zehnten Jahr, wenn die Möbel nur noch einen Zeitwert von 500 Euro haben, beläuft sich der Zuschlag dagegen nur noch auf zehn Euro monatlich.
An die Möblierung einer Wohnung werden laut den Leitlinien bestimmte Anforderungen gestellt. „Werden nur einzelne Möbelstücke wie zum Beispiel ein Einbauschrank oder ein Badschrank zur Verfügung gestellt, werden diese im Regelfall nicht zuschlagswürdig sein“, heißt es. Nicht zulässig ist ein Zuschlag zudem, wenn der Wert der betreffenden Möbel bereits bei der Berechnung der ortsüblichen Miete berücksichtigt wird. Falls eine Einbauküche bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bereits als wohnwerterhöhendes Merkmal angerechnet wird, darf also für die gleichen Küchenmöbel nicht noch ein Möblierungszuschlag erhoben werden.

Bei einem Streit müssen am Ende die Gerichte entscheiden

Bei den Leitlinien handelt es sich um eine „Handlungsempfehlung“, die in seinem Hause „entwickelt und von den sechs in der Arbeitsgruppe Mietspiegel vertretenen Verbänden angenommen“ worden sei, teilt der Stadtentwicklungssenator mit. Rechtlich verbindlich sind die Leitlinien also nicht. Kommt es zum Streit über die Höhe des Möblierungszuschlags, können am Ende allein die Gerichte darüber entscheiden.Dass Leitlinien zum möblierten Wohnen notwendig sind, zeigt eine aktuelle Untersuchung des Beratungsunternehmens Oxford Economics im Auftrag des Bundesjustizministeriums. Danach ist „das möblierte Mietwohnsegment kein Nischenmarkt“, sondern „ein wesentlicher Teil des Mietwohnungsmarktes“. Im Jahr 2022 betrafen etwa 27 Prozent der öffentlich zugänglichen deutschlandweiten Inserate möblierte Wohnungen. Immerhin 14 Prozent der Mieter in Deutschland leben der Untersuchung zufolge bereits in möblierten Wohnungen.
Die wenigsten Mieter kennen dabei ihre Rechte. „Nur etwa 36 Prozent aller von uns befragten Mieter möblierter Wohnungen wussten, dass die Mietpreisbremse auch für möblierte Wohnungen gilt“, heißt es in der Untersuchung. Die Mietpreisbremse sieht vor, dass beim Abschluss eines neuen Mietvertrags die ortsübliche Miete um maximal zehn Prozent überschritten werden darf. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Möblierungszuschläge. Möblierte Wohnungen fallen nur dann nicht unter die Mietpreisbremse, wenn sie für den vorübergehenden Gebrauch vermietet werden.

Strengere gesetzliche Regelung gefordert

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der an der Erarbeitung der Leitlinien in Berlin nicht beteiligt war, begrüßt die Handlungsempfehlungen. Damit werde „eine Berechnungsmethode zur Ermittlung des Möblierungszuschlages empfohlen, die sich hoffentlich in der Praxis als alleinige Berechnungsmethode durchsetzen und damit für mehr Rechtssicherheit sorgen wird“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen.
Allerdings reichten die Berliner Leitlinien keineswegs aus. Denn die Mietpreisbremse werde oftmals faktisch nicht angewendet, da der Möblierungszuschlag bisher nicht gesondert ausgewiesen werden muss, kritisiert Eupen. Vermieter müssten künftig gesetzlich dazu verpflichtet werden, den Möblierungszuschlag offenzulegen. Zudem müsste die Höhe des Zuschlags begrenzt werden.
Der Berliner Senat sollte, wenn ihm an einem „fairen Interessenausgleich“ gelegen sei, die Bundesratsinitiative der Länder Hamburg und Bremen aus dem Mai dieses Jahres unterstützen, sagt Eupen. Deren Vorstoß sieht vor, dass der Möblierungszuschlag „gesondert auszuweisen“ ist. Dabei darf sich der Zuschlag auf monatlich höchstens ein Prozent des Zeitwertes der Möbel belaufen. Als Zeitwert definieren Hamburg und Bremen den Anschaffungspreis der Möbel abzüglich eines Betrags von fünf Prozent für jedes abgelaufene Jahr.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Spandauer Volksblatt am 15.05.2023: Zweiter Anlauf zur Einrichtung eines Milieuschutzbeirates in Spandau

Drucksache – 0735/XXI: Milieuschutz braucht auch Mitwirkung – Milieuschutzbeirat initiieren

Spandau: SPD und Die Linke haben einen gemeinsamen Antrag für die Einrichtung eines Milieuschutzbeirates in die Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin eingebracht, der wie folgt lautet:

„Das Bezirksamt wird ersucht, einen Milieuschutzbeirat – ähnlich wie im Bezirk Neukölln oder Tempelhof-Schöneberg – zu initiieren. Die Aufgaben des Beirats als Beratungsgremium sollen u.a. die Evaluierung und Weiterentwicklung der Genehmigungskriterien des sozialen Erhaltungsrechts im Bezirk Spandau, wie auch die Beschäftigung mit weiteren Fragen rund um den Milieuschutz sein. Der Milieuschutzbeirat soll alle bestehenden und künftigen sozialen Erhaltungsgebiete in Spandau nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB umfassen.

Begründung:

Das Bezirksamt sollte von der Erfahrung von Mieterschutzorganisationen, Vermieterverbänden und weiteren Initiativen mit Milieuschutzgebieten profitieren und dieses wichtige Instrument zur Erhaltung von Kiezstrukturen weiter ausbauen.

Der Milieuschutzbeirat soll folgende Aufgaben wahrnehmen:

– Der Milieuschutzbeirat soll als Beratungsgremium das Bezirksamt in seiner Arbeit unterstützen. Er soll die Evaluierung und Weiterentwicklung der Genehmigungskriterien des sozialen Erhaltungsrechts in Spandau fachlich begleiten und gegebenenfalls deren Anpassung empfehlen.

– Darüber hinaus soll der Beirat alle Fragen des Milieuschutzes im Interesse eines weitgehenden Schutzes der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung behandeln und Vorschläge für deren Bearbeitung und die Kommunikation gegenüber allen Beteiligten erarbeiten.

– Der Beirat ist berechtigt, sich darüber hinaus mit allen Fragen des Milieuschutzes zu befassen, beispielsweise mit deren Ausweitung und Verlängerung, mit Fragen der Rekommunalisierung, sowie mit der Kommunikation zwischen Bezirksamt und Mieterinnen und Mieter, Öffentlichkeit, Senatsverwaltung etc.

– Die Mitglieder des Milieuschutzbeirates sollen nach einem öffentlichen Aufruf zur Beteiligung für den einen Sitz im Milieuschutzbeirat bewerben können und sind durch die Bezirksverordnetenversammlung für die Dauer der jeweiligen Wahlperiode zu wählen.

– Bewertung von Umwandlungen, Verkäufen, Sanierungsfällen in den sozialen Erhaltungsgebieten.

– Bewertung der Genehmigungspraxis des Bezirksamtes und der Nutzung von Vorkaufsrechten.

– Neben Verordneten aller Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung sollen Vertreterinnen und Vertreter von Mieterschutzorganisationen, Vermieterverbänden, Umweltverbänden mit Stimmrecht am Beirat beteiligt sein. Für alle Mitglieder sollen Stellvertreterinnen und Stellvertreter benannt werden.”

https://www.berlin.de/ba-spandau/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=11745

Die BVV Spandau wird sich in ihrer öffentlichen Sitzung am 24.05.2023 mit diesem Antrag (TOP Ö 6.1) beschäftigen.

„Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. begrüßt den gemeinsamen Antrag. Spandau braucht ein Gremium, das die bisherigen Erfahrungen im Bezirk im Umgang mit Milieuschutzgebieten bündelt und evaluiert, Antworten auf offene Fragen nach außen hinkommuniziert und den Bezirk in Bezug auf die Weiterentwicklung der Regularien für Vorhaben in Milieuschutzgebieten beratend begleitet“, sagt Marcel Eupen, 1. Vorsitzender des AMV. „Es bleibt zu hoffen, dass der Vorschlag eine Mehrheit in der BVV findet”, so Eupen.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Spandauer Volksblatt am 10.05.2023: Wohnungskauf ohne Bestandsaufnahme?

Aufzüge im Hochhaus Westerwaldstraße defekt

An diesem Tag Anfang Mai fährt zumindest der „kleine“ Aufzug. Dass er fahre, sei „Glückssache“, sagt die Bewohnerin, mit der es nach oben geht. Beim „großen“ Aufzug daneben hilft auch kein Glück mehr. Er ist seit April stillgelegt.
Damit ist das Problem von rund 250 Mietern im Hochhaus Westerwaldstraße 1 skizziert: wenn beide Aufzüge nicht funktionieren, sind einige der Mieter von der Außenwelt abgeschnitten. Doch auch für alle anderen Menschen in dem Wohnhochhaus ist es ein schwieriger, eigentlich nicht hinnehmbarer Zustand.
Die Fahrt mit dem Fahrstuhl endet im obersten Stockwerk. „Etage siebzehneinhalb“, sagt Renate Brucker (80), die 1965 als Erstmieterin in das Dachgeschossappartement eingezogen ist, das sie mit einem Papageienpärchen bewohnt.
Schon länger habe es Probleme mit den Fahrstühlen gegeben, erklärt sie. Die Aufzüge wurden vor bald 60 Jahren eingebaut. Zum Super-Gau kam es am 22. April. Laut Wohnungsbaugesellschaft Berlinovo, die seit 1. Januar Eigentümer des Hochhauses ist, sei der Aufzug an jenem Tag „unsachgemäß von einer größeren Personengruppe“ genutzt worden und steckengeblieben. Statt die zuständige Wartungsfirma zu informieren, sei die Feuerwehr gerufen worden. Sie habe die beiden Schachttüren beschädigt. Für die Reparatur müssten Ersatzteile bestellt werden, was wiederum dauert. Bis dahin ist der große Aufzug stillgelegt. Es bleibt noch der „Kleine“, der aber bereits wiederholt ausfiel. Um ihn in Betrieb zu halten, war zuletzt zeitweise ein Sicherheitsdienst vor Ort, der auch Vandalismusschäden vorbeugen sollte. Die Wartungsfirma ist ebenfalls regelmäßig im Einsatz. Es gibt auch einen Concierge.
Ausfälle hat es dennoch gegeben. Auch Renate Brucker war schon betroffen. Einmal habe der Aufzug nach ihrer Rückkehr vom Einkaufen gestreikt. Es blieb der 80-Jährigen nur der Weg über 17 Etagen durch das Treppenhaus. „Alle vier Stockwerke musste ich eine Pause einlegen“. Aber selbst wenn der kleine Aufzug fährt, dürfte er eigentlich nicht fahren. Er hat keinen gültigen TÜV.
Wer den kleinen Aufzug benutzt, sofern er fahrtüchtig ist, entdeckt dort eine TÜV-Plakette. Sie stammt aus dem Jahr 2021. Der nächste Prüfungstermin ist für 2022 vermerkt. Er hat aber nicht stattgefunden. Schon deshalb dürfte der Fahrstuhl eigentlich gar nicht in Betrieb sein. Bei technischen Geräten ist es nicht anders als bei Autos. Wenn sie keinen TÜV haben, werden sie normalerweise aus dem Verkehr gezogen.
Warum diese „Zwischenprüfung“ im vergangenen Jahr nicht erfolgt ist, darüber sei die Berlinovo jetzt im Austausch mit den Kollegen der Deutsche Wohnen und lasse sich die Unterlagen übermitteln, teilt der heutige Eigentümer mit. Darüber hinaus sei die Aufzugswartungsfirma im „engen Austausch“ mit dem TÜV. Deshalb sehe die Berlinovo auch rechtliche oder sicherheitsrelevante Konsequenzen wegen der fehlenden Plakette „unkritisch“. Der Fahrstuhl werde täglich vom Wartungsunternehmen kontrolliert und im Juli stehe die nächste Hauptuntersuchung an. Beim großen Aufzug ist im vergangenen Jahr die vorgesehene Prüfung durchgeführt worden und die nächste ebenfalls in diesem Jahr fällig.
Die nicht stattgefundene Untersuchung durch den TÜV berührt zudem die Frage, in welchem Zustand die Berlinovo nicht nur dieses Hochhaus von der Deutsche Wohnen übernommen hat und wie sehr ihr mögliche Schäden bekannt waren. Die Berlinovo hat nach eigenen Angaben 85 Aufzugsanlagen im Falkenhagener Feld in ihrem Bestand. 64 davon wären bereits vom Voreigentümer modernisiert worden. Bei den restlichen sei das „kostenseitig mittelfristig eingeplant“.
Die Westerwaldstraße 1 gehört zum sogenannten Rekommunalisierungspaket, das das Land Berlin 2021 mit den Immobilienkonzernen Deutsche Wohnen und Vonovia geschlossen hatte. Allein im Bereich Falkenhagener Feld kamen laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2667 Wohnungen der Deutsche Wohnen in den Bestand kommunaler Wohnungsbaugesellschaften – der Berlinovo und der Degewo. Seit Anfang des Jahres werden sie von ihnen verwaltet.
Bei diesem Kaufpaket habe die Bestandsaufnahme wohl eher oberflächlich stattgefunden, vermuten Mieter wie Renate Brucker. Ansonsten hätte nicht nur die Störanfälligkeit der Aufzüge bekannt sein müssen. Diese Ansicht teilt Marcel Eupen vom Allgemeinen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV). Anscheinend habe bis zum heutigen Tag keine vernünftige technische Erhebung stattgefunden, erklärt er. Eine Bewohnerin des Hochhauses in der Westerwaldstraße habe ihm mitgeteilt, dass die Berlinovo ihr gegenüber gesagt habe, dass der Zustand der Aufzüge von der Deutsche Wohnen nicht ausführlich kommuniziert worden sei. Es habe lediglich die Auskunft gegeben, dass sie vermehrt ausfallen. Die Berlinovo hätte sich aber nicht allein darauf verlassen dürfen, stellt Marcel Eupen fest. Sie wäre verpflichtet gewesen, den technischen Zustand selbst zu überprüfen. „Jeder wirtschaftlich vernünftig denkende Käufer macht sich ein umfassendes Bild von seinem zu erwerbenden Eigentum.“
Welche Kenntnis hatte die Berlinovo also vor dem Kauf des Gebäudes vom Zustand der Aufzüge? Diese Anfrage richtete das Spandauer Volksblatt an die Wohnungsbaugesellschaft. „In einer Technischen Due Diligence (übersetzt: sorgfältige Prüfung) wurde der bauliche Zustand der erworbenen Gebäude eingewertet und im Ankaufswert berücksichtigt“, teilte die Berlinovo in ihrer Antwort mit. Die Sanierung der noch nicht modernisierten Aufzugsanlagen sei kostenseitig eingeplant und Gegenstand des aktuell erarbeiteten Gesamtsanierungskonzept für das Falkenhagener Feld. Das Ziel sei eine nachhaltige Quartiersentwicklung, die „in Anbetracht der Größe und des Sanierungsbedarfs“ auf mindestens zehn bis 15 Jahre angelegt sei.
Die Aufzugsanierung in der Westerwaldstraße 1 soll laut Berlinovo in ungefähr zehn Wochen beginnen und bis Ende August beendet sein. Sie würden nacheinander stattfinden, damit jeweils ein Fahrstuhl zur Verfügung stehe.
Die Mieter müssen deshalb noch eine Zeit mit der aktuellen Situation leben. Nicht nur Renate Brucker findet deshalb, dass eine Mietminderung fällig wäre. Das sieht auch Marcel Eupen so. Die Berlinovo sollte von sich aus einen solchen Mietabschlag gewähren, meint er. Denn nach seiner Ansicht müsse hier „von einer groben Verletzung der Verkehrssicherungspflicht“ gesprochen werden. Außerdem sollte es umgehend einen vollständigen Überblick aller erworbenen Wohnungen geben. Neben den Fahrstühlen betreffe das zum Beispiel auch die Heizungsanlagen oder eventuelle Asbestbelastungen.

Aus der Rubrik „Wissenswertes”:

Erfüllen ein Sandkasten sowie eine Bank den Tatbestand eines aufwändig gestalteten Wohnumfeldes im Sinne des Berliner Mietspiegels 2021?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 66 S 144/22, Beschluss vom 14.07.2022) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter 2. wie folgt aus:
“Die Merkmalgruppe V hat das Amtsgericht zu Recht als neutral bewertet. Von einem aufwendig gestalteten Wohnumfeld auf dem Grundstück ist nicht auszugehen. Die Kammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen. Die weiteren Ausführungen zur karminroten Wandfarbe, dem Altberliner Kopfsteinpflaster, den Fahrradabstellplätzen etc. sprechen für ein schön gestaltetes Wohnumfeld. Das ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem aufwendig gestalteten Wohnumfeld. Nach Auffassung der Kammer muss der Hof derart gestaltet sein, dass er zum Verweilen einlädt und somit eine Sitzbank oder ein Spielplatz vorhanden sein. Allein schön gestaltete Grünanlagen, ein kleiner Sandkasten und von den Mietern bereit gestellte Sitzgelegenheiten genügen hier nicht. Auf die Ausführungen zum Eingangsbereich und dem Treppenhaus kommt es nicht an, weil diese in der Merkmalgruppe IV, die bereits positiv eingestuft wurde, zu berücksichtigen wären. Eine gute Instandhaltung des Gebäudes ist nicht gleichbedeutend mit einem aufwendig gestalteten Wohnumfeld.”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 04.05.2023: Fährt der einzige funktionierende Aufzug im Spandauer Wohnhochhaus ohne Tüv?
Die Aufsichtsbehörde verlangt Aufklärung vom Vermieter, der landeseigenen Berlinovo. Im Fall einer Ordnungswidrigkeit droht eine Geldbuße.
Den Mietern aus der Westerwaldstraße 1 in Spandau steht neuer Ärger ins Haus. Sollte sich herausstellen, dass der einzige noch funktionstüchtige Aufzug in dem 17-geschossigen Gebäude ohne gültigen Tüv betrieben wird, droht dessen Stilllegung.
„Ein solcher Betrieb ist nicht erlaubt“, teilte das Landesamt für Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi) am Mittwoch mit. Aufzugsanlagen, die für den Personentransport bestimmt seien, zählten „zu den überwachungsbedürftigen Anlagen“ und unterlägen gemäß Betriebssicherheitsverordnung mindestens einmal jährlich einer wiederkehrenden Prüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle.
In dem einzigen Aufzug, der in dem Hochhaus mit 186 Mietparteien noch fährt, befindet sich eine Prüfplakette des Tüv Süd von 2021 sowie der Hinweis, dass die nächste Prüfung 2022 fällig sei. Der Tüv Süd hat jedoch keine weitere Prüfung vorgenommen. 2022 wurde das Hochhaus, das die landeseigene Berlinovo erworben hatte, noch von der Deutsche Wohnen verwaltet. Erst Anfang 2023 übernahm die Berlinovo die Verwaltung. Die Berlinovo räumte vor wenigen Tagen ein, dass im Juli 2022 eine Zwischenprüfung erfolgen sollte. Dazu stehe die Berlinovo „im Austausch mit den Kollegen“ der Deutsche Wohnen.
Das Lagetsi erklärte, es sei zu vermuten, dass es bei der Übergabe der überwachungsbedürftigen Anlage von einem Betreiber an einen anderen zu Problemen gekommen sei. Gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz werde der Betreiber, also der Vermieter, aufgefordert, „sich zum Sachverhalt zu äußern“. Hierbei habe der Betreiber schriftlich mitzuteilen, welche Maßnahmen veranlasst wurden. Sofern der Vermieter „die betroffene Aufzugsanlage weiter unter den gegenwärtigen Bedingungen betreibt“, erlasse das Lagetsi „eine kostenpflichtige Anordnung“. Das könne eine Stilllegung sein oder die Aufforderung, die technische Überprüfung in einer bestimmten Zeit nachzuholen. Zudem werde die Ordnungswidrigkeit, das Betreiben einer Aufzuganlage ohne durchgeführte Prüfung, mit einer Geldbuße geahndet.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) übt Kritik. Sollte sich herausstellen, dass die notwendigen Überprüfungen nicht stattgefunden haben, handele es sich nicht nur um einen „Verstoß gegen die Betriebssicherheitsverordnung in Verbindung mit dem Arbeitsschutzgesetz“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. Kämen Menschen zu Schaden, weil jemand seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, müsse Schadenersatz gezahlt werden. Für die Aufzugsausfälle sollte die Berlinovo „von sich aus jedem Mieter der Westerwaldstraße 1 eine angemessene Mietminderung gewähren und nicht nur denjenigen, die dies bisher bereits ausdrücklich beantragt haben“.

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 27.04.2023: „Es ist eine Qual“: Was ein 17-stöckiges Haus ohne intakten Aufzug für die Mieter bedeutet
Im höchsten Wohngebäude im Falkenhagener Feld in Spandau sind die Fahrstühle sanierungsreif. Ihre Erneuerung könnte sich hinziehen. Die Bewohner sind sauer.
Es „reicht“, sagt Renate Brucker, „es ist unzumutbar“. Die 80-Jährige wohnt im 17-stöckigen Wohnhaus in der Westerwaldstraße 1 in Spandau. Und zwar ganz oben. Das Problem: Immer wieder fallen in dem Hochhaus mit 168 Wohnungen die Fahrstühle aus. Manchmal sogar beide gleichzeitig. So wie in dieser Woche.
„Dann muss ich die Treppe nehmen“, sagt Renate Brucker, die unter Asthma leidet und einen Herzschrittmacher hat. 17 Stockwerke muss sie zurücklegen. „Runter ist nicht so schlimm, aber wenn ich hochlaufe, muss ich alle drei Stockwerke eine Pause machen“, sagt die 80-Jährige. „Es ist eine Qual.“
Anderen Mietern ergehe es noch schlimmer. Wer auf einen Rollator angewiesen sei oder im Rollstuhl sitze, komme beim Ausfall beider Aufzüge gar nicht mehr runter – oder nicht wieder nach oben zurück. So wie am Dienstag dieser Woche. Da hätten viele Mieter im Foyer auf die Reparatur eines der Aufzüge gewartet, der nach kurzem Betrieb wieder ausgefallen war. Der andere Fahrstuhl, der größere von beiden, war bereits zuvor außer Betrieb genommen worden.
Der Concierge habe für die Wartenden im Foyer Stühle aufgestellt, während ein Monteur versuchte, den kurz zuvor ausgefallenen Aufzug zu reparieren, berichtet Gabriela Philipp, Mieterin aus dem elften Stock. Ein Bewohner, der wegen einer Krankheit auf Sauerstoff angewiesen ist, sei in Begleitung der Feuerwehr mit dem Fahrstuhl nach oben gefahren worden. Leider sei es dem Monteur anschließend nicht gelungen, den Aufzug für den weiteren Betrieb zu reparieren.
Bluterguss am Unterarm
Erst ging vor Wochen der kleine Aufzug kaputt, der große funktionierte aber noch. Als die Feuerwehr vor einigen Tagen dann aber mehrere Personen aus dem steckengebliebenen großen Aufzug befreien musste, wurde dieser so stark beschädigt, dass er jetzt gar nicht mehr fährt. Rot-weißes-Flatterband hängt vor der Aufzugstür. „Feuerwehr-Sperrzone“ steht darauf. Eine Erinnerung an die Befreiungsaktion. Danach versuchten die Monteure, zumindest den kleinen Aufzug im Notbetrieb in Gang zu setzen, doch fiel dieser ebenfalls immer wieder aus.
Das Wohnhaus in der Westerwaldstraße 1 ist in Besitz der landeseigenen Berlinovo. Die Wohnungen gehören zu jenen rund 14.750 Wohnungen und rund 450 Gewerbeeinheiten, die im Jahr 2021 von der Berlinovo und den ebenfalls landeseigenen Unternehmen Degewo und Howoge von der Vonovia und der Deutsche Wohnen erworben wurden. Preis: 2,46 Milliarden Euro.
In einem Beschwerdebrief an die Berlinovo kritisierten die Mieter Ende Januar, dass die Aufzüge „laufend“ ausfallen. Es sei eine „Zumutung besonders für die Rollstuhlfahrer, die ihre Wohnungen nicht verlassen können“, sowie für die Mieter in den oberen Etagen. Vor Jahren habe die Deutsche Wohnen „versprochen, dass die Aufzüge erneuert werden“, doch seien diese „nur immer wieder notdürftig repariert worden“. Freundlich, aber bestimmt baten die Mieter um „umgehende Instandsetzung“ beziehungsweise „Erneuerung der Aufzüge“.
In der Antwort auf das Schreiben der Mieter, die im Foyer des Wohnhochhauses aushängt, verweist die Berlinovo darauf, dass sie die Verwaltung der Wohnungen erst zum 1. Januar 2023 von der Deutsche Wohnen übernommen habe. Zugleich versichert sie, dass sie sich dem „Thema der Aufzugssanierung zukünftig verstärkt widmen“ wolle. Kurzfristig notwendig werdende Reparaturen würden weiter von der zuständigen Wartungsfirma vorgenommen.
Verblüffend ehrlich fällt die Antwort der Berlinovo an eine Mieterin aus, die sich vor kurzem erneut über die Aufzüge beschwerte. „Leider ist uns von der Deutsche-Wohnen-Gruppe der technische Zustand der Aufzüge im Objekt Westerwaldstraße 1 nicht ausführlich kommuniziert worden“, räumt die Berlinovo darin ein. „Von der Deutsche-Wohnen-Gruppe haben wir zum Zeitpunkt der Verwaltungsübernahme nur die Auskunft erhalten, dass die Aufzüge vermehrt ausfallen.“
Auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärt die Berlinovo, dass beim Erwerb der bauliche Zustand der erworbenen Gebäude „eingewertet und im Ankaufswert berücksichtigt“ worden sei. „Die Ausmaße der technischen Mängel“ seien jedoch erst „im Nachgang zur Verwaltungsübernahme“ am 1. Januar 2023 bekannt geworden.
Die grundlegende Sanierung der beiden Aufzüge sei für dieses Jahr geplant. „Aufgrund von vergaberechtlichen Vorgaben sowie langer Lieferzeiten von einzelnen Aufzugskomponenten“ könnten die Arbeiten aber „voraussichtlich erst im 3./4. Quartal 2023 ausgeführt werden“.
Nachdem der große Aufzug am vergangenen Wochenende außer Betrieb genommen werden musste, habe die Wartungsfirma den kleinen Aufzug im „Notbetrieb“ in Gang setzen können. Die Aufzugsanlage werde „nun täglich von der Wartungsfirma kontrolliert, damit der Notbetrieb sichergestellt werden kann“, so die Berlinovo. Kurz danach folgte die nächste Unterbrechung. Die Reparatur des großen Aufzug wird von der Berlinovo für Donnerstag in Aussicht gestellt.
Sicherheitsdienst soll mitfahren
„Leider haben wir auch regelmäßig mit Vandalismus vor Ort zu kämpfen“, sagt Berlinovo-Sprecher Ulrich Kaliner. „Wir organisieren jetzt einen Sicherheitsdienst, der ab diesen Freitag ab 17 Uhr rund um die Uhr im Einsatz ist und die Mieter in den Fahrten begleitet, um eine sachgerechte Bedienung der Aufzüge sicherzustellen“, kündigt Kaliner an.
Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) übt Kritik. „Bedenkt man, dass die Berlinovo das maßgebliche Objekt Westerwaldstraße 1 im Paket mit rund 2800 Wohnungen bereits im September 2021 gekauft hat, so ist es unverantwortlich, dass bis zum heutigen Tage anscheinend keine vernünftige technische Bestandsaufnahme stattgefunden hat“, sagt AMV-Chef Marcel Eupen. „Die Berlinovo hätte sich nicht rein auf Auskünfte der Deutschen Wohnen verlassen dürfen, sondern war verpflichtet, den technischen Zustand selber zu überprüfen“, kritisiert Eupen.
„Wir erwarten, dass ab sofort der Austausch der beiden Fahrstühle im Haus Westerwaldstraße 1 bei der Berlinovo oberste Priorität hat und zeitnah durchgeführt wird“, fordert Eupen. Die Berlinovo sollte zugleich „von sich aus allen Mieterinnen und Mietern für die Beeinträchtigung der Wohnqualität durch den Ausfall beider Fahrstühle eine angemessene Mietminderung gewähren“.
Unterdessen stellt sich eine weitere Frage. Und zwar, ob der kleinere der beiden Aufzüge, der nun hin und wieder im Notbetrieb fährt, ohne gültige TÜV-Plakette unterwegs ist. Denn in dem kleinen Aufzug befindet sich eine Prüfplakette des Tüv Süd von 2021 sowie der Hinweis, dass die nächste Prüfung 2022 fällig sei. Der Tüv Süd hat jedoch keine weitere Prüfung vorgenommen. „Die letzte wiederkehrende Prüfung der besagten Anlage durch Tüv Süd hat im Juli 2021 stattgefunden“, teilt ein Sprecher des Tüv auf Anfrage mit. „Danach haben wir keinen weiteren Prüfauftrag erhalten“, sagt der Sprecher. Für den anderen, den großen Aufzug, wurde laut Tüv Süd hingegen „im September 2022 eine Hauptprüfung durchgeführt“. Die nächste Zwischenprüfung für diesen Aufzug sei im Juni 2023 fällig.
Im Juli 2022 habe eine Zwischenprüfung erfolgen sollen, räumt Berlinovo-Sprecher Kaliner ein, im Juli 2023 sei die „nächste Hauptuntersuchung“ geplant. Zur Zwischenprüfung im Jahr 2022 sei die Berlinovo „im Austausch mit den Kollegen“ der Deutsche Wohnen und lasse sich „die Unterlagen übermitteln“. Darüber hinaus sei die Aufzugswartungsfirma „im engen Austausch mit dem Tüv“.
Eine fehlende Tüv-Plakette könnte empfindliche Folgen haben. Der Sprecher des Tüv Süd sagt: „Wenn die vorgeschriebenen Prüfungen nicht durchgeführt werden, kann die zuständige Aufsichtsbehörde die Stilllegung des Aufzugs veranlassen.“