Archiv für den Monat: Januar 2020

Aus der Rubrik “Stadtentwicklungspolitik”:

Berliner Zeitung am 09.01.2020 – Stadtentwicklung : Pläne für die neue Siemensstadt lösen Angst vor Verdrängung aus

Steigen durch das geplante Stadtviertel die Mieten in der Nachbarschaft des Quartiers? Es gibt schlimmste Befürchtungen.

„Die Entwicklung der Siemensstadt 2.0 sehe ich ausgesprochen positiv und als großen Gewinn für den Stadtteil und ganz Berlin“, sagt der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz. Doch gleichzeitig müssten die Bewohner vor Verdrängung geschützt werden. „Darum brauchen die direkt angrenzenden Kieze Siemensstadt und Haselhorst dringend einen Milieuschutz“, so Buchholz. Damit wären die angestammten Mieter vor Luxussanierungen und durch Vorkaufsrechte der öffentlichen Hand abgesichert.

Ähnlich sehen es Grüne und Linke. „Schon letztes Jahr haben wir im Rahmen eines überparteilichen runden Tisches dafür gesorgt, dass die Siemensstadt unter Milieuschutz gestellt werden soll“, sagt die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. „Wir rechnen damit, dass das Bezirksamt Spandau bis Ende März die nötigen Untersuchungen abgeschlossen hat und der Milieuschutz erlassen werden kann.“ Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg fordert entschiedeneres Handeln vom Bezirk. „Wir prüfen derweil, andernfalls den Milieuschutz von Landesebene aus zu erlassen und damit die soziale Integration rings um den Zukunftsort zu stärken“, sagt sie.

Der Berliner Mieterverein (BMV) unterstützt nicht nur die Forderung nach einem Milieuschutz, sondern setzt sich für einen höheren Anteil Sozialwohnungen ein. Angesichts der Tatsache, dass Siemens die Flächen bereits gehören, also kein teurer Grunderwerb nötig sei, könnten auch 50 Prozent Sozialwohnungen entstehen, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild.

In der rot-rot-grünen Koalition stößt er damit auf Unterstützung. „Ich hätte mir gewünscht, dass sich der Senat gegenüber Siemens für einen höheren Anteil starkmacht, denn die Berliner brauchen viel mehr preisgünstigen Neubau“, sagt die Grünen-Abgeordnete Schmidberger. „Zumindest sollte die umliegende Bevölkerung bei der Besetzung des Wohnraums besonders berücksichtigt werden.“ Die Linken-Abgeordnete Gennburg geht noch einen Schritt weiter. „Die Umwandlung der Industrieflächen in Wohnbauareale wird enorme Bodenwertsteigerungen für Siemens bringen und muss adäquate Gegenleistungen durch Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur zur Folge haben“, sagt sie.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/siemensstadt-berlin-spandau-plaene-loesen-angst-vor-verdraengung-aus-li.4634

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Gilt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Mitmieter sich zur Entgegennahme von Erklärungen in einem Formular-Mietvertrag gegenseitig bevollmächtigen können, auch für Miterben?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 64 S 218/18, Beschluss vom 25.03.2019) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: „Das Amtsgericht hat die Beklagten zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt. Dem hat die Kammer lediglich noch Folgendes hinzuzufügen: Das streitgegenständliche Mietverhältnis ist wirksam durch die Kündigung vom 11. Juli 2017 beendet worden. Die gegenseitige Empfangsvollmacht der Mieter füreinander aus § 19 Nr. 2 des Mietvertrages gilt auch im Verhältnis zu den Beklagten. Soweit das Mietverhältnis gemäß § 564 S. 1 BGB mit Erben fortgesetzt wird, gelten die Bestimmungen des Mietvertrages fort. Im Übrigen hatte die Erblasserin die streitgegenständliche Wohnung nicht alleine, sondern zusammen mit Herrn Conan angemietet, sodass § 19 Nr. 2 des Mietvertrages bereits zwischen den ursprünglichen Parteien des Mietverhältnisses einen Anwendungsbereich hatte. Auch kann die Kammer die Auffassung der Beklagten, dass eine postmortale Vollmacht erforderlich gewesen sei, nicht nachvollziehen. Denn es geht hier nicht um eine Bevollmächtigung durch die Erblasserin. Die Beklagten werden durch die Fortgeltung von Bestimmungen aus dem Mietvertrag nicht unangemessen benachteiligt. Zum einen haben sie die Möglichkeit, den Mietvertrag innerhalb eines Monats gemäß § 564 S. 2 BGB außerordentlich zu kündigen oder ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Zum anderen begründet § 19 Nr. 2 des Mietvertrages entgegen der Auffassung der Beklagten keine Zugangsfiktion. Denn Erklärungen des Vermieters müssen zumindest einem Mieter zugehen. Das Amtsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Ausführungen des Bundesgerichtshofes (BGH, Rechtsentscheid vom 10. September 1997 – VIII ARZ 1/97 – NJW 1997, 3437) zu dem Näheverhältnis zwischen Mitmietern auf die Erbengemeinschaft übertragbar sind. Denn die gemeinsame Stellung als Erben lässt ebenso wie bei Mitmietern vermuten, dass der jeweilige Miterbe Erklärungen des Vermieters an andere Miterben weitergibt. Unerheblich ist dabei, dass die Beklagten im konkreten Fall in keinem nahen Verhältnis stehen. Die Kündigung vom 11. Juli 2017 erfolgte fristgerecht im Sinne des § 564 S. 2 BGB. Denn für die Kündigung des Vermieters ist maßgeblich, wann er von der Person des oder der Erben Kenntnis erlangt hat (Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl. 2017, BGB § 564 Rn. 46, beck-online). Vorliegend hat der Kläger unstreitig erst am 12. Juni 2017 von der Erbenstellung der Beklagten zu 2. erfahren. Die Kammer weist ergänzend und hilfsweise darauf hin, dass das Mietverhältnis ohnehin schon durch das Kündigungsschreiben vom 11. Januar 2017 (Anlage K5, Bl. 19 d.A.) nach § 564 S. 2 BGB beendet wurde. Dieses ging dem Beklagten zu 1. innerhalb einer Monatsfrist seit seiner Anzeige des Erbfalls gegenüber dem Kläger zu. Da es sich bei der Sicherung der Wohnung und der Anzeige des Erbfalls gegenüber dem Vermieter aus Sicht der Erbengemeinschaft um eine “notwendige Maßregelung” im Sinne des § 2038 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB handelte, die jeder Miterbe unabhängig von den anderen vornehmen kann, war der Beklagte zu 1. nach Auffassung der Kammer schon nach dieser Norm, unabhängig von den Regelungen im Mietvertrag, passiv vertretungsbefugt, die Kündigungserklärung in Empfang zu nehmen und insoweit die Verwaltung des Nachlasses allein mit Wirkung auch für die Beklagte zu 2. wahrzunehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können einzelne Miterben ein Mietverhältnis nach § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB sogar mit Wirkung für die ganze Erbengemeinschaft aktiv kündigen, obwohl darin eine Verfügung über Nachlassgegenstände im Sinne des §2040 BGB liegt, an der grundsätzlich sämtliche Miterben mitwirken müssen (vgl. BGH – XII ZR 210/05 -, Urt. v. 11.11.2009, BGHZ 183, 131 ff.). Dass die Beklagte zu 2. im Schreiben vom 11. Januar 2017 keine Erwähnung fand, ist nach Ansicht der Kammer unschädlich. Aus Sicht des Beklagten zu 1. lag auf der Hand, dass der Kläger das Mietverhältnis gegenüber der Erbengemeinschaft, bestehend aus allen Miterben, kündigen wollte, aber auf Grund des vorangegangenen Schreibens des Beklagten zu 1. vom 19. Dezember 2016 (Anlage K3, Bl. 17 d.A.) davon ausging, es gebe nur einen Erben.” 

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 06.01.2020 – “Unsachliches Getöse” Berliner Mieterverein weist Kritik am Mietendeckel zurück

Die Immobilienwirtschaft befürchtet, dass durch den Mietendeckel Investitionen in Sanierung und Neubau zurückgehen. Für den Mieterverein ist das bloße Stimmungsmache.

Der Berliner Mieterverein (BMV) hat Äußerungen aus der Immobilienwirtschaft kritisiert, dass durch den Mietendeckel Investitionen in Sanierung und Neubau drastisch reduziert werden. „Die Ankündigung der Immobilienwirtschaft und die Trauerreden der Bauwirtschaft sind zum Teil unsachliches Getöse und Stimmungsmache, um den Mietendeckel noch zu verhindern“, so BMV-Geschäftsführer Reiner Wild.

„Ein Teil der Investorenzurückhaltung ist stark ideologisch beeinflusst“, sagte Wild. Zum Beispiel beim Neubau. Denn der Neubau sei vom Mietendeckel, der die Mieten für fünf Jahre weitgehend einfrieren soll, ausgenommen. „Dann wird von der Immobilienseite argumentiert, wer heute solche Mietenkappung einführt, bezieht in fünf Jahren vielleicht auch den Neubau mit ein“, so Wild. Dabei habe keine der Regierungsfraktionen so etwas verlauten lassen. Grundsätzlich sei aber klar, dass die Beschränkung von Renditen zur „Verringerung von Investitionen führen“.

Die aktuell auch aus Sicht des Mietervereins wahrnehmbare Verringerung von Modernisierungsinvestitionen sei aber nicht auf den Mietendeckel zurückzuführen, sondern auf die von der großen Koalition im Bund 2019 eingeführten neuen Obergrenzen bei der Umlage von Modernisierungskosten. Diese liegen je nach bisheriger Miethöhe bei zwei oder drei Euro je Quadratmeter. Die Eigentümer, die bisher mit Steigerungen von drei Euro je Quadratmeter aufwärts Rendite machen wollten, seien damit nun „aus dem Spiel“, so Wild.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-mieterverein-weist-kritik-am-mietendeckel-zurueck-li.4427

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 05.01.2020 – Wohnen in Berlin Senat plant breite Informationskampagne zum Mietendeckel

Mit dem Mietendeckel kommt 2020 einiges auf die Berliner zu – und zwar auf Mieter wie Vermieterinnen. Der Senat will alle „unparteiisch“ informieren.

Der Senat plant eine große Informationskampagne

. Die Aufgabe des Senats sei, die Mieter- wie Vermieterseite „im Zuge des Gesetzesvorhabens breit und unparteiisch zu informieren“, sagte die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), der Deutschen Presse-Agentur. „Das werden wir auch tun. Denn es ist ein Gesetz, das sehr weitgehende und sehr tiefgehende Wirkung entfaltet.“

Berliner über alle Aspekte des Mietendeckels informieren

Ziel sei, Mieter wie Vermieter auf verschiedensten Kanälen über alle Aspekte des Mietendeckels zu informieren und darüber, wann welcher Teil in Kraft tritt. Dies schließe mögliche Risiken mit ein, so Lompscher. „Das wird in unserer Kampagne eine Rolle spielen.“

Lompscher sagte, sie wolle sich bei der Kampagne mit Mieterorganisationen abstimmen, die eigene Informationsangebote vorhalten. „Einbezogen würden zudem die bezirklichen Mieterberatungen.“ Deren Mittel seien mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 aufgestockt worden. Schon jetzt sei das Interesse an der Mietendeckel-Webseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung groß, auf der Bürger via Mail auch Fragen stellen können. „Und ist klar, dass wir dieses Angebot noch ausweiten müssen.“

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/senat-plant-breite-informationskampagne-zum-mietendeckel-li.4302

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Hat der Mieter gegen den Verwalter der vermietenden Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf Auskunft über die vollständigen Namen sowie Anschriften der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft?

Die Antwort des Amtsgerichts Köpenick (AG Köpenick – 7 C 4/19, Urteil vom 14.05.2019) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Köpenick in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: „Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 242 BGB nicht zu.

Der Anspruch kann nur aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben begründet werden, woraus folgt, dass der Anspruch nur gegeben ist, wenn andere Möglichkeiten nicht bestehen oder nicht zumutbar sind. Vorgreiflich ist insoweit auch die Grundbuchauskunft, deren Fehlerquelle bei etwaigem Versterben eines Mitglieds der Eigentümergemeinschaft kein grundsätzliches Hindernis ist. Soweit das Amtsgericht Aachen mit Urteil vom 03.09.2009 zu 112 C 51/09 den Verweis auf die Grundbuchauskunft wegen der Möglichkeit, dass die Vermieter gar nicht Eigentümer waren, für unbillig hält, scheint das hier bei Vermietung durch eine Eigentümergemeinschaft unbeschadet aller weiteren Erwägungen wenig nahe liegend. Soweit der Kläger moniert, dass der Grundbuchauszug keine Angaben zu den jeweiligen Wohnorten enthält, ist das insofern nicht maßgeblich, als § 12 Abs. 1 GBO die Einsichtnahme in das Grundbuch gestattet, mithin (gemäß Satz 2) auch in Bezugsurkunden, die jedenfalls die seinerzeitigen Wohnanschriften der Mitglieder der Eigentümergemeinschaft enthalten, aufgrund derer erfolgreich Einwohnermeldeamtsanfragen durchgeführt werden können. Dass dieses Verfahren ggf. umständlich und im Übrigen für die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft durch die Einsichtnahme in Bezugsurkunden auch invasiver ist als eine freiwillige Mitteilung der begehrten Daten, kann nicht Grundlage der hiesigen Entscheidung sein, denn die (umfassende) Einsichtnahme in das Grundbuch ist zwar lästig, aber nicht unzumutbar.

Im Übrigen, aber ebenfalls für die Entscheidung nicht tragend ist für die Erhebung einer Klage zunächst auch die Mitteilung des Beklagten hinreichend, dass ihm eine Klage gegen die ehemaligen Vermieter zugestellt werden könne. Sollte sich das später: als nicht zutreffend herausstellen, bestünde ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, der sich auch auf einen Forderungsausfall infolge einer verspäteten Klagezustellung an die ehemaligen Vermieter bezöge.”

AMV im Lichte der Presse:

Berliner Morgenpost am 08.01.2020 – Kostenlose Beratung: Das bewegt Spandauer Mieter

Weit über 1000 Spandauer haben die kostenlose Mieterberatung im Jahr 2019 genutzt. Zu einem Thema gab es dabei besonders viele Fragen.

Seit dem Spätsommer 2018 wurde die kostenfreie bezirkliche Mieterberatung in Spandau erheblich ausgeweitet, inzwischen ist sie im Bezirk fest etabliert. Und der Bedarf ist vorhanden, wie nun eine Auswertung des „Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbunds“ (AMV) zeigt. Knapp 1300 Spandauer kamen in die insgesamt gut 650 Beratungsstunden, die der Verein im vergangenen Jahr angeboten hat.

Thema Mieterhöhung spielt für Spandauer eine große Rolle

Das Thema, das die Spandauer in den Beratungen des AMV am meisten interessierte, ist dabei ein wenig überraschend: In 406 Fällen ging es um angekündigte Mieterhöhungen – obwohl der Senat bereits im Juni die Eckpunkte des Mietendeckels beschlossen hatte.

Ebenfalls viele Fragen gab es zu Betriebs- und Heizkostenabrechnungen, diese waren in rund 320 Beratungen ein Thema. Es folgten die Aspekte Mietmangel und Mietminderung, in knapp 220 Fällen wurden Menschen dazu beraten. Weniger gefragt waren die Themen Mietkaution oder Modernisierung, die jeweils rund 30 Mal besprochen wurden.

100.000 Euro für die Mieterberatung in Spandau in 2020

Insgesamt an sieben Standorten im Bezirk hat der AMV im vergangenen Jahr Beratungsstunden angeboten, dafür wurde das Angebot in Staaken, im Kiez Heerstraße Nord, am meisten genutzt. Dort gab es mit dem bekanntgegebenen Wohnungsaufkauf der Gewobag im September und den, trotz Mietendeckel, kurz vorher angekündigten Mieterhöhungen für einige Bewohner im vergangenen Jahr auch eine besondere Situation. Gut 370 Beratungen fanden in Staaken statt. Es folgten die Standorte in der Wilhelmstadt, im Falkenhagener Feld und in Haselhorst.

Auch in diesem Jahr sollen 100.000 Euro in die Finanzierung der Beratungsangebote im Bezirk fließen. An neun Standorten in den Spandauer Ortsteilen, mit Ausnahme von Gatow und Kladow, werden die gut 40 Beratungsstunden pro Woche organisiert.

Eine Übersicht zu den Zeiten und genauen Orten gibt es auf derInternetseite des Bezirksamts Spandau.

AMV im Lichte der Presse:

Spandauer Volksblatt am 07.01.2020: AMV zieht Jahresbilanz / Viele Nachfragen kamen aus Staaken
Hoher Beratungsbedarf bei Mieterhöhungen
Knapp 1300 Spandauer haben sich 2019 in Sachen Mietrecht beraten lassen. Zumindest beim AMV, der jetzt Jahresbilanz zog. Besonders hoch war der Beratungsbedarf in Staaken.

Zwischen Januar und Mitte Dezember beriet der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) an seinen sieben Beratungsstandorten insgesamt 1284 Spandauer in 656 Beratungsstunden kostenfrei zu mietrechtlichen Problemen. Mit 372 Beratungen war der Bedarf 2019 in Staaken am höchsten. Dort hatte das Land Berlin rund 3400 Wohnungen von der ADO zurückgekauft.

In der Wilhelmstadt beriet der AMV 273 Mal, im Falkenhagener Feld 146, in Haselhorst 143, in der Neustadt 138 und in Siemensstadt 127 Mal.

Mieterhöhungen sorgen Mieter besondersIn Hakenfelde blieb es bei 85 Beratungen, weil der „Seniorentreff Hohenzollernring“ wie berichtet wegen Bauarbeiten von Ende Juli bis Oktober geschlossen war. Fünf Themen brannten den Mietern besonders auf den Nägeln: Mieterhöhung, Betriebskostenabrechnung, Mietmangel und Mietminderung, Mietkaution sowie Modernisierung. „Beim Thema Mieterhöhungsverlangen lag der Beratungsbedarf bei fast 62 Prozent“, bilanziert Marcel Eupen, 1. Vorsitzende des AMV. Aber auch sonst werde die kostenfreie Mieterberatung im Auftrag des Bezirksamts von den Spandauern gut angenommen.

https://www.berliner-woche.de/bezirk-spandau/c-soziales/hoher-beratungsbedarf-bei-mieterhoehungen_a247279

Aus der Rubrik “Mietenpolitik”:

Berliner Zeitung am 07.01.2020 – MietendeckelRund 340.000 Berliner zahlen zu viel Miete 

Der Senat erwartet in den ersten beiden Jahren nach Umsetzung des neuen Gesetzes 68.000 erfolgreiche Anträge auf Mietsenkung.

Je näher die Einführung des Mietendeckels in Berlin rückt, umso stärker gelangen Details der geplanten Regelung in den Blickpunkt. So zahlen nach Angaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung rund 340.000 Berliner Haushalte eine so hohe Miete, dass sie voraussichtlich einen erfolgreichen Antrag auf Absenkung stellen können, wie im Mietendeckel vorgesehen.

Die Senatsverwaltung schätzt, dass in den ersten beiden Jahren nach Einführung des Mietendeckels jeweils rund 20 Prozent dieser Mieter, also 68.000 Haushalte jährlich, „erfolgreich eine Kappung ihrer Miete realisieren können“. In den Folgejahren sei mit jeweils rund zehn Prozent, also mit 34.000 erfolgreichen Anträgen auf Absenkung zu rechnen.

Der Mietendeckel soll nach den Plänen der Regierungskoalition noch im ersten Vierteljahr 2020 vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden und dann in Kraft treten. Die Regelung zur Absenkung einer überhöhten Miete soll allerdings erst neun Monate später wirksam werden.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/mietendeckel-rund-340000-berliner-mieter-zahlen-zu-viel-miete-li.4345

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 4 Nr. 4 der WoFlV eine Balkonfläche im Regelfall nur mit einem Viertel ihrer Fläche in Ansatz zu bringen?

Die Antwort des Amtsgerichts Hamburg (AG Hamburg – 49 C 213/18, Urteil vom 18.12.2019) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Hamburg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die Fläche der Wohnung tatsächlich nach der Wohnlagenverordnung mit 66,64 m² zu berechnen ist. Das Gericht stützt diese Überzeugung auf die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. vorgenommene Wohnflächenberechnung. Nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens beträgt die Genauigkeit der gemessenen Raummaße +/- 0,005 Meter, die Genauigkeit der ermittelten Wohnfläche beträgt +/- 0,25 m². Von dem Sachverständigen wurden die Grundflächen der einzelnen Räume mit Ausnahme des Kellers ermittelt. Letzterer ist als Abstellraum außerhalb der Wohnung insoweit nicht zu berücksichtigen. Ebenso zutreffend ist der Balkon mit einem Viertel seiner Fläche, entsprechend 0,49 m² angesetzt worden.

Die Klägerin kann insoweit keine Anrechnung der Balkonfläche zur Hälfte anstatt nur zu einem Viertel geltend machen. Vorliegend ist für die Berechnung der Balkonfläche § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung, nicht § 44 Abs. 2 der II. Berechnungsverordnung maßgeblich. § 5 Satz 1 der Wohnflächenverordnung findet keine Anwendung.

Die Flächenberechnung unterscheidet sich insoweit im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete signifikant von der Flächenberechnung im Rahmen des Gewährleistungsrechtes zur Minderung der Miete nach § 536 BGB (vergleiche BGH NJW 2016, 239; OLG Hamburg NZM 2000, 654). Bei der Frage, ob ein Mangel der Wohnung bei Angabe einer Wohnfläche im Mietvertrag vorliegt, ist in der Tat bei frei finanziertem Wohnraum anhand der für den preisgebundenen Wohnraum im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Bestimmungen festzulegen (vergleiche BGH WUM 2019, 319 m.w.N.). Dabei gab § 44 Abs. 2 der II. Berechnungsverordnung dem Vermieter die Wahl die Wohnfläche mit der Hälfte zu berücksichtigen. Insoweit wäre die Frage, ob es vorliegend einen Mangel der Wohnung in Form einer Wohnflächenabweichung gibt, in der Tat anhand der Berechnung der Wohnfläche zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses, zu bewerten, so dass der Balkon insoweit mit der Hälfte anzurechnen wäre.

Streitgegenständlich ist jedoch vorliegend die Abgabe einer Willenserklärung auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Dabei bedient sich die Klägerin eines qualifizierten Mietenspiegels im Sinne von §558 d Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB kommt es nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. § 558 BGB soll es dem Vermieter ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich ist deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen können, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt (BGH NZM 2016, 42 = NJW 2016, 239).

Wenn der Vermieter jedoch seinen Mietzins durch einen Vergleich mit einer ortsüblichen Vergleichsmiete des qualifizierten Mietenspiegels bestimmen kann, muss das Wohnwertmerkmal der Wohnungsgröße gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB daher einheitlich nach der Wohnflächenverordnung bestimmt werden (vergleiche etwa Schmitt-Futterer/ Börstinghaus, 14. Auflage, 2019, § 558, Rn. 58 ff.; Staudinger-Emmerich, BGB, 2018, § 558, Rn. 31 ff; Münchener Kommentar – Artz, 7. Auflage, 2016, § 558, Rn. 25; Heix WuM 2016, 263 ff.). Denn die ortsübliche Vergleichsmiete bestimmt sich durch eine repräsentative Erhebung der in § 558 Abs. 2 BGB abschließend aufgezählten Wohnwertmerkmalen, zu denen auch die Wohnungsgröße gehört. Damit sich der Vermieter auf die ortsübliche Vergleichsmiete berufen kann, muss er die Wohnfläche, die er seinem Mieterhöhungsverlangen zu Grunde legt, mit Hilfe der Wohnflächenverordnung bestimmen, da er ansonsten Flächen mit unterschiedlichen Bewertungskriterien vergleichen würde. Es kann entgegen der Auffassung der Klägerin im Hinblick auf die erforderliche objektive Vergleichbarkeit der Datenerfassung im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete für die tatsächliche Fläche bei einer Mieterhöhung keinen Unterschied machen, ob eine Wohnung Ende Dezember 2003 oder erst nach Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung Anfang Januar 2004 angemietet worden ist.

Zudem orientiert sich der Mietminderungsanspruch anders als die §§ 557 ff. BGB aufgrund einer vertragswidrigen tatsächlichen Wohnfläche letztlich an der Erwartungshaltung der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Im Unterschied hierzu werden bei Mieterhöhung durch einen qualifizierten Mietenspiegel verschiedenste Mietsituationen berücksichtigt und es wird sodann eine einheitliche und generalisierende Betrachtung mittels objektivierter Kriterien vorgenommen.

Der Balkon der Beklagten ist zudem nach Maßgabe der Wohnflächenverordnung nicht zur Hälfte zu berücksichtigen, auch wenn § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung dies in Ausnahmefälle zulässt. Eine solche Ausnahmesituation ist vorliegend nicht gegeben.

Grund für die seinerzeitige Schaffung eines Wahlrechtes der II. Berechnungsverordnung war die Tatsache, dass es nach früherem Recht Förderungsarten gab, bei denen es im Hinblick auf die Förderungshöhe günstiger zu sein vermochte, den Balkon voll anzurechnen. In anderen Fällen war es wiederum günstiger, den Balkon gar nicht anzurechnen. Durch das Wahlrecht sollte insoweit dem Bauherrn insoweit ein Anreiz zum erwünschten Anbau von Balkonen gegeben werden (vergleiche Grundmann, 2003, 3745, 3748). Nach dem Wegfall dieser förderrechtlichen Besonderheiten fehlt dem bisherigen Wahlrecht seine Berechtigung, so dass mit der Neuregelung der Wohnflächenverordnung die Wohnflächenanrechnung klarstellend neu geregelt worden ist (vergleiche AG Hamburg, Urteil vom 14.08.2019 zum Aktenzeichen: 49 C 263/18). Dabei hat sich der Gesetzgeber nicht für eine zunächst erwogene einheitliche und ausnahmslose Anrechnung der Balkonflächen zu einem Viertel entschieden, weil er Akzeptanz- und Gleichbehandlungsprobleme in einzelnen Mietverhältnissen fürchtete, sofern bei einem Teil der Wohnungen die Balkone mit der Hälfte und mit einem anderen Teil nur zu einem Viertel berücksichtigt werden würden. Daher ist nach § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung eine Balkonfläche im Regelfall nur mit einem Viertel ihrer Fläche in Ansatz zu bringen (vergleiche LG Hamburg, BeckRS 2019, 1405; LG Berlin, BeckRS 2018, 2133). Der Regelanrechnung zu einem Viertel liegt zu Grunde, dass ein Balkon aufgrund seiner witterungsabhängigen Nutzbarkeit einen deutlich geringeren Wohnwert hat als beispielsweise ein Wintergarten oder ein Zimmer in der Wohnung. Ebenso wird berücksichtigt, dass der Wohnwert von Balkonen durchaus unterschiedlich zu sein vermag. Anhaltspunkte dafür, wonach im vorliegenden Fall von diesem Regelfall abzuweichen wäre, sind hier nicht ersichtlich. Ebenso wenig sind rechtliche Besonderheiten, wie etwaige Akzeptanz oder Gleichbehandlungsgesichtspunkte erkennbar. Schließlich weist der vorhandene Balkon im Vergleich zu normalen Balkonen keinen besonders hohen Wohnwert auf. Es handelt sich insoweit um einen in Norddeutschland belegenen Balkon im 3. Stockwerk mit lediglich knapp 2 m² Grundfläche. Insoweit ist er aufgrund der üblichen Witterungsbedingungen in dieser Region und seiner Größe naturgemäß nur eingeschränkt nutzbar (vergleiche AG Flensburg,BeckRS 2012, 1697; AG Hamburg, Urteil vom 14.08.2019 zum Aktenzeichen 49 C 263/18).

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Balkon südlich ausgerichtet ist, genügt dies nicht, um eine hälftige Anrechnung der Fläche zu begründen. Denn im Vergleich zu anderen Durchschnittsbalkonen handelt es sich insoweit keinesfalls um eine Ausnahmeerscheinung, sondern vielmehr um einen in Hamburg tausendfach verbreiteten Zustand. Eine zur Wohnwerterhöhend führende außergewöhnliche Aussicht oder eine aus anderen Gründen besonders gut gegebene Nutzbarkeit des Balkones ist insbesondere aufgrund der Ausrichtung zur Straßenseite vorliegend nicht ersichtlich.”

Der AMV wünscht allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, allen Mieterinnen und Mietern ein Glückliches Jahr 2020!