Archiv für den Monat: November 2021

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Spandauer Volksblatt am 04.11.2021: Bewirtschaftung bleibt zunächst bei Deutsche Wohnen
Berlinovo statt Deutsche Wohnen
Zwar übernimmt die Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH (berlinovo) die Deutsche Wohnen/GSW-Großsiedlung im Falkenhagener Feld mit 3939 Wohn- und Gewerbeeinheiten zum 01.01.2022, jedoch bleibt die Bewirtschaftung der Bestände noch bis zum 31.12.2022 bei der Deutsche Wohnen. Hintergrund ist, dass die berlinovo zurzeit noch nicht über das entsprechende Personal verfügt, um die Verwaltung selbst durchzuführen.
Rund 40 neue Mitarbeiter will die berlinovo bis Ende 2022 rekrutieren, um sodann ab 01.01.2023 die Bewirtschaftung in Eigenregie zu übernehmen.

AMV im Lichte der Presse:

 
Berliner Zeitung am 02.11.2021: Zu viel gewollt Immobilien-Deal: Rekommunalisierung in Berlin stößt auf ungeahnte Probleme
Die landeseigene Berlinovo lässt 3939 Wohn- und Gewerbeeinheiten nach dem Erwerb weiter von der Deutsche Wohnen verwalten – weil ihr Mitarbeiter fehlen.
Marcel Eupen, der als Vorsitzender des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV) manche rechtliche Auseinandersetzung mit der Deutsche Wohnen ausgefochten hat, mochte es gar nicht glauben. Nachdem er wegen eines Wasserschadens bei der Deutsche Wohnen angerufen hatte und sich mit der Bemerkung verabschiedete, dass man sich nach dem Verkauf Tausender Wohnungen ans Land Berlin ja künftig nicht mehr so regelmäßig sprechen werde, widersprach ihm sein Gegenüber – und wies ihn darauf hin, dass die Deutsche Wohnen all jene Wohnungen, die an die landeseigene Berlinovo verkauft wurden, auch künftig verwalten werde. „Ich war perplex“, sagt Eupen. „Denn ich habe erwartet, dass selbstverständlich auch die Verwaltung komplett  von den landeseigenen Unternehmen übernommen wird, die die Wohnungen erworben haben.“
Doch weit gefehlt. Die Berlinovo bestätigt auf Anfrage der Berliner Zeitung, was AMV-Chef Eupen zuvor nur gehört hat. So gehen zwar die 3939 Wohn- und Gewerbeeinheiten, die die Berlinovo von der Deutsche Wohnen im Zuge des sogenannten Vonovia-Deals erworben hat, am 1. Januar 2022 in den Besitz der Berlinovo über. „Die Bewirtschaftung der Bestände der Deutsche Wohnen“ erfolge aber „noch bis zum 31. Dezember 2022 durch die Deutsche Wohnen“, so Berlinovo-Sprecher Ulrich Kaliner. Denn noch fehlt es der Berlinovo an Personal. Das soll erst im Laufe des nächsten Jahres aufgebaut werden. Rund 40 neue Mitarbeiter will die Berlinovo bis Ende 2022 rekrutieren. Weitere 205 Wohnungen, die die Berlinovo von der Vonovia erworben hat, sollen mit Besitzübergang am 1. Juli 2022 aber von der Berlinovo verwaltet werden.
Bei dem sogenannten Vonovia-Deal, der auf Druck aus der SPD kurz vor den Wahlen finalisiert wurde, haben die landeseigenen Unternehmen Howoge, Degewo und Berlinovo rund 14.750 Wohnungen und rund 450 Gewerbeeinheiten von der Deutsche Wohnen und der Vonovia erworben. Preis: rund 2,46 Milliarden Euro. Vonovia und Deutsche Wohnen hatten dem Land Berlin im Zuge ihrer geplanten Fusion den Verkauf von zunächst rund 20.000 Wohnungen angeboten. Am Ende wurde daraus das Paket mit rund 14.750 Wohnungen.

Keine Aussagen zur Auftragshöhe

Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) jubelte nach der Vertragsunterzeichnung, der Wohnungsankauf stehe „exemplarisch für ein soziales Berlin“. Mit der „Rückführung in kommunale Hand haben die Mieterinnen und Mieter die nötige Sicherheit, dass ihre Wohnungen dauerhaft im preisgünstigen Segment liegen werden“. Die drei Landesgesellschaften seien „kerngesund und in der Lage, den Ankauf erfolgreich zu stemmen“. Nun zeigt sich: Zumindest die Berlinovo ist organisatorisch nicht in der Lage, die Wohnungen sofort selbst zu verwalten.
Wie teuer die Verwaltung der 3939 Wohn- und Gewerbeeinheiten ist, bleibt ein Geheimnis von Berlinovo und Deutsche Wohnen. „Hierzu treffen wir keine Aussage“, erklärt die Berlinovo. Und die Deutsche Wohnen lässt wissen: „Für die geschlossenen Verträge gelten zwischen den Vertragspartnern Verschwiegenheitsklauseln.“ Einen groben Anhaltspunkt für eine mögliche Honorierung liefert die sogenannte zweite Berechnungsverordnung, in der die Verwaltungskosten für Sozialwohnungen festgelegt werden. Diese belaufen sich seit 1. Januar 2020 auf rund 298 Euro pro Wohnung jährlich. Legt man diesen Wert zugrunde, ergäben sich bei 3939 Wohn- und Gewerbeeinheiten Kosten von rund 1,17 Millionen Euro.
Degewo und Howoge, die ebenfalls am Vonovia-Deal beteiligt waren, stehen zumindest für den Moment besser da als die Berlinovo. Beide Unternehmen wollen die Wohnungen von vornherein selbst verwalten. Doch sie haben ein ähnliches Ziel. Sie wollen für die Verwaltung ebenfalls neue Mitarbeiter rekrutieren.

Vage Aussagen zur Mietengestaltung

Wichtig für die Mieter ist unterdessen, welche Vorgaben die Berlinovo der Deutsche Wohnen als Verwalter macht. Übernimmt die Berlinovo die Verpflichtungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen aus der Kooperationsvereinbarung mit dem Senat, wozu eine Begrenzung der Mieterhöhungen über das gesetzliche Maß hinaus gehört? Unternehmenssprecher Kaliner sagt: Ja, die Berlinovo werde die Verpflichtungen aus der Kooperationsvereinbarung in den erworbenen Beständen umsetzen. Zumindest das ist also gesichert.
Mieterberater Marcel Eupen sieht die Beauftragung der Deutsche Wohnen als Verwalter trotzdem kritisch. „Der Umstand, dass sich die Berlinovo zurzeit personalbedingt nicht im Stande sieht, die erworbenen Objekte selbst zu verwalten, sondern die Verwaltung bei der Deutsche Wohnen belässt, zeigt, dass der Deal übereilt über die Bühne gegangen ist“, sagt er. „Anstatt sich zunächst ein Vorkaufsrecht zu sichern, dann in Ruhe zu prüfen und für die organisatorischen Strukturen zu sorgen, wurde übereilt gekauft.“ Eupen fährt fort: „Nun haben wir die untragbare Situation, dass der Senat auf der einen Seite den Prüfauftrag hat, wie ein rechtssicheres Gesetz auszusehen hat, um die Deutsche Wohnen zu enteignen, und zum anderen eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, die ihre Objekte durch die Deutsche Wohnen verwalten lässt.“ Dies führe zu „einem Interessenkonflikt, der nicht hinnehmbar“ sei. „Die Berlinovo muss den Verwaltervertrag mit der Deutsche Wohnen umgehend beenden“, fordert Eupen.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/zu-viel-gewollt-rekommunalisierung-stoesst-auf-ungeahnte-probleme-li.192516