Unterliegt ein Mietaufhebungsvertrag der Schriftform?
Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 16 C 135/15, Urteil vom 03.03.2016) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Amtsgericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat einen Anspruch auf Herausgabe der Wohnung gem. § 546a BGB. Das Mietverhältnis ist aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrages zum 31.07.2015 beendet worden. Ein Mietaufhebungsvertrag kommt wie jeder privatrechtliche Vertrag durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff BGB) zustande und unterliegt nicht der Schriftform (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, Anhang zu § 542 BGB: Der Mietaufhebungsvertrag, Rn. 6.). Vorliegend hat die Beklagte mit Schreiben des Mietschutzbundes vom 27.10.2014 der Klägerin das Angebot unterbreitet, die Wohnung in jedem Fall bis zum 31.07.2015 herauszugeben, soweit die Beklagte die Umzugskosten und die Maklerkosten übernimmt. Die Klägerin hat daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.01.2015 ein Abänderungsangebot unterbreitet, in welchem sie der Klägerin anstelle der Übernahme der Umzugs- und Maklerkosten einen Betrag in Höhe von 500,00 EUR, welcher der Beklagten unabhängig von entstehenden Kosten gezahlt werde, angeboten hat. Dieses Änderungsangebot hat die Beklagte mit Schreiben vom 21.01.2015 angenommen.
Zutreffend weist die klagende Partei darauf hin, dass einem Vertragsschluss nicht entgegensteht, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Modalitäten der Auszahlung nicht vereinbart haben. Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Einverständniserklärung durch die Beklagten ein Vertrag geschlossen worden ist. Diesen konnte die Klägerin durch Schreiben vom 26.03.2015 nicht mehr einseitig abändern. Unterstellt die Beklagte hätte die mit Schreiben vom 26.03.2015 angebotene Zahlungsmodalitäten ausdrücklich abgelehnt, hätte sie auf der Grundlage des Vertragsschlusses durch die Schreiben vom 08.01.2015 und 21.01.2015 weiterhin einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 500,00 EUR gegen die Beklagte.
Dem Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages steht es nicht entgegen, wenn die Vertragsparteien nicht die einzelnen Modalitäten vereinbart haben. Vielmehr genügt es, wie die klagende Partei zutreffend ausführt, dass sich die Parteien über die essentiale negotii geeignet haben. Dies ist bei einem Mietaufhebungsvertrag die Einigung über die Beendigung des Mietverhältnisses (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, Anhang zu § 542 BGB: Der Mietaufhebungsvertrag, Rn. 28.). Nicht erforderlich ist, dass sich die Parteien eindeutig zu dem Beendigungszeitpunkt äußern. Es genügt, wenn sich der Beendigungszeitpunkt durch Auslegung der Aufhebungsvereinbarung oder unter Rückgriff auf die Umstände des Vertragsschlusses bestimmen lässt (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, Anhang zu § 542 BGB: Der Mietaufhebungsvertrag, Rn. 28.). Dies war vorliegend der Fall. Aus den vorangegangen Schreiben der Parteien lässt sich durch Auslegung ermitteln, dass die Parteien die Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.07.2015 vereinbart haben. Dem Mietaufhebungsvertrag ist die Kündigung durch die Klägerin zum 31.07.2015, hilfsweise zum 31.10.2015 vorausgegangen. Auf diese hat der Mietschutzbund im Namen der Klägerin Bezug genommen und mitgeteilt, dass eine Herausgabe in jedem Fall zum 31.07.2015 erfolgen soll. Mit Schreiben vom 08.01.2015 hat die klagende Partei lediglich die Höhe der Ausgleichszahlung abgeändert, welche von der Beklagten angenommen ist.
Aber selbst unterstellt, die Parteien hätten keinen Beendigungszeitpunkt vereinbart, wäre der Herausgabeanspruch begründet. Vereinbaren die Parteien keinen Herausgabezeitpunkt so ist der Anspruch grundsätzlich sofort fällig (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, Anhang zu § 542 BGB: Der Mietaufhebungsvertrag, Rn. 28.). Ebenfalls steht der Einigung nicht entgegen, dass die Parteien keine Vereinbarung über die Art und Weise der Herausgabe getroffen haben. Fehlt eine solche Vereinbarung so richten sich diese Modalitäten nach dem Mietvertrag ((Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, Anhang zu § 542 BGB: Der Mietaufhebungsvertrag, Rn. 28.).
Der Mietaufhebungsvertrag ist auch nicht wirksam durch das Schreiben der Beklagten vom 19.05.2015 widerrufen worden. Zwar ist grundsätzlich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie zum 13.06.2014 einhellig anerkannt ist, dass Mietaufhebungsverträge vom Anwendungsbereich des § 312 IV S. 1 BGB erfasst sind und demzufolge dem Mieter ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312 c, 312g, 355 BGB zusteht, wenn – wie hier – der Abschluss des Vertrages über Fernkommunikationsmittel erfolgt ist. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um ein Verbrauchergeschäft handelt, mithin, dass die Beklagte Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB und die Klägerin Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB ist. Daran fehlt es vorliegend.
Zwar ist die Beklagte unstreitig Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB, jedoch ist die Klägerin vorliegend nicht als Unternehmerin, sondern als Verbraucherin zu qualifizieren. Unternehmer ist eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt; Verbraucher hingegen jemand, der ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Ausschlaggebend für die Frage, ob die Tätigkeit der privaten oder der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, ist nicht die Art des Rechtsgeschäfts oder die Höhe des Kapitals, sondern vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH 23.10.2001 – Akz. XI ZR 63/01, NJW 2002, 368). Dabei kommt es nicht auf den inneren Willen den Handelnden an, sondern es ist erforderlich, den Inhalt des Rechtsgeschäfts auszulegen und gegebenfalls die Begleitumstände miteinzubeziehen (KG Berlin, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 10 U 62/14, GE 2016, S. 57,58).
Demnach war die Klägerin bei dem Mietaufhebungsvertrag als Verbraucherin zu qualifizieren. Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass sie Landesbeamtin im Schuldienst ist und damit ihren Lebensunterhalt verdiene. Der Ankauf der Immobilie erfolgt aus der Familie des Ehemanns zur Ordnung der zum Zeitpunkt des Erwerbs gegebenen Erbsituation betreffend der Immobile. Vor diesem Hintergrund der hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin als Landesbeamtin und dem Kauf der Immobile aus familiären Hintergründen, ist zu schlussfolgern, dass die Klägerin mit der Immobilie ihr privates Vermögen verwaltet. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin einer Hausverwaltung bedient. (vgl. auch KG Berlin aaO; Schmidt/Futterer-Blank, vor § 535 BGB Rn. 68). Die Klägerin trägt vor, dass sie sich dieser gerade bedient, da sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keine Zeit zur Verwaltung hat. Auch ist insoweit zu unterscheiden, dass sich die Klägerin der Hausverwaltung als Hilfe bedient und nicht, dass aufgrund der Größe und Anzahl der Vermietungen eine professionelle Organisation von Nöten ist, welche für eine Unternehmereigenschaft sprechen könnte (Schmidt/Futterer-Blank, vor § 535 BGB Rn. 68). Vorliegend spricht die Inanspruchnahme der Hausverwaltung eher für die nicht geschäftliche Tätigkeit der Klägerin und mithin für ihre Verbrauchereigenschaft bei Abschluss des Mietaufhebungsvertrages.
Der Einwand der beklagten Partei, dass gewerblich jede planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftliche selbständige Tätigkeit mit dem Ziel der Teilnahme am Wettbewerb ist, greift vorliegend nicht. Zwar wäre vorliegend unter diesen Begriff die Vermietung von zwölf Wohnungen zu subsumieren, jedoch gilt es für die Frage, ob ein Vermieter als Verbraucher handelt, gerade am Einzelfall abzugrenzen, ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit oder um die Verwaltung privaten Vermögens handelt. Anderenfalls dürfte jedwede Vermietung, bei welcher der Mieter Einnahmen erzielt gewerblich sein.
Der Beklagten war eine Räumungsfrist von Amts wegen mit der aus dem Tenor ersichtlichen Räumungsfrist zu gewähren. Im Hinblick darauf, dass auf die derzeitige Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt sowie dem Umstand, dass während des Verfahrens für die Beklagte nicht überwiegend wahrscheinlich war, dass sie unterliegt und sie sich mithin nicht auf eine unmittelbare Räumung einstellen musste, sowie dem Umstand, dass keine Mietschulden ersichtlich sind, war der Beklagten die Räumungsfrist gem. § 721 ZPO zu gewähren.”