Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Erfüllt der Wunsch eines Mieters, nach dem Auszug seiner Söhne mit einer anderen Person zusammenzuleben und sich mit dieser Person die Wohnkosten zu teilen, um seine eigene finanzielle Belastung zu senken, die Voraussetzungen an ein berechtigtes Interesse an einer Untervermietung?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 202/17, Beschluss vom 10.01.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gestattung der Mitnutzung der von ihr inne gehaltenen Wohnung durch den Herrn … … aus § 553 BGB bejaht.

Im Ansatz zutreffend erkennt die Beklagte, dass der Anspruch aus § 553 Abs. 1 BGB (lediglich) ein berechtigtes, nach Abschluss des Mietvertrages entstandenes Interesse des Mieters voraussetzt, einem Dritten einen Teil des Wohnraums zum Gebrauch zu überlassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (st. Rspr. BGH, Urt. v. 11.06.2014 – VIII ZR 349/13, in WuM 2014, 48; Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, in NJW 2006, 1200; Rechtsentscheid v. 03.10.1984 – VIII ARZ 2/84, in NJW 1985, 130, [131], nach beckonline).

Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Amtsgerichts, dass der Wunsch der Klägerin, nach dem Auszug ihrer Söhne mit einer anderen Person zusammenzuleben und sich mit dieser Person die Wohnkosten zu teilen, um ihre eigene finanzielle Belastung zu senken, die Voraussetzungen des § 553Abs. 1 BGB nach diesen Maßstäben erfüllt, ergeben sich weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht. Auf die zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts nimmt die Kammer nach eigener rechtlicher Prüfung Bezug.

Im Rahmen ihrer Beanstandungen übersieht die Beklagte, dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob die Klägerin und Herr … (im rechtlichen Sinne) verlobt, nur Lebenspartner sind oder nur gemeinsam die Wohnung bewohnen wollen. Jedes einzelne vorgenannte Interesse würde es mit Blick auf die von der Klägerin geltend gemachten finanziellen und persönlichen Lebensumstände nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Maßstäben zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des berechtigten Interesse im Sinne des § 553 Abs. 1 BGB rechtfertigen, die hier gegenständliche Erlaubnis von der Beklagten zu verlangen. Daher hat das Amtsgericht – die Richtigkeit der Angaben der Beklagten in der Berufungsbegründung zu ihren Gunsten unterstellt – keine Veranlassung gehabt, Angaben zum Zeitpunkt der Verlobung in das Protokoll aufzunehmen, § 160 Abs. 4 Satz 2 ZPO oder eine Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO zu gewähren.

Soweit die Beklagte meint, in ihren Rechten verletzt zu sein, weil das Amtsgericht nicht durch förmlichen Beschluss über die Nichtgewährung der beantragten Schriftsatzfrist entschieden hat, ist ihre Rechtsauffassung unzutreffend. Weder die Gewährung noch die Nichtgewährung einer Schriftsatzfrist sind gesondert anfechtbar; ein Fehlgebrauch des in § 283 ZPO eingeräumten Ermessens kann nur mit dem gegen das Endurteil gegebene Rechtsmittel angefochten werden (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 283 Rn. 4b).

Da es – wie ausgeführt – auf die Frage, ob die Klägerin überhaupt mit dem Herrn … verlobt ist, im Rahmen des § 553 BGB nicht entscheidungserheblich ankommt, ist der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19. Juni 2017 nicht relevant und rechtfertigt in keinem Fall eine andere Entscheidung; ein Ermessensfehlgebrauch des Amtsgerichts liegt nicht vor. Der Schriftsatz war nicht zu berücksichtigen; die Gründe dafür hat das Amtsgericht in der Entscheidung dargestellt, das Einreichen des nicht nachgelassenen Schriftsatzes mitnichten übergangen.

Unzutreffend und weder mit den Motiven des Gesetzgebers noch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbar ist die Rechtsaufassung der Beklagten, dass die Klägerin anstelle der Untervermietung auf den Umzug in eine kleinere Wohnung zu verweisen ist. Die Beklagte verzichtet auch auf jede Auseinandersetzung mit der durch entsprechende Fundstellen unterlegten Argumentation des Amtsgerichts. Die Regelung in § 553 Abs. 1 BGB (§ 549 Abs. 2 BGB aF) verfolgt gerade den Zweck, dem Mieter die Wohnung zu erhalten (vgl. BT-Drs. IV/806, S. 9; BGH, Urt. v. 11.06.2014 – VIII ZR 349/13, a.a.O; Rechtsentscheid v. 03.10.1984 – VIII ARZ 2/84, a.a.O.; BeckOK MietR/Weber, 10. Ed. 1.9.2017, BGB § 553 Rn. 19; MüKoBGB/Bieber, 7. Aufl. 2016, BGB § 553 Rn. 2, mwN;). Es wurde mit Einfügen des § 549 Abs. 2 BGB aF (§ 553 Abs. 1 BGB nF) bereits in der 4. Legislaturperiode (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. Dezember 1962) bewusst die zuvor geltende Rechtslage geändert, wonach der Mieter allein berechtigt war, das Mietverhältnis vorzeitig zu kündigen, wenn der Vermieter eine Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an einen Dritten verweigerte (vgl. BT-Drs. IV/806, S. 9).

Das Amtsgericht übersieht auch nicht etwa den “Umstand der Bonität der Klägerin als Mieterin”, sondern bewertet ihn – anders als die Beklagte – rechtlich zutreffend auf der Grundlage der Maßstäbe des Gesetzgebers und des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urt. v. 11.06.2014 – VIII ZR 349/13, WuM 2014, 489). Soweit die Beklagte (vermeintlich) eine Stütze in der Rechtsprechung der Kammer zu finden glaubt, übersieht sie, dass die zitierte Entscheidung der Kammer den rechtlich anders gelagerten Fall des Mieteraustausches in einer Wohngemeinschaft betrifft. Ein solches Verlangen betrifft die Vertragsgrundlage selbst, während die Untervermietung lediglich den Nutzungsumfang tangiert. Die etwaige Verschlechterung der Bonität des Mieters im Verlaufe des Vertragsverhältnisses allein löst keine Rechte des Vermieters aus, sondern allenfalls und erst dann, wenn der Mieter seiner Hauptleistungspflicht aus § 535 Abs. 2 BGB nicht mehr nachkommt. Dem möchte die Klägerin – in Übereinstimmung mit den Intentionen des Gesetzgebers und den höchstrichterlich entwickelten Maßstäben – gerade vorbeugen, was – objektiv betrachtet – ersichtlich dem (Erfüllungs-)Interesse der Beklagten entspricht.

Das Amtsgericht übersieht ferner mitnichten die Einwände der Beklagten gegen die Person des in Aussicht genommenen Untermieters.

Gemäß § 553 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB kann der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verweigern, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der das Versagen der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit rechtfertigt (vgl. dazu auch: BGH, Rechtsentscheid v. 03.10.1984 – VIII ARZ 2/84, a.a.O.; BT-Drs. 14/4553, S. 49: § 553 BGB nF beschränkt sich auf eine sprachliche und aufbaumäßige Änderung des § 549 Abs. 2 BGB aF).

Aus den Vorgaben des Gesetzes ergibt sich zwanglos, dass die Person des in Aussicht genommenen Untermieters (“Dritten”) zu benennen ist. Wie das zu geschehen hat und welche Angaben konkret erforderlich sind, lässt sich – wie auch sonst – dem Zweck der Regelung entnehmen und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Erforderlich sind danach Angaben, die es dem Vermieter ermöglichen zu prüfen, ob der Erteilung der Erlaubnis personenbezogene Gründe entgegenstehen (vgl. Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht 13. Aufl., 2017, § 553 Rn. 16).

Die Klägerin hat die Person des Untermieters namentlich benannt. Sie hat weiterhin ein von einer Behörde ausgestelltes, mit einem Lichtbild versehenes Dokument – die durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erteilte Aufenthaltsgestattung – vorgelegt. Dieses Dokument, das wie ein Ausweis mit weiteren Angaben zur Person versehen ist, dient immerhin der Durchführung des Asylverfahrens. Es dokumentiert weiterhin die Berechtigung und Verpflichtung des Untermieters, seinen Wohnsitz im Land Berlin zu nehmen. Auf der Grundlage dieser Angaben ist die Beklagte in der Lage – bei Bedarf weitergehend – zu prüfen, ob in der Person des Untermieters Gründe vorliegen, aus denen ihr die Erteilung einer Untervermieterlaubnis nicht zuzumuten ist. Solche Gründe trägt sie jedoch nicht vor, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat.

Die Besorgnis der Beklagten, wegen unklarer Identität des Untermieters gegebenenfalls keinen Räumungstitel erwirken zu können, ist offenkundig unbegründet, denn die Angaben in der mit einem Lichtbild versehenen Aufenthaltsgestattung und der Wohnsitz in den von der Klägerin gemieteten Räumlichkeiten versetzen die Beklagte – gegebenenfalls – in die Lage, den Untermieter den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO gemäß zu benennen. Im Übrigen wird durch die Untermiete kein Vertragsverhältnis zwischen dem Untermieter und der Beklagten als Hauptvermieterin begründet. Daher ist es auch unerheblich, ob eine Ausbildung des Untermieters zum Facharzt für Neurologie in Deutschland anerkannt wird und der Untermieter hier eine entsprechende Tätigkeit wird ausüben können. Die Kammer verzichtet mangels Entscheidungserheblichkeit auf eine Auseinandersetzung mit den Mutmaßungen der Beklagten.

Vor diesem Hintergrund hat das Amtsgericht der Klägerin ebenso frei von Rechtsfehlern einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterteilung der Erlaubnis zur Untervermietung ab Februar 2017 zugesprochen. Unzutreffend macht die Beklagte geltend, die Klägerin habe vorgetragen, dass ihr die Wohnkosten seit der Verlobung des Untermieters mit ihr unabhängig von der Erteilung der Untervermieterlaubnis zugestanden hätten. Durch die Verlobung ist die Klägerin nicht Inhaberin des Anspruchs des Untermieters auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geworden. Folgerichtig hat sie vorgetragen, dass Herr … seit der Verlobung die Leistungen erhält, sich – mangels Untervermietung – allerdings nicht an den Wohnkosten der Klägerin beteiligt hat. Auch insoweit sind die Feststellungen des Amtsgerichts frei von Denkfehlern; sie beruhen zutreffend auf dem Vortrag der Parteien.”