Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Kann ein Vermieter das Wohnraummietverhältnis mit seinen Mietern fristlos kündigen, wenn diese in der Wohnung u.a. zwei ausgewachsene Bindenwarane halten, ohne hierfür eine Erlaubnis eingeholt zu haben?

Die Antwort des Amtsgerichts Bielefeld (AG Bielefeld – 401 C 275/17, Urteil vom 25.07.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Bielefeld in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des von den Beklagten innegehaltenen Einfamilienhauses, denn das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Klägerin in der Klageschrift vom 21.12.2017 beendet worden.

Die Klägerin war gemäß § 543 Abs. 1 BGB berechtigt, das Mietverhältnis über das Einfamilienhaus fristlos zu kündigen. Nach dieser Vorschrift kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Gemäß § 543Abs. 1 S. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Der Klägerin war die vertragswidrige Nutzung des Mietobjekts in Form einer über den normalen Mietgebrauch hinausgehenden Tierhaltung durch die Beklagten nicht weiter zumutbar.

1. Entgegen § 17 des Mietvertrages halten die Beklagten in der Mietwohnung u.a. zwei ausgewachsene Bindenwarane und betreiben ferner die Nachzucht von Chamäleons, ohne dass hierfür die erforderliche Erlaubnis der Vermieterin vorliegt.

a) Die vorliegend in § 17 des Mietvertrages verwendete Regelung verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Hiernach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die vorliegend verwendete Klausel, die das Halten von Tieren, insbesondere von Hunden und Katzen oder dergleichen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Vermieters vorsieht, benachteiligt die Mieter nicht unangemessen. Die Klausel nimmt die Haltung von Kleintieren wie kleinen Vögeln, Zierfischen oder ähnlichen Tieren ausdrücklich vom Erlaubnisvorbehalt aus und verlangt auch keine besondere Form der Erlaubnis.

b) Eine Erlaubnis der Klägerin zur Erhaltung der Warane liegt nicht vor.

aa) Die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis zur Haltung der beiden 1,80 m bzw. 1,20 m großen Warane haben die Beklagten vorliegend nicht hinreichend dargelegt. Der Vortrag der Beklagten in den vorbereitenden Schriftsätzen ist diesbezüglich bereits widersprüchlich. Während im Schriftsatz vom 09.03.2018 die Rede davon ist, dass lediglich allgemein nach der Anschaffung von Reptilien gefragt worden sei und die Beklagten hierzu keine näheren Erklärungen abgegeben hätten, heißt es im Schriftsatz vom 05.04.2018, dass die Klägerin von Anbeginn der Tierhaltung an über diese als solche und den konkreten Umfang informiert gewesen sei. Im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung haben die Beklagten dann bekundet, dass die Beklagte zu 1) mit der Klägerin telefoniert habe um zu fragen, ob man in dem Haus “Tiere” halten dürfe. Die Klägerin habe zugesagt, dass man “einen Waran” halten dürfe. Das bedeutet zum einen, dass für die Anschaffung von zwei Waranen keine Erlaubnis vorlag. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin auch das konkrete Ausmaß der Tierhaltung vor Augen geführt wurde, insbesondere, dass diese Tiere eine Größe von 1,20 m bzw. 1,80 m erreichen und nicht lediglich in geschlossenen Terrarien gehalten werden sollten, sondern auch 10 Stunden täglich oder länger frei in dem Mietobjekt oder jedenfalls in einem Zimmer des Objektes herumlaufen durften.

Die Klägerin bestreitet eine entsprechende Erlaubnis erteilt zu haben und beruft sich darauf, lediglich die Anschaffung eines Chamäleons zur Haltung im geschlossenen Terrarium gestattet zu haben.

Beweis dafür, dass die Klägerin eine weitergehende Tierhaltung gestattet hat, treten die Beklagten nicht an. Der im Schriftsatz vom 09.03.2018 angebotene Zeuge soll lediglich bestätigen, dass der Ehegatte der Klägerin eingeräumt habe, dass die Haltung eines Chamäleons abgesprochen gewesen sei.

bb) Auch in dem Verhalten der Klägerin anlässlich der Besichtigungstermine in den Jahren 2014, 2015 und 2016 ist keine konkludente Erlaubnis zur Haltung der Warane zu sehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin anlässlich dieser Besichtigungstermine das Ausmaß der Tierhaltung bewusst geworden ist. Die Beklagten selbst haben im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung bekundet, dass man der Klägerin zwar alle Tiere gezeigt habe. Es könne allerdings sein, dass die Warane zu dieser Zeit noch deutlich kleiner waren (angeschafft wurden sie 2013 mit einer Rumpflänge von etwa 30-35 cm) und noch ausschließlich im Terrarium gehalten wurden.

Aus diesem Grund können die Beklagten sich auch nicht mit Erfolg darauf, dass die Klägerin die vertragswidrige Tierhaltung hingenommen und das Recht auf Unterlassung der Tierhaltung verwirkt habe.

cc) Die Beklagten haben auch keinen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis, da die von ihnen praktizierte Tierhaltung weit über das Maß hinausgeht, welches noch einen normalen Gebrauch des Mietobjektes zu Wohnzwecken darstellt.

Was zum normalen Mietgebrauch gehört lässt sich nach Auffassung des BGH nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten feststellen (BGH NJW 2008,218). Zu den Beurteilungskriterien zählen insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung des Vermieters sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (BGH WuM 2013, 152). Das Halten exotische Tiere, auf die Mitbewohner allgemein mit Abscheu, Ekel oder Angst reagieren, gehört nicht zum Wohngebrauch (OLG Karlsruhe NJW-RR 2004,951). Auch Gesichtspunkte des Tierschutzes sind bei der Abwägung zu berücksichtigen. Unabhängig von der Größe der Tiere ist es vertragswidrig, gefährliche Tiere zu halten (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, MietR, 13. Aufl. 2017, § 535, Rn. 554).

Unter Berücksichtigung all dieser Kriterien kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die vorliegend praktizierte Tierhaltung keinen normalen und hinzunehmenden Mietgebrauch darstellt.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus handelt, welches mit 8 Zimmern, 2 Küchen, 2 Dielen, 2 Bädern, einer Terrasse und 5 Kellerräumen sicherlich eine hinreichende Größe aufweist, um auch mehrere Tiere aufzunehmen, zumal die Beklagten es lediglich mit zwei Personen bewohnen.

Auch wird das Objekt lediglich von den Beklagten bewohnt, so dass auf die Belange anderer Bewohner des Hauses oder von Nachbarn weniger Rücksicht zu nehmen ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass von der vorliegenden Tigerhaltung Belästigungen durch Geräusche und Gerüche für die Nachbarschaft entstehen.

Zu berücksichtigen ist allerdings die Größe der Warane, die eine Gesamtkörperlänge einschließlich Schwanz von 1,20 m bzw. 1,80 m aufweisen. Es handelt sich hierbei zweifellos nicht lediglich um Kleintiere. Hinzu kommt, dass es sich bei den Waranen nicht um die einzigen Tiere in dem Haus handelt, sondern dass hierin weitere zwei Zwergwarane sowie drei Chamäleons gehalten werden.

Zudem handelt es sich nicht um typische Haustiere sondern um sogenannte Exoten. Die Warane sind auch nicht als völlig harmlos einzustufen. Eine abstrakte Gefährlichkeit folgt bereits daraus, dass der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Parteianhörung eingeräumt hat, bereits selbst einmal von den Tieren gebissen worden zu sein. Dazu kommt, dass die Beklagten auf Nachfrage bekundet haben, dass die Tiere ihnen nichts antun würden. Sie konnten allerdings nicht ausschließen, dass die Tiere sich eventuell aggressiv gegenüber Dritten verhalten könnten.

Hinzu kommt vorliegend, dass die Tiere nicht ausschließlich im Terrarium gehalten werden, sondern sich jedenfalls in Gegenwart der Beklagten frei in der gesamten Wohnung bewegen können. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Warane nicht als “stubenrein” bezeichnet werden können. Vielmehr hinterlassen die Tiere ihre Ausscheidungen unkontrollierbar auf dem Fußboden des Mietobjektes. Dass von diesen Ausscheidungen eine erhebliche Geruchsbelästigung ausgeht, haben die Beklagten eingeräumt. Ferner haben die Beklagten auf Nachfrage des Gerichts bestätigt, dass diese Ausscheidungen von ihrer Konsistenz her so beschaffen sind, dass sie unverzüglich aufgewischt werden müssen. Auch wenn die Beklagten betonen, hierfür stets Sorge zu tragen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Ausscheidungen übersehen werden und in die Bodenbeläge einziehen oder auf andere Weise Schäden Bodenbelägen hervorrufen.

Sodann sind Aspekte des Tierschutzes zu berücksichtigen. Die gegenwärtige Form der Haltung erscheint zweifelhaft. Die Tiere werden lediglich unter Aufsicht aus ihrem Terrarium herausgelassen. Dieses hat allerdings lediglich Abmessungen von 1,50 m x 1, 00 m x 1,50 m. In diesem halten sich beide Tiere ca. 14 Stunden täglich auf. Auch wenn die Warane über keinen ausgeprägten Bewegungsdrang verfügen, so ist doch nicht nachvollziehbar, wie sich die Tiere, die Körperlängen von 1,20 m bzw. 1,80 m aufweisen, in diesem Behältnis überhaupt bewegen sollen. Daneben erscheint zweifelhaft, ob die Tiere sich tatsächlich nur 14 Stunden am Tag in diesem Terrarium aufhalten, denn beide Beklagte sind vollzeitig berufstätig. Zu den üblichen Arbeitszeiten kommen Schlaf- und Ruhezeiten sowie sonstige Zeiten für Einkäufe, Besorgungen oder Hausarbeiten, in denen die Beklagten sich nicht mit den Tieren beschäftigen können. Zudem haben die Beklagten selbst ausgeführt, dass zu einer artgerechten Haltung auch gehört, dass die Tiere ausreichend Auslauf haben und ihre Umgebung erkunden können. Daneben gehöre auch dazu, dass sie etwa die Möglichkeit haben, in Sand zu buddeln oder sich einzugraben. Die Schaffung solcher Möglichkeiten in Wohnräumen geht allerdings auch in einem Einfamilienhaus deutlich über einen normalen Wohngebrauch hinaus.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten in einer Form, die über die rein emotionale Bindung zu den Tieren hinausgeht, auf die Tiere angewiesen wären.

Angesichts des vorliegenden Ausmaßes der Tierhaltung, ist dieser Fall nicht mit der Haltung eines einzelnen Hundes vergleichbar, so dass es für die Beurteilung des vorliegenden Falles unerheblich ist, ob die Klägerin den Vormietern die Haltung eines Hundes gestattet hat.

b) Daneben liegt auch keine Erlaubnis der Klägerin zur Nachzucht von Chamäleons vor.

Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten haben diese mehrere Versuche unternommen, die Gelege der beiden Pantherchamöleons zu inkubieren, wobei es bei dem jüngsten Versuch zum Schlüpfen von insgesamt 25 Jungtieren gekommen sei. Die Tiere wurden dann an private und gewerbliche Abnehmer gegen Geld abgegeben. Dies war von Anfang an beabsichtigt, da es den Beklagten lediglich darauf ankam, einen leiblichen Nachkommen des Chamäleons “Jeffrey” zu behalten. Das Paaren der Tiere mit dem Ziel, die Eier zu inkubieren und Nachkommen zu produzieren, ist als Zucht anzusehen.

Eine Erlaubnis der Klägerin hierzu haben die Beklagten nicht behauptet.

Auch das Züchten von Tieren geht über den Gebrauch der Mietsache zu Wohnzwecken hinaus, denn es ist dem Mieter allenfalls erlaubt, Haustiere in einer üblichen Anzahl zu halten (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, a.a.O, Rn. 552).

2. Die Beklagten haben die vertragswidrige Tierhaltung entgegen der klägerischen Abmahnung vom 26.10.2017 fortgesetzt. Sie haben die Tiere entgegen der dortigen Aufforderung nicht abgeschafft.

Diese fortgesetzte Vertragspflichtverletzung durch die Beklagten war von der Klägerin nicht weiter hinzunehmen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Gefährdung der Bodenbelege der Mietsache durch die Ausscheidungen der Warane ebenso wenig ausgeschlossen werden konnte, wie die abstrakte Gefahr, dass Dritte oder die Klägerin selbst anlässlich von Besichtigungen der Wohnung von den Tieren gebissen werden könnten.”