Pressemitteilung 16/2020

DAX-Konzern Deutsche Wohnen verstößt abermals gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

Die Deutsche Wohnen, die für alle ihre Konzerngesellschaften und damit für rund 161.000 Wohnungen (Stand: Ende 2019) nur eine einzige Sach- und Haftpflicht-Versicherung bei der Allianz Versicherungs-AG unterhält, verstößt nach dem Wirtschaftsjahr 2016 (siehe AG Spandau – 6 C 293/19, Urteil vom 18.10.2019) bei den Kosten der Versicherung auch bei dem Jahr 2017 gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit- so zumindest das Amtsgericht Spandau (AG Spandau – 5 C 104/20, Urteil vom 14.07.2020).

Rückwirkender Versicherungsabschluss

Die Deutsche Wohnen unterhielt am 02.08.2016 bei der Allianz Versicherungs-AG eine Sach- und Haftpflicht-Versicherung für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 01.01.2017 auf der Basis einer Prämienberechnung nach der Anzahl der Mietobjekte. Dieser Versicherungsvertrag auf der Basis der Prämienberechnung nach der Anzahl der Mietobjekte wurde am 02.08.2016 rückwirkend zum 01.01.2014 durch einen Versicherungsvertrag auf der Basis der Prämienberechnung nach der Wohn-/Nutzfläche abgelöst.

Kostensteigerung von über 50 %

Dieser rückwirkende Austausch der Versicherung führte bei 1.234 Mietern der GSW-Großsiedlung Böhmerwaldweg 1-11 / Elmweg 1-9 ungerade / Frankenwaldstraße 2-12 gerade / Hainleiteweg 1-11, 13 / Kellerwaldweg 1-10, 122 / Knüllweg 1-10 / Steigerwald-

straße 1-19 ungerade / Westerwaldstraße 1, 4-12 gerade im Falkenhagener Feld in Berlin-Spandau zu einer Kostensteigerung von 2015 auf 2016 von 153.584,43 € um

51,69 % auf Gesamtversicherungskosten von 232.974,56 € sowie von 2015 auf 2017 von 153.584,43 € um 55,99 % auf Gesamtversicherungskosten von 239.581,72 €.

Mehrkosten von 63,15 €

Bei der hier klagenden Mieterin aus der Westerwaldstraße 1 stiegen die Versicherungskosten für deren 1-Zimmer-Wohnung mit einer Größe von 61,64 m² von 112,77 € im Jahr 2015 auf 171,06 € im Jahr 2016 und auf 175,92 € im Jahr 2017. Sie forderte den Differenzbetrag zwischen 2015 und 2017 von 63,15 € (175,92 € – 112,77 € = 63,15 €) von der Deutsche Wohnen zurück und berief sich auf einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.

Amtsgericht Spandau bejaht Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit

Zu Recht, urteilte jetzt das Amtsgericht Spandau (AG Spandau – 5 C 104/20, Urteil vom 14.07.2020) und gab der Klage der Mieterin statt. Die eingetretene „Kostensteigerung verstieß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit”. „Aus Sicht eines vernünftigen Wohnungsvermieters stellt sich diese Kostensteigerung nicht als vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis unter Beachtung des Gebots der ordentlichen Wirtschaftsführung dar“, so das Amtsgericht Spandau in seiner Urteilsbegründung.

Kommentar des AMV

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der die Mieterin aus der Westerwaldstraße 1 in der GSW-Großsiedlung Falkenhagener Feld in Spandau vertritt, zeigt sich sehr zufrieden, dass das Amtsgericht Spandau, dass bereits bei der Betriebskostenabrechnung 2016 einen Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit bejaht hatte (AG Spandau – 6 C 293/19, Urteil vom 18.10.2019), dies nun bei der Betriebskostenabrechnung 2017 genauso sieht.

„Der Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, der 2016 dadurch eingetreten ist, dass die Deutsche Wohnen am 02.08.2016 grundlos rückwirkend einen neuen Versicherungsvertrag trotz bestehendem und ungekündigten Vertrag für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 01.01.2017 abgeschlossen hat, hält bis heute an und pflanzt sich von Jahr zu Jahr fort und damit auch in das hier maßgebliche Jahr 2017″, sagt AMV-Chef Marcel Eupen.

„Das maßgebliche Urteil des Amtsgerichts Spandau vom 14.07.2020 ist noch nicht rechtskräftig. Die Deutsche Wohnen kann noch Berufung beim Landgericht Berlin einlegen. Der AMV rechnet damit, dass die Deutsche Wohnen von diesem Rechtsmittel Gebrauch machen wird”, so Eupen.

„Da die Deutsche Wohnen sowohl den Versicherungsvertrag vom 02.08.2016 als auch den Nachfolgevertrag vom 01.09.2017 für alle Gesellschaften des Deutsche Wohnen Konzerns rückwirkend trotz bestehendem Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, hat das vorliegende Gerichtsurteil nicht nur Auswirkungen auf die hier involvierte GSW-Wohnung aus dem Falkenhagener Feld in Spandau sondern unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Amtsgerichts Spandau eine deutschlandweite Wirkung auf alle Wohnungen der Deutsche Wohnen”, so Eupen.

„Der sich jährlich fortpflanzende Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt laut Eupen auch für die Betriebskostenabrechnung aus dem Jahr 2019 für die Abrechnungsperiode 2018. Hier läuft bereits ein entsprechender Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht Spandau (5 C 150/20). Eupen erwartet ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts Spandau im Herbst dieses Jahres.”

„Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. rät allen Wohnraummietern der Deutsche Wohnen, umgehend bei ihrer Betriebskostenabrechnung 2019 für die Abrechnungsperiode 2018 – sofern noch nicht geschehen – Widerspruch gegen die Kosten der Versicherung einzulegen und einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu rügen, da die Deutsche Wohnen ohne ersichtlichen Grund am 02.08.2016 rückwirkend für den Zeitraum 01.01.2014 bis 01.01.2017 einen neuen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, wonach die Versicherungsprämie nicht mehr nach der Anzahl der Wohnobjekte sondern nach der Wohn-/Nutzfläche nach Quadratmetern abgerechnet wird mit der Folge einer exorbitanten Kostensteigerung”, sagte Eupen.

Berlin, den 04.08.2020

Ass. Marcel Eupen, Pressesprecher des AMV