Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Berliner Zeitung am 09.09.2020: Volksbegehren zur Enteignung – Rot-Rot-Grün setzt Arbeitsgruppe ein
Die Regierungsparteien ringen um eine gemeinsame Stellungnahme des Senats zur Initiative für eine Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen.
Den Initiatoren des Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co enteignen läuft langsam die Zeit weg. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat sich noch immer nicht offiziell zu der Frage geäußert, ob das Volksbegehren zulässig ist. Deswegen wird es mittlerweile eng, wenn die Initiative gleichzeitig mit den Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus im Herbst nächsten Jahres einen Volksentscheid über die Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen abhalten will.
Hintergrund der  Verzögerung: Die rot-rot-grüne Koalition hat sich bisher nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme zu den Zielen der Enteignungsinitiative verständigt, die die Bestände von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen eine Entschädigung vergesellschaften will. Die Linke unterstützt die Initiative, die Grünen sympathisieren damit, die SPD lehnt sie ab. Beim Koalitionsausschuss, der am Mittwoch über das Volksbegehren beriet, wurde vereinbart, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einzusetzen, die eine Stellungnahme der Landesregierung zum Volksbegehren vorbereitet. Laut Abstimmungsgesetz ist vorgesehen, dass der Senat spätestens 15 Tage nachdem er die Zulässigkeit des Volksbegehrens festgestellt hat, seinen Standpunkt zum Volksbegehren formuliert. Ist die Zulässigkeit erst festgestellt, tickt also die Uhr – und der Druck auf eine Verständigung über das umstrittene Thema wächst.
Im Abstimmungsgesetz ist das Verfahren bis zur Stellungnahme des Senats noch etwas anders beschrieben als jetzt von Rot-Rot-Grün vereinbart wurde. Im Abstimmungsgesetz heißt es, dass die Innenverwaltung das Ergebnis ihrer Prüfung der „für das Volksbegehren fachlich zuständigen Senatsverwaltung“ mitteilt, also der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Stadtentwicklungsverwaltung wiederum unterbreite dann „dem Senat einen Beschlussvorschlag über dessen Standpunkt gegenüber dem Abgeordnetenhaus“. Nun wird also nach Lage der Dinge der Formulierungsvorschlag der interfraktionellen Arbeitsgruppe von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aufgegriffen werden müssen, um diesen an den Senat weiterzuleiten.

Innensenator Andreas Geisel hat den Termin verstreichen lassen

Innerhalb der Koalition soll vereinbart gewesen sein, dass der Innensenator bis zum 31. August die Zulässigkeitserklärung über das Volksbegehren an die fachlich zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verschickt. Dann hätte die Landesregierung ihre Stellungnahme zum Volksbegehren bei der Senatssitzung am 15. September abgeben können – und der Zeitplan für einen Volksentscheid zusammen mit der Bundestags- und der Abgeordnetenhauswahl wäre sicher einzuhalten gewesen. Geisel hat den Termin am 31. August aber verstreichen lassen, was in der Koalition für Verstimmung sorgt. Nach der Sitzung des Koalitionsausschusses am Mittwoch ist nicht mehr klar, ob eine Beschlussfassung des Senats am 15. September noch möglich ist. Das würde nur dann gelingen, wenn sich die interfraktionelle Arbeitsgruppe auf eine gemeinsame Formulierung verständigt.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-volksbegehren-zur-enteignung-rot-rot-gruen-setzt-arbeitsgruppe-ein-li.104081