Archiv für den Monat: September 2020

AMV im Lichte der Presse:

Spandauer Volksblatt am 15.09.2020: Mieter- und Verbraucherschutzbund bietet Sprechstunden vor Ort an
Falkenhagener Feld. Das Beratungsbüro des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV) in der Westerwaldstraße 9A ist seit 7. September wieder geöffnet. Sprechzeiten sind dort Montag von 18 bis 19, Mittwoch von 10.30 bis 12, Freitag von 18 bis 19.30 und Sonnabend zwischen 10 und 12 Uhr. An jedem zweiten und vierten Sonnabend im Monat wird eine Rechtsberatung angeboten. Zeitgleich dürfen sich immer nur ein Berater und ein Besucher im Büro aufhalten. Vor Eintritt sind die Hände zu desinfizieren. Das Tragen einer Maske ist ebenso Pflicht, wie das Einhalten eines Abstands von mindestens zwei Metern.

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann der Mieter seinem Vermieter die Art und Weise der Wiederherstellung des schimmelfreien Zustands vorschreiben?
Die Antwort des Amtsgerichts Mitte (AG Mitte – 20 C 305/18, Urteil vom 25.05.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Amtsgericht Mitte in seiner vorgenannten Entscheidung aus: „Die Klägerin hat keinen Beseitigungsanspruch wegen der von ihr behaupteten und von der Beklagten bestrittenen “unzulässigen Wärmebrücken”. Eine solche Beseitigung ist grundsätzlich nicht geschuldet (vgl. LG Berlin, Urteil vom 28.03.2018 – 65 5 245/17 in GE 2019, 60). Die Beklagte als Vermieterin schuldet die Wiederherstellung des schimmelfreien Zustandes der überlassenen Räumlichkeiten. Wie die Beklagte diesen Zustand herstellt, steht in ihrem Ermessen, § BGB § 903 BGB, Art. GG Artikel 14 GG. Der Mietvertrag und die Verpflichtung des Vermieters aus § 535 BGB begründen kein generelles Recht des Mieters, dem Vermieter die Art und Weise der Mangelbeseitigung vorzugeben. Sein Ermessen unterliegt insoweit Einschränkungen, als dass Maßstab einer Mangelbeseitigung die Wiederherstellung des vertraglich geschuldeten Zustandes ist und der Mieter nicht Belastungen ausgesetzt werden darf, die sein Besitzrecht an der Wohnung über das zumutbare einschränken. Die Frage, wie weit die Instandsetzungspflicht des Vermieters reicht, insbesondere die Frage, ob sie sich auf die Beseitigung der Ursache eines Mangels erstreckt, lässt sich nicht allgemein und losgelöst von den Umständen des Einzelfalls beantworten, wie auch sonst bei der Ausübung von Ermessen und der Wahrnehmung von Rechten, die durch die Rechte Dritter – kraft Vertrages und/oder Gesetzes – eingeschränkt sind. Konkreter Sachvortrag, der auf eine Einschränkung des Ermessens der Beklagten bezüglich ihrer Entscheidung für die gewählte Art und Weise der Mangelbeseitigung hindeutet, fehlt. Die Klägerin selbst trägt nicht konkret vor, dass vergleichbare Erscheinungen in der Vergangenheit mit Beginn ihres Mietverhältnisses überhaupt oder zeitnah nach dem Fensteraustausch in ihrer Wohnung aufgetreten sind oder nach dem 26.09.2019 wieder zu Tage getreten seien. Auszuschließen hat sie zudem eine Mitverursachung durch ihr eigenes Wohlverhalten mit dem Ergebnis, dass ausschließlich bauseitige Ursachen bestehen. Daran fehlt es hier. So bestreitet die Beklagte eine Mitursächlichkeit durch einen Wasserschaden in der Wohnung über der streitgegenständlichen Wohnung, ohne dass die Klägerin im Einzelnen darstellt, wann dieser Wasserschaden dort in welchem Umfang eingetreten sein soll. Ihre Vermutungen zu Eingriffen in die Bauhülle infolge des Neueinbaus von Fenstern in ihrer Wohnung 1998 reicht dafür ebenso wenig aus, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass diese Umbaumaßnahmen nicht den maßgeblichen Vorschriften entsprochen hätten bzw. es sich um solche Baumaßnahmen handelte, die nach der Verkehrsanschauung dazu führten, dass grundsätzlich der bei der Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab nicht mehr anzulegen wäre als Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens. Bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder gegebenenfalls zugleich der Modernisierung dienen, kann im Grundsatz nicht mehr beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich bleiben. Da die von der Klägerin beschriebenen Veränderungen in ihrem Wohnzimmer erst 2017 und nicht zeitnah nach dem Austausch der Fenster aufgetreten sind, ist nicht plausibel, dass diese bauseitigen Veränderungen ausschließlich ursächlich gewesen sein können und nicht auch das eigene Wohlverhalten der Klägerin. Zumal die von ihr als Anlage K 6 eingereichten Protokolle zu ihrem konkreten Heizverhalten keine Angaben erhalten und lediglich die Temperatur angeben, die zu den Lüftungszeiten gemessen wurde, ohne dass angegeben ist, wo diese Temperaturmessungen stattgefunden haben. Hinreichend konkrete Angaben werden nicht gemacht, um das Wohnverhalten der Klägerin als (Mit-)Ursache auszuschließen. Gleiches gilt für das von ihr eingeholte Kurzgutachten. So stellt der Gutachter fest, dass “ursächlich für den Schimmelpilzbefall (…) eindeutig die niedrigen Oberflächentemperaturen der Außenwände, auf denen die Luftfeuchtigkeit kondensiert (…)” sind. Dass diese Luftfeuchtigkeit auf ein wohnverhalten der Klägerin zurückzuführen sein könnte, schließt der Gutachter mit den am 20. März 2018 gemessenen Werten deshalb aus, weil aus ihnen ” (…) eindeutig geschlossen werden (…)” könne, “dass der Jahreszeit entsprechend gut geheizt und gelüftet wird (…)”

Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

DER TAGESSPIEGEL am 15.09.2020: Datenbank für den kompletten Berliner Wohnraum – Scheel plant Wohnungs- und Mietenkataster
Wer den Mietanstieg in der Hauptstadt bremsen will, sollte den Ist-Zustand genau kennen. Stadtentwicklungssenator Scheel will dabei neue Wege gehen.
Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel plant den Aufbau eines Wohnungs- und Mietenkatasters. Eine solche Datenbank für den kompletten Wohnraum in Berlin gebe genauer Auskunft über die Mietenentwicklung als etwa ein Mietspiegel, sagte der Linken-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Verstöße, zum Beispiel gegen die Mietpreisbremse oder den Mietendeckel, könnten dann besser kontrolliert werden.
„Ein solches Kataster stellt eine Gesamterhebung dar. Diese liefert mehr Informationen als der Mietspiegel, der auf Basis einer repräsentativen Erhebung erarbeitet wird“, so Scheel. Außerdem erhoffe er sich genauere Angaben etwa zur sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung oder zur Frage, ob Wohnungen überbelegt seien.
Vorbild für die Pläne seien bereits bestehende Wohnungskataster in Skandinavien, Österreich oder der Schweiz.
„Wir planen, drei Gutachten in Auftrag zu geben. Diese sollen darstellen, welche Vor- und Nachteile solche Kataster in den unterschiedlichen Ländern haben und was verbessert werden könnte“, erläuterte Scheel. „Auf der Grundlage dieser Ergebnisse arbeiten wir dann weiter.“
https://www.tagesspiegel.de/berlin/datenbank-fuer-den-kompletten-berliner-wohnraum-scheel-plant-wohnungs-und-mietenkataster/26187844.html

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Spüle als am Wohnungsmarkt den Mietpreis beeinflussende Ausstattung anzusehen?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 19/20, Urteil vom 01.07.2020) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. a) cc) wie folgt aus: „Die abweichende Bewertung der Gebäudebeschaffenheit und -ausstattung durch das Amtsgericht wirkt sich jedoch nicht zugunsten der Beklagten aus, denn zu Recht beanstanden die Kläger, dass das Amtsgericht die unstreitig nicht vorhandene Spüle im Rahmen der Bewertung der Ausstattung der Küche (Merkmalgruppe 2) nicht berücksichtigt hat. Ob und mit welchem (finanziellen) Aufwand ein Mieter eine fehlende Ausstattung selbst anschaffen kann, ist im Rahmen der in § 558 Abs. 2 BGB vom Gesetzgeber definierten, die Höhe der ortsüblichen Einzelvergleichsmiete beeinflussenden Kriterien ersichtlich irrelevant. Anders als das Amtsgericht bewertet die Arbeitsgruppe Mietspiegel, der Mieterwie auch Vermieterverbände angehörten und zu deren (insoweit fehlender) Sachkunde sowie Erfahrung das Amtsgericht nichts mitteilt, das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Spüle – anders als das Amtsgericht – als am Wohnungsmarkt den Mietpreis beeinflussende Ausstattung im Sinne des § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies ergeben die auch dem Amtsgericht zugänglichen Materialien zum Berliner Mietspiegel 2017 (F + B Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Methodenbericht, Hamburg, Juli 2017). Die bereits im Rahmen für die Datenerhebung maßgeblichen Ausstattungsmerkmale und ihre Berücksichtigung nach Auswertung der Daten wurden in den Sitzungen der Arbeitsgruppe Mietspiegel ausweislich der Protokolle der Arbeitsgruppensitzungen diskutiert und beschlossen (F + B Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH, Methodenbericht, Hamburg, Juli 2017, S. 88ff).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Steht § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bin einem vor dem Senatsbe­schluss vom 18.06.2019 zugegangen Mieterhöhungsverlangen, dessen Wirkung der Vertragsänderung erst nach dem Stichtag eintritt, entgegen?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 99/20, Urteil vom 30.07.2020) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. c) wie folgt aus: „§ 3 Abs. 1 MietenWoG steht dem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten nicht entgegen.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 MietenWoG Bln ist – vorbehaltlich hier nicht gegebener weiterer Regelungen – eine Miete verboten, die die am 18. Juni 2019 (Stichtag) wirksam vereinbarte Miete überschreitet.

Das hier gegenständliche Mieterhöhungsverlangen datiert vom 12. Juni 2019.

Die Kammer hat bereits entschieden, dass § 3 Abs. 1 MietenWoG einem Mieterhöhungsverlangen nicht entgegenstehen kann, dessen Wirkungen nach § 558bAbs. 1, 2 BGB (iVm § 894 ZPO) vor dem definierten Stichtag eintreten (vgl. LG Berlin [ZK 65], Urt. v. 27.05.2020 – 65 S 233/19, zVv; vgl. ebenso: AG Charlottenburg, Urt. v. 04.03.2020 – 213 C 136/19, Schultz, Grundeigentum 2020, 168, [172]; wohl auch: Tietzsch, WuM 2020, 121, [129]; aA LG Berlin [ZK 67], Beschluss vom 12.03.2020 – 67 S 274/19, für eine Mieterhöhung mit Wirkung zum 01.06.2020). Die Kammer hat in dem vorgenannten Verfahren (65 S 233/19) wegen der abweichenden Auffassung einer anderen Kammer des LG (noch) die Revision zugelassen. Inzwischen ist die Entscheidung des BGH vom 29. April 2020 (VIII ZR 355/18) veröffentlicht, aus der sich ergibt, dass der für Wohnraummietsachen zuständige VIII. ZS des BGH die Rechtsfrage wie vorstehend dargestellt beantwortet hat.

Dem Ansatz zugrunde liegt, dass der Landesgesetzgeber mit dem in § 3 Abs. 1 S. 1 MietenWoG Bln definierten Stichtag ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. zuletzt: Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, Begründung der Beschlussempfehlung v. 21.01.2020, S. 6) verhindern wollte, dass die Umsetzung der (geplanten) Vorschrift bereits vor ihrem Inkrafttreten durch Ausnutzung der bisherigen Rechtslage vereitelt wird. Er sah die Gefahr, dass Vermieter die lange Dauer der politischen Diskussion und des sich anschließenden Gesetzgebungsverfahrens nutzen könnten, um noch vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Mieterhöhung zu erwirken.

Aus Sicht der Kammer greifen die den o. g. Entscheidungen des BGH und der Kammer zugrunde liegenden Erwägungen auch, wenn das Mieterhöhungsverlangen vor dem Stichtag erstellt worden ist, die Wirkung der Vertragsänderung – wegen § 558b Abs. 1 BGB (iVm § 894 ZPO) aber erst nach dem Stichtag eintritt (vgl. Kammer, Urt. v. 10. Juni 2020 – 65 S 55/20).

Ein Mieterhöhungsverlangen, das vor dem Senatsbeschluss vom 18. Juni 2019 abgefasst wurde, begründet die vom Landesgesetzgeber beschriebene Gefahrenlage ebenso wenig wie ein solches, dessen Wirkungszeitpunkt (zusätzlich) vor dem Stichtag liegt, denn es ist – in beiden Fällen – in Unkenntnis des Senatsbeschlusses an den Mieter gerichtet worden.

Der Landesgesetzgeber geht in der Begründung des Gesetzentwurfes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung davon aus, dass (erst) ab dem 18. Juni 2019 mit dem Beschluss der “Eckpunkte für ein Berliner Mietengesetz (Mietendeckel)” durch den Senat und dessen – eben deshalb veranlasster – Veröffentlichung öffentlich bekannt war, dass der Tag des Senatsbeschlusses als Anknüpfungspunkt für das künftige in § 3 Abs. 1 MietenWoG geregelte Verbot dienen soll. Frühestens ab diesem Zeitpunkt waren Inhalte der beabsichtigten Regelungen in ihren Umrissen vorhersehbar (vgl. LT-Drs. 18/2347, S. 24).

Die zuständige Senatsverwaltung wurde auch erst mit dem Senatsbeschluss mit der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes beauftragt und damit die Einleitung des (förmlichen) Gesetzgebungsverfahrens für einen “Mietendeckel” konkret in Aussicht gestellt. Im Zeitpunkt des Senatsbeschlusses vom 18. Juni 2019 gab es noch nicht einmal einen Referentenentwurf; dieser lag erst Ende August 2019 vor.

Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist es nicht vertretbar, an den Beginn der allgemeinen (politischen) Diskussion eines Regelungsthemas so weitreichende Rechtsfolgen zu knüpfen – wie hier – ein an den Vermieter gerichtetes Verbot, seinen Anspruch aus geltenden Vorschriften des sozialen Wohnraummietrechts des BGB zu verfolgen. Eben dies war – den Gesetzesmaterialien zufolge – auch nicht der Sinn und Zweck der Stichtagsregelung. Zudem hat der Landesgesetzgeber sich ausdrücklich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen bewegen wollen, die der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Verhältnismaßigkeitsprinzip ihm auch bei unterstellter Annahme einer unechten Rückwirkung setzen (vgl. Änderungsantrag v. 21. Januar 2020, aaO, S. 6).”

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist es bei der Zustimmung zu einer Bruttomieterhöhung unschädlich, wenn in dem Mieterhöhungsverlangen eine ausdrückliche Angabe bzw. Berechnung der in der Miete enthal­tenen Betriebskosten fehlt, wenn die begehrte Bruttokaltmiete noch unter dem Spannenunterwert des einschlägigen Mietspiegelfelds liegt?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 99/20, Urteil vom 30.07.2020) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. a) wie folgt aus: „Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete der Wohnung mit einer Größe von 86,88 m2 von bisher monatlich 368,58 Euro (4,24 Euro/m2) auf 423,87 Euro (4,88 Euro/m2) mit Wirkung ab 1. September 2019 aus § 558 Abs. 1 BGB.

a) Ohne Erfolg halten die Beklagten an ihrer Auffassung fest, dass das Mieterhöhungsverlangen bereits formell unwirksam sei, weil unklar geblieben sei, ob (unzulässigerweise) eine Änderung der Mietstruktur vorgenommen worden sei, zudem die Angabe des Betriebskostenanteils zwingend gewesen sei, um die Vergleichbarkeit mit dem Berliner Mietspiegel herzustellen, der nur Nettokaltmieten ausweise.

Ob die Auffassung der Beklagten zutrifft, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam ist, wenn der Vermieter damit weitere Änderungen des Mietvertrages – wie eine Änderung der Mietstruktur – anstrebt, kann hier offenbleiben (ebenso offengelassen: BGH, Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06; zweifelhaft auch wegen: BGH, Urt. v. 20.01.2010 – VIII ZR 141/09, das von der Möglichkeit der Nachbesserung im Prozess ausgeht).

Den Maßstäben des BGH entsprechend (Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06) wird in dem Mieterhöhungsverlangen für den Erklärungsempfänger hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Mietstruktur nicht geändert werden soll. Bei einer etwa bereits außergerichtlich erteilten Zustimmung wäre das Erhöhungsverlangen auch ungeeignet, eine solche herbeizuführen. Es wird ein neuer Quadratmeterpreis von 2,83 Euro (x 86,88 m2 = 245,87 Euro) genannt, der ersichtlich von der genannten Ausgangsmiete abweicht; folgerichtig wird nachfolgend die verlangte Miete sodann ausdrücklich als Bruttokaltmiete bezeichnet und in der Folgezeile – fett gedruckt – als ab 1. September 2019 geschuldete Gesamtmiete aufgeführt.

Unschädlich ist, dass in dem Mieterhöhungsverlangen eine ausdrückliche Angabe bzw. Berechnung der in der Miete enthaltenen Betriebskosten fehlt. Rechtsfehlerfrei stellt das Amtsgericht fest, dass es dieser Angaben nicht bedarf, wenn die begehrte Bruttokaltmiete – wie hier – unter dem Spannenunterwert des unstreitig zugrunde zu legenden Mietspiegelfeldes – hier J 1 – liegt. Der Ansatz des Amtsgerichts entspricht der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06). Unabhängig davon konnten die Beklagten dem Erhöhungsverlangen den von der Klägerin zugrunde gelegten Betriebskostenanteil aus der Differenz zwischen dem angegebenen neuen Quadratmeterpreis und der ab 1. September 2019 verlangten Bruttokaltmiete ersehen.”

Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Berliner Zeitung am 09.09.2020: Volksbegehren zur Enteignung – Rot-Rot-Grün setzt Arbeitsgruppe ein
Die Regierungsparteien ringen um eine gemeinsame Stellungnahme des Senats zur Initiative für eine Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen.
Den Initiatoren des Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co enteignen läuft langsam die Zeit weg. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat sich noch immer nicht offiziell zu der Frage geäußert, ob das Volksbegehren zulässig ist. Deswegen wird es mittlerweile eng, wenn die Initiative gleichzeitig mit den Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus im Herbst nächsten Jahres einen Volksentscheid über die Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen abhalten will.
Hintergrund der  Verzögerung: Die rot-rot-grüne Koalition hat sich bisher nicht auf eine gemeinsame Stellungnahme zu den Zielen der Enteignungsinitiative verständigt, die die Bestände von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen gegen eine Entschädigung vergesellschaften will. Die Linke unterstützt die Initiative, die Grünen sympathisieren damit, die SPD lehnt sie ab. Beim Koalitionsausschuss, der am Mittwoch über das Volksbegehren beriet, wurde vereinbart, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einzusetzen, die eine Stellungnahme der Landesregierung zum Volksbegehren vorbereitet. Laut Abstimmungsgesetz ist vorgesehen, dass der Senat spätestens 15 Tage nachdem er die Zulässigkeit des Volksbegehrens festgestellt hat, seinen Standpunkt zum Volksbegehren formuliert. Ist die Zulässigkeit erst festgestellt, tickt also die Uhr – und der Druck auf eine Verständigung über das umstrittene Thema wächst.
Im Abstimmungsgesetz ist das Verfahren bis zur Stellungnahme des Senats noch etwas anders beschrieben als jetzt von Rot-Rot-Grün vereinbart wurde. Im Abstimmungsgesetz heißt es, dass die Innenverwaltung das Ergebnis ihrer Prüfung der „für das Volksbegehren fachlich zuständigen Senatsverwaltung“ mitteilt, also der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Stadtentwicklungsverwaltung wiederum unterbreite dann „dem Senat einen Beschlussvorschlag über dessen Standpunkt gegenüber dem Abgeordnetenhaus“. Nun wird also nach Lage der Dinge der Formulierungsvorschlag der interfraktionellen Arbeitsgruppe von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aufgegriffen werden müssen, um diesen an den Senat weiterzuleiten.

Innensenator Andreas Geisel hat den Termin verstreichen lassen

Innerhalb der Koalition soll vereinbart gewesen sein, dass der Innensenator bis zum 31. August die Zulässigkeitserklärung über das Volksbegehren an die fachlich zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verschickt. Dann hätte die Landesregierung ihre Stellungnahme zum Volksbegehren bei der Senatssitzung am 15. September abgeben können – und der Zeitplan für einen Volksentscheid zusammen mit der Bundestags- und der Abgeordnetenhauswahl wäre sicher einzuhalten gewesen. Geisel hat den Termin am 31. August aber verstreichen lassen, was in der Koalition für Verstimmung sorgt. Nach der Sitzung des Koalitionsausschusses am Mittwoch ist nicht mehr klar, ob eine Beschlussfassung des Senats am 15. September noch möglich ist. Das würde nur dann gelingen, wenn sich die interfraktionelle Arbeitsgruppe auf eine gemeinsame Formulierung verständigt.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-volksbegehren-zur-enteignung-rot-rot-gruen-setzt-arbeitsgruppe-ein-li.104081

Aus der Rubrik “Wohnungsbau”:

Berliner Zeitung am 09.09.2020 – Stadtentwicklung2200 neue Wohnungen in Hohenschönhausen
Die landeseigenen Unternehmen planen und bauen bezahlbaren Wohnraum. Manchmal kooperieren sie dabei mit privaten Projektentwicklern.
Zu DDR-Zeiten lebten vietnamesische Vertragsarbeiter in den Wohnungen, später zogen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien ein, doch mittlerweile stehen die Plattenbauten an der Gehrenseestraße in Hohenschönhausen seit Jahren leer. Jetzt soll die Ruinenlandschaft einem neuen Stadtviertel weichen. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge und das private Unternehmen Belle Époque wollen auf dem 68.000 Quadratmeter großen Areal zwischen Gehrensee-, Haupt-, und Wollenberger Straße rund 2200 Wohnungen errichten. 600 davon will die Howoge bauen, Belle Époque die übrigen rund 1600.
Der größte Teil der Gebäude soll fünf bis sieben Etagen hoch werden. Außerdem sind fünf Hochhäuser mit bis zu 21 Geschossen geplant.
Die Neubauten gruppieren sich um Höfe, die zwischen 2000 und 3000 Quadratmeter groß sind. In der Mitte des Areals ist ein fast 4000 Quadratmeter großer Spielplatz vorgesehen, der öffentlich nutzbar sein soll. Die Hälfte der Howoge-Wohnungen und 30 Prozent der Belle-Époque-Wohnflächen sollen mietpreisgebunden angeboten werden, also als Sozialwohnungen. Geplant sind ferner gewerbliche Flächen mit Wohnungen für Studenten, Senioren oder Pflegeeinrichtungen. Auch Räume für die soziale und medizinische Versorgung, für kulturelle Angebote und Ladengeschäfte sollen entstehen. Zudem ist an eine Grundschule gedacht.
Während sich das Projekt der Howoge noch im Planungsstadium befindet, haben für ein anderes Bauvorhaben einer landeseigenen Gesellschaft die Arbeiten bereits begonnen. Die Gewobag legte am Montag den Grundstein für den Bau von 137 Wohnungen im Wohnpark Mariendorf. Die dortige Siedlung aus den 1960er-/1970er-Jahren, die zwischen Ring-, Prühß- und Rathausstraße liegt, wird bis zum Frühjahr 2022 um 137 Wohnungen erweitert. „Damit alle unabhängig von Einkommen und Alter hier leben können, bietet die Gewobag rund 50 Prozent der Wohnungen zu geförderten Mieten“, sagte der neue Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) bei der Grundsteinlegung. „Insgesamt 44 davon sind speziell für altersgerechtes Wohnen.“

Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann ein Vermieter aus einer 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen ausgesprochenen Modernisierungsankündigung Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 108/20, Beschluss vom 01.09.2020) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie aus den Gründen des Hinweisbeschlusses der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Beschlusszurückweisung erfüllt sind. Die Stellungnahme der Klägerin vom 6. August 2020 rechtfertigt keine ihr günstigere Beurteilung. Sie kann aus der streitgegenständlichen Modernisierungsankündigung keine Duldungsansprüche herleiten:

Insoweit bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob der Zeitraum zwischen dem Zugang der Modernisierungsankündigung und dem beabsichtigten Beginn der angekündigten Modernisierungsmaßnahmen eine – gesetzlich allerdings nicht geregelte – Höchstfrist nicht überschreiten darf, ohne dass der Vermieter seine Ansprüche aus der Modernisierungsankündigung verliert (vgl. dazu OLG München, Urt. v. 15. Oktober 2019 – MK 1/19, ZMR 2020, 30, beckonline Tz. 52 ff.; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 555c Rz. 37). Denn jedenfalls ein auf eine weit vor dem beabsichtigten Beginn der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochene Modernisierungsankündigung gestützter Duldungsanspruch ist wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht durchsetzbar.

Es entspricht der – von der Kammer insoweit geteilten – ständigen Rechtsprechung des BGH, dass eine Rechtsausübung missbräuchlich ist, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse zukommt, sondern sie erfolgt, um sich unter Ausnutzung lediglich formal bestehender Rechte eine Position zu verschaffen, an der kein schutzwürdiges Eigeninteresse besteht (vgl. Sutschet, in: BeckOK BGB, 55. Ed., Stand: 1. August 2020, § 242 Rz. 83 ff. m.w.N). So liegt der Fall hier:

Die Klägerin begehrt mit ihrer Modernisierungsankündigung vom 25. September 2018 die Duldung von Maßnahmen, die erst ab dem Februar 2020 in dem von dem Beklagten bewohnten Gebäude durchgeführt werden sollten. Damit hat sie die von ihr beabsichtigte Modernisierung weit über ein Jahr vor deren beabsichtigtem Beginn angekündigt. Durch eine weit verfrühte Ankündigung untergräbt der Vermieter jedoch nicht nur das an den Zugang der Duldungsankündigung geknüpfte und zeitlich befristete Sonderkündigungsrecht des Mieters aus § 555e Abs. 1 BGB, sondern beschränkt gleichzeitig zu dessen Nachteil die Möglichkeiten zur erfolgreichen Geltendmachung von Härtegründen nach § 555d Abs. 2 BGB. Anders als bei einer in einem hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Maßnahmen stehenden Modernisierungsankündigung, bei der die vom Mieter geltend zu machenden Härtegründe regelmäßig bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Ankündigung bestehen oder jedenfalls bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB auftreten werden, steigt bei einer weit verfrühten Ankündigung die Wahrscheinlichkeit des erstmaligen Auftritts oder Hinzutritts eines Härtegrundes erst nach Ablauf der Monatsfrist mit zunehmender Dauer des zwischen dem Zugang der Ankündigung und dem Beginn der Modernisierung liegenden Zeitraums. Damit geht eine auf dem gesteigerten Präklusionsrisiko des Mieters beruhende Verschlechterung seiner Rechtsposition einher. Denn einen erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 555d Abs. 3 Satz 1 BGB auftretenden Härtegrund muss der Mieter zur Meidung eines Rechtsverlustes nicht ebenfalls innerhalb eines Monats, sondern gemäß § 555d Abs. 4 Satz 1 BGB “unverzüglich” geltend machen. Zur ihm nachteiligen Verkürzung der Einwendungsfrist tritt eine Verschlechterung seiner Beweislage, da der Mieter neben dem Vorliegen des Härtegrundes auch darzutun und im Bestreitensfalle zu beweisen hat, dass der Härtegrund erstmals nach Ablauf der Einwendungsfrist des § 555dAbs. 3 Satz 1 BGB entstanden ist und nicht bereits zuvor bestand (vgl. OLG München, a.a.O., juris Tz. 84).

Eine weit verfrühte Ankündigung läuft auch dem Gesetzeszweck des § 555c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BGB zuwider, dem Mieter durch die Angabe des voraussichtlichen Beginns und der Dauer der Maßnahmen (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) sowie der zu erwartenden Mieterhöhung (§ 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB) eine hinreichend verlässliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage für den weiteren Verlauf des Mietverhältnisses zu verschaffen. Es liegt auf der Hand, dass eine weit vor Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ausgesprochene Ankündigung diesem Gesetzeszweck nicht zur Geltung verhelfen kann, da die tatsächliche Umsetzung des angekündigten Vorhabens und die Einhaltung des mitgeteilten Kostenrahmens wegen des langen zeitlichen Vorlaufes nicht hinreichend gewiss sind.

Schutzwürdige Eigeninteressen des Vermieters, die geeignet wären, die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundenen erheblichen Rechtsnachteile des Mieters zu rechtfertigen, sind weder im Allgemeinen noch hier gegeben:

Der Vermieter erlangt mit dem Ausspruch einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung keine schutzwürdigen Rechtsvorteile. Diese würden nur begründet, wenn er im Falle einer weit verfrühten Ankündigung bereits mit oder jedenfalls zeitnah nach Ablauf der Ankündigungsfrist des § 555c Abs. 1 Satz 1 BGB im Klagewege die Duldung der Maßnahmen vom Mieter beanspruchen könnte. Eine entsprechende Klage wäre aber als derzeit unbegründet abzuweisen, da die Duldungspflicht des Mieters nur die passive Hinnahme der erst in ferner Zukunft durchzuführenden Arbeiten und nicht – wie etwa bei der Vergleichsmietenerhöhung gemäß §§ 558 ff. BGB – die Abgabe einer auf die Zustimmung zur Durchführung der Maßnahmen gerichteten Willenserklärung umfasst (vgl. KG, Beschluss vom 1. September 1988 – 8 RE-Miet 4048/88NJW-RR 1988, 1420, juris Tz. 44; Schlosser, in: BeckOK BGB, 55. Ed., Stand: 1. August 2020, § 555d Rz. 8). Eine erfolgreiche Inanspruchnahme des Mieters weit vor dem angekündigten Beginn der Maßnahmen wäre allenfalls dann möglich, wenn er durch Geltendmachung von Härtegründen oder anderer Einwendungen die Besorgnis der nicht rechtzeitigen Leistung begründen würde und deshalb gemäß § 259 ZPO seine Verurteilung zur zukünftigen Duldung gerechtfertigt wäre. Die mit einer weit verfrühten Modernisierungsankündigung verbundene Hoffnung des Vermieters auf ein die Anwendung des § 259 ZPO rechtfertigendes Verhalten des Mieters ist jedoch nicht schutzwürdig, da sie von der ebenfalls rechtsmissbräuchlichen Absicht getragen wäre, sich eine zu erheblichen Rechtsnachteilen des Vertragspartners führende Rechtsposition zu verschaffen, die nicht in den Schutzbereich des ausgeübten Rechts fiele (vgl. BGH, Urt. v. 22. Mai 1989 – II ZR 206/88NJW 1989, 2689, beckonline Tz. 30; Sutschet, a.a.O., Rz. 85 m.w.N.). Denn die in § 555 c Abs. 1 BGB statuierten Ankündigungs- und Informationspflichten dienen vornehmlich dem Mieterschutz (vgl. Emmerich, in: Staudinger, BGB, Stand: 18. Dezember 2018, § 555c Rz. 1 m.w.N.), nicht hingegen dem Interesse des Vermieters an der Titulierung seines Duldungsanspruchs weit vor beabsichtigter Durchführung der angekündigten Modernisierungsmaßnahmen.

Bereits deshalb kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, nur eine zeitlich weit vorgelagerte Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen gewährleiste bei einem Großvorhaben wie dem streitgegenständlichen einen sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung mit hinreichender Planungssicherheit für den Vermieter und umfassender Information und Beratung für den Mieter. Ihr Einwand geht aber auch in der Sache grundsätzlich fehl, erst recht angesichts ihres eigenen vorgerichtlichen Verhaltens. Denn sie hat die Mieter der “gesamten Siedlung” bereits nach Abschluss der Vereinbarung zum sozialverträglichen Ablauf der Modernisierung und Sanierung mit dem Bezirksamt Pankow vom 7. August 2017 umgehend über das Vorhaben informiert, eine Mieterversammlung abgehalten, Mietersprechstunden durchgeführt und im Dezember 2017 über die Regelungen zur “finanziellen Härte” aufgeklärt. Vor dem Hintergrund dieser – teilweise über zweieinhalb Jahre vor dem beabsichtigten Baubeginn in dem vom Beklagten innegehalten Gebäude erteilten – Informationen gab es für die Klägerin keinen sachlich gerechtfertigten Grund, dem Beklagten die in seiner Wohnung und dem Mietshaus beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah, sondern erneut mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf – von nahe eineinhalb Jahren – anzukündigen. Das fehlende Eigeninteresse der Klägerin an einer weit verfrühten Ankündigung wird auch durch ihr späteres Prozessverhalten belegt. Sie hat die von ihr behaupteten Duldungsansprüche nicht zeitnah nach Ablauf der Ankündigungsfrist geltend gemacht, sondern nach Ankündigung der Maßnahmen nahezu ein Jahr zugewartet, bevor sie die streitgegenständlichen Ansprüche erstmals am 14. August 2019 auf dem Zivilrechtsweg anhängig gemacht hat.

Eine der Klägerin günstigere Beurteilung wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die weit verfrüht angekündigten Maßnahmen mit zeitlich vorgelagerten Maßnahmen im Zusammenhang gestanden hätten, die ebenfalls zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Mietsache geführt hätten oder bei denen eine Beeinträchtigung zumindest in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Das ist auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin vom 6. August 2020 nicht der Fall:

An dem streitgegenständlichen Grundstück …-Straße sollten Baumaßnahmen ausweislich des der Modernisierungsankündigung beigefügten Übersichtsplans erstmals im zweiten Bauabschnitt ab Februar 2020 erfolgen. Soweit die Klägerin geltend macht, die “Baustelleneinrichtung” habe auch dort in Einklang mit den Angaben im Übersichtsplan bereits im Januar 2019 begonnen, vermag sie damit nicht durchzudringen, da sie Art und das Ausmaß der “Baustelleneinrichtung” in der Modernisierungsankündigung nicht den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend angekündigt hat. Auch die Ankündigung ihrer voraussichtlichen Dauer, die sie ausweislich des Übersichtsplans mit nahezu zweieinhalb Jahren (“2.1.2019-15.5.2021”) und zudem ohne den erforderlichen Grundstücksbezug angegeben hat, wird den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht gerecht. Die Ankündigung ist insoweit offensichtlich unrichtig, da “die Baustelle” weder am streitgegenständlichen Grundstück noch anderswo während der annähernd dreijährigen Gesamtdauer des die gesamte Siedlung betreffenden Modernisierungsvorhabens “eingerichtet” werden sollte. Mit den das streitgegenständliche Grundstück betreffende Modernisierungsmaßnahmen in Zusammenhang stehende Maßnahmen vermögen eine weit verfrühte Ankündigung der grundstücksbezogenen Maßnahmen indes allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn sie ihrerseits den Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend angekündigt worden sind. Daran fehlt es.

Ebenfalls ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handele es sich um ein Großprojekt, das zwingend einheitlich und vor dem Beginn des ersten Bauabschnitts für “die gesamte Siedlung” anzukündigen gewesen sei. Für die Ankündigungspflicht des Vermieters sind auch bei einem – hier 253 Wohnungen und unterschiedliche Straßenzüge betreffenden – Großvorhaben nicht die andere Grundstücke betreffende Maßnahmen und “Bauabschnitte” maßgeblich, sondern allein die unmittelbare Einwirkung auf die Mietsache selbst durch das Ergreifen konkreter objektbezogener Maßnahmen, die sich auf die Wohnung, das Haus oder das Hausgrundstück beziehen (vgl. Eisenschmid, a.a.O., § 555c Rz. 17-19; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 555c Rz. 4). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil der Kammer vom 6. August 2020 (67 S 46/20, n.v.), in dem ebenfalls für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts des Beginns der Bauarbeiten auf die Einwirkung auf die Mietsache oder das Gebäude selbst abgestellt wurde.

Gemessen an diesen Grundsätzen verfängt der Verweis der Klägerin nicht, bereits im ersten Bauabschnitt würden auch für den – das streitgegenständliche Grundstück betreffenden – zweiten Bauabschnitt grundlegende Maßnahmen durchgeführt. Zwar kommen einige dieser hauptsächlich die Energieversorgung betreffenden Maßnahmen später auch dem Hausgrundstück des Beklagten zu Gute, insbesondere die der Versorgung separater Unterstationen in den einzelnen Wohnhäusern dienende Hauptheizzentrale für das Fernwärmenetz. Eine für die aus § 555c Abs. 1 BGB erwachsenden Ankündigungspflichten des Vermieters allein maßgebliche unmittelbare Beeinträchtigung der vom Beklagten innegehaltenen Mietsache ist damit jedoch nicht verbunden; sie erfolgt erstmals durch die für die Zeit ab dem 17. Februar 2020 angekündigten Maßnahmen in dem vom Beklagten bewohnten Haus selbst. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die bereits für 2019 angekündigten Maßnahmen “Neubau Lückenschluss” und “Neubau Brandwand”. Auch dabei handelt sich um Maßnahmen des ersten Bauabschnitts, die nicht unmittelbar das Grundstück …-Straße betreffen, sondern sich nach dem Vorbringen der Klägerin lediglich durch die “räumliche Nähe auf die gesamte Siedlung” auswirken.

Davon ausgehend kann die Klägerin ohne den Ausspruch einer neuerlichen Ankündigung die Duldung keiner der streitgegenständlichen Maßnahmen verlangen. Das gilt nicht nur für die streitgegenständlichen Modernisierungs-, sondern auch für die flankierenden Instandsetzungsmaßnahmen. Letztere sind Bestandteil eines mit der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen untrennbar verbundenen Gesamtpakets, für das weder dargetan noch ersichtlich ist, dass die Klägerin insoweit eine von der Durchführung der Modernisierung unabhängige Duldung beansprucht (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 – VIII ZR 28/17NJW 2018, 1008, beckonline Tz. 12, 18).

Der Kammer war es den Ausführungen der Klägerin zuwider nicht verwehrt, im Beschlusswege zu verfahren. Ein Beschlusshindernis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist nicht gegeben, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Kammer hat in dem von ihr zu beurteilenden Einzelfall Rechtswirkungen der Modernisierungsankündigung der Klägerin zu Lasten des Beklagten wegen Verstoßes gegen die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben verneint. Die abstrakten Voraussetzungen von Treu und Glauben indes sind höchstrichterlich hinlänglich geklärt und kein hinreichender Grund für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – I… ZR 298/17, ZIP 2018, 621, beckonline Tz. 8 ff.). Veranlassung, wegen divergierender Rechtsprechung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vom Beschlussverfahren abzusehen und die Revision zuzulassen, bestand ebenfalls nicht. Die Kammer hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von einschlägigen Entscheidungen eines höherrangigen oder gleichrangigen anderen Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts abweicht. Das wäre aber Voraussetzung für eine Divergenzzulassung (st. Rspr., vgl. Ball, in: Musielak, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 543 Rz. 8 m.w.N.).”

Aus der Rubrik “Wirtschaftsinformationen”:

rbb24.de am 04.09.2020: Wohnhäuserkauf in Neukölln – SPD-Politikerin zeigt Wohnungsunternehmen Akelius an
Mit sogenannten Share-Deals können Firmen beim Immobilienkauf die Grunderwerbssteuer umgehen – ganz legal. Doch beim Kauf von Wohnhäusern in Neukölln sei die Firma Akelius zu weit gegangen, meint die Berliner SPD-Politikerin Kiziltepe – und erstattet Anzeige.
Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe hat Anzeige gegen das Wohnungsunternehmen Akelius erstattet. Das teilte sie am Freitag auf Twitter mit. Kiziltepe wirft der schwedischen Firma vor, bei einem Wohnhäuserverkauf in Neukölln illegal vorgegangen zu sein.
Demnach wurden die entsprechenden Immobilien über einen sogenannten Share-Deal gekauft. Dabei werden Anteile an einer Firma erworben, der die betreffende Immobilie gehört. So wird die Grunderwerbssteuer umgangen. Maximal 94,9 Prozent der Anteile darf der Käufer so erwerben, für die restlichen Anteile muss ein unabhängiger Co-Investor gefunden werden.

Bundesregierung plant Reform von Share-Deals

Das soll in dem Fall des Neuköllner Wohnhäuserverkaufs “ein zypriotischer Schein-Co-Investor” sein, so Kiziltepe. Drei Akelius-Mitarbeiter seien Geschäftsführer bei dem Co-Investor Ciannis Beta.
Nach Informationen des Magazins “Spiegel” (Freitag) übernahm Akelius 89,9 Prozent der Grundstücksgesellschaft in Neukölln und Ciannis Beta 10,1 Prozent. Damit hätten sich die Investoren offenbar bereits für eine geplante Reform der Grunderwerbssteuer gewappnet. Durch sie würde nämlich die Beteiligungsschwelle von 95 auf 90 Prozent gesenkt. Diese Reform sei im Koalitionsvertrag vereinbart. Ein Gesetzentwurf liege vor, die Große Koalition könne sich bislang aber nicht darauf einigen.

Akelius will Unternehmensstrategie ändern

Kiziltepe geht die geplante Absenkung nicht weit genug. Die SPD wirbt wie die Grünen für eine stärkere Begrenzung der Anteilshöchstmenge bei Share-Deals. Die SPD fordert 75 Prozent, die Grünen höchstens 50 Prozent.