Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

 

Muss der Mieter, wenn seine Wohnung unbewohnbar ist, ein Nutzungsentgelt für die Mietsache oder für ein vom Vermieter bis zum Abschluss der Mangelbeseitigungsmaßnahmen zur Verfügung gestellte Umsetzwohnung zahlen?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 336/20, Urteil vom 25.03.2021) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: „Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten weder Ansprüche auf Räumung und Herausgabe der Hauptwohnung noch solche auf Zahlung für eine oder gar beide der streitgegenständlichen Wohnungen zu.

Der geltend gemachte Räumungsanspruch ist unbegründet, da die Voraussetzungen der §§ 985546 Abs. 1 BGB mangels Beendigung des Mietverhältnisses nicht erfüllt sind. Die streitgegenständlichen Kündigungen haben das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über die Hauptwohnung nicht gemäß den §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB beendet.

Die Beklagten waren nicht mit Mietzahlungen in Verzug. Von Mai 2019 bis zum 19. Februar 2020 waren sie von der Entrichtung der Miete für die Hauptwohnung nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vollständig befreit, da die Mietsache in diesem Zeitraum aufgrund der sich an den Wasserschaden vom 26. Dezember 2018 anschließenden Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten unbewohnbar war. Den zutreffenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die sich die Kammer vollständig zu eigen macht, ist die Berufung nicht entgegengetreten. Soweit die Berufung darauf verweist, die Hauptwohnung sei ab November 2019 wieder “zu 90%” bewohnbar gewesen, da nur noch kleinere Arbeiten ausgestanden hätten, trägt der Kläger ungeachtet des bereits vom Amtsgericht zutreffend für unzureichend erachteten Vortrags auch weiterhin keine hinreichend konkreten Anknüpfungstatsachen zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit vor. Zudem hätte es zum Wegfall der Minderung einer Mitteilung des Klägers an die in der Umsetzwohnung aufhältlichen Beklagten über die Wiederherstellung der Nutzbarkeit der Hauptwohnung bedurft. An einer solchen aber fehlte es. Auch das hat das Amtsgericht zutreffend erkannt.

Der Minderung steht nicht entgegen, dass der Kläger den Beklagten für die Zeit des Wegfalls der Gebrauchstauglichkeit der Hauptwohnung eine Umsetzwohnung zur Verfügung gestellt hat.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, mit den Beklagten im Rahmen des Angebots der Umsetzwohnung eine diesbezügliche Vereinbarung im Sinne einer Vertragsänderung durch vorübergehenden Austausch des Mietobjekts – gegebenenfalls auch verbunden mit einer abweichenden Mietzinsabrede – getroffen zu haben, fehlt es bereits an hinreichend substantiiertem Vortrag zum Zustandekommen und Inhalt einer derartigen Abrede. Der Kläger trägt trotz des Bestreitens der Beklagten und ungeachtet der diesbezüglichen Beanstandungen des Amtsgerichts auch weiterhin nicht konkret zu den Einzelheiten der behaupteten Vereinbarung vor. Für die essentialia negotii einer entsprechenden Abrede bedarf es jedoch mehr als der vom Kläger behaupteten Benennung des Mietzinses durch den Vermieter. Der hinreichenden Substantiierung des Vorbringens steht allerdings auch dessen Widersprüchlichkeit entgegen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung war es für die Kammer nicht zu klären, ob der Kläger die Vereinbarung einer monatlich zu zahlenden Miete in Höhe von 1.400,00 EUR zuzüglich einer Betriebskostenpausche von 320,00 EUR behaupten will oder stattdessen sein dazu in Widerspruch stehendes Vorbringen aus dem ersten Rechtszug gelten soll, er habe die Beklagten vor dem Bezug der Umsetzwohnung lediglich auf deren Verpflichtung zur Entrichtung der von den Vormietern dafür gezahlten Miete hingewiesen. Die Aufklärung war nicht möglich, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen und sein Prozessbevollmächtigter zur Sachaufklärung nicht in der Lage gewesen ist. Vor diesem Hintergrund bestand auch keine Verpflichtung zu einer informatorischen Anhörung nach § 141 ZPO (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 2001 – 2 BvR 140/00NJW 2001, 2531 Tz. 15 f.).

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob zumindest das Vorbringen des Klägers, den Beklagten vor Bezug der Ausweichwohnung “unmissverständlich” die von den Vormietern entrichtete Miete mitgeteilt und sie darauf hingewiesen zu haben, “dass diese nunmehr von den Beklagten für die Nutzung der (Ausweich-)Wohnung zu zahlen wäre“, trotz des Widerspruchs zur sonstigen Schilderung der von ihm behaupteten Abrede hinreichend substantiiert und gegebenenfalls auch schlüssig ist. Denn jedenfalls ist der Kläger für dieses Vorbringen beweisfällig geblieben. Die insoweit allein beantragte Parteieinvernahme des Klägers hatte zu unterbleiben, da weder die Voraussetzungen der §§ 447448 ZPO noch die des § 141 ZPO erfüllt waren (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 2020 – VIII ZR 230/19NJW-RR 2021, 15, beckonline Tz. 35 f.).

Die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung und einer darauf beruhenden Befugnis des Klägers, für die Zeit des Wegfalls der Gebrauchstauglichkeit die geschuldete Leistung durch das Angebot der Umsetzwohnung mit der Folge des Entfallens des Minderungsrechts zu erbringen, lässt sich aus § 536 BGB nicht ableiten. Sie wäre – womöglich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – allenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Kläger eine mit der vermieteten Wohnung vergleichbare und gleichwertige Wohnung zur Verfügung gestellt hätte (vgl. dazu LG Berlin, Urt. v. 8. Juli 2020 – 65 S 232/19, GE 2020, 1560; AG Hamburg, Urt. v. 27. August 2014 – 41 C 14/14, WuM 2014, 718; Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB, § 536 Rz. 186a; a.A. Horst, NZM 1999, 193, 194). Daran indes fehlte es bereits mit Blick auf die deutlich geringere Größe der Umsetzwohnung (allenfalls 90 qm statt 130 qm), ihre minderwertige Ausstattung und Beschaffenheit (unter anderem Schimmelerscheinungen, stark verschmutzter Herd). Einem Wegfall des Minderungsrechts aufgrund stillschweigender Ersetzungsbefugnis steht außerdem entgegen, dass die Nutzung der Ersatzwohnung mit erheblichen Einschränkungen für die Beklagten verbunden war (vgl. LG Berlin, a.a.O.). Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen waren die Beklagten schon gehindert, mit ihrem Mobiliar vollständig in die Umsetzwohnung umzuziehen, da ein Teil der Möbel wegen des zu engen Treppenhauses nicht von der Haupt- in die Umsetzwohnung zu transportieren war. Davon ausgehend kann dahinstehen, ob dem rechtsgeschäftlichen Wegfall des Minderungsrechts nicht ohnehin die §§ 536 Abs. 4, 555a Abs. 4, 555d Abs. 7 BGB entgegen gestanden hätte (vgl. dazu LG Berlin, a.a.O.; LG München Urt. v. 9. Dezember 2011 – 14 S 9823/11BeckRS 2011, 29380 Tz. 27 ff.; Häublein, in: MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, BGB § 536 Rz. 50).

Das Berufen auf eine vollständige Minderung als Folge der Unbewohnbarkeit der Hauptwohnung ist im hier gegebenen Fall der fehlenden Einigung über die Entgeltlichkeit der Überlassung der Umsetzwohnung schließlich auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB). Dem steht bereits die fehlende Gleichwertigkeit der allenfalls behelfsmäßigen Umsetzwohnung entgegen. Das entspricht im Ergebnis auch der gesetzlichen Wertung der §§ 555a Abs. 3 Satz 1, 555d Abs. 6 BGB.

Davon ausgehend waren die Beklagten auch nicht gemäß § 535 Abs. 2 BGB oder aus sonstigen Rechtsgründen zur Zahlung eines Mietzinses für die Hauptwohnung verpflichtet.

Gemessen an den vorherigen Ausführungen ist die Berufung ebenso ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des auf Zahlung von Miete für die Umsetzwohnung gerichteten Hilfsantrags richtet. Auch insoweit fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung über die essentialia negotii, insbesondere über die Entgeltlichkeit der Nutzung. Die Parteien haben auch keine konkludente Einigung erzielt. Für letztere reichte der bloße Bezug der Ausweichwohnung durch die Beklagte im Lichte der Auslegungsparameter der §§ 133157 BGB nicht aus. Sie hätte jedenfalls die Gleichwertigkeit von Haupt- und Umsetzwohnung vorausgesetzt. An dieser indes fehlte es aus obigen Erwägungen.

Soweit der Kläger seinen Zahlungsanspruch schließlich auf die angeblich von den Beklagten zu verantwortende unzureichende Hausrats- oder Haftpflichtversicherung der Mietsache stützt, verfängt dies schon deshalb nicht, weil nicht vorgetragen oder ersichtlich ist, dass der für die Sanierung kausale Wasserschaden überhaupt von den Beklagten zu vertreten ist.”