Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

Spandauer Volksblatt am 06.07.2021: Wohnungswirtschaftsgesetz DIE LINKE. Berlin
Am 26.09.2021 finden die Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag und zum 19. Abgeordnetenhaus von Berlin sowie zu den Bezirksverordnetenversammlungen statt.
Berlin ist eine klassische Mieterstadt. Mit 85 % Mieteranteil nimmt Berlin eine Sonderstellung in Deutschland ein. Es herrscht seit geraumer Zeit Wohnungsknappheit. Die Mieten in Berlin sind in den letzten Jahren rasant gestiegen.
Die kommenden Wahlen könnten folglich zu einer „Dach-über-dem-Kopf-Abstimmung” werden. Die Angst vor der Unbezahlbarkeit der eigenen Wohnung nimmt stetig zu.
Wie sieht das aktuelle Programm der Parteien in der Wohnungs-, Mieten- und Stadtentwicklungspolitik aus? Welche Ideen und Lösungsansätze sollen nach den Wahlen umgesetzt werden, um bezahlbaren Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner zu schaffen?
Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V. wird bis zu den Wahlen in lockerem zeitlichen Abstand Vorhaben der einzelnen Parteien vorstellen. Heute: Das Wohnungswirtschaftsgesetz der Partei DIE LINKE.Berlin:
“Auf der Grundlage einer vom Bund übertragenen Landeskompetenz schlagen wir vor, ein Wohnungswirtschaftsgesetz einzuführen. Darin sollen eine dauerhafte Deckelung der Mieten, Vorgaben für die Instandhaltung der Wohnungsbestände durch die Verpflichtung zur Bildung von Rücklagen, der Ausschluss von Eigenbedarfskündigungen für die Zeit einer angespannten Wohnraumversorgungssituation und Richtlinien zur Mitbestimmung von Mieter:innen enthalten sein.
Außerdem wollen wir verbindliche Regelungen, so dass bei Bedarf auch private Vermieter:innen ihre Wohnungsbestände zur sozialen Belegung zur Verfügung stellen müssen, um diejenigen Berliner:innen mit Wohnraum zu versorgen, die es aktuell besonders schwer haben, eine Wohnung zu finden.
Wir wollen die Mieterhöhung durch Modernisierung bremsen. Mit einer Zuschussförderung für energetisch sinnvolle Maßnahmen sollen im privaten Wohnungsbestand Belegungsbindungenbei der Wiedervermietung geschaffen werden. So können nicht nur durch Neubau Bindungen neu geschaffen, vor allem in Altbauten im S-Bahn-Ring können Wohnungen preiswert gehalten und an soziale Ziele gebunden werden.
Transparenz auf dem Immobilienmarkt ist zwingende Grundlage für eine effektive Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Wohnungssektor, für die politische Regulierung des Marktgeschehens und eine öffentliche Debatte über Vermögensverteilung und soziale Verantwortung. Deshalb wollen wir ein Mieten- und Wohnungskataster einführen, das die tatsächlichen Mieten und Eigentümer:innen aller Wohnungen in Berlin erfasst. Das Kataster dient perspektivisch auch als Grundlage für Instrumente wie den Mietspiegel.
Mitten in Berlin, der Stadt der Wohnungsnot, stehen Wohnungen aus spekulativen Gründen leer. Das ist kein Kavaliersdelikt. Denn: Eigentum verpflichtet! Wir wollen das Zweckentfremdungsverbot weiter verschärfen, um Leerstand effizienter zu ahnden und Abrisse zu erschweren. Zudem wollen wir die Zahl der Ferienwohnungen weiter reduzieren und den Wohnraum wieder den Berliner:innen zur Verfügung stellen.
Seit Beginn der Regierungsübernahme von Rot-Rot-Grün hat sich die Anzahl der Milieuschutz-gebiete in Berlin verdoppelt. Unser Ziel ist es, diese Gebiete auszuweiten und so in der ganzen Stadt Menschen vor Aufwertung und Verdrängung zu schützen.
Nach dem Beispiel Wien wollen wir den Anteil an kommunalem, genossenschaftlichem und sonstigem gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand in den kommenden Jahren durch Ankauf, Vorkauf, Vergesellschaftung und Neubau erheblich ausweiten. Auch der »Stadtentwicklungs-plan Wohnen« sieht vor, dass mindestens 50 Prozent der bis 2030 neu gebauten Wohnungen zu leistbaren Mietkonditionen durch landeseigene Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Träger geschaffen werden sollen.

Mit dem kommunalen Vorkaufsrecht haben wir in den vergangenen Jahren ein wirksames Instrument erschlossen. Wer grundsätzlich bereit und in der Lage ist, dieses Recht auszuüben, wo immer es geht, kann Menschen auch über Abwendungsvereinbarungen wirksam vor Verdrängung schützen. Wir wollen sicherstellen, dass die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften stets als Erwerber, zu deren Gunsten das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, zur Verfügung stehen. Beim Abschluss von Abwendungsvereinbarungen wollen wir mit starken Regelungen die betroffenen Mieter:innen noch besser vor Wohnungsverlust schützen, wenn ihr Haus verkauft wird, und auf Bundesebene auf notwenige Verbesserungen im Baugesetzbuch drängen.
In prägnanten Aktionen zivilen Ungehorsams haben Aktivist:innen in den letzten Jahren vermehrt durch Besetzungen auf die massive Wohnungsnot in der Stadt aufmerksam gemacht. Wir setzen uns dafür ein, dass Hausbesetzungen insbesondere bei jahrelangem Leerstand entkriminalisiert werden. Räumungen wie beim Syndikat oder der Liebig 34 wollen wir ausschließen und dafür neue rechtliche Instrumente entwickeln. Wir wollen die sogenannte Berliner Linie abschaffen. Wir streben ein Leerstandsgesetz an. Mit diesem soll grundsätzlich die Besetzung von seit mindestens einem Jahr leer stehendem Wohnraum zu einem dauerhaften Wohnrecht führen, es sei denn, die Eigentümer:innen verpflichten sich verbindlich, in einem begrenzten Zeitraum den Wohnraum zu sozial verträglichen Mieten zur Verfügung zu stellen.
Eigenbedarfskündigungen zurückdrängen
Die Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs ist ein probates Mittel zur Erhöhung der Miete, denn ein Großteil der Vermieter, die sich auf Eigenbedarf berufen, tut dies missbräuchlich. Eigenbedarf wird vorgetäuscht, die Wohnung soll in Wahrheit teurer vermietet oder verkauft werden. Die Bundesregierung verweigert seit Jahren, eine Verbesserung des Mieter:innen-schutzes im Bürgerlichen Gesetzbuch vorzunehmen. Das Land Berlin muss seine Anstrengungen fortführen und verstärken, dass im Bundesrecht der Schutz der Mieter:innen gegen Eigenbedarfskündigungen ausgebaut wird.
Eigenbedarfskündigungen sollen für die Zeit einer angespannten Wohnraumversorgungssitua-tion ausgeschlossen werden. Sie dürfen in der übrigen Zeit nur noch in Ausnahmefällen zulässig sein. Der Personenkreis soll auf Familienangehörige ersten Grades begrenzt werden. Wer eine bewohnte Wohnung kauft, soll keinen Eigenbedarf geltend machen können. Wir werden Mieter:innen gezielt durch öffentliche Informations- und Beratungsangebote unterstützen, sich zivilrechtlich zu wehren.”
Quelle: https://dielinke.berlin/2021/wahlprogramm/
https://www.berliner-woche.de/falkenhagener-feld/c-politik/wohnungswirtschaftsgesetz-die-linke-berlin_a315786