Aus der Rubrik “Wohnungspolitik”:

 
Berliner Zeitung am 23.11.2021: Koalitionsverhandlungen  Deutsche Wohnen & Co enteignen? Berlin verschiebt die Entscheidung
SPD, Grüne und Linke wollen erstmal eine Kommission gründen. Die Initiative ist empört.
Der Streit soll heftig gewesen sein, wie zu hören ist. Erst am späten Montagabend einigten sich die Koalitionsverhandler von SPD, Grüne und Linkspartei in Berlin darauf, wie mit dem Volksentscheid zur Enteignung von Wohnungsunternehmen umzugehen ist: Man gründet eine Arbeitsgruppe. Die CDU spricht von einem faulen Kompromiss. Der Konflikt um Zwangsenteignungen werde in die Zukunft verschoben.
Die Verhandlungen in den teuer angemieteten Konferenzsälen eines Hotels in Moabit zum Thema Stadtentwicklung seien insgesamt schwierig gewesen, heißt es. Dabei zogen vor allem die Linken den Kürzeren, und die SPD setzte sich durch. Nach Mitternacht verschickten die Parteien eine entsprechende Erklärung, in der es unter anderem heißt: „Die neue Landesregierung respektiert das Ergebnis des ‚Volksentscheides über einen Beschluss zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen‘ und wird verantwortungsvoll damit umgehen.
In seinen ersten 100 Tagen setzt der Senat eine Expertenkommission ein, die die Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen für eine Umsetzung des Volksbegehrens prüft. An der Kommission sollen die Initiative des Volksbegehrens und externe Fachleute beteiligt werden. Innerhalb eines Jahres soll das Gremium dann eine Empfehlung für das weitere Vorgehen erarbeiten, über das der Senat dann entscheidet.

CDU spricht vom Damoklesschwert der Zwangsenteignung

Die Kommission erhält eine eigene Geschäftsstelle und soll als Erstes prüfen, ob eine Vergesellschaftung von Wohnungen überhaupt verfassungskonform ist. In einem zweiten Schritt sollen wohnungswirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche und finanzpolitische Aspekte berücksichtigt und entsprechende Empfehlungen an den Senat erarbeitet werden.
Auf Basis der Empfehlungen der Expertenkommission legen die zuständigen Senatsverwaltungen im Jahr 2023 gegebenenfalls Eckpunkte für ein Vergesellschaftungsgesetz vor. Danach wird der Senat eine abschließende Entscheidung treffen.
„Zu Lasten Berlins wird der weiterhin vorhandene Konflikt um Zwangsenteignungen in die Zukunft verschoben“, erklärte CDU-Fraktionschef Kai Wegner am Dienstag. „Unsicherheiten müssen jetzt beendet werden. Berlin braucht neues Vertrauen für mehr bezahlbares Wohnen.“ Die Nicht-Einigung von Rot-Grün-Rot verhindere, dass neue bezahlbare Wohnungen in Berlin entstehen, so Wegner. Das Damoklesschwert der Zwangsenteignungen schade der Wohnungs- und Bauwirtschaft, verschrecke Berlin-Interessenten bei der Neuansiedlung und verhindere so neue Arbeitsplätze.
Die Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ kritisiert vor allem, dass SPD, Grüne und Linkspartei die Umsetzung des Volksentscheids ein ganzes Jahr lang prüfen wollen – „obwohl bereits mehrere Gutachten vorliegen, die die Machbarkeit bestätigen. Diese Prüfungen wurden unter anderem vom wissenschaftlichen Dienst des Abgeordnetenhauses und des Bundestags ausgearbeitet“, erklärte der Sprecher der Initiative, Moheb Shafaqyar auf Anfrage. „Eine Million Berliner:innen haben die Vergesellschaftung längst beschlossen. Dass die SPD versucht, die Umsetzung des Volksentscheids zu blockieren, ist nicht hinnehmbar! Wir brauchen keine Kommission, die durch ewige Prüferei ein achtes Mal bestätigt, dass Vergesellschaftung möglich ist.“