Aus der Rubrik: „Wissenswertes”:

Muss zur Ermittlung der zulässigen Wiedervermietungsmiete zu den Werten ein Stichtagszuschlag hinzuregerechnet werden, wenn zwischen dem Erhebungsstichtag des Mietspiegels und dem Mietvertragsbeginn eine Mietsteigerung stattgefunden hat?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 109/20, Urteil vom 20.04.2021) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: „Vermutet wird aber auch bei einem qualifizierten Mietspiegel nur, dass die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Erhebungsstichtages innerhalb der Spanne lag. Die Einordnung innerhalb der Spanne ist eine normative Bewertung , die der Mietspiegel gerade nicht vornehmen kann, da er ja eine abstrakte generelle Datenbasis darstellt, in die eben jede Wohnung eingeordnet werden muss. Letztendlich wird also nur vermutet, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für die konkrete Vertragswohnung nicht höher als der Oberwert der Spanne und nicht niedriger als der Unterwert der Spanne ist. Es ist Aufgabe des Tatrichters die konkrete Bandbreite der allein maßgeblichen Einzelvergleichsmiete innerhalb der Spanne des qualifizierten Mietspiegels zu ermitteln. Hierbei handelt es sich im Prozess um eine Schätzung gem. § 287 Abs. 2 ZPO. Soweit zwischen dem Erhebungsstichtag des Mietspiegels und dem Mietvertragsbeginn eine Mietsteigerung stattgefunden hat, muss zur Ermittlung der zulässigen Wiedervermietungsmiete zu den Werten ein Stichtagszuschlag hinzugerechnet werden. Dies gilt auch bei Ermittlung der maximalen Wiedervermietungsmiete.Anderenfalls käme es zu einem verfassungswidrigen Mietpreisstopps. Soweit der BGH bei der Mieterhöhung im Bestand einen solchen Zuschlag nur bei “ungewöhnlichen Steigerungen‟ einen solchen Stichtagszuschlag ansetzen will, ist dies deshalb zumindest bei der Ermittlung der zulässigen maximalen Wiedervermietungsmiete zu eng. Soweit eine Steigerung der Miete zwischen Mietspiegelerhebung und Zugang des Erhöhungsverlangens messbar ist, muss diese auch berücksichtigt werden. Bei der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete gem. §§ 556 d ff. BGB müssen die Mietvertragsparteien all diese Überlegungen vor oder spätestens bei Abschluss des Mietvertrages tun. Bei der Bestandsmietenerhöhung können die Vertragsparteien sich einigen. Eine Vereinbarung ist unabhängig von der tatsächlichen Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Einschränkungen wirksam. Das ist hier anders. Die Vereinbarung ist dann gem. § 556 g Abs. 1 BGB teilunwirksam. Das rechtfertigt es aber nicht, an dieser Stelle einen anderen Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete anzunehmen. Auch im Rahmen des § 556 d Abs. 1 BGB ist die Einzelvergleichsmiete maßgeblich und nicht der Mietspiegelfeldoberwert. So kann die Indizwirkung erschüttert sein, wenn zwischen dem Stichtag der Mietspiegelerstellung und dem Zugang des Erhöhungsverlangens eine erhebliche Mietenentwicklung stattgefunden hat. In diesem Fall können die Gerichte einen Stichtagszuschlag zu den Mietspiegelwerten hinzurechnen (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 14. Aufl. 2019, BGB § 556d Rn. 53, so auch BGH, Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15 -).Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.Im vorliegenden Fall begann das Mietverhältnis fast 1 Jahr nach dem Erhebungsstichtag des Berliner Mietspiegels 2015.Im Berliner Mietspiegel 2017 sind die Werte des einschlägigen Feldes erheblich gestiegen.Die Voraussetzungen der Interpolation (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2017 – VIII ZR 295/15 -) sind gegeben. Die Kammer macht von ihrem Ermessen Gebrauch und schätzt die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 287 ZPO entsprechend wie folgt auf mindestens 8,90 Euro/m², wie durch die Parteien zu Mietvertragsbeginn vereinbart.Nach dem Berliner Mietspiegel 2015 ergibt sich bereits zum Erhebungsstichtag (01.09.2014) zzgl. 10% eine Neuvermietungsmiete von 8,79 Euro/m².Nach Interpolation aufgrund linearer Steigung zum Mietspiegel 2017 ergibt sich im Juni 2015 zu Mietvertragsbeginn bereits eine ortsübliche Vergleichsmiete von 10,63 Euro/m².”