Aus der Rubrik “Mieterinformationen”:

Berliner Zeitung am 22.12.2022: Zehntausende Mieter in Berlin sollen Rauchwarnmelder selber kontrollieren

Drei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften sehen es als Aufgabe der Mieter an, für die Wartung der Rauchwarnmelder zu sorgen. Das stößt auf Kritik.
Alle Wohnungen in Berlin müssen seit spätestens Anfang 2021 mit Rauchwarnmeldern ausgestattet sein – um im Brandfall Alarm zu schlagen und die Bewohner zu schützen. Mittlerweile sind zwar bis auf wenige Ausnahmen die meisten Wohnungen mit den kleinen Lebensrettern ausgerüstet, wie eine Umfrage der Berliner Zeitung unter den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ergab.
Doch die Betriebssicherheit der Rauchwarnmelder wird bei den städtischen Vermietern auf höchst unterschiedliche Weise geregelt: Drei Unternehmen mit zusammen etwa 180.000 Wohnungen haben die Wartung auf die Mieter übertragen: die Degewo, die Gewobag und die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM).
Die Degewo, die größte landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, teilte auf Anfrage mit, dass die Wartung „bis auf wenige Ausnahmen den Mietern“ obliege. Gesetzliche Grundlage dafür sei die Berliner Bauordnung, so Unternehmenssprecher Stefan Weidelich. „Anlässlich des Einbaus der Rauchwarnmelder wurden den Mietern Informationsblätter durch die mit dem Einbau beauftragten Dienstleister übergeben“, erklärte Weidelich. „Für den Fall, dass Mieter die Wartung nicht persönlich durchführen möchten, wurden beim Einbau der Rauchwarnmelder konkrete Angebote qualifizierter Dienstleister übergeben, welche die Mieter beauftragen können, aber nicht müssen“, so der Sprecher.
Ähnlich äußerten sich die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) und die Gewobag, bei denen ebenfalls bis auf einige Ausnahmen die Mieter für die Wartung zuständig sind. Der Berliner Gesetzgeber habe entschieden, die Eingriffe in die Privatsphäre der Mieter bewusst zu minimieren und die Wartung in der Bauordnung den Mietern zugeordnet, sagte Gewobag-Sprecherin Anne Noske. Und WBM-Sprecher Matthias Borowski bekräftigte, aus der Bauordnung ergebe sich, dass die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder den „Mietern oder Nutzungsberechtigten“ obliege, soweit nicht der Vermieter die Verpflichtung übernimmt.

Andere landeseigene Unternehmen regeln die Wartung selbst

Aber ist es eine gute Idee, die Wartung der Rauchwarnmelder in die Hände der Mieter zu legen? Zumindest drei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften machen es anders: Howoge, Gesobau sowie die Stadt und Land sorgen selbst für die Betriebssicherheit. Die Howoge teilte mit, sie habe „Rahmenvertragspartner mit den Ausstattungs- und Prüfleistungen beauftragt“. Bei der Stadt und Land wird die Wartung einmal im Jahr „über ein dafür zugelassenes Unternehmen veranlasst“. Und die Gesobau lässt die Wartung der Rauchwarnmelder durch eine Tochtergesellschaft erledigen. „Die jährlichen Kosten liegen derzeit pro Wohnung zwischen 13 und 19 Euro“, so Gesobau-Sprecherin Birte Jessen.
Die Wartung der Rauchwarnmelder ist durchaus anspruchsvoll. „Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft (Wartung) umfasst die jährliche Inspektion und Funktionsprüfung“, erklärte Gewobag-Sprecherin Anne Noske. Hierzu gehöre die „Kontrolle, ob die Raucheindringöffnungen frei sind, Beschädigungen vorliegen und der Rauchwarnmelder im Umkreis“ von einem halben Meter frei von Hindernissen sei, die das Eindringen von Brandrauch verhindern könnten. „Durch Betätigung der Prüftaste am Rauchmelder wird die Funktion geprüft“, beschreibt Noske das Verfahren. „Gibt der Melder nach einigen Sekunden keinen Signalton ab, ist die Funktion gestört“, so die Gewobag-Sprecherin. Die Mieter seien dann aufgefordert, der Gewobag die Störung zu melden, „damit die Rauchwarnmelder ausgetauscht werden können“.

Gewobag verweist darauf, dass Mieter eingewiesen wurden

Alle Mieter, die die Wartung selbst übernehmen, hätten „bei der Montage durch die ausführende Firma umfangreiche Informationen zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder erhalten“, so Noske. Dies sei in einem „Einweisungsprotokoll festgehalten“ worden. Zusätzlich hätten diese Mieter die Bedienungsanleitungen der Hersteller sowie „Wartungs-/Informationsflyer erhalten“, so die Gewobag-Sprecherin. In den Informationsblättern würden die „wesentlichen Funktionen und Inhalte zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft mieterfreundlich“ erklärt. Sollten Mieter die Wartung nicht selbst durchführen können, könnten sie einen Dienstleister beauftragen, sagte Noske. Die Kosten müssten in diesen Fällen die Mieter tragen.
Auf die Frage, ob die Unternehmen die Wartung der Rauchmelder durch die Mieter kontrollieren, lieferten die Wohnungsbaugesellschaften unterschiedliche Antworten. Die Gewobag teilte mit, sie kontrolliere „nicht die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft durch die Mieter:innen“. Eine „dahin gehende Verpflichtung“ sei aus der Bauordnung „nicht abzuleiten“. Die WBM erklärte ebenfalls, dass durch sie „keine Kontrolle“ stattfinde. Die Degewo hält es jedoch anders oder hat sich das zumindest vorgenommen: Zur Kontrolle seien „stichprobenweise Befragungen geplant“, erklärte Unternehmenssprecher Weidelich. Bei jedem Auszug und vor jedem Neueinzug von Mietern erfolge darüber hinaus die Prüfung der Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmelder durch den Hausmeister.

Mieterberater kritisiert Wartung durch Mieter als nicht zulässig

Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV) kritisiert die Abwälzung der Wartung auf die Mieter – und hält sie für unzulässig. „Die Übertragung der Wartungspflicht auf die Mieter ist unwirksam und damit unrechtmäßig“, sagte AMV-Chef Marcel Eupen. Zwar obliege nach der Bauordnung die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft den Mietern, „jedoch können Vorschriften der öffentlich-rechtlichen Bauordnung Berlin nicht in das privatrechtliche Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter eingreifen“, sagte er.
Da der Bundesgesetzgeber das Mietrecht ausführlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt habe, könne der entsprechende Passus in der Berliner Bauordnung „nicht als mietrechtliche Regelung verstanden werden, da sie dann – wie der Mietendeckel – verfassungswidrig wäre“, so Eupen. Die mietrechtliche Wartungspflicht des Vermieters ergebe sich aus dem BGB, „wonach der Vermieter verpflichtet ist, die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses sicherzustellen“, so Eupen. Von dieser Verpflichtung könne „nicht abgewichen werden, sodass die einseitige Übertragung der Wartung auf den Mieter unwirksam sei. Selbst eine einvernehmliche vertragliche Vereinbarung über die Wartung durch den Mieter wäre unwirksam.

Senat zum Eingreifen aufgefordert

„Wir fordern Gewobag, WBM und Degewo auf, ihre rechtswidrige Praxis, die Wartungspflicht für die Rauchwarnmelder auf ihre Mieterinnen und Mieter zu übertragen, unverzüglich zu beenden und umgehend die Wartung selber durchzuführen“, sagte Eupen. „Wir rufen den Senat auf, auf ihre landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften entsprechend Einfluss zu nehmen.“
Beim größten privaten Vermieter in Berlin, der Deutsche Wohnen, haben die Mieter mit der Wartung nichts zu tun. „Aufgrund des Haftungsrisikos“ sei es so geregelt, dass sich die Deutsche Wohnen – als Vermieter – um die Wartung der Rauchwarnmelder kümmert und dies über die Betriebskosten umlegt, erklärte ein Sprecher auf Anfrage.