Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Sind die infolge einer Mietminderung auf Null wegen Unbenutzbarkeit der Wohnung ersparten Mietzahlungen vom Erstattungsanspruch für anderweitige Unterbringung in Abzug zu bringen?

Die Antwort des Amtsgerichts Mitte (AG Hamburg – 41 C 14/14, Urteil vom 27.08.2014) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG Hamburg in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1) c) bb) (1) bis (2) wie folgt aus: “bb) Zu Lasten der Klägerin ist jedoch die ersparte Mietzahlung von insgesamt 1.200,00 Euro von dem klägerseits aufgewandten Betrag in Abzug zu bringen. Demnach reduziert sich der in der Hauptsache geltend gemachte Betrag von 2.625,60 Euro auf 1425, 60 Euro.

(1) Das Gericht teilt die in der Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, wonach bei der Bewertung der Angemessenheit des Erstattungsanspruchs nach § 555a Abs. 3 BGB die aus dem Schadensrecht bekannten Grundsätze der Schadensminderungspflicht und der Vorteilsausgleichung grundsätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. AG Hamburg-Harburg ZMR 2011, 300 LG Hamburg, ZMR 2011, 638; Blank/Börstinghaus Miete/Blank BGB §555a Rn. 26; Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 4. Auflage 2014, § 20, Rz. 187, zu §555d Abs. 6 BGB). Der von der Klägerin zitierten gegenteiligen Auffassung von Lützenkirchen, wonach die Vorteilsausgleichung deshalb nicht auf den Aufwendungsersatzanspruch passe, da dieser auf die Realisierung des Erfüllungsanspruches abziele (Lützenkirchen, Mietrecht Kommentar, Köln 2013, § 555a BGB, Rz. 65), kann sich das erkennende Gericht schon deshalb nicht anschließen, da die Aufwendungen für eine Ersatzunterkunft – anders als etwaige andere im Rahmen des § 555a Abs. 3 BGB zu erstattende Aufwendungen – gerade nicht der Realisierung des Erfüllungsanspruchs dienen. Zudem entspricht es gerade nicht dem Sinn und Zweck des § 555aBGB, dass Mieter von ihrer Umquartierung in finanzieller Hinsicht profitieren (LG HH, a.a.O.). Dies wäre jedoch der Fall, wenn die Mieter – wozu sie berechtigt sind – eine gleichwertige Unterkunft anmieten würden, und dennoch vollumfänglich von jedweder Mietzahlung befreit wären. Für die Anwendbarkeit der Gedanken der Vorteilsausgleichung auf den Aufwendungsersatzanspruch spricht zudem, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Aufwendungsersatzes verschuldensunabhängig ist. Würde man die Vorteilsausgleichung im Rahmen des Aufwendungsersatzansprüche nicht zuerkennen, wäre demnach der schuldhaft handelnde Schädiger besser gestellt als derjenige der aufgrund eines unverschuldeten Umstands (etwa nach § 555a Abs. 3 BGB) Aufwendungsersatz schuldet.

(2) Für die Vorteilsausgleichung gilt, dass zwischen dem schädigenden Ereignis (im Rahmen des § 555a BGB: der Erhaltungsmaßnahme) und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen muss. Zudem darf die Anrechnung des Vorteils den Geschädigten (bei § 555a BGB “den Mieter”) nicht unzumutbar belasten und den Schädiger (“den Vermieter”) nicht unbillig begünstigen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die mietvertraglich von der Klägerin der Beklagten geschuldete Miete ist deshalb auf “Null” gemindert, und befreit somit die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Mietezahlung aus § 535 Abs. 2 BGB, da die Wohnung aufgrund der durch den Wasserschaden erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen zeitweise unbewohnbar gewesen ist. Dieser Kausalzusammenhang ist hinreichend adäquat. Dass die Minderung gemäß § 537 Abs. 1 BGB qua Gesetzes eintritt ändert hieran nichts. Sofern die Klägerin behauptet, dass die getätigten Aufwendungen, folglich die für die Anmietung der Ersatzunterkunft erforderlichen Kosten, unmittelbar ursächlich für die Mietminderung sein müssten, kann sich das Gericht dieser Auffassung nicht anschließen.

Nach dem oben Gesagten stellt die Anrechnung der ersparten Aufwendungen zudem weder eine unzumutbare Belastung der Klägerin noch eine unbillige Begünstigung der Beklagten dar. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Klägerin vorliegend aufgrund der kurzzeitigen Unterbringung in der Ersatzwohnung nicht unerhebliche Komforteinbußen hinnehmen musste. Das Gericht kann nachvollziehen, dass alleine der unfreiwillige Verzicht auf die gewohnte Umgebung und die vertrauten Möbel eine erhebliche Beeinträchtigung für die Beklagte dargestellt hat. Anders als etwa Aufwendungen für Restaurantbesuche wegen fehlender Kochmöglichkeit oder zusätzliche Ausgaben für Fahrtkosten wegen entfernter(er) Lage der Ersatzunterkunft etc., ist der durch den Komfortverlust eingetretene Minderwert jedoch nicht finanziell kompensierbar. Denn einen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags dafür, dass die gewählte Ersatzwohnung weniger komfortabel ist als die Mietwohnung hat der Mieter nicht (AG Hamburg-Harburg AM 2011, 300 Blank/Börstinghaus Miete/Blank BGB §555a Rn. 26). Die etwaigen Wohnwert- oder anderen Komforteinbußen sind vielmehr hinzunehmende Folge der aus § 555a Abs. 1 BGB folgenden Duldungspflicht.

Die Anrechnung der ersparten Miete auf den Aufwendungsersatzanspruch begünstigt die Beklagte auch nicht in unbilliger Weise. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte neben den Kosten der Instandsetzung der Mietsache die Mehrkosten zu tragen hat, die der Klägerin durch die Anmietung der Ersatzunterkunft entstehen.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass diese Verpflichtung der Beklagten besteht, ohne dass es auf ein Verschulden ihrerseits ankommen würde, erschiene es im Gegenteil unbillig, der Beklagten zusätzlich die Anrechnung der ersparten Aufwendungen auf den Aufwendungsersatzanspruch zu versagen.”