Archiv der Kategorie: Gerichtsentscheidungen
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Gerichte dürfen Gutachten einholen
Mietdeckel drängt den Mietendeckel in den Hintergrund
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Berliner Zeitung am 18.11.2020: Schlappe für Berliner Mieterin vor Bundesgerichtshof
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Fragen zur Sinnhaftigkeit der Berliner Klage
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Die Richter der für Berufungen in Mietsachen zuständigen Zivilkammer 66 des Landgerichts Berlin haben aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2020 in dem heute in öffentlicher Sitzung verkündeten und dabei mündlich kurz begründeten Urteil entschieden, dass nach ihrer Ansicht die Vorschriften des Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG Bln) – auch als sog. „Berliner Mietendeckel“ bezeichnet – als verfassungsgemäß anzusehen sind. Allerdings könnten diese Vorschriften – so die Richter der Zivilkammer 66 – trotz des gesetzlichen Stichtags vom 18. Juni 2019 Mieterhöhungen der Vermieterseite erst ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 23. Februar 2020 und nicht schon für Zeit zwischen diesem Stichtag und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verhindern.
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Berlin ein Mieterhöhungsverlangen der Vermieterseite vom 18. Juni 2019 – und damit genau vom gesetzlichen Stichtag – im Rahmen einer Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu prüfen. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hatte die Klage der Vermieterseite in der ersten Instanz mit der Begründung abgewiesen, das mit der Klage geltend gemachte Mieterhöhungsverlangen für die Zeit ab dem 01. September 2019 sei auf ein nach den §§ 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln und 134 BGB verbotenes Rechtsgeschäft gerichtet, da ein Mietzins verlangt werde, der die am 18. Juni 2019 – dem Stichtag des Gesetzes – wirksam vereinbarte bzw. geltende Miete überschreite.
Auf die dagegen eingelegte Berufung des klagenden Vermieters haben die Richter der Zivilkammer 66 mit ihrem heutigen Urteil die Entscheidung der ersten Instanz für die Mietzinsansprüche ab dem 01. März 2020 bestätigt. Die Zivilkammer 66 – so der Vorsitzende in der heutigen Urteilsbegründung – sehe das Gesetz zum sog. „Berliner Mietendeckel“ weder formell noch materiell als verfassungswidrig an, sodass keine Vorlage nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht geboten sei. Das Bundesverfassungsgericht habe bisher lediglich im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes die Frage nach der Gesetzeskompetenz des Landes Berlin für das MietenWoG Bln als „offen“ bezeichnet, und damit eine Tendenz nicht erkennen lassen. Da die Kammer selbst nicht zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit gelangt sei, sei das Verfahren auch nicht auszusetzen, sondern das als wirksam erachtete Gesetz anzuwenden.
Allerdings sei das MietenWoG Bln als ein Verbotsgesetz mit zivilrechtlichen Folgen nach § 134 BGB erst am 23. Februar 2020 in Kraft getreten. Der in diesem Gesetz enthaltene Stichtag am 18. Juni 2019 stelle zwar einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut (noch) zulässigen Miethöhe dar, ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten zum Stichtag am 18. Juni 2019 noch nicht existiert habe, sondern erst ab dem 23. Februar 2020 gelte. Daher sei eine höhere Miete als die am Stichtag vereinbarte bzw. geltende Miete erst ab dem März 2020 für den monatlich zu zahlenden Mietzins verboten.
Das Mieterhöhungsverlangen für die Zeit ab dem 01. September 2019 bis Ende Februar 2020 verstoße daher zwar nicht gegen das gesetzliche Verbot des MietenWoG Bln, überschreite aber die ortsübliche Vergleichsmiete, sodass die Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete für den Zeitraum vom 01. September 2019 bis Ende Februar 2020 aus diesem Grunde keinen Erfolg habe, weshalb die Berufung insgesamt unbegründet und zurückzuweisen sei.
Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; gegen die Nichtzulassung der Revision kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof innerhalb von einem Monat ab förmlicher Zustellung des Urteils eingelegt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten muss auf die schriftlichen Urteilsgründe verwiesen werden. Nach den Presserichtlinien kann über diese aber erst berichtet werden, wenn das heute verkündete Urteil den Parteien in schriftlicher Form zugestellt wurde.
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https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020090.html?nn=10690868
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Am 12. Mai stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie trugen vor, trotz intensiver Bemühungen auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt keine angemessene Wohnung gefunden zu haben. Sie hätten acht Besichtigungstermine wahrgenommen, aber keinen Zuschlag bekommen. Nun würden wegen der Covid 19-Pandemie gar keine Wohnungsbesichtigungen mehr angeboten.
Das Jobcenter entgegnete, dass die Miete der Antragsteller den Grenzwert erheblich überschreite. Intensive Bemühungen um eine neue Wohnung, nämlich mindestens zwei Wohnungssuchen pro Woche, seien nicht glaubhaft gemacht worden. Die wegen der Corona-Epidemie erlassenen Regelungen seien auf die Antragsteller, die schon seit Jahren im Leistungsbezug stünden, nicht anwendbar.
Mit Beschluss vom 20. Mai 2020 hat die 179. Kammer des Sozialgerichts Berlin (durch ihren Vorsitzenden im schriftlichen Verfahren) das Jobcenter vorläufig verpflichtet, ab April und bis Ende September 2020, längstens jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im noch nicht abgeschlossenen Hauptsacheverfahren, die tatsächlich anfallenden Mietkosten in voller Höhe weiter zu übernehmen.
Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Antragsteller eine Notlage glaubhaft gemacht hätten. Auf sie finde auch der zum 28. März 2020 eingeführte § 67 SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende) Anwendung. Diese Vorschrift gelte für alle Bewilligungszeiträume, die – wie im vorliegenden Falle – zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 beginnen. Danach müssten die Jobcenter grundsätzlich die jeweils tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen anerkennen und entsprechende Leistungen gewähren. Dies gelte nach dem klaren Wortlaut nur dann nicht, wenn bereits im vorangegangenen Bewilligungszeitraum nur noch die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt worden seien. So aber sei es hier nicht gewesen, denn die Antragsteller hätten bis Ende März Leistungen für die vollen Mietaufwendungen erhalten.
Die gesetzliche Neuregelung berücksichtige damit nicht nur Erleichterungen für Neuantragsteller, sondern auch die mit der Pandemie verbundenen Schwierigkeiten, derzeit eine neue Unterkunft zu finden.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Es kann vom Antragsgegner – dem Jobcenter – mit der Beschwerde zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.
Anmerkung der Pressestelle: Der vorliegende Beschluss ist die erste Entscheidung des Sozialgerichts Berlin zu den jüngst in Kraft getretenen Hartz IV-Sonderregelungen, mit denen währende der Corona-Krise der erleichterte Zugang zum Leistungsbezug geregelt wird.
Im April 2020 sind die Eingangszahlen am Sozialgericht Berlin im Vergleich zum Vormonat um ungefähr 350 Verfahren auf insgesamt rund 1.500 Verfahren zurückgegangen. Es ist davon auszugehen, dass mit zunehmender Normalisierung der Lage auch wieder deutlich höhere Eingänge zu verzeichnen sein werden. Abzuwarten bleibt, wie sich der pandemiebedingt stark gestiegene Bedarf nach Sozialleistungen auf die zukünftige Belastung des Sozialgerichts auswirkt.