Liegt bei Übersendung einer vom Vermieter nicht unterschriebenen Formularvereinbarung über die Abänderung des bestehenden Mietvertrages an den Mieter ein rechtsgeschäftliches Angebot vor?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 470/14, Urteil vom 28.04.2015) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung, durch die die Parteien das “Berliner Zimmer” der Nachbarwohnung zugeschlagen und den Sollzustand der an die Beklagten vermieteten Wohnung entsprechend beschränkt hätten, ist in der Folge nicht zustande gekommen. Sie liegt insbesondere nicht in der unter dem 25. November 2010 kläger- und unter dem 24. November 2010 beklagtenseits unterzeichneten “Zusatzvereinbarung”.
Der Mietvertrag selbst kommt ebenso wie einen diesen abändernde Vereinbarung durch Angebot und Annahme zustande, § 151 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 14. Juli 2004 – XII ZR 68/02,NJW 2004, 2962 Tz. 32). Daran fehlt es vorliegend. Übersendet der Vermieter einen zuvor von ihm unterschriebenen Vertragsentwurf an den Mieter zur Unterschrift, handelt es sich um ein Angebot, dessen Annahme der Mieter durch seine Unterschrift erklären kann (vgl. BGH, a.a.O.). Bei dem der Beklagten zur Unterschrift überlassenen Formular zur Abänderung des bereits bestehenden Mietvertrages fehlte jedoch eine Unterschrift der Klägerin, so dass es sich dabei im Lichte der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB um kein Angebot, sondern lediglich um eine sog. invitatio ad offerendum handelte, mit der der Erklärende für den Fall des Einverständnisses des Vertragspartners noch nicht vertraglich gebunden sein möchte, sondern sich seinerseits eine zum Vertragsschluss führende Annahmeerklärung erst noch vorbehält (vgl. Bork, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2010, § 145 Rz. 3 m.w.N.). Dieses bereits selbständig tragende Auslegungsergebnis entspricht dem für die Auslegung ergänzend heranzuziehenden Selbstverständnis der Klägerin, die mit Schreiben vom 17. Januar 2011 erklären ließ, dass Vereinbarungen mit ihr erst nach Unterzeichnung durch ihren geschäftsführenden Gesellschafter zustande kämen und Bindungswirkung “für den Vermieter” entfalteten. Dass diese Äußerung zeitlich erst nach dem von der Klägerin behaupteten Abschluss der Vereinbarung gefallen ist, ändert an ihrer Beachtlichkeit für die Auslegung nichts. Denn das spätere Verhalten der Parteien ist zumindest als Indiz für die Auslegung von Bedeutung (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 6. Juli 2005 – VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205 Tz. 29).
Davon ausgehend lag noch nicht mit Zugang des von der Klägerin übersandten ununterschriebenen Vertragsformulars bei der Beklagten, sondern erstmals mit Zugang des von der Beklagten am 24. November 2010 unterzeichneten – und zuvor von ihr mit einer inhaltlich Änderung versehenen – Vertragsformulars bei der Klägerin ein Angebot zur Abänderung des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses vor.”