Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Rechtfertigt die Bezeichnung des bei der Vermieterin angestellten und für die Wohnanlage zuständigen Objektbetreuers in einem an die Vermieterin gerichtetem Faxschreiben als „faul“ sowie der zuständigen Sachbearbeiterin auf der Facebook-Seite der Vermieterin als „talentfreie Abrissbirne“ die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB?

Die Antwort des Amtsgerichts Charlottenburg (AG Charlottenburg – 216 C 461/14, Urteil vom 30.01.2015) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Charlottenburg in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 1. wie folgt aus: “Aufgrund der Bezeichnungen der Mitarbeiterin … als „talentfreie Abrissbirne“ und des Objektbetreuers … als „faul“ war die Klägerin nicht berechtigt, das Mietverhältnis fristlos gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB zu kündigen.

Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB insbesondere dann der Fall, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Eine Beleidigung ist eine Straftat und kann insoweit ebenfalls ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund sein, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner, verübt wird. Sie ist der Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung, wobei eine bloße Unhöflichkeit nicht genügt (Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage 2011, § 543 BGB, Rn 187).

Vorliegend kann das Gericht letztlich offen lassen, ob die beiden Bezeichnungen der Mitarbeiter der Klägerin den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB erfüllen. Denn jedenfalls wären sie im Spektrum der denkbaren Beleidigungen als eher weniger schwerwiegend einzuschätzen.

Daher wäre vorliegend eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung nach § 543 Abs. 3 BGB grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist, § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB. Hierbei ist anerkannt, dass dies bei schweren Beleidigungen regelmäßig gegeben ist. Etwas anderes gilt jedoch im Fall von einmaligen Beleidigungen, die für sich betrachtet kein besonderes Gewicht haben und sich die Unzumutbarkeit erst aus deren Wiederholung ergibt (Blank a.a.O., Rn 189 m.w.N.).

Hier handelt es sich zwar um zwei einzelne Äußerungen über verschiedene Personen gegenüber verschiedenen Adressaten. Letztlich stehen beide Äußerungen aber in einem unmittelbaren zeitlichem Zusammenhang und gehen auch auf den selben Sachverhalt, nämlich den von den Beklagten als sehr störend empfundenen Lärm von der Gartenanlage, zurück. Die Bezeichnung „faul“ hat dabei zudem einen – von Seiten der Beklagten als zutreffend empfundenen und von der Klägerin bestrittenen – Tatsachenkern. Auch die Bezeichnung „talentfreie Abrissbirne“ zielt letztlich nicht hauptsächlich auf eine Herabwürdigung oder auf die Kundgabe der Missachtung der Mitarbeiterin; auch in dieser Äußerungen steckt ein – von den Beklagten als wahr empfundener – Zusammenhang mit einem tatsächlichen Vorgang, dem Gespräch mit der Mitarbeiterin. Das Gericht verkennt nicht, dass entsprechende Äußerungen grundsätzlich durchaus zu einer fristlosen Kündigung berechtigen können; im vorliegenden Fall wäre eine Fortführung des Vertragsverhältnisses aber erst bei einer Wiederholung ähnlicher Äußerungen nach einer vorherigen Abmahnung unzumutbar.”