Ist von zwei Abrechnungskreisen auszugehen, wenn die Vertragsparteien im Mietvertrag getrennte Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten vereinbaren?
Die Antwort des Amtsgerichts Ludwigsburg (AG Ludwigsburg – 7 C 3065/14, Urteil vom 15.05.2015) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das AG Ludwigsburg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Bezüglich der Heizkostenabrechnung handelt es sich bei der Differenzierung zwischen Betriebskosten und Heizkosten zwar rechtlich einheitlich um Betriebskosten (Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 556, Rn. 478). Zahlt der Mieter einen einheitlichen Vorauszahlungsbetrag auf Heiz- und Betriebskosten, ist von einer einheitlichen Abrechnungsfrist auszugehen (a.a.O.). Enthält der Mietvertrag, wie häufig, getrennte Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten, sind vertraglich 2 Abrechnungskreise festgelegt, die mithin auch unterschiedlich zu behandeln sind. Der Sache nach gehe es hier nicht um eine nicht notwendige Teilabrechnung, sondern um 2 verschiedene Abrechnungen, sodass für jede die Ausschlussfrist selbständig laufe (a.a.O. Rn. 478 a.E.). Dies habe z.B. zur Folge, dass der Vermieter, der sämtliche Vorauszahlungen auf die dem Mieter rechtzeitig vorgelegten Betriebskostenabrechnungen anrechnet, mit der Nachforderung aus einer verspätet übersandten Heizkostenabrechnung ausgeschlossen ist (a.a.O. mit Verweis auf BGH WuM 1984, 70, 73). Das Gericht verkennt nicht, dass in der hier zitierten Kommentierung primär die Frage behandelt wird, innerhalb welcher Frist der Vermieter abrechnen muss. Allerdings sind keine Gründe ersichtlich, weswegen diese Frage anders zu entscheiden wäre als die hier vorliegende, welche mit diesem Problem in direktem Zusammenhang steht. Im Übrigen hat auch das AG Melsungen mit Entscheidung vom 19.03.2009, ausgeurteilt, dass die Ausschlussfrist zur Abrechnung von Betriebskosten nach § 556 Abs. 3 S. 4 BGB für jede der Abrechnungen selbständig läuft, wenn im Mietvertrag die getrennte Vorauszahlung von Heizkosten und sonstigen Betriebskosten vereinbart ist. Buche der Vermieter die gesamten Betriebskostenvorauszahlungen auf eine fristgemäß erfolgte Abrechnung und ermittle insoweit ein Guthaben des Mieters, so sei die Verrechnung mit einer kalkulatorischen Nachzahlungsforderung aus einer nach Ablauf der Ausschlussfrist vorgelegten Abrechnung nicht zulässig. Vielmehr sei der Vermieter zu Gunsten des Mieters an die dem Guthaben zugrunde liegende Abrechnung der insgesamt geleisteten Vorauszahlungen gebunden und zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet (a.a.O.). Auch hat der Bundesgerichtshof in der von Beklagtenseite korrekt zitierten Entscheidung vom 26.10.2011, AZ: VIII ZR 268/10, dahinstehen lassen, ob mit der im Mietvertrag vorgenommenen Ausweisung gesonderter Vorauszahlungen für Heizkosten einerseits und sonstige Betriebskosten andererseits überhaupt eine verbindliche Festlegung auf “Abrechnungskreise” erfolgt ist. Richtig ist, dass vom Bundesgerichtshof ausgeführt wurde, die Frage, mit welcher Position die Kosten für Kaltwasser und Entwässerung verrechnet würden, liefe auf ein “Nullsummenspiel” heraus, weil sich die Summe der von der Beklagtenseite zu tragenden Betriebskosten dadurch nicht ändere. Im hier zu entscheidenden Fall handelt es sich aber eben nicht um ein derartiges “Nullsummenspiel”, denn die Summe der von der Klägerin zu tragenden Betriebskosten ändert sich durchaus. Auch die von Klägerseite zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Leonberg vom 15.01.2015 weist in eine ähnliche Richtung, auch wenn hier der Unterschied besteht, dass in der Rubrik “Vorauszahlung auf Heiz- und Warmwasserkosten” ein Eintrag nicht vorhanden war. Die Ansicht der Beklagtenseite mag zwar vertretbar sein, zumal vorliegend tatsächlich einheitlich abgerechnet wurde und auch für beide Kostengruppen keine verschiedenen Abrechnungszeiträume festgelegt sind. Im Mietvertrag sind aber getrennte Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten vereinbart, damit sind vertraglich 2 Abrechnungskreise festgelegt. Ein anderes Ergebnis wäre im Übrigen weder mit § 556 Abs. 4 BGB noch mit § 305 c Abs. 2 BGB zu vereinbaren. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB liegt vor. Es gilt damit die mieterfreundlichste Auslegung (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 305 c Rn. 18). Soweit die Beklagtenseite die Ansicht vertritt, die Aufsplittung der Nebenkostenvorauszahlungen sei lediglich der Transparenz geschuldet (um also dem Mieter vor Augen zu führen, wie sich die Kosten ungefähr verteilen), so ist dies lediglich eine Auslegungsmöglichkeit. Die Auslegung, hier genau definierte Vorauszahlungen auf verschiedene Abrechnungsblöcke zu sehen, ist mindestens ebenso vertretbar und korrespondiert im Übrigen auch mit dem Wortlaut. Insofern ist zugunsten des Mieters bzw. zulasten des Verwenders der Klausel diese Auslegung zugrundezulegen (vgl. Grüneberg, a.a.O., Rn. 15). Unbehelflich ist der Verweis der Beklagtenseite auf die Kommentierung von Schmid, in: Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Diese Kommentierung liegt dem Gericht nicht im Original vor. Wenn es in der von Beklagtenseite beigefügten Kommentarstelle heißt, bestehe keine Berechtigung des Vermieters zu getrennten Abrechnungen, würden aber gleichwohl solche erstellt, seien alle Abrechnungen als Einheit zu betrachten, über die geleisteten Vorauszahlungen sei insgesamt abzurechnen, so entspricht dies dem hier vorliegenden Fall nicht. Denn nach der – zutreffenden – Kommentierung von Langenberg (a.a.O.) besteht eben eine Berechtigung des Vermieters zu getrennten Abrechnungen.”
