Steht einem Vermieter bei der Verteilung der Gesamtheizkosten ein gewisses Ermessen zu, in welchem Umfang er deren Verteilung auf die Nutzergruppen verbrauchsabhängig vornimmt, wie er also die mögliche Bandbreite zwischen 50% und 100% ausnutzt?
Die Antwort des Landgerichts Halle (LG Halle – 3 O 128/13, Urteil vom 11.11.2013) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das LG Halle in seiner vorgenannten Entscheidung unter A. I. 3. a) bis b) wie folgt aus: “3. Nicht gerechtfertigt ist indes die Art, in der die Beklagte die Heizkosten auf die einzelnen Nutzergruppen aufteilt.
a) Dabei ist folgende Unterscheidung zu beachten:
– Gemäß § 6 Abs. 2 HeizkostenV sind die Kosten zunächst mindestens zu 50 vom Hundert nach dem Verhältnis der erfassten Anteile am Gesamtverbrauch auf die Nutzergruppen aufzuteilen
– Von den so den einzelnen Nutzergruppen zugewiesenen Kosten sind gemäß § 7 Abs. 1 HeizkostenV mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen.
Der zweite Schritt ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, denn die Klägerin ist einziges Mitglied der Nutzergruppe und hat ohnehin sämtliche dieser Nutzergruppe zugewiesenen Kosten zu tragen.
Entscheidend ist die Art und Weise, in der die Gesamtkosten auf die einzelnen Nutzergruppen aufgeteilt werden.
Hier ist die von der Beklagten gewählte Art und Weise der Umlage von § 6 Abs. 2 HeizkostenV gedeckt, denn nach dieser Vorschrift gelten die Begrenzungen des § 7 Abs. 1 HeizkostenV gerade nicht, es gibt nur eine Untergrenze von 50 %, nicht aber eine Obergrenze für die nach Verbrauchsanteilen umzulegenden Kosten.
Grundsätzlich steht es der Beklagten also frei, den von der Nutzergruppe der Kläger zu tragenden Kostenanteil allein nach dem Verhältnis der für die Klägerin erfassten Anteile am Gesamtverbrauch zu bemessen. Sie hat allerdings auch die rechtliche Möglichkeit, die Gesamtkosten wie bisher • nur in Höhe von 70 % nach dem Verbrauchsanteil auf die Nutzergruppen umzulegen und im Übrigen nach Flächenanteilen.
b) Im konkreten Falle ist es der Beklagten verwehrt, im laufenden Mietverhältnis den auf die Klägerin entfallenden Teil der Gesamtkosten zu 100 % nach Verbrauchsanteilen umzulegen, es ist vielmehr geboten, von der rechtlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, die auf die Nutzergruppe der Klägerin entfallenden Kosten wie bisher zu 70 % nach Verbrauchsanteilen und zu 30 % nach Fläche umzulegen.
Zwar ist dem Vermieter ein gewisses Ermessen dahingehend einzuräumen, in welchem Umfange er die Verteilung der Gesamtkosten auf die Nutzergruppen verbrauchsabhängig vornimmt, wie er also die Bandbreite zwischen 50 und 100 % ausnutzt.
Die Ausübung dieses Ermessens unterliegt aber gemäß §§ 315, 316 BGB einer Billigkeitskontrolle.
aa) Die konkrete Wahl hat sich insbesondere an den wärmespezifischen Eigenheiten des jeweiligen Gebäudes auszurichten. Dabei ist indes der sog. Lagenachteil bei der Festlegung des Maßstabes nicht zu berücksichtigen, weil die sog. wärmeverbrauchenden Räume (insbesondere außen liegende Räume mit großen Fensterflächen) unter Mietwertgesichtspunkten besonders begehrte Lagen innerhalb eines Gebäudes darstellen, die zu entsprechenden marktabhängigen Zuschlägen zur Miete führen. Diese Höherbewertung infolge besonderer Nachfrage darf nicht teilweise auf die Nutzer anderer, nicht mit den entsprechenden wertbildenden Vorteilen versehenen Räumen kostenmäßig dadurch verteilt werden, dass sie indirekt die höheren Heizkosten mit tragen (vgl. Lammel in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013 § 7 HeizkostenV, Rn. 5).
Wesentliches Kriterium für die Auswahl des Verteilungsmaßstabes innerhalb der vorgegebenen Bandbreite ist vielmehr der bauliche Zustand des Gebäudes im Hinblick auf den Wärmeverbrauch durch nutzergesteuertes Verhalten oder durch bautechnische Vorgaben (vgl. Lammel, a.a.O. Rn. 7).
Bei der Ausübung billigen Ermessens im Zusammenhang mit einer Änderung des bisherigen Maßstabes sind darüber hinaus insbesondere die vertrauensbildende Wirkung der bisherigen Umlagepraxis sowie die sich aus einer diesbezüglichen Änderung ergebenden Auswirkungen auf den Mieter zu berücksichtigen. Eine Änderung, die einen Mieter zum Nachteil der übrigen weit stärker belastet als die bisherige Umlagepraxis, bedarf einer besonders sorgfältigen Begründung.
bb) Im Streitfalle ist unstreitig, dass die Umstellung von einer Verteilung nach dem Schlüssel 70:30 hin zu einer rein verbrauchsabhängigen Umlage für die Klägerin eine jährliche Mehrbelastung von mehreren tausend Euro nach sich zieht. Dies ergibt sich schon aus dem Schreiben der Verwalterin vom 10.02.2012 (K14), wonach bei einem Wechsel der Abrechnungsmethode und einer Umlage der Gesamtkosten auf Nutzergruppen zu 100 % nach Verbrauchsanteilen Auswirkungen zum Nachteil der Klägerin in Höhe von rund 3.000,00 Euro auftreten.
Es ist nicht ersichtlich, worin diese Benachteiligung der Klägerin im Vergleich zum bisherigen Abrechnungsmodus gerechtfertigt wäre. Weder ist dies weder dadurch gerechtfertigt, dass allein die Klägerin Warmwasser über die Heizanlage bezieht, denn in unangefochtener Weise werden die Warmwasserkosten ohnehin zu 100 % auf die Klägerin umgelegt; noch ist die Umstellung des Abrechnungsmodus dadurch gerechtfertigt, dass sich die Beklagte plötzlich ihrer technischen Möglichkeiten einer Voraberfassung bewusst geworden ist, denn diese Möglichkeit eröffnet lediglich den Ermessensspielraum nach § 6 Abs. 2 HeizkostenV, sagt aber noch nichts darüber aus, wie das so eröffnete Ermessen auszuüben ist.
Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der bauliche Zustand des Hauses es rechtfertigt, die Heizkosten allein nach Verbrauchsanteilen auf die Nutzergruppen zu verteilen. Dies würde voraussetzen, dass der bauliche Zustand des Gebäudes es erlaubt, den Wärmeverbrauch in besonderem Maße durch nutzergesteuertes Verhalten zu beeinflussen und dass der Einfluss bautechnischer Vorgaben quasi zu vernachlässigen ist, Hierfür ist nichts ersichtlich.
Vielmehr ergibt sich aus dem Prozessverhalten der Beklagten und ihrer Streithelferin, dass beide den durch § 6 Abs. 2 HeizkostenV eröffneten Ermessensspielraum überhaupt nicht erkannt und das ihnen zustehende Ermessen mithin überhaupt nicht ausgeübt haben. Dies kann angesichts der erheblichen Auswirkungen, die die Änderung auf die Kostenlast der Klägerin hat, nur dazu führen, dass es trotz der Umstellung auf eine Vorerfassung bei der Verteilung der Gesamtkosten im Verhältnis von 30:70 nach Fläche/Verbrauch bleibt.”