Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Entfällt ein Anspruch auf Maklercourtage, wenn nach Abschluss des Mietvertrages dieser einvernehmlich wegen Verschweigen von Schimmelschäden aufgehoben wird und damit von Anfang an mit dem “Makel der Anfechtbarkeit” behaftet war?
 
Die Antwort des Amtsgerichts Charlottenburg (AG Charlottenburg – 237 C 285/14, Urteil vom 23.03.2015) lautet: Ja!
 
Zur Begründung führt das AG Chatlottenburg in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Der Beklagte ist gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB verpflichtet, an die Klägerin die unstreitig an ihn geleistete Maklerprovision in Höhe der Klageforderung zurückzuzahlen.
 
Denn die Zahlung ist ohne Rechtsgrund erfolgt. Ein Provisionsanspruch des Beklagten gemäß § 652 Abs. 1 BGB für die Vermittlung der Wohnung der Streithelferin im K##weg ## in ### Berlin an die Klägerin als Mieterin ist tatsächlich nicht entstanden. Nach dem Gesetz entsteht der Anspruch zwar schon, wenn der Vertrag infolge der Vermittlung des Maklers tatsächlich zustande kommt, ohne dass es auf die Ausführung des Vertrages ankäme, und im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit der Streithelferin als Vermieterin unstreitig am 18.9.2013 einen schriftlichen Mietvertrag über die Wohnung geschlossen. Dieser Mietvertrag ist aber im Ergebnis dadurch hinfällig geworden, dass die Vertragsparteien ihn am 27.11.2013 einvernehmlich mündlich aufgehoben haben, und zwar noch vor seiner Ausführung.
 
Zwar lassen Umstände, die ohne eine im Vertragsschluss selbst liegende Unvollkommenheit lediglich die Leistungspflichten aus dem Vertrag beseitigen, den Provisionsanspruch des Maklers regelmäßig unberührt (vgl. BGH NJW 2001, 966/967, Rn. 6 m w. N.). Dagegen schließen aber Umstände, die einen wirksamen Abschluss des Hauptvertrages verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, eine Provisionspflicht aus. Von dem Vorliegen solcher Umstände geht das Gericht hier aus. Die Streithelferin hat nämlich nicht bestritten, dass die Vormieter der Wohnung ihr gegenüber schon mit Schreiben vom 24.1.2013 ausdrücklich Schimmelbildung in insgesamt 5 Räumen der Wohnung unter Beifügung von Fotos angezeigt und um Mängelbeseitigung gebeten hatten. Dass sie sich daraufhin um die angezeigten Mängel gekümmert und wegen der Ursache der Schimmelbildung vor der Neuvermietung der Wohnung an die Klägerin eine fachkundige Stellungnahme eingeholt hätte oder gar Beseitigungsmaßnahmen in Auftrag gegeben hätte, behauptet die Streithelferin selbst nicht. Sie konnte deshalb bei Mietvertragsabschluss mit der Klägerin wegen der von ihr zu vertretenden Untätigkeit noch gar nicht wissen, in welchem Umfang die Wohnung tatsächlich mit Schimmel befallen war und welche Umstände als Ursache für die Schimmelbildung in Betracht kamen. Darauf hat sie sich in diesem Prozess auch ausdrücklich berufen. Nach ihrem eigenen Vortrag kümmerte sie sich erstmals am 24.11.2013, also nach Mietvertragsabschluss mit der Klägerin 18.9.2013, um die von den Vormietern angezeigten Mängel, indem sie Herrn ### als Maler zwecks Begutachtung des Instandsetzungsbedarfs in die Wohnung schickte. Das Gericht geht deswegen davon aus, dass die Klägerin zur Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB berechtigt gewesen wäre, wenn die Parteien das Mietverhältnis nicht zuvor schon einvernehmlich mündlich aufgehoben hätten. Denn die Streithelferin hatte durch die schon Monate zuvor erfolgte Mängelanzeige der Vormieter positive Kenntnis von gerügtem Schimmelbefall in 5 Räumen der Wohnung. Selbst wenn es tatsächlich so gewesen sein sollte, dass die Vormieter der Wohnung entsprechend dem Vortrag der Streithelferin die Schimmelbildung durch das Aufstellen ihrer Möbel selbst verursacht hatten, wäre die Streithelferin dennoch verpflichtet gewesen, die Klägerin vor Mietvertragsabschluss auf den gerügten Schimmelbefall, dessen. Existenz und Ursache sie bis dahin nicht näher hatte untersuchen lassen, hinzuweisen. Denn die Streithelferin musste angesichts der Mängelrüge der Vormieter betreffend Schimmelpilzbefall der Mietwohnung grundsätzlich mit der Möglichkeit rechnen, dass Schimmel vorhanden war – was sie in diesem Rechtsstreit auch ausdrücklich zugestanden hat – und dass der Mangel fortbestehen könnte. Schon deshalb war sie zur Aufklärung der Klägerin über die Probleme der Vormieter mit Schimmel in der Wohnung verpflichtet (vgl. zu Aufklärungspflichten bei Feuchtigkeitsschäden auch OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 1523 ff.). Die Streithelferin war zur Aufklärung über die bei den Vormietern aufgetretene Schimmelbildung als für den Vertragsabschluss wesentlichen Umstand auch ohne ausdrückliche Nachfrage der Klägerin verpflichtet. Denn bei der während der Mietzeit der Vormieter aufgetretenen Schimmelbildung in 5 Räumen der Mietsache handelte es sich um einen Umstand, der für die Klägerin erkennbar von besonderer Bedeutung für den Entschluss zur Eingehung des Mietvertrages war (vgl. auch OLG Naumburg OLGR Naumburg 2002, 265). Indem sie die Schimmelbildung vor Vertragsschluss gar nicht gegenüber der Klägerin erwähnt hat, hat die Streithelferin als Vermieterin die Klägerin bei Vertragsschluss arglistig getäuscht im Sinne des § 123 BGB. Denn sie wusste oder rechnete zumindest damit und nahm billigend in Kauf, dass die Klägerin als Mietinteressentin den Schimmelbefall der Wohnung nicht kannte und bei entsprechender Offenbarung den Mietvertrag nicht abschließen würde. Das Merkmal der Arglist im Sinne des § 123 BGB erfasst nicht nur ein Handeln, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines “Fürmöglichhaltens und “Inkaufnehmens” reduziert sind (so OLG Saarbrücken, a. a. O., Rn. 59). Für die Rückzahlungspflicht des Beklagten kommt es im Ergebnis nicht darauf an, dass der Mietvertrag offensichtlich erst nachträglich einvernehmlich aufgehoben wurde und im Ergebnis nicht durch die mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2013 erklärte Anfechtung rückwirkend gegenstandslos wurde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt der Anspruch auf Zahlung des Maklerlohns grundsätzlich auch dann, wenn ein Vertrag nachträglich aufgrund eines Umstands wegfällt, der den Auftraggeber zur Anfechtung des vermittelten Vertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB berechtigt hätte (vgl. BGH NJW 2001, 966/967). Dazu führt der Bundesgerichtshof aus, eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass spätere Einflüsse auf das rechtliche Schicksal des Hauptvertrages sich nicht auf die Maklerprovision auswirken, sei in den Fällen geboten, in denen – wie bei der arglistigen Täuschung – wegen desselben Mangels ein Anfechtungsrecht bestehe. Denn es sei allein darauf abzustellen, dass der vermittelte Vertrag wegen des “Makels der Anfechtbarkeit” von Anfang an einer Unvollkommenheit leide und daran im Ergebnis auch wirtschaftlich scheitere. Dies wird nachvollziehbar damit begründet, dass es aus der Sicht des Maklers rein zufällig ist, ob der Vertrag schließlich wirksam angefochten oder mit Rücksicht auf ein Anfechtungsrecht einverständlich wieder aufgehoben wird (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 8). Die Streithelferin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die einvernehmliche Vertragsaufhebung sei nur aus Kulanz wegen der Vertragsreue der Klägerin erfolgt und nicht mit Rücksicht auf ein bestehendes Anfechtungsrecht der Klägerin. Denn es kommt für den Ausgang dieses Rechtsstreits nicht auf die Motivation der Streithelferin für den Abschluss des mündlichen Aufhebungsvertrages an, sondern allein darauf, dass die Klägerin mangels Aufklärung durch die Streithelferin über Schimmelbildung in den Mieträumen als für den Abschluss des Mietvertrages wesentlichen Umstand zur Anfechtung ihrer auf den Mietvertragsabschluss gerichteten Willenserklärung gemäß § 123 BGB berechtigt gewesen wäre und dass der von dem Beklagten vermittelte Mietvertrag deswegen von vorne herein mit dem “Makel der Anfechtbarkeit” behaftet war.”