Fehlt es an der Ernsthaftigkeit einer Eigenbedarfskündigung, wenn sich der Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht sicher ist, ob er die Überlassungsabsicht tatsächlich verwirklichen will?
Die Antwort des Amtsgerichts Köln (AG Köln – 212 C 86/13, Urteil vom 09.08.2015) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das AG Köln in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. b) wie folgt aus: “b) Ein Kündigungsgrund ergibt sich auch nicht aus § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach hat der Vermieter dann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Aus dem Tatbestandsmerkmal “benötigt” ergibt sich, dass der Vermieter zum Kündigungszeitpunkt die ernsthafte Absicht haben muss, die Räume dem Haushaltsangehörigen zu überlassen. An der Ernsthaftigkeit der Absicht fehlt es dann, wenn sich der Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht sicher ist, ob er die Überlassungsabsicht tatsächlich verwirklichen will.
So war die Situation hier. Nach der Aussage des Zeugen S hatten er und der Kläger zu dem Zeitpunkt als beide zusammen die Kündigung überbracht haben, noch nicht festgelegt, wer von beiden in die Wohnung einziehen sollte. Es ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sich der Beklagte diesen Vortrag zu eigen macht. Der Vortrag gilt zwar klägerseits als bestritten, weil er von dem Vortrag des Klägers abweicht. Aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen steht jedoch fest, dass die Behauptung zutrifft. Der Zeuge hat äußerst authentisch die Fragen des Gerichts beantwortet. Er ist auch nicht davor zurückgeschreckt, Tatsachen zu schildern, die ihm unangenehm waren. So hat er bekundet, aufgrund einer gewissen Lethargie bisher weder nach einer Wohnung Ausschau gehalten noch sich um eine Arbeit beworben zu haben. Dass gerade der hier fragliche Teil der Aussage zutreffend war, hält das Gericht auch deswegen für sicher, weil der Zeuge zumindest in Betracht ziehen musste, dass diese Ausführungen für den Kläger und somit letztlich auch für ihn selbst als denjenigen, der in die Wohnung einziehen soll, ungünstig sein würden.
Es mag zwar sein, dass zum Kündigungszeitpunkt bereits feststand, dass entweder der Kläger selbst oder der Zeuge S einziehen sollten. Dies genügt für eine wirksame Kündigung aber nicht. In dem Kündigungsschreiben des Klägers heißt es eindeutig, die Wohnung werde für Herrn S benötigt. Daran muss der Kläger sich festhalten lassen. Würde man das anders sehen, wäre es einem Mieter nie möglich, sich sinnvoll gegen eine Eigenbedarfskündigung gerichtlich zur Wehr zu setzen. Er müsste immer befürchten, dass der Vermieter weitere Verwendungsarten und insbesondere weitere Begünstigte Verwandte oder Haushaltsangehörige nachschiebt, sobald sich herausstellt, dass die von ihm ursprünglich angegebene Verwendungsart nicht vorliegt oder vom Gericht als nicht ausreichend betrachtet wird.”