Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist eine Mietzinsvereinbarung, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einem unwirksamen Mietanhebungsverlangen steht, wirksam?

Die Antwort des Amtsgerichts Bremen (AG Bremen – 9 C 0515/14, Urteil vom 05.02.2015) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Bremen in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Eine wirksame Mietzinsanpassungsvereinbarung wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen.

Das Mietanhebungsverlangen vom 07.03.2013 enthält keine Begründung im Sinne des § 558aI, II BGB, insbesondere keine Bezugnahme auf vergleichbare Mietobjekte, und ist also unwirksam.

Zwar enthält das Schreiben vom 07.03.2013 den vom Vermieter gefertigten Passus: “Ich habe das Schreiben erhalten und stimme der Mietanpassung zu”. Dass der Kläger/Mieter das Schreiben an den Beklagten/Vermieter unterzeichnet zurück gab, ist gleichwohl unerheblich:

Zum einen fehlt es an einem wirksamen Vertragsschluss. Das Schreiben wurde vom Beklagten/Vermieter nicht unterzeichnet. Die Unterschrift des Klägers/Mieters stellt sich insofern als Angebots- und nicht als Annahmeerklärung dar. Der Beklagte/Vermieter trug nicht vor, dass er die Erklärung des Klägers/Mieters zeitnah angenommen hätte (§ 147 BGB). Zwar hätte die Annahmeerklärung dem Kläger/Mieter wohl nicht zwingend zugehen müssen (§ 151 BGB). Aus der Existenz des zweiten Mietanhebungsverlangens vom 23.03.2013 kann jedoch gefolgert werden, dass der Beklagte/Vermieter keine Annahme erklären wollte. Auch dieses Schreiben wurde vom Beklagten/Vermieter nicht unterzeichnet; eine Begründung im Sinne des § 558aII BGB fehlt.

Zum anderen verstieße eine Mietanpassungsvereinbarung nach formell unwirksamen Mieterhöhungsverlangen gegen die die Schutzvorschriften der §§ 558 ff. BGB und wäre insofern unwirksam (§ 134 BGB). Denn in §§ 558aV, 558bIV BGB wird ausdrücklich bestimmt, dass “abweichende Vereinbarungen” unwirksam sind. Nach Ansicht des Gerichts sind nicht nur abweichende Vereinbarungen, die vor der Erklärung eines Mietanpassungsverlangens erfolgen, unwirksam (z. B. Allgemeine Geschäftsbedingungen im Mietvertrag). Nach dem Schutzzweck der Normen und dem weit gefassten Wortlaut der §§ 558aV, 558bIV BGB kann zumindest eine Mietzinsvereinbarung, die – wie vorliegend – im unmittelbaren Zusammenhang mit einem unwirksamen Mietanhebungsverlangen steht, nicht wirksam sein (a. A. wohl Ermann, 14. A., § 558b, Rn. 10 unter Verweis auf LG Mainz, WuM 1992, 136; AG Münster, WuM 1985, 364; AG Köln, WuM 1995, 114). Andernfalls würde die spezielle Regelung des § 558bIII BGB untergraben. Die Verweise auf eine entgegenstehende BGH-Rechtsprechung (vgl. Palandt, 73. A., § 558b, Rn. 3 a. E.) überzeugen nicht. Denn die Entscheidung BGH NJW 1998, 445 betraf – ebenso wie die oben zitierte Rechtsprechung – die alte Rechtslage nach dem MHG; § 10I HS. 2 MHG sah bei Unwirksamkeit des Mietanhebungsverlangens ausdrücklich eine Heilungsmöglichkeit durch nachträgliche Zustimmung vor. Diese Regelung wurde in die §§ 558 ff. n. F. jedoch nicht übernommen. Eine wirksame Vertragsanpassung käme nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich in Betracht, wenn der Mieter nach dem unwirksamen Anpassungsverlangen die erhöhte Miete über einen längeren Zeitraum tatsächlich gezahlt hätte. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen.

Ob die Zustimmungserklärung vom 07.03.2013 wegen Überrumplung des Klägers in seiner Wohnung widerrufbar ist (§§ 312I Nr. 1, 355 BGB), kann insofern dahinstehen.”