Kann das wiederholte verbotswidrige Parken eines Mieters in einer Grundstückseinfahrt im Einzelfall nach Abmahnung eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn die Parteien ausdrücklich vereinbart hatten, dass die Einfahrt zu dem streitgegenständlichen Anwesen nicht als Parkfläche genutzt werden darf und dass das Gartentor geschlossen zu halten ist?
Die Antwort des Landgerichts München I (LG München I – 14 S 3661/14, Urteil vom 22.10.2014) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das LG München I in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 2. bis 4. wie folgt aus: “2. Der Beklagte zu 1) hat gegen die ihm obliegende Verpflichtung, nicht in der Einfahrt zu parken, zweifach verstoßen, indem er am 26.03.2013 und am 05.04.2013 sein Fahrzeug in der Einfahrt abstellte. Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt darin auch ein Parken und nicht lediglich ein Halten. Insoweit kann auf die Definition des Parkens in § 12 Abs. 2 StVO zurückgegriffen werden, wonach ein Parken in jedem Fall dann vorliegt, wenn dieses länger als 3 Minuten dauert. Unstreitig stand das Fahrzeug über einen Zeitraum von 30 bzw. 45 Minuten in der Einfahrt, womit es sich nicht mehr um ein Halten, sondern um ein Parken handelt. Damit liegt ein zweifacher Verstoß des Beklagten zu 1) gegen seine vertragliche Verpflichtung vor.
3. Dieser Verstoß des Beklagten stellt auch ein berechtigtes Interesse zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung im Sinne des § 573 BGB dar. Aus den vertraglichen Vereinbarungen ergibt sich, dass die mietvertraglichen Regelungen den Zweck verfolgen, den Kindern der Klägerin das ungestörte und ggf. auch unbeaufsichtigte Herumlaufen und Spielen auf dem Grundstück zu ermöglichen. Der Klägerin ist es daher wichtig, dass das Tor jederzeit geschlossen ist. Aufgrund der in der heutigen Verhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder ergibt sich für die Kammer auch, dass ein ungehinderter Zugang zwischen Einfahrt und Garten des streitgegenständlichen Anwesens besteht. Damit ist es den Kindern bei einem nicht geschlossenen Tor jederzeit möglich, auf die Straße zu laufen, was durch die mietvertraglichen Regelungen gerade verhindert werden soll. Unstreitig war jedenfalls bei dem Vorfall am 26.03.2013 das Tor während des Beladens geöffnet. Damit handelten die Beklagten der von der Klägerin bezweckten Folge der vertraglichen Verpflichtungen zuwider. Die Klägerin ihrerseits hat nunmehr keine weiteren Möglichkeiten, dieses vertragswidrige Verhalten der Beklagten zu sanktionieren, als die Kündigung auszusprechen. Bereits bei dem vorangegangenen Vorfall hatte die Klägerin auf eine Kündigung verzichtet, sondern vielmehr dieses Verhalten nur abgemahnt. Für die Kammer spielt es dabei keine Rolle, ob diese Abmahnung wirksam im Sinne der Voraussetzung für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist. Vielmehr ist entscheidend, dass die Klägerin durch diese Abmahnung deutlich gemacht hat, dass die vertraglichen Vereinbarungen für sie von einem solchen Gewicht sind, dass sie einen Verstoß gegen diese nicht bereit ist hinzunehmen. Damit bringt die Klägerin ihr berechtigtes Interesse an dem Ausspruch der Kündigung gerade dadurch zur Kenntnis. Bei dem erneuten Verstoß, der zudem in einem relativ kurzen Abstand zum Ausspruch der Abmahnung stand, hat die Klägerin nunmehr keine weitere Möglichkeit der Sanktionierung. Damit muss es ihr jedoch offenstehen, einen bestehenden Vertragsverstoß mit dem Mittel der ordentlichen Kündigung zu sanktionieren. Zudem zeigten die Beklagten gerade, dass sie nicht gewillt waren, an der vertraglichen Vereinbarung, welche durch Ausspruch der Abmahnung nochmals verdeutlicht wurde, festzuhalten. Diese von den Beklagten vorgenommene Vertragsverletzung weist auch eine Erheblichkeit im Sinne des § 573 BGB auf. Aufgrund der oben geschilderten Interessenlage der Klägerin, war für diese die Einhaltung des Parkens und damit Einhergehen des Verschließens des Tores von erheblicher Bedeutung, da sie anderenfalls ein unbeaufsichtigtes der Kinder auf dem Gelände für sich nicht verantworten konnte. Dies ergibt sich entsprechend den obigen Ausführungen auch nochmals daraus, dass die Klägerin mit der Abmahnung die Beklagten auf diesen Zweck hinwies. Die Abmahnung führt auf S. 2 oben nochmals aus, dass ein Schließen des Tores und das entsprechende Parken aufgrund der Situation der Kinder nicht gewünscht ist. Bereits durch diese Abmahnung macht die Klägerin deutlich, dass die Pflichtverletzung für sie eine erhebliche Bedeutung hat. Diese erhebliche Bedeutung ist auch unter objektiver Berücksichtigung für die Klägerin nachvollziehbar. Für die Erheblichkeit war weiterhin auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten auf die Nutzung der Einfahrt zum Be- und Entladen nicht zwingend angewiesen waren. Aufgrund der in Augenschein genommenen Satellitenbilder ergab sich für die Kammer, dass zum Be- und Entladen eine weitere Ausweichmöglichkeit an den Seitenrändern der umgebenden Straßen jederzeit bestand. Den Beklagten wäre es somit ein Leichtes gewesen, ihr Fahrzeug in einer Reichweite von wenigen Metern abzustellen und das Be- und Entladen darüber vorzunehmen. Ein zwingender Grund, welcher gegen dieses Ausweichen spricht, besteht nicht. Es gibt keinen Anspruch der Beklagten darauf, ihr Fahrzeug möglichst bequem be- und entladen zu können. Es wäre somit den Beklagten jederzeit zumutbar gewesen, das Be- und Entladen bei einem Abstellen in einer etwas weiteren Entfernung vorzunehmen. Dagegen spricht ebenfalls nicht, dass die Beklagte zu 2) einen Behindertengrad von 30 aufweist. Insoweit hätte das Be- und Entladen des Fahrzeuges unproblematisch durch den Beklagten zu 1) alleine vorgenommen werden können und die Beklagte zu 2) hätte lediglich zum Schluss zusteigen können, womit sie nicht gezwungen war, beim Be- und Entladen des Fahrzeuges in einiger Entfernung zu helfen. Die Pflichtverletzung der Beklagten ist damit für die Kammer in einem solchen Erheblichkeitsstadium, dass es jedenfalls die ordentliche Kündigung, sowie hier erfolgt, zu rechtfertigen vermag.
Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass die Klägerin mit dem Mittel des Eigentumsschutzes gegen ein unberechtigtes Parken vorgehen hätte können, stellt dies kein ausreichendes Mittel dar. Es kann der Klägerin auf Dauer nicht zugemutet werden, bei jedem unberechtigten Parkvorgang durch die Beklagten ein Abschleppen zu veranlassen, vielmehr steht der Klägerin mit der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ein sich aus dem Mietvertrag ergebendes Mittel zur Abwehr von Pflichtverletzungen der Beklagten zur Verfügung.
4. Der Pflichtverstoß wurde von Seiten der Beklagten auch verschuldet begangen. Gründe, welche gegen einen Verschuldensvorwurf der Beklagten sprechen, sind nicht ersichtlich.”