Kann ein Mieter die Miete mindern, wenn Vermieter und Mieter neben dem Mietvertrag noch eine Zusatzvereinbarung über eine vermieterseits gegen Entgeld gestellte Einbauküche geschlossen haben und diese später im Keller eingelagerte Einbauküche ohne Verschulden des Mieters gestohlen wird?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 378/14, Urteil vom 04.08.2015) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die von der Klägerin geschuldete Miete ist aufgrund der fehlenden Einbauküche in Höhe von 15,59 EUR gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert.
Die Parteien schlossen wirksam einen Mietvertrag über die Einbauküche. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Zusatzvereinbarung über die monatliche Zahlung für die von der Vermieterin gestellte Einbauküche um einen eigenständigen Mietvertrag handelt oder lediglich um eine Ergänzung des vom selben Tage geschlossenen Wohnungsmietvertrags, denn es handelt sich jedenfalls auch bei der Zusatzvereinbarung um Miete im Sinne von § 535 BGB, da es sich um ein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter auf Gebrauchsgewährung einer Sache gegen Entgelt handelt. Die Leistungsverpflichtung der Beklagten beschränkt sich nicht auf die konkrete bei Vertragsbeginn vorhandene Küche. Denn sie ist im Rahmen der ihr obliegenden Instandsetzungspflicht gegebenenfalls auch durch eine neue zu ersetzen. Im Übrigen wären etwaige Ansprüche aus Unmöglichkeit gemäß §§ 275, 326 BGB nach erfolgter Gebrauchsüberlassung durch die mietvertraglichen Gewährleistungsansprüche, hier § 536 Abs. 1 BGB verdrängt (Palandt-Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 536 BGB, Rn 10).
Ein Sachmangel ist gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht.
Der vertragsgemäße Zustand besteht vorliegend durch die Zusatzvereinbarung in der Überlassung der Einbauküche durch die Beklagte. Die Regelungen über den Ausbau und die Lagerung dieser Küche vom 22. März 2010 der Beklagten haben keine Veränderung dieser Überlassungspflicht zur Folge. Die Küche war danach weiterhin von der Beklagten der Klägerin zur Nutzung zu überlassen. Denn die Zusatzvereinbarung wird nur insoweit abgeändert, als die Einbauküche sich nicht mehr in dem Küchenraum der Wohnung der Klägerin befinden muss, sondern anderweitig und zwar sorgfältig gelagert werden muss. Es wird insoweit auch keine besondere vertragliche Verwahrungspflicht für die Klägerin begründet, da es sich letztlich nur um eine Klarstellung der ohnehin bestehenden vertraglichen Pflichten handelt. Die Vereinbarung beinhaltet keine weitergehende Obhutspflicht als in der gesetzlichen Bestimmung des § 535 BGB – Behandlung der Mietsache so pfleglich, dass sie nicht beschädigt und nicht mehr als vertragsgemäß abgenutzt wird – schon geregelt ist. Im Übrigen würde die Verletzung einer besonderen Verwahrungspflicht allenfalls zu einem Schadensersatzanspruch führen und nicht zum Nichtvorliegen eines Mangels. Auf die Frage, ob die Ersatzleistung durch die Versicherung der Klägerin an die Beklagte weitergeleitet worden ist, kommt es deshalb für das Vorliegen des Mangels auch nicht an.
Der Ist-Zustand weicht von diesem Soll-Zustand ab. Die von der Beklagten gestellte Einbauküche ist nicht mehr vorhanden. Dieser Umstand ist nicht von der Klägerin zu vertreten. Sie verletzte nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, denn sie lagerte die Küche vereinbarungsgemäß in ihrem Kellerraum, aus dem diese entwendet wurde. Der Ist-Zustand ist nicht unter Berücksichtigung der derzeit in der Wohnung vorhandenen eigenen Küche der Klägerin zu beurteilen, denn er umfasst nur die vom Vermieter zur Verfügung gestellte oder ihm zurechenbare Ausstattung. Die Küche in der Wohnung hat die Klägerin jedoch selbst auf eigene Kosten einbauen lassen. Dadurch ist auch keine Mängelbeseitigung durch die Klägerin erfolgt. Diese bestünde in der Ersatzbeschaffung für die abhanden gekommene Küche. Die von der Klägerin eingebaute Küche diente hierzu erkennbar nicht, denn sie war schon zuvor vorhanden. Aus diesem Grund besteht weiterhin aus § 535 Abs. 1 BGB ein Leistungsanspruch des Mieters gegenüber dem Vermieter auf Überlassung einer gleichwertigen Küche.
Eine nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung liegt vor. Unerheblich nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB ist ein Fehler nur dann, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, sodass die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße (BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 – XII 251/02, Rn. 13). Das Fehlen einer kompletten Einbauküche ist kein unerheblicher Fehler, die Ersatzkosten im vorliegenden Fall von annähernd 3.000,– EUR sind nicht als gering anzusehen. Auch die daraus folgenden Gebrauchsbeeinträchtigungen sind erheblich und schränken die Nutzbarkeit einer Wohnung maßgeblich ein. Der Umstand, dass die Klägerin trotzdem über eine Küche verfügt, steht dem nicht entgegen. Wie bereits dargelegt, weicht dadurch der Soll- von dem Ist-Zustand ab. Es besteht zwar kein tatsächlicher Nachteil für die Klägerin durch die eigene Küche in der Wohnung und das Fehlen der Einbauküche im Keller, maßgeblich ist aber eine objektiver Vergleich des Soll- mit dem Ist-Zustand. Subjektive Umstände, die nur für den im konkreten Fall betroffenen Mieter gelten, bleiben hierbei außen vor. Bei dem Ersatz einer Einbauküche handelt sich auch nicht eine geringfügige und zumutbare Maßnahme des Mieters, welche den Nachteil mindern oder gar ausschließen würde und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zum Wegfall des Minderungsrechts führen würde.
Die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Minderung von monatlich 15,59 EUR erscheint unter Berücksichtigung der aus dem Fehlen einer Einbauküche folgenden Gebrauchsbeeinträchtigung nicht unangemessen und wird von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt.”