Aus der Rubrik “Wissenswertes”:   

Setzt die Mietvertragsklausel “Das Wohnungsunternehmen wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Es kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen des Wohnungsunternehmens eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen. …” bei einer Eigenbedarfskündigung verschärfte Anforderungen an den Eigenbedarf sowie ein besonderes berechtigtes Interesse voraus?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 86/14, Urteil vom 28.07.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das LG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der Wunsch des Klägers, nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin die eigene Wohnung zu nutzen und die recht hohe Miete für seine derzeitige Wohnung zu sparen, beruht auf nachvollziehbaren und vernünftigen Erwägungen. Diese begründen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Aufgrund der Vereinbarung der Parteien in § 4 Abs.3 des Mietvertrags genügt ein solches “einfaches” Interesses für eine Kündigung nicht.

Der Bundesgerichtshof hat zu einer gleichlautenden Klausel entschieden, dass diese zwar nicht grundsätzlich eine ordentliche Kündigung wegen Eigenbedarfs ausschließe. An einen solchen eine Kündigung rechtfertigenden Eigenbedarf seien indes verschärfte Anforderungen zu stellen, welche ein besonderes berechtigtes Interesse voraussetzten. Es müsse ein besonderer Ausnahmefall vorliegen, der die Beendigung des Mietverhältnisses notwendig mache. Dem Mieter werde durch eine derartige Vereinbarung ein erhöhter Bestandsschutz zugesichert (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 – VIII ZR 57/13, GE 2013, 1584).

Nach diesen Maßstäben und den vom Kläger vorgebrachten Gründen ist das Urteil des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. Ein besonderer Ausnahmefall, welcher die Kündigung notwendig macht, ist darin aber nicht zu sehen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sind, insgesamt gesehen, nicht so schlecht, dass ihm die Aufrechterhaltung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist. Er hat zudem die Wohnung in Kenntnis der Kündigungsbeschränkung erworben. Zwar ist im Rahmen der Beurteilung eines Eigenbedarfs grundsätzlich vom Wunsch des Eigentümers auszugehen und sind seine Lebensvorstellungen nicht durch vom Gericht für angemessen angenommene zu ersetzen. Das gilt aber nicht in einem Fall, in dem, wie hier, an die Voraussetzungen eines berechtigten Interesses verschärfte Anforderungen zu stellen sind und dem Mieter ein erhöhter Bestandsschutz zukommt. Hier hat bei der Annahme eines Eigenbedarfs eine entsprechende Prüfung stattzufinden, ob die Umstände im Einzelnen einen besonderen Ausnahmefall begründen. Hierbei sind nicht allein die Vorstellungen des Eigentümers zu berücksichtigen, sondern auch, ob diese unter Beachtung anderer ihm zur Verfügung stehender Möglichkeiten die Beendigung des Mietverhältnisses notwendig ist.

Das dem Kläger zur Verfügung stehende Vermögen ist nicht unbeträchtlich. Es mag dahinstehen, ob beim derzeitigen Zinsniveau die Ablösung eines Wohnungsdarlehens sinnvoll ist. Auch wenn man dieses Vorhaben des Klägers als Ausdruck seiner Lebensvorstellung hinnimmt und als nachvollziehbar ansieht, begründet die unter diesen Umständen verbleibende wirtschaftliche Lage gleichwohl nicht die Kündigung.

Denn durch die Ablösung des Kredits entfallen monatliche Verpflichtungen in Höhe von 360,67 EUR. Zusammen mit den Mieteinnahmen für die streitgegenständliche Wohnung in Höhe von monatlich 659,62 EUR werden damit fast die Kosten für die derzeitige Wohnung des Klägers gedeckt. Unter Berücksichtigung des danach verbleibenden aktuellen Nettoeinkommens von über 2.000,– EUR für eine Einzelperson sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht als so unzureichend anzusehen, dass angesichts des erweiterten Bestandsschutzes des Beklagten die Voraussetzungen eines “besonderen” berechtigten Interesses erfüllt sind. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass dem Kläger auch nach der Darlehensablösung noch Vermögenswerte von über 30.000,– EUR verbleiben und seine Lebensversicherung mit einem derzeitigen Wert von über 15.000,– EUR nicht angetastet wird.

Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation des Klägers durch die Kündigung letztlich weiter verbesserte, indem er eigene Mietaufwendungen von 1.127,45 EUR erspart, dafür aber nur 659,62 EUR Mieteinnahmen für die streitgegenständliche Wohnung entfallen, begründete dies nur ein “normales” berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, nicht aber das hier aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen erforderliche gesteigerte berechtigte Interesse.”