Aus der Rubrik “Wissenswertes”:  

Kann ein Vermieter neben einer Barkaution in Höhe von drei Nettokaltmieten noch (zusätzlich) eine Bürgschaftserklärung der Eltern des Mieters fordern?

Die Antwort des Amtsgerichts Neustadt/Rübenberge (AG Neustadt/Rübenberge – 41 C 630/15, Urteil vom 28.09.2015) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Neustadt/Rübenberge in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde aus § 812 Absatz 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zu.

Der Beklagte hat die Bürgschaftsurkunde auf Kosten des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt.

Der zwischen den Parteien geschlossene Bürgschaftsvertrag ist wegen Übersicherung gemäß § 134 BGB nichtig.

Es liegt ein Verstoß gegen § 550b Absatz 1 BGB vor. Danach darf die Mietsicherheit bei einem Mietverhältnis über Wohnraum das Dreifache des auf einen Monat entfallenen Mietzinses nicht übersteigen.

Der Beklagte hat bereits mit der Zahlung der Kaution in Höhe von 945,00 Euro eine Sicherheit in Höhe von drei Monatsmieten erhalten. Durch die Bürgschaftsurkunde hat der Beklagte eine darüber hinausgehende Sicherheit erhalten, die den Betrag von drei Monatsmieten zusammen mit der Mietkaution übersteigt.

§ 550b Absatz 1 Satz 1 BGB will den Mieter unter Anerkennung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen bewahren und Erschwerungen für den Abschluss neuer Mietverträge entgegenwirken, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können. Der Schutzzweck der Norm gebietet eine Auslegung, die keine Rücksicht darauf nimmt, ob die Verpflichtung zur Leistung der Sicherheit im Mietvertrag vereinbart und zum Beispiel durch Abschluss eines Bürgschaftsvertrages erfüllt wird oder der Mieter auf Verlangen des Vermieters eine Sicherheit durch Bürgschaft stellt und damit die Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages schafft. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Mieters wird in beiden Fallgestaltung gleichermaßen eingeschränkt. § 550b Absatz 1 Satz 1 BGB gilt für jede Form der Sicherheit, nicht nur für Barkautionen, sondern auch für Bürgschaften. Auch Mehrfachsicherungen sind unwirksam, soweit sie zusammengerechnet drei Monatsmieten übersteigen (BGH, Urt. vom 20.04.1989, Az. IX ZR 212/88 – ibr-online).

Etwas anderes kann nur gelten, wenn unaufgefordert ein Dritter dem Vermieter eine Bürgschaft für den Mieter zusagt und dieser sodann mit dem Mieter in Verhandlungen eintritt und den Vertrag abschließt. Es widerspricht nicht dem Schutzzweck des § 550b BGB, wenn Eltern für ihre Kinder – anstelle einer Anmietung im eigenen Namen – von sich aus einem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsabschlusses zusagen. Das gilt zumindest dann, wenn mit einer solchen Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sind. Der Wortlaut von § 550b BGB steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Vermieter darf über den Rahmen von § 550 Absatz 1 BGB hinaus keine zusätzliche Sicherheit von seinem Mieter fordern. Verbürgt sich dagegen ein Dritter unaufgefordert unter der Bedingung des Abschlusses eines Mietvertrages gegenüber dem Vermieter, ohne dass dadurch erkennbar der Mieter belastet wird, ist die Annahme einer solchen Bürgschaft durch den Vermieter wirksam und die Bürgschaft selbst nicht nach § 550b Absatz 3 BGB zu beanstanden (BGH, Urt. vom 07.06.1990, Az. IX ZR 16/90 – ibr-online).

Ein solches freiwilliges unaufgefordertes Bürgschaftsversprechen durch den Kläger liegt nicht vor.

Es ergibt sich insbesondere nicht aus der E-Mail der Zeugin ### ### vom 24.03.2014 an den Beklagten, in der sie die Bürgschaft angesprochen hat. Für die freiwillige und unaufgeforderte Zusage der Bürgschaft ist eine Erklärung des Dritten und nicht des Mieters notwendig.

Es steht vielmehr zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte den Mietvertrag unter die Bedingung des Erhalts der Bürgschaft gestellt hat. Dies steht fest aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen ### ### und ### ###. Die Zeugin ### ### hat bekundet, sie habe mit dem Beklagten das Thema Bürgschaft besprochen. Der Beklagte habe ihr einige Unterlagen übersandt, die sie einreichen sollte. Sie denke, die Bürgschaft sei dabei gewesen, sie selbst habe keine vorbereitet. Dies wird bestätigt durch die Aussage des Zeugen ###, der bekundet hat, die Zeugin ### habe ihm erzählt, dass unter anderen Unterlagen auch eine Mietbürgschaft erforderlich sei. Ferner haben beide Zeugen übereinstimmend bekundet, dass die Mutter des Beklagten am Tag der Vertragsunterzeichnung geäußert habe, dass sie sie den Vertrag eigentlich nicht unterschreiben lassen dürfe, wenn die Bürgschaft nicht vorliege. Das Gericht folgt den überzeugenden Aussagen der Zeugen ### und ###. Die Aussagen der Zeugen sind plausibel und widerspruchsfrei, insbesondere haben die Zeugen Erinnerungslücken offengelegt und der Zeuge ### hat stets von sich aus offengelegt, wenn er Informationen nur aus Erzählungen von Frau ### hatte.

Da mit der Bürgschaft eine Übersicherung eingetreten ist, ist der Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verpflichtet.”