Aus der Rubrik “Wissenswertes”:     

Trifft den Vermieter bei einem Sturz des Mieters eine Verkehrssicherungspflicht, wenn eine Garageneinfahrt in einem allgemein schlechten Zustand (versandete und unebene Stellen) ist und dieser Zustand dem Mieter auch seit Jahren bekannt ist?

Die Antwort des Amtsgerichts Coesfeld (AG Coesfeld – 11 C 169/15, Urteil vom 13.01.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Coesfeld in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz eines angemessenen Schmerzensgeldes gegen den Beklagten. Insbesondere hat sie keinen Anspruch wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus den §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m § 253 Abs. 2 BGB oder aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten.

Es kann schon dahinstehen, ob die Klägerin zur Reinigung der Zufahrt nach § 30 des Mietvertrages in Verbindung mit Ziff III. 1 der Hausordnung verpflichtet war, denn der Beklagte hat weder eine Verkehrssicherungspflicht aus dem Mietvertrag, noch eine sonstige ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Grundsätzlich ist der Kläger als Eigentümer und Vermieter des Grundstücks verkehrssicherungspflichtig für die Garagenzufahrt. Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht bemisst sich nach den Sicherheitserwartungen der jeweiligen Verkehrsteilnehmer. Der Verkehrssicherungspflichtige hat diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (OLG Hamm, NJW-RR 2013, 802, 803). Dies heißt aber nicht, dass der Sicherungspflichtige für alle nicht denkbaren, auch entfernteren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen muss. Denn eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist praktisch nicht möglich. Es müssen daher nur dann Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden Eigensorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die Gefahreneinlage nicht einstellen können (OLG Hamm, NJW-RR 2005, 255, 256).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat der Beklagte keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn es lag schon keine Gefahrenlage vor, auf die sich die Klägerin nicht einrichten konnte. Vielmehr hat sich in dem Sturz der Klägerin ein allgemeines Lebensrisiko realisiert, für das der Beklagte nicht einzustehen hat. Für die Beurteilung, ob eine Gefahrenlage vorliegt und welche Vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen, ist auf die Erwartungshaltung der jeweiligen Verkehrsteilnehmer abzustellen. Dabei ist auch der Gesamteindruck, den eine Verkehrsfläche den Verkehrsteilnehmern bietet und aus dem diese ihre Erwartungseinhaltung vernünftigerweise zu einem wesentlichen Teil herleiten, miteinzubeziehen (OLG Hamm, NJW-RR 2005, 255, 256). Die Klägerin musste sich aufgrund des Gesamteindrucks der Bodenbeschaffenheit der Garageneinfahrt darauf einstellen, dass insbesondere die versandeten und unebenen Stellen vorsichtiger Betreten werden müssen und musste den Versandungen ausweichen. Denn ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder, hinsichtlich derer auf Bl. 7 ff. GA, Bl. 16 ff. GA und Bl. 68 ff. GA verwiesen wird, waren die sandigen Stellen und Unebenheiten klar zu erkennen. Nach eigenem Vortrag der Klägerin wurden die sandigen Stellen und Unebenheiten von ihr auch erkannt und waren ihr darüber hinaus sogar seit Jahren bekannt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin vorgetragen hat, dass bei nicht vorhandenem Sand die Unebenheit klar erkennbar gewesen wäre. Denn nach dem Vortrag der Klägerin hat sich die Gefahr der Unebenheit erst deshalb realisiert, weil sie zunächst auf dem Sand ausgerutscht und erst infolge des Ausrutschens an einer Kante hängen geblieben ist. Aufgrund der vielen offenkundigen Unebenheiten musste sie zudem auch davon ausgehen, dass auch unter den Sandflächen Unebenheiten vorhanden waren. Auch ist anzumerken, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Zufahrtsfläche ohne Unebenheiten hat. Vielmehr hat sich der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich den gegebenen Straßenverhältnissen anzupassen und diese so hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten (BGH, BeckRS 1979, 30398103).

Aus den oben genannten Gründen sind auch der Antrag auf Zahlung der 408,27 EUR und der Feststellungsantrag unbegründet.”