Besteht für einen Vermieter die Verpflichtung, erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ihm zur Verfügung stehende Wohnungen der wegen Eigenbedarf gekündigten Mieterin anzubieten?Die Antwort des Amtsgerichts Eutin (AG Eutin – 23 C 862/15, Urteil vom 02.02.2016) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das AG Eutin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Kündigungserklärung des Klägers im Schreiben vom 16.06.2015 und das Festhalten des Klägers an dieser Kündigungserklärung sind nicht rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Kläger die ihm obliegende Pflicht verletzt hat, ihr eine während der Kündigungsfrist frei gewordene vergleichbare Wohnung in seinem Anwesen anzubieten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 13.10.2010 –VIII ZR 78/10) ist eine berechtigte Eigenbedarfskündigung ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich, wenn dem Vermieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Anwesen oder in der selben Wohnanlage zur Verfügung steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er die Wohnung erneut vermieten will. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der Kläger die Verfügungsgewalt über eine der von der Beklagten angemieteten Wohnung vergleichbare andere Wohnung erlangt hat, die auf dem Anwesen ### belegen war. Tatsächlich ist in der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass der Kläger vor Ablauf der Kündigungsfrist zum 30.09.2015 lediglich die im Haus ### parterre rechts belegene Wohnung (früher Mieterin zurückerhalten hatte. Hinsichtlich dieser Wohnung hatte der Kläger jedoch Eigenbedarf zur Ausstattung seiner Tochter ### mit einer für diese und die Kinder ausreichenden Wohnung zur Begründung der Kündigung gegenüber der früheren Mieterin geltend gemacht. Ob der Kläger beabsichtigte, diese Wohnung seiner Tochter im Rahmen eines mit dieser abzuschließenden Mietvertrags oder außerhalb eines solchen vertraglichen Verhältnisses zur Verfügung zu stellen, war unbeachtlich. Jedenfalls stand diese Wohnung dem Kläger nach Rückgabe durch die Vormieterin nicht zur freien Verfügung im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Hätte der Kläger diese Wohnung statt seiner Tochter der Beklagten angeboten, hätte er sich gegenüber der Vormieterin schadensersatzpflichtig gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Wohnungen, bezüglich derer zwischen dem Kläger und den früheren Mietern bestehende Mietverträge vor Ablauf der Kündigungsfrist per 30.09.2015 gekündigt worden waren, ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden, dass diese dem Kläger frühestens am 31.10.2015 zurückgegeben worden sind. Damit standen diese Wohnungen dem Kläger jedenfalls vor Ablauf der hinsichtlich des Mietvertrags der Beklagten laufenden Kündigungsfrist nicht zur freien Verfügung. Entgegen der Auffassung der Beklagten kam es nicht darauf an, wann diese Verträge gekündigt worden waren.
Die Beklagte kann auch nicht mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH verlangen, dass der Kläger ihr Wohnungen zur Anmietung anbietet, die er erst nach Ablauf der Kündigungsfrist des Vertrags der Beklagten zur freien Verfügung erhalten hat. Dies würde im Falle der Eigenbedarfskündigung einen Anreiz für Mieter setzen, über die Kündigungsfrist hinaus in der Wohnung zu verbleiben, um die Aussicht zu erhöhen, Ersatzwohnraum vom Vermieter angeboten zu bekommen. Dies wäre seitens der Mieter rechtsmissbräuchlich.
Die Beklagte hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass der Kläger die Verfügung über die ihm nach dem 30.09.2015 zurückgegebenen Wohnungen nur deshalb so spät erlangt habe, weil er eine vorzeitige Rückgabe der Wohnungen -vor Ablauf der Kündigungsfrist der Beklagten-hintertrieben habe. Hierzu hat die Beklagte keinerlei Tatsachen vorgetragen, die geeignet wären, auf ein entsprechendes Verhalten des Klägers schließen zu lassen. Die Beklagte hat ihre Vermutung lediglich damit begründet, dass die Mieter der anderen an den Kläger zurückgelangten Wohnungen es abgelehnt haben, ihr Auskunft über Einzelheiten der Kündigungen zu erteilen. Dieses Verhalten der Mieter muss aber nicht darauf zurückzuführen sein, dass diese in böswilligem Zusammenwirken mit dem Kläger versucht haben, eine Andienungsobliegenheit des Klägers zu vereiteln.”