Aus der Rubrik “Wissenswertes”

Darf ein Vermieter alle fünf Jahre eine Besichtigung der Mietwohnung verlangen?

Die Antwort des Amtsgerichts München (AG München – 461 C 19626/15, Urteil vom 08.01.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das AG München in seiner vorgenannten Entscheidung unter B. II. wie folgt aus:  “II. Die Klägerin kann hier zudem die Besichtigung verlangen, da seit der letzten Wohnungsbesichtigung mehr als 5 Jahre vergangen sind, da nach Auffassung des Gerichts der Vermieter alle 5 Jahre die Wohnung besichtigen darf.

1. Denn der Vermieter kann nicht auf Dauer von seinem Eigentum ausgeschlossen werden, insbesondere von der Möglichkeit, den Zustand seines Eigentumes zu prüfen, um festzustellen, ob zur Substanzerhaltung Maßnahmen erforderlich sind. Denn die Wohnungsraummietverhältnisse sind nach dem BGB auf Dauer angelegt; der Vermieter bedarf eines materiellen Kündigungsgrundes, um das Mietverhältnis beenden zu können. Aufgrund der langen Lebenserwartung der Mieter und durch die Eintrittsmöglichkeiten von Erben und mit in der Wohnung lebenden Verwandten nach § 563 BGB kommt es in der Praxis nicht selten zu Mietverhältnissen, die mehrere Jahrzehnte dauern. Die Pflichten des Mieters nach § 536 c Abs. 1 S. 1 BGB, auftretende Mängel anzuzeigen, lassen dabei das Kontrollinteresse des Vermieters nicht entfallen. Denn zum einen muss der Mieter nur Mängel anzeigen, zum anderen hat der Vermieter das aus seinem Eigentum folgende Recht, sich selbst über den Zustand seiner Sache informieren zu können.

Nach Auffassung des Gerichts kann daher ein Vermieter alle 5 Jahre eine Besichtigung der Mietwohnung verlangen. Denn dieser Zeitraum von 5 Jahren ist nach der allgemeinen Verkehrsanschauung und der allgemeinen Vertragspraxis der Zeitraum, nach dessen Ablauf Schönheitsreparaturen vorzunehmen sind, nach dessen Ablauf also auch bei bestimmungsgemäßen und vertragsgemäßen Verbrauch eine solche Abnutzung auftreten kann, dass Arbeiten in dem Mietobjekt vorgenommen werden müssen, um eine Substanzschädigung zu vermeiden. Bei einem solchen Fünfjahreszeitraum wird der Mieter, da die Besichtigung auch vorher anzukündigen und schonend ist, auch nicht über Gebühr in seinem Lebensbereich beeinträchtigt. Eine Wohnungsbesichtigung alle 5 Jahre ist auch keine Routinekontrolle, wie man dies bei Besichtigungen alle ein oder zwei Jahre annehmen könnte, sondern eine Besichtigung, die aus den oben dargelegten Gründen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht. Würde man solche Besichtigungen nicht zulassen, bestünde die Gefahr, dass der Vermieter als Eigentümer auf Jahrzehnte von jeder Kontrolle der in seinem Eigentum stehenden Sachen ausgeschlossen würde. Zudem darf nach Auffassung des Gerichts die Frage auch nicht überschätzt und so getan werden, als entscheide sich die Frage, inwieweit der Mieter in seiner Wohnung sein Leben ohne Kontrolle des Vermieters gestalten kann, danach, ob der Vermieter alle 5 Jahre den Zustand der Wohnung überprüfen kann. Denn in der Wirklichkeit werden der Vermieter oder dessen Beauftragte sehr viel häufiger die Wohnung betreten, etwa zum Ablesen der Zählerstände, zum Auswechseln oder Eichen oder Kontrollieren der Zähler, zum Anbringen von Rauchmeldern und dergleichen mehr, wozu der Gesetzgeber den Vermieter verpflichtet und damit zwingt, die Wohnung des Mieters zu betreten.

Diese Auffassung widerspricht auch nicht der genannten Entscheidung des BGH. Denn soweit der BGH dort verlangt, dass die Besichtigung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Wohnung der entspricht, ist dies gerade beim Abstellen auf die Lebensdauer eines Renovierungszyklus der Fall. Es liegen auch bei einer Besichtigung alle 5 Jahre keine Routinekontrollen mehr vor. Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin hier ein Recht zur Besichtigung der Wohnung.

2. Das Besichtigungsrecht entfällt auch nicht deshalb, weil die Klägerin bereits im Jahr 2012 die Wohnung besichtigt hätte. Nach Vortrag der Klägerin habe sie damals nur das Bad und die Diele besichtigt, aber nicht in der gesamten Wohnung. Diesem Vortrag hat die Beklagtenpartei nicht substantiiert widersprochen, §138 ZPO, im Übrigen auch keinen Beweis angeboten.”