Aus der Rubrik “Wissenswertes”:         

Kann allein in einer jahrelangen Zahlung eine Erklärung des Vermieters gesehen werden, eine Vertragsänderung herbeiführen zu wollen?

Die Antwort des Amtsgerichts Saarbrücken (AG Saarbrücken – 124 C 248/15, Urteil vom 27.06.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das AG Saarbrücken in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. wie folgt aus: “1. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Betriebskosten gemäß § 556 BGB und sonstiger Nebenkosten, da die Parteien dies im Mietvertrag vereinbart haben (Vergleich Palandt/Weidenkaff 75. Auflage, § 535 Rn. 87 ff).

1.1 Entgegen der Auffassung der Klägerseite gilt der Verteilungsschlüssel, der unter § 4 des Mietvertrags aufgeführt ist, für Wohnungen.

Die Regelung über die Umlage der Nebenkosten ist so aufgebaut, dass zunächst als Punkt 2a im Fließtext die einzelnen Umlagen für Nebenkosten bei Wohnungen aufgeführt sind, unter 2b im Fließtext die Umlagen für Nebenkosten bei Häusern, und anschließend ohne weiteren Gliederungspunkt die tabellarische Übersicht “Verteilungsschlüssel” folgt. Aus diesem Aufbau und vor allem daraus, dass der Verteilungsschlüssel Posten enthält, die in Ziff. 2a f (Wohnungen), nicht aber in Ziff. 2b (Häuser) aufgeführt sind, (z.B. Heizung, Wasserverbrauch, Kosten für Allgemeinstrom, Schornsteinfeger, Aufzugskosten) zeigt sich, dass der Verteilungsschlüssel (zumindest auch) für Wohnungen gilt.

1.2 Dieser Verteilungsschlüssel wurde nicht durch anderweitige Vereinbarung geändert. Denn die Parteien haben eine ausdrückliche Änderung nie vereinbart. Und auch stillschweigend durch jahrelange abweichende Übung haben die Parteien kein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart.

Zwar hat der BGH in den (versehentlich) zur Akte gehefteten Entscheidungen vom 29.05.2000 für Geschäftsraummiete (XII ZR 35/00) und vom 07.04.2004 bzgl. Wohnraummiete (VIII ZR 146/03) entschieden, dass die Pflicht, bestimmte zusätzliche Mietnebenkosten zu tragen, die durch ausdrückliche vertragliche Absprache nicht auf den Mieter umgelegt worden waren, durch jahrelange Zahlung konkludent durch den Mieter übernommen worden ist, also eine entsprechende Vereinbarung stillschweigend durch Zahlung zustande gekommen sei (ebenso OLG Celle, Entscheidung vom 16.10.2006).

Das Gericht folgt nunmehr- worauf es hingewiesen hat den seit 2007 ergangenen Entscheidungen des BGH, in denen er betont, dass allein durch (jahrelange) Zahlung eine Erklärung des Vermieters, eine Vertragsänderung herbeiführen zu wollen, nicht gesehen werden kann (z.B. BGH Urteil vom 10.10.2007,VIII ZR 279/06; BGH Urteil vom 27.01.2010, XII ZR 22/07).

Diese Ansicht überzeugt. Auch im vorliegenden Fall ist durch die jahrelange Zahlung der Nebenkosten durch die Beklagte eine Erklärung dahin, mit einer Änderung der festgelegten Vereinbarung zu ihrem Nachteil einverstanden zu sein, nicht zu entnehmen. Es entspricht vielmehr der Lebenserfahrung, dass die Beklagte angenommen hat, die Abrechnungen seien ordnungsgemäß erstellt und sie sei zu der Zahlung verpflichtet. Der Wille zu einer Vertragsänderung ist hier nicht erkennbar. Er tritt im Übrigen auch nicht auf Seiten des Vermieters zu Tage, der sich möglicherweise bei Vorlage der nicht selbst erstellten Abrechnung über den abweichenden Umlageschlüssel im Mietvertrag gar nicht im Klaren war.

Auch aus der gleichzeitigen Vorlage von Wirtschaftsplänen und der Bitte, die Vorauszahlungen entsprechend anzupassen, wie dies in den vergangenen Jahren der Fall war, ergibt sich nichts anderes, wie die Beklagtenseite zu Recht meint. Besondere Umstände, die nach Rechtsprechung des BGH für den Willen zur Vertragsänderung sprechen, sind hier nicht vorhanden.

Der Ansicht der Klägerseite, dass es sich nicht um eine Vertragsänderung, sondern nur um eine Konkretisierung handele, vermag das Gericht nicht zu folgen. Denn der Verteilerschlüssel, der unter § 4 des Mietvertrags aufgeführt ist, ist konkret, und die Abrechnung widerspricht dieser.”