Aus der Rubrik “Wissenswertes”: 

Kann sich ein Mieter nach Treu und Glauben auf eine vertragliche Regelung berufen, dass er bei Stellen eines Ersatzmieters aus dem Mietverhältnis zu entlassen ist, wenn er sich in einem Mietrückstand befindet, der den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt?

Die Antwort des Kammergerichts Berlin (KG Berlin – 8 U 234/14, Urteil vom 18.07.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das KG Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. g) aa) wie folgt aus: “Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, die Beklagte aufgrund des von ihr benannten Nachmieters F# aus dem Mietvertrag zu entlassen. Dabei kann dahinstehen, ob der Nachmieter grundsätzlich geeignet gewesen wäre, eine solche Verpflichtung der Klägerin aus § 1 Abs. 4 des Mietvertrages zu begründen. Denn selbst wenn dies der Fall war, würde einer solchen Verpflichtung der Klägerin, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nach Treu und Glauben der Umstand entgegenstehen, dass die Beklagte mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug war.

Zwar gibt es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhält. Rechtsverletzungen führen nur ausnahmsweise zu einem Wegfall eigener Ansprüche (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 242 Rn. 46). Liegt wie hier weder ein Fall unredlichen Erwerbs der eigenen Rechtsposition noch ein Fall unredlicher Vereitelung der gegnerischen Rechtsposition vor, so muss durch eine umfassende Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob und inwieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition nach Treu und Glauben verwehrt sein soll (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 – IV ZR 140/08). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat mit der Nichtzahlung des Mietzinses ihre Hauptpflicht aus dem Mietvertrag verletzt. Zum Zeitpunkt der endgültigen Ablehnung des Nachmieters mit Schreiben vom 7.11.2012 befand sich die Beklagte ausweislich des Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils mit der Zahlung des Mietzinses für die Monate Oktober und November 2012 in Verzug. Es lag mithin ein Zahlungsrückstand in einer Höhe vor, die nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages darstellt. Nach der Wertung des Gesetzgebers handelt es sich hierbei somit um eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung der Beklagten aus dem Mietvertrag. Das Interesse der Beklagten an der Zustimmung zu dem Mieterwechsel lag darin, nicht mehr primär für die Mietzahlungspflicht zu haften, da sie die Mieträume selber nicht mehr nutzen wollte und damit auch selber keinen Ertrag aus der Nutzung der Mieträume mehr erzielen würde. Dieses Interesse ist aber vor dem Hintergrund der eigenen Pflichtverletzung der Beklagten nicht schutzwürdig. Denn auch wenn die Kündigung der Klägerin vom 30.10.2012 nicht wirksam gewesen sein sollte, hat sie damit ebenso wie mit ihrem Schreiben vom 7.11.2012 jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund des Pflichtverstoßes der Beklagten nicht mehr wollte. Spätestens nachdem aufgrund des Verzuges auch mit der Mietzahlung für November 2012 ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Mietvertrages vorlag, wäre es daher mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, die Klägerin durch Eintritt des Nachmieters in den Mietvertrag an der Fortführung des Mietvertrages festzuhalten, obwohl dieser fristlos kündbar war.

Dies gilt um so mehr, als die Beklagte eine Entlassung aus dem Mietvertrag gemäß Ziffer 1 Abs. 4 des Mietvertrages allenfalls mit der Maßgabe beanspruchen konnte, dass sie für die Dauer von weiteren 12 Monaten in der Mietzahlungspflicht verbleibt, soweit der Nachmieter seinen Pflichten aus dem Vertrag nicht nachkommt. Insoweit kam es weiterhin auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Beklagten an, woran angesichts der eingetretenen Mietrückstände zu zweifeln war.

Die Klägerin hat den Zahlungsverzug der Beklagten auch nicht treuwidrig selber provoziert. Denn unabhängig davon, ob eine unberechtigte Ablehnung von Nachmietern geeignet wäre, eine Nichtzahlung des Mietzinses zu provozieren, hat die Beklagte – wie ausgeführt – solche unberechtigten Ablehnungen vor dem Eintritt ihres Zahlungsverzuges nicht einlassungsfähig dargelegt.”