Aus der Rubrik “Wissenswertes”:            

Hat ein ausländischer Mieter das Recht, sich nicht nur in Deutsch, sondern auch in seiner Muttersprache zu informieren?

Die Antwort des Amtsgerichts München (AG München – 412 C 11331/15, Urteil vom 22.10.2015) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht München in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. 2. wie folgt aus: “Gemäß § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Der Anspruch umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes. Die Anbringung einer mobilen Parabolantenne auf einem mitvermieteten Balkon einer Wohnung ist dann vertragswidrig, wenn sie sich nicht im Rahmen des den Mietern gemäß § 535 Abs. 1 BGB zu gewährenden vertragsgemäßen Gebrauchs hält bzw. wenn der Vermieter nicht aufgrund einer aus § 242 BGB herzuleitenden Nebenpflicht aus dem Mietvertrag eine solche Aufstellung zu dulden hat.

Zur inhaltlichen Bewertung des Klagebegehrens und der von den Parteien vorgetragenen Gründen muss eine Abwägung zwischen den jeweils geltend gemachten Interessen vorgenommen werden, namentlich zwischen dem Recht der Klägerin aus Art. 14 GG und dem aus Art. 5 GG resultierenden Recht auf Informationsfreiheit des Beklagten, wobei bezüglich des Beklagten zu berücksichtigen ist, dass ihm grundsätzlich das Recht zusteht, sich nicht nur auf Deutsch, sondern auch in seiner Herkunftslandessprache zu informieren.

Nach den von den Parteien vorgetragenen Tatsachen und den vorgelegten Lichtbildern überwiegt in vorliegendem Fall nach Auffassung des Gerichts das Interesse der Klägerin nicht das Interesse des Beklagten.

Die Gebäudesubstanz des Anwesens der Klägerin wurde durch das Aufstellen der Antenne durch den Beklagten nicht beeinträchtigt: Ein Schaden am Gebäude wurde das Aufstellen der Antenne seitens des Beklagten nicht verursacht – und zwar wurde weder die Substanz der Außenwände, noch die des Balkons, noch die der Fenster/Balkontür beeinträchtigt, weil der Beklagte zur Verkabelung ein sog. Flachkabel verwendete.

Soweit die Klägerin vorträgt, bereits das unsachgemäße Anbringen einer Antenne auf dem Balkon bringe die Gefahr mit sich, dass diese sich löse und herabfalle, so ist dieser Vortrag für das Gericht nicht nachvollziehbar. Inwieweit hier eine “unsachgemäße” Anbringung vorliegen soll, wird von der Klagepartei nicht weiter ausgeführt. Selbst wenn die Antenne herunterfallen sollte (wobei mögliche Gründe hierfür ebenfalls nicht von der Klagepartei vorgetragen wurden), so ist davon auszugehen, dass sie senkrecht aus geringer Höhe nach unten fällt und damit lediglich auf Fußboden des Balkons, weil die Antenne selbst gerade nicht über die Brüstung des Balkons hinausragt. Wie sich hieraus eine Gefährdung von Leib und Leben dritter Personen ergeben soll, für die die Klägerin schadensersatzpflichtig sein soll, ist dem Gericht nicht ersichtlich.

Innerhalb der Abwägung der jeweils beteiligten Interessen ist bezüglich des Eigentumsgrundrechts der Klägerin allerdings zu berücksichtigen, dass u. U. bereits eine optische Beeinträchtigung zu einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 GG führen kann:

Hier verhält es sich nach Ansicht des Gerichts zwar so, dass die streitgegenständliche Antenne zwar überhaupt auf dem Balkon des Beklagten wahrnehmbar ist, aber nicht in einem Maße, dass damit eine relevante Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin einhergeht: Die Fassade der Klägerin wird lediglich einem nicht erheblichen Maße berührt, weil die Parabolantenne über die Balkonbrüstung hinaus zumindest auf den von der Klägerin vorgelegten Fotos, – die zum Teil von einem Balkon auf gleicher Stockwerksebene wie die Wohnung des Beklagten gemacht wurden -, zu sehen ist. Es handelt sich um eine verhältnismäßig kleine Antenne, deren Schüssel sich vollständig innerhalb des Bereichs des Balkons befindet und deren Schüssel seitlich zum Balkon so ausgerichtet ist, dass die Schüssel in der Fassadenfront nur mit Mühe wahrnehmbar ist. Der Balkon des Beklagten befindet sich unstrittig im fünften Stock, so dass der perspektivische Blick des Betrachters auf Erdgeschossebene (“Fußgängerperspektive”) die Schüssel kaum wahrnehmen – kann, und dies auch nur dann, wenn sich der Betrachter weiter vom Anwesen entfernt. Die Schüssel ist nach innen in den Balkon hinein in der Art von Blumenkästen befestigt, ohne dass damit eine Substanzverletzung einhergeht. Die von der Klägerin vorgetragene “Gefahr”, die allein vom Aufstellen der Antenne auf dem Balkon des Beklagten ausgehen soll, kann das Gericht nicht nachvollziehen. Der Gesamteindruck der Fassade wird für den Betrachter nur in vernachlässigender Weise gestört auch deswegen, weil sich unmittelbar vor dem Balkon des Beklagten ein großer Baum befindet, der die Sicht auf den Balkon des Beklagten – und damit auch auf die Antenne – verdeckt.

Das Gericht hat sich über die vorgelegten Fotos und über googlemaps einen eigenen Eindruck vom Anwesen verschafft. Es handelt sich um ein Hochhaus, in dessen unmittelbarer Umgebung keine anderen Wohngebäude zu verzeichnen sind. Die nächsten Gebäude befinden sich um Abstand von 60-100 m zum streitgegenständlichen Objekt. Im Wesentlichen ist das Gebäude der Klägerin von Grünflächen und der daran anschließenden Straße … umgeben, so dass ein Einsehen des Balkons des Beklagten auf der Höhe des Balkons – auch wegen des davor stehenden Baums – nahezu unmöglich ist. Die Antenne wurde am äußersten Ende des Balkons des Beklagten angebracht. Der Balkon selbst befindet sich am äußeren Ende des Gebäudes, so dass die Antenne nicht als optisch störendes Element anzusehen ist. Die optisch ungeschmälerte Erhaltung des klägerischen Wohnhauses bzw. der Fassadenfront ist aus Sicht des Gerichts ohne nennenswerte Einschränkungen und Beeinträchtigungen gewährleistet.

Das Interesse des Beklagten geht dahin, über die von ihm aufgestellte Antenne irakische Fernsehsender aus dem Irak auf arabisch zu empfangen, die er über das Breitbandkabelnetz nicht empfangen kann. Der Beklagte ist tatsächlich nicht im Besitz eines internetfähigen Fernsehers und sein Computer eignet sich aus technischen Gründen nur bedingt dazu, Videos in angemessener Qualität darzustellen.
In Abwägung der widerstreitenden Interessen ist das Gericht daher der Ansicht, dass die Balkonnutzung des Beklagten in der vorliegenden Art mittels Aufstellens der Antenne noch innerhalb des zulässigen Mietgebrauchs der Wohnungsnutzung liegt, weil keine nennenswerte Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin zu verzeichnen ist. Die Klage ist daher abzuweisen.”