Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Darf der Mieter die von ihm geleistete Kaution gegen Ende der Mietzeit “abwohnen”?

Die Antwort des Amtsgerichts Calw (AG Calw – 8 C 148/16, Urteil vom 01.07.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Calw in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat gem. § 535 Abs.2 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der rückständigen Mieten für die Monate Oktober und November 2015 in Höhe von jeweils 590,00 monatlich, also insgesamt in Höhe von 1.180,00 Euro.

Diese Forderung ist nicht durch die Aufrechnung der Beklagten mit ihrem Kautionsrückzahlungsanspruch gem. § 389 BGB erloschen. Voraussetzung einer erfolgreichen Aufrechnung ist u.a. die Fälligkeit der Gegenforderung (vgl. Palandt BGB, § 387 Rn.11 m.w.N.)

Der durch die Beklagte erstmals im Prozess zur Aufrechnung gestellte Kautionsrückzahlungsanspruch ist vorliegend nicht fällig, da das Sicherungsinteresse der Klägerin immer noch fortbesteht. Der Mieter ist nicht berechtigt, seinen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gegen Mietforderungen des Vermieters aufzurechnen. Der Mieter darf die Kaution gegen Ende der Mietzeit also nicht “abwohnen”.

Grundsätzlich ist der Vermieter jedoch verpflichtet, eine vom Mieter geleistete Kaution (§ 551 BGB) nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben, sobald er diese zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Mietverhältnis nicht mehr benötigt. Fällig wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution aber nicht bereits im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses. Vielmehr ist dem Vermieter nach der Rspr. eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb derer er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will; erst danach wird der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution fällig (vgl. BGH BeckRS 2006, 03756, BGHZ 101, 244, 250). Wie viel Zeit dem Vermieter zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Diese können so beschaffen sein, dass mehr als sechs Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sind. Bei der regelmäßig zugebilligten Prüfungsfrist von sechs Monaten handelt es sich nach der Rspr. nicht um eine Höchst-, sondern allenfalls um eine Mindestfrist (vgl. LG Berlin, BeckRS 2011, 04726). Zu den Ansprüchen des Vermieters, die durch Kaution gesichert werden, gehören auch Nachforderungen auf die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten. Der Vermieter hat es im Allgemeinen nicht in der Hand, die Nebenkosten bei einer Beendigung des Mietverhältnisses innerhalb einer laufenden Abrechnungsperiode sogleich abzurechnen. Wegen laufender Abrechnungsperiode ist er dazu schon wegen der fehlenden Daten von Versorgungsunternehmen in der Regel nicht in der Lage. Zu einer Teilabrechnung ist der Vermieter gem. § 556 Abs.3 S.4 BGB nicht verpflichtet.

Die Klägerin darf vorliegend, unabhängig von der Tatsache, dass die Wohnung nur in den Sommermonaten angemietet wurde, davon ausgehen, dass eine höhere Betriebskostennachzahlung durch die Beklagte zu erwarten ist, da die vereinbarte Betriebskostenvorauszahlung von 180,00 Euro/Monat sich ursprünglich nur auf zwei Personen bezogen hat, wobei zumindest drei Personen ständig in der Wohnung gelebt haben. Daraus folgt beispielsweise ein erhöhter Wasserverbrauch.

Im Übrigen steht der Klägerin gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1, Abs.2, 286, 398 BGB zu, da sich die Beklagte mit der Zahlung der Mieten für die Monate Oktober und November 2015 im Verzug befand. Auch dieser Anspruch ist von dem Sicherungsinteresse der Klägerin an der hinterlegten Kaution umfasst.

Über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte musste vorliegend nicht entschieden werden, da die innerprozessuale Bedingung für die Entscheidung, nämlich die Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs, nicht gegeben war.

Im Übrigen wären behauptete Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen der Verunreinigung des Teppichbodens im Kinderzimmer der Wohnung noch nicht verjährt. Denn grundsätzlich kann der Vermieter auch mit einer verjährten Forderung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnen, insbesondere mit einer solchen, die der sechsmonatigen Verjährung des § 558 BGB unterliegt. Nach der Rspr. ist der Vermieter von Wohnraum deshalb allein, weil er die vom Mieter gestellte Kaution innerhalb von sechs Monaten seit Beendigung des Mietverhältnisses nicht abgerechnet hat, nicht gehindert ist, mit gem. § 558 BGB verjährten Schadensersatzforderungen wegen Veränderung oder Verschlechterung der vermieteten Sache gegen den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufzurechnen (vgl. BGH MW 1987, 2372).

Da sich die Beklagte mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug befand, ist sie überdies gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr.1, 288 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin Verzugszinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus abgetretenem Recht (s.o.) zu bezahlen.”