Liegt eine Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand der Mietsache dar, wenn der Vermieter die Mietsache im Rahmen seiner Erhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB wesentlich verändert?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 315/15, Urteil vom 07.09.2016) lautet: Ja!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der Austausch des ursprünglich vorhandenen Fliesenbodens auf der streitgegenständlichen Terrasse durch die Beklagten hat zu einer Abweichung vom vertragsgemäßen Zustand der Mietsache geführt. Zwar ist ein bestimmter Bodenbelag nicht als vertraglich geschuldet vereinbart. Insoweit ist jedoch bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung durch Auslegung zu ermitteln, was der Vermieter schuldet und welchen Standard die Parteien in Ansehung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrssitte voraussetzen durften und wollten, §§ 133, 157 BGB (BGH, Urt. v. 10. Mai 2006, VIII ZR 23/04, NZM 2006, 582). Regelmäßig wird auch der Zustand der Mietsache bei Vertragsschluss Aufschluss über die “Vertragsgemäßheit” geben (so auch LG Stuttgart, Urt. v. 1. Juli 2015, 13 S 154/14, NJW-RR 2015, 1494). Zwar darf der Vermieter die Mietsache im Rahmen der Erhaltungspflicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB unwesentlich und ohne Wertverlust verändern. Er ist jedoch gehalten, den ursprünglichen Zustand der Mietsache möglichst zu erhalten bzw. etwa nach Beseitigung von Mängeln wiederherzustellen (Eisenschmid, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 535 Rn 63). Wesentliche Veränderungen muss der Mieter grundsätzlich nicht hinnehmen. Vorliegend ist davon auszugehen, dass bei einer zu einer 1,5 Zimmer-Wohnung gehörenden Terrasse, die ca. 1/3 der Gesamtmietfläche ausmacht, deren Beschaffenheit der Mietsache insgesamt in nicht unerheblichem Maße ihr Gepräge gibt. Hierzu gehört auch maßgeblich der Bodenbelag, ohne dass es insoweit besonderer Vereinbarungen der Parteien zur konkreten Nutzung der Terrasse – etwa für das Aufstellen von Blumenkübeln – bedarf. Der nunmehr verlegte Holzbodenbelag ist zu dem ursprünglich vorhandenen Fliesenbelag auch nicht vergleichbar. Dies ist angesichts der unterschiedlichen Material- und Oberflächenbeschaffenheit evident; eine Beweiserhebung ist insoweit nicht veranlasst. Auf die Frage der Kosten des Bodens kommt es nicht an (so auch LG Berlin, Urt. v. 1. Dezember 2009, 63 S 162/09). Auch die Wertverbesserung ist außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 555 c ff. BGB unbehelflich.
Der Kläger ist an der Geltendmachung seines Instandsetzungsanspruchs auch nicht deshalb gehindert, weil er den Einbau des Holzbodens faktisch geduldet hat. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2014 hat er zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass er den Austausch des Bodenbelags nicht dauerhaft hinzunehmen bereit sei. Allein der tatsächlichen Hinnahme der Arbeiten konnten und durften die Beklagten angesichts dessen nicht entnehmen, dass der Kläger den nunmehrigen Zustand als vertragsgemäß genehmige.”