Genügt der pauschale Hinweis eines Vermieters in einer Eigenbedarfskündigung, die von ihm vermietete Wohnung “für eigene Zwecke” zu benötigen, den Anforderungen der gesetzlichen Begründungspflicht nach § 573 Abs. 3 BGB?
Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 67 S 247/16, Urteil vom 15.11.2016) lautet: Nein!
Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. 1. wie folgt aus: “Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung der von ihr inne gehaltenen Wohnung in der … Straße 31 in … Berlin aus §§ 546 Abs. 1, 985 BGB; das zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Mietverhältnis ist durch die Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB beendet worden.
Weder das Kündigungsschreiben vom 24. Juni 2015, noch die Schriftsatzkündigungen vom 22. Dezember 2015 und 10. Februar 2016 genügen den Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB. Dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung (vgl. BT-Ds. 14/4553, § 573 Abs.3 BGB-E., S. 66).
Die Begründungspflicht nach § 573 Abs. 3 BGB verfolgt den Zweck, es dem Mieter zu ermöglichen, sich frühzeitig Klarheit über seine Rechtsstellung zu verschaffen (vgl. BT-Ds. 14/4553, a.a.O.). Ein Kündigungsschreiben, das lediglich den Gesetzeswortlaut oder das Kündigungsinteresse – wie z. B. die Absicht der eigenen Nutzung der Wohnung – mitteilt, genügt diesem Zweck nicht. Der Vermieter erfüllt seine Begründungspflicht vielmehr nur, wenn er dem Mieter den für die Kündigung wesentlichen Lebenssachverhalt, die sog. Kerntatsachen für ein Benötigen, offen legt, d. h. alle wesentlichen Tatsachen und Lebensvorgänge bekannt gibt, aus denen sich – hier – der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ergibt. Der Mieter muss auf der Grundlage des vom Vermieter mitgeteilten Sachverhaltes überprüfen können, ob er die Kündigung mit Aussicht auf Erfolg in Frage stellen kann oder hinnehmen will (vgl. zu alledem BverfG Beschl. v. 28. Januar 1992 – BvR 1319/91, Tz. 16ff.; Kammerbeschl. v. 09.02.2000 – 1 BvR 889, Tz. 11f; Kammerbeschl. v. 3. Februar 2003 – 1 BvR 619/02, Tz. 11ff.; LG Berlin, Beschl. v. 20. April 2015 – 65 S 4/15, Tz. 6).
Zwar hat der Kläger seine Absicht mitgeteilt, die Wohnung für sich selbst zu nutzen zu wollen. Er hat sich aber auch in den schriftsätzlichen Kündigungen im Übrigen nur auf die bloße Mitteilung beschränkt, dass er seit zwei Jahren in Berlin lebe, ein Restaurant betreibe, derzeit bei Freunden wohne und die seinen Wohnbedarf abdeckende Wohnung ersteigert zu haben, um dort einzuziehen.
Dies wird dem Begründungserfordernis unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks zugunsten des Mieters nicht gerecht. Nach den dargelegten Maßstäben beanstandet die Beklagte zu Recht, dass der Kläger nicht einmal einen konkreten Sachverhalt beschreibt, auf den er sein Interesse an der Wohnung stützt. Auch die pauschale Angabe, derzeit bei Freunden zu wohnen, ist zu unkonkret und nicht nachprüfbar, da sich daraus keinerlei Einzelheiten der genauen Wohnsituation ergeben und nicht klar ist, ob beispielsweise ein (Unter-) Mietvertrag besteht, wie groß der ihm zur Verfügung stehende Wohnraum ist, ob es sich nur um eine Notlösung handelt, etc. Zudem ist anders als im Fall der Eigenbedarfskündigung zu Gunsten eines volljährig werdenden Kindes (BGH – VIII ZR 78/10, NJW 2010, 3775, darauf bezieht sich das von dem Amtsgericht herangezogene Zitat im Schmidt/Futterer-Blank), das seinen eigenen Hausstand begründen soll, nicht ohne weiteres nachvollziehbar, inwiefern der Kläger die streitbefangene Wohnung für sich selbst zu Wohnzwecken tatsächlich benötigt. Die Angabe “… weil ich die Wohnung für eigene Zwecke benötige” umschreibt als bloße Leerformel lediglich den Begriff des Eigenbedarfs, ohne zur Information die derzeitigen Wohnverhältnisse – das pauschal benannte Wohnen bei Freunden (wobei es an anderer Stelle heißt, der Kläger wohne in seinem Restaurant) – jedenfalls kurz und verständlich darzustellen, um eine Überprüfung der bisherigen räumlichen Wohnverhältnisse durch die Mieterin zu ermöglichen (vgl. LG Bochum, Urt. v. 18. Mai 1993 – 9 S 15/93; Blank in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 573 Rn. 225 jeweils m.w.N.). Damit werden auch keine unzumutbaren Anforderungen an das Begründungserfordernis gestellt.
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen sind die Kündigungsschreiben nicht ausreichend, so dass sie formell unwirksam sind. Die erstmals allenfalls durch die Aussage des Zeugen Mori erfolgte Konkretisierung der bisherigen Wohnverhältnisse erfolgte auch ausgehend davon, dass sich der Kläger diese zu eigen macht, zu spät, da eine Heilung der formell unwirksamen Kündigungen im Laufe des Rechtsstreits nicht möglich ist.”