Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Handelt es sich um eine Modernisierungsmaßnahme, die zu einer Mieterhöhung nach § 559 BGB berechtigt, wenn der Vermieter nach Mietvertragsabschluss aufgrund der Änderung der Landesbauordnung zur Schließung der Müllabwurfanlage und der Müllnebenschächte verpflichtet ist?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 311/16, Urteil vom 03.03.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass sich die von ihr an die Beklagte zu zahlende monatliche Miete nicht aufgrund der Mieterhöhung nach § 559 BGB wegen der von der Beklagten vorgenommenen Erweiterung der Müllplätze, Errichtung von Recyclingannahmestellen, Schließung der Müllabwurfanlagen und Schließung der Müllnebenschächte um 4,70 Euro erhöht hat. Die Beklagte konnte die Miete gegenüber der Klägerin zum 01.04.2016 gem. § 559 Abs. 1 BGB erhöhen, weil sie eine Modernisierungsmaßnahme nach § 555b Nr. 6 BGB durchgeführt hat.

Danach stellen bauliche Veränderungen, die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, und keine Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a BGB sind, Modernisierungsmaßnahmen dar. Dabei hat der Vermieter nur solche baulichen Veränderungen nicht zu vertreten, zu deren Vornahme er nach dem Vertrag nicht verpflichtet war und die er weder voraussehen noch vermeiden konnte, vor allem weil sie auf technischen Änderungen oder unerwarteten gesetzlichen Anordnungen beruhen (vgl. Emmerich in Staudinger, Bearbeitung 2014, § 555b BGB Rn. 37). Die Beklagte war hier aufgrund des infolge einer Änderung der Berliner Bauordnung vom 29.06.2011 (GVBl. S. 315 ff.) – mithin nach Mietvertragsabschluss im Jahr 1995 – eingeführten § 46 Abs. 3 S. 2 BauO Bln a.F. zur Schließung der Müllabwurfanlage verpflichtet. Danach waren bestehende Abfallschächte bis spätestens zum 31.12.2013 außer Betrieb zu nehmen. Hierbei handelt es sich zweifelsohne um eine Verpflichtung, die die Beklagte weder voraussehen noch vermeiden konnte. Zwar sieht § 46 Abs. 3 S. 4 BauO Bln a.F. vor, dass S. 2 keine Anwendung findet, wenn die Einhaltung der abfallrechtlichen Trennpflichten und die brandschutzrechtlichen Belange gewährleistet sind. Dadurch wird dem Vermieter ein Ermessen dahingehend eingeräumt, ob er die vorhandene Abfallanlage den gesetzlichen Vorschriften entsprechend baulich anpasst oder die Anlage schließt. Es ist hier jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihr Ermessen in irgendeiner Weise sachfremd ausgeübt hätte. Bei der Prüfung, ob der Vermieter gesetzlich verpflichtet ist, die bestehende Anlage außer Betrieb zu nehmen, ist gerade auf den bestehenden Ist-Zustand abzustellen und nicht darauf, ob der Vermieter hier hätte auch Maßnahmen ergreifen können, einen den Anforderungen des Gesetzes genügenden Zustand herzustellen. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet dafür ist, dass die bestehende Anlage die abfallrechtlichen Trennpflichten bzw. Brandschutzvorschriften nicht einhält bzw. eingehalten hat. Unstreitig ist jedoch insofern, dass der vorhandene Abfallschacht keine Möglichkeit zur Mülltrennung vorsah und daher nicht ohne weiteres den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre durch eine etwaige Anordnung, wonach künftig nur noch eine Sorte Müll in den Abwurfschacht geworfen werden darf, die Einhaltung der abfallrechtlichen Trennpflichten (§ 11 KrW-/AbfG Bln) nicht gewährleistet. Eine solche Anordnung wäre nicht im gleichen Maße effektiv wie eine Stilllegung der Abwurfanlage verbunden mit der Errichtung einer Müllstandsfläche mit den Trennpflichten entsprechenden Entsorgungsgelegenheiten, denn es bestünde weiterhin die Gefahr, dass die Mieter aus Bequemlichkeit vornehmlich den Abwurfschacht für sämtlichen Hausmüll benutzen würden. Im Übrigen wäre auch bei einer solchen Anordnung die Erweiterung des Müllplatzes notwendig gewesen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich hier auch nicht um eine Instandsetzungsmaßnahme nach § 555a BGB. Unter einer solchen Maßnahme sind nur Maßnahmen zur Verhinderung oder Beseitigung drohender oder schon entstandener Schäden oder Mängel an der Mietsache zu verstehen (Emmerich aaO, § 555a BGB Rn.4). Hingegen können hierunter nicht solche Maßnahmen fallen, die notwendig werden, um (neuen) gesetzlichen Anforderungen zu genügen, während der vertragsgemäße Zustand weiterhin besteht. Bauliche Veränderungen, die notwendig werden, um neuen gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, sind gerade von § 555b Nr. 6 BGB als Modernisierungsmaßnahme erfasst.

Darauf, ob durch die Maßnahme der Wohnwert erhöht wird, kann es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ankommen. § 555b Nr. 6 BGB enthält insofern eine Legaldefinition einer Modernisierungsmaßnahme und setzt eine Wohnwerterhöhung, anders als § 555b Nr. 5 BGB, gerade nicht voraus.

Nicht überzeugen kann der Einwand, bei der Außerbetriebnahme des Müllschachtes handele es sich um eine Verringerung der vertragsgemäßen Leistung, die eine Vereinbarung mit dem Mieter voraussetze. Ein solches Verständnis widerspricht der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 3 S. 2 BauO Bln a.F., wonach Abfallschächte außer Betrieb zu nehmen sind. Die Durchsetzung dieser gesetzlichen Anordnung kann nicht vom Willen einzelner Mieter abhängen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin, wonach gem. § 559 Abs. 1 BGB nur diejenigen Kosten umgelegt werden können sollen, die konkret auf die Wohnung aufgewendet worden sind, legt die Vorschrift lediglich einen Umlagemaßstab fest (vgl. Emmerich aaO, § 559 BGB Rn. 26). Sind wie hier Modernisierungskosten für mehrere Wohnung angefallen, sind diese nach einem vom Vermieter nach billigem Ermessen auszuwählenden Verteilungsschlüssel (z.B. Fläche der Wohnung) zu verteilen, vgl. § 559 Abs. 3 BGB. Weitere Einwendungen gegen das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1, Abs. 3 BGB macht die Klägerin nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich.”