Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Rechtfertigen Wohnungsleerstände es, von der Heizkostenverordnung und den dort gesetzlich festgeschriebenen Verteilungsmaßstäben abzuweichen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 18 S 1/16, Beschluss vom 22.08.2016) lautet: Nein!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Berufung bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als die Beklagte sich gegen den der Heizkostenabrechnung zu Grunde gelegten Verteilungsmaßstab wendet und meint, die Vermieterin müsse sie wegen eines zeitanteiligen Leerstands der angrenzenden Wohnungen im Erdgeschoss und im 2. OG von einem Teil der ihr nach dem ermittelten Verbrauch belasteten Kosten freistellen.

Die streitgegenständliche Heizkostenabrechnung genügt den Vorgaben der Heizkosten­verordnung, indem die Heizkosten entsprechend § 7 HeizkostenVO je hälftig nach dem Verhältnis der Flächen und nach dem erfassten Verbrauch verteilt wurden. Wohnungsleerstände rechtfertigen es nicht, von der Heizkostenverordnung und den dort gesetzlich festgeschriebenen Verteilungsmaßstäben abzuweichen; das gilt selbst dann, wenn ein sehr hoher Anteil leer stehender Wohnungen im Einzelfall dazu führt, dass die letzten verbliebenen Wohnungsmieter mit den verbrauchsabhängig berechneten Kosten einen überproportional hohen Anteil der Fixkosten auferlegt bekommen (vgl. BGH, 10.12.2014 – VIII ZR 9/14).

Eine Korrektur der sich auf Grundlage der Heizkostenverordnung ergebenden Kostenverteilung kommt nur nach § 242 BGB und erst dann in Betracht, wenn sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Davon kann erst die Rede sein, wenn die gesetzlich vorgesehene Kostenverteilung im Einzelfall nicht mehr geeignet ist, die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 28 f.). Dabei ist davon auszugehen, dass “eine völlige Abwälzung des Leerstandsrisikos auf den Vermieter nach der Heizkostenverordnung nicht möglich” (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 24) und auch nicht erforderlich ist, da das Gesetz “eine absolute Verteilungsgerechtigkeit bei der Umlage von Betriebskosten nicht” fordert (BGH, a. a. O., Rn. 29). Leerstände sind sowohl für Vermieter als auch für die verbleibenden Mieter nachteilig. Der Vermieter muss jedenfalls die verbrauchsunabhängigen Heizkostenanteile tragen, ohne Mieteinnahmen zu erzielen, während Mieter von erhöhten Verbrauchskostenumlagen betroffen sein können. Es entspricht der Billigkeit, wenn die verbleibenden Mieter einen angemessenen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen haben (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 30).

Die Beklagte trägt zwar schlüssig vor, dass sie zusätzliche Heizenergie aufwandte, weil die nach oben und unten angrenzenden Wohnungen jedenfalls zeitweise unbewohnt und nur in geringfügigem Umfang beheizt waren. Davor ist sie jedoch in einem Mehrfamilienhaus nicht geschützt; sie hat weder Anspruch darauf, dass die jeweiligen Nachbarn ihre Mieträume auf behagliche Temperaturen erwärmen, noch kann sie vom Vermieter verlangen, sie von den energetischen Folgen eines vorübergehenden Leerstandes der Nachbarwohnungen freizustellen. Dass die der Beklagten durch den Wohnungsleerstand entstandenen Verbrauchskosten eine “Opfergrenze” überschritten und die Klägerin deswegen gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben gehindert wäre, den Abrechnungssaldo durchzusetzen, vermag die Kammer nicht zu erkennen.”