Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Handelt es sich bei der einmaligen Verwendung eines Mustervertragsformulars um Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn das Formular generell für eine Vielzahl von Fällen gedacht ist?

Die Antwort des Landgerichts Nürnberg-Fürth (LG Nürnberg-Fürth – 7 S 8871/16, Beschluss vom 16.03.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Nürnberg-Fürth in seiner vorgenannten Entscheidung unter 1. und 2. wie folgt aus: “1. Soweit seitens der Berufungsführer gerügt wird, das Erstgericht habe zu Unrecht die Regelung des § 22 des Mietvertrages bzw. den Mietvertrag insgesamt als Allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt, ist das Ersturteil nicht zu beanstanden.

Den Sachvortrag der Kläger zugrunde gelegt, kommt auch die Kammer zu dem Ergebnis, dass kein Individualvertrag, sondern seitens der Vermieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, welcher der Inhaltskontrolle des § 307 BGB zu unterziehen sind. Zunächst wird auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts insoweit Bezug genommen.

“Nach der Rechtsprechung des BGH ist individuelles Aushandeln mehr als Verhandeln. Von einem Aushandeln ist nur dann auszugehen, wenn der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner Allgemeinen Geschäftsbedingung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (vgl. BGHZ 200, 326 = NZBau 2014, 348 = NJW 2014, 1725 = NZM 2014, 440 = ZfBR 2014, 467 Rn. 27; NJW 2013, 856 = NVwZ 2013, 382 = NZM 2013, 159 = ZfBR 2013, 151 = BauR 2013, 462 Rn. 10; BGHZ 153, 311 [321] = NZBau 2003, 321, = NJW 2003, 1805 = BKR 2003, 459 = ZfBR 2003, 447 mwN)” (NZBau 2016, 213, beck-online).

Vorliegend ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine Möglichkeit der Abweichung von dem generellen Verbot der Tierhaltung gemäß des existierenden WEG-Beschlusses von – 1989 in irgendeiner Weise in den Raum gestellt war. Die, Behauptung der Kläger, § 22 des Mietvertrags habe auch kein generelles Tierhalteverbot, sondern ausschließlich ein Hundehalteverbot bedeuten sollen, wird schon durch den eindeutigen Wortlaut der getroffenen Regelung widerlegt. Der handschriftlich eingefügte Satz ist kurz und unmissverständlich und entspricht im Übrigen wie das Amtsgericht zutreffende hervorhebt – genau der Regelung aus dem WEG-Protokoll 1989. Genügend ist auch die einmalige Verwendung eines Vertragsformulars (Mustervertrags), zB eines Mietvertragsformulars, wenn das Formular generell für eine Vielzahl von Fällen gedacht ist [BGH 184, 263 [Gebrauchtwagenmustervertrag]; ZIP. 05, 1604 [Bauvertrag], Jauernig/Stadler BGB, 16. Aufl., § 305 Rn. 2-7, beck-online). Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Absicht der mehrmaligen inhaltsgleichen Verwendung des streitgegenständlichen Mietvertrages nahe liegt und auch seitens der Kläger nicht entkräftet wurde. Diese stehen vielmehr offensichtlich auf dem Standpunkt, dass die Formulierung in § 22 eine. (zwingende) Folge ihrer eigenen eigentümerrechtlichen Verpflichtung im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.

Allein der Hinweis des Vermieters gegenüber dem Mieter bei Vertragsabschluss, dass eine Regelung in der Eigentumswohnanlage Hundehaltung untersage und die Antwort der Mieterin, dass sie berufstätig sei, so dass eine Hundehaltung für sie ohnehin nicht in Frage käme, ändert auch nichts an der weitreichenden Formulierung der gegenständlichen zu überprüfenden Klausel. Die Klausel des § 22 des Mietvertrages mit dem umfassenden Verbot jeglicher Tierhaltung ist jedoch nach § 307 Abs.2 Nr.1 BGB unwirksam. Dies entspricht herrschender Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt (BGH, Urt. v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12 (LG Essen mit weiteren Nachweisen.

Das Ersturteil bewertet dies rechtlich zutreffend, so dass ein Verstoß gegen materielles Recht insoweit schon nicht besteht.

2. Auch die Ausführungen des Amtsgerichts zu § 10 des Mietvertrages halten berufungsrechtlicher Überprüfung stand. Die Kammer nimmt zur Vermeidung. von Wiederholungen ausdrücklich Bezug auf die Gründe des genannten Urteils. Auch. die Kammer hält die Formulierung “Unzuträglichkeiten” für zu unbestimmt. Ferner kommt es hierauf aber im Ergebnis nicht an, da der Vermieter dann zur Erlaubnis verpflichtet wäre, wenn eine Abwägung der widerstreitenden Interessen und aller relevanten Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die Hundehaltung im konkreten Fall eine vertragsgemäße Nutzung darstellt und keine überwiegenden Belange der Vermieter entgegen stehen. Solche überwiegenden Belange der Vermieter sind aber gerade nicht ausreichend dargelegt.

Soweit die Berufungskläger darauf abstellen, dass Beeinträchtigungen für andere von dem Hund ausgehen, sind diese Beeinträchtigungen, wie die Berufungsgegnerin bereits in der ersten Instanz zutreffend gerügt hat, nicht substantiiert dargestellt. Eine Zeugeneinvernahme kam daher nicht in Betracht, sondern wäre vielmehr einer Ausforschung gleich gekommen. Soweit die Kläger nunmehr erstmals in der zweiten Instanz einen konkreten Vorfall mit Datum benennen, ist dieser Vortrag verspätet und nach § 531 ZPO zurückzuweisen. Darüber hinaus wäre der auch nunmehr erfolgte Sachvortrag nicht geeignet, eine konkrete Beeinträchtigung nachzuvollziehen. Soweit behauptet wird, der Hund habe in den wohl mit vermieteten Vorgarten gekotet, ist nicht ersichtlich, wodurch insoweit bei einem einmaligen Vorfall eine Beeinträchtigung anderer Bewohner gegeben ist.
Rechtsfehler des Ersturteils liegen in diesem Zusammenhang daher ebenfalls nicht vor.

Da das Ersturteil somit in den von den Berufungsführern vorgebrachten Punkten nicht rechtsfehlerhaft ist, ist die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg.”