Aus der Rubrik “Wissenswertes”:              

Ist bei einem bereits seit längerer Zeit bestehendem Mietverhältnis, bei dem ein Bettwanzenbefall eintritt, davon auszugehen, dass der Mieter den Befall zu verantworten hat, sofern er sich nicht exkulpieren kann?

Die Antwort des Amtsgerichts Neukölln (AG Neukölln – 16 C 395/16, Urteil vom 08.03.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Amtsgericht Neukölln in seiner vorgenannten Entscheidung wie folgt aus: “Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 339,32 Euro gemäß § 280 Abs. 1 BGB.

Denn der Beklagte hat seine Obhutspflicht und damit eine Nebenpflicht aus dem Mietvertrag (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 535 BGB) verletzt.

Nach § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen; dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Die von dem Beklagten gemietete Wohnung wies nach längerer Mietzeit Bettwanzen auf. Der Entscheidung ist zugrundezulegen, dass der Beklagte den Bettwanzenbefall zu vertreten hatte, also den Befall zumindest leicht fahrlässig verursacht hat (vgl. § 276 BGB). Denn der Beklagte hat sich nicht dahin zu exkulpieren vermocht, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe.

Ist bei einer Störung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache (vgl. § 538 BGB), den der Befall mit Bettwanzen darstellt, streitig, ob der Mangel oder Schaden vom Mieter oder Vermieter zu vertreten ist, gilt die Sphärentheorie (vgl. Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, 12. Aufl. 2015, § 536 BGB, Rn. 494). Nach dieser wird die Darlegungs- und Beweislast nach Verantwortungsbereichen verteilt; aufgrund der gesetzlichen Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, hat nach der Sphärentheorie daher zunächst der Vermieter zu beweisen, dass die Schadensursache nicht in seinem Herrschafts- und Einflussbereich gesetzt worden ist (Eisenschmid a. a. O. m. w. N.). Erst wenn die � Schadensursache insoweit ausgeräumt ist, muss sich der Mieter hinsichtlich seines – vermuteten – Verschuldens entlasten (Eisenschmid a. a. O. m. w. N.).

Dies gilt jedoch nicht, wenn im Obhutsbereich des Mieters beim Mietgebrauch ein Schaden entsteht (BGH, Grundeigentum 1998, 175 f.; KG, MDR 2010, 1109 f). Vorliegend ist der Bettwanzenbefall im Gefahrenbereich des Beklagten, beim Mietgebrauch, entstanden. Unstreitig besteht der Mietverhältnis seit längerer Zeit. Es ist gerichtsbekannt, dass Bettwanzen, Parasiten, die sich von Blut ernähren und nach dem Blutsaugen vom Wirt ablassen, sich z. B. in Betten, Sofas, Teppichen, gebrauchten Textilien aufhalten können. Die Parasiten werden in der Regel mit Möbeln oder den Kleidern am Leib in die Wohnung “eingeschleppt”. Zwar können die bei Einzug leeren Wohnräume bereits befallen sein und die Bettwanzen sich dann in der Folge weiter ausbreiten. Dies ist hier jedoch nicht anzunehmen, da das Mietverhältnis bereits seit längerer Zeit bestand.

Den durch die Beseitigung des Bettwanzenbefalls der Wohnung entstandenen Schaden in Form der an den Kammerjäger durch die Klägerin gezahlten Vergütung hat der Beklagte zu ersetzen.”