Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist der vertragliche Herausgabe- und Räumungsanspruch nach Beendigung des mit mehreren Mietern begründeten Mietverhältnisses auch gegen denjenigen begründet, der im Gegensatz zu den anderen den Besitz an der Mietsache durch seinen Auszug bereits endgültig aufgegeben hat?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 65 S 163/16, Beschluss vom 03.08.2016) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter I. wie folgt aus: “Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513ZPO. Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verurteilt, die Wohnung Nr. 15 in der …….. , in … Berlin sowie den links gelegenen Raum Nr. 16 zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Insbesondere konnte der Räumungsanspruch auch gegen die Beklagte zu 1) geltend gemacht werden. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung, die Beklagte zu 1) habe schon im Verfahren vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg – 13 C 470/11 eine vertragliche Beziehung gegenüber dem Rechtsvorgänger der Kläger abgelehnt, treffen nicht zu. Das Amtsgericht hat in diesem Verfahren festgestellt, dass seit Februar 2008 ein mündlicher Mietvertrag “zwischen den Parteien” also auch mit der Beklagten zu 1) bestand und auf dieser Grundlage die Räumungsklage abgewiesen. Auch wenn die Beklagte zu 1) nunmehr aus der Wohnung ausgezogen sein sollte und diese nicht mehr nutzen sollte, bleibt sie aufgrund des mündlichen Mietvertrages Partei des Mietverhältnisses. Die Aufgabe des Besitzes führt nicht zur Beendigung des Vertragsverhältnisses und einem Wegfall der sich daran ergebenden Pflichten.

Einer entsprechenden Räumungsklage gegen die Beklagte zu 1) fehlt es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Der vertragliche Herausgabe- und Räumungsanspruch nach Beendigung des mit mehreren Mietern begründeten Mietverhältnisses ist auch gegen denjenigen begründet, der im Gegensatz zu den anderen den Besitz an der Mietsache durch seinen Auszug endgültig aufgegeben hat, da der Räumungstitel dem Vermieter Schutz dafür bietet, dass der ausgezogene Mieter micht seinen Entschluss revidiert und in die Räume zurück (KG Beschluss vom 25.07.2006 – 8 W 34/06; Streyl in Schmidt/Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 12. Auflage, § 546 BGB Rn. 128).

Soweit die Beklagte zu 1) sich darauf beruft, dass ihr die Besitzverschaffung der streitgegenständlichen Wohnung unmöglich sei, weil nur noch die Beklagten zu 2), 3) und 4) im Besitz der Mietsache seien, ist dem nicht zu folgen. Dem ausgezogenen Mieter ist die Erfüllung seiner Rückgabepflicht nicht unmöglich, da diese objektiv – wenn auch nur von dem zurückgebliebenen Mitmieter – erbracht werden kann (KG Beschluss vom 25.07.2006 – 8 W 34/06).

Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass ein Räumungsanspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) gem. § 546 Abs. 1 BGB besteht, weil das Mietverhältnis infolge der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 18.05.2015 gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB wirksam beendet worden ist. Die Beklagten waren für zwei aufeinander folgende Termine mit einem nicht unerheblichen Teil der Mietzahlung in Verzug. Die Beklagten schuldeten einen monatlichen Mietzins i.H.v. 1.350,- Euro. Für die Monate März und April 2015 zahlten die Beklagten jedoch nur je 600,- Euro Miete, also je 750,- Euro zu wenig und für den Monat Mai 2015 zahlten die Beklagten zunächst gar keine Miete. Zum Kündigungszeitpunkt bestand mithin ein Mietrückstand in Höhe von insgesamt 2.850,- Euro.

Die Kündigung ist auch nicht durch eine Heilung gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden. Voraussetzung dafür wäre, dass der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird. Der Anspruch wurde hier mit Zustellung der Klage am 23.07.2015 rechtshängig. Ein vollständiger Ausgleich des Mietrückstands bis zum 23.09.2016 durch die Beklagten ist jedoch unterblieben. Für die Monate März bis September 2015 wurde insgesamt ein Mietzins in Höhe von 9.450,- Euro geschuldet. Mit weiteren Zahlungen vom 29.05.2015 i.H.v. 600,- Euro, vom 12.08.2015 i.H.v. 200,- Euro und vom 03.09.2015 i.H.v. 5.850,- Euro haben die Beklagten insgesamt 7.850,- Euro an die Kläger geleistet. Zuzüglich der Zahlungen vom März und April 2015 bestand Ende September folglich weiterhin ein Mietrückstand i.H.v. 1000,- Euro.

Zu Recht geht das Amtsgericht insofern davon aus, dass eine Überweisung durch die Beklagte zu 3) i.H.v. 1.083,75 Euro im August 2015 nicht zum Erlöschen der Mietforderung geführt hat. Zwar kann die geschuldete Leistung gem. § 267 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch durch einen Dritten bewirkt werden. Allerdings ist hier durch die vorgenommene Überweisung keine Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 BGB eingetreten. Voraussetzung für den Eintritt der Erfüllungswirkung ist auch die objektive Zuordnungsmöglichkeit der Leistung (Nomos Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2014, § 362 Rn. 8). Eine solche war hier nicht gegeben. Die Überweisung erfolgte hier durch die Beklagte zu 3), die den Klägern zu diesem Zeitpunkt gänzlich unbekannt war. Auch der Betreff der Überweisung “Juni/Juli 2015” war nicht geeignet, eine Zuordnung zu ermöglichen. So schuldeten die Beklagten auch in den Monaten Juni und Juli 2015 eine Miete in Höhe von je 1.350,- Euro. Die Summe der Überweisung i.H.v. 1.083,75 Euro weicht von dem geschuldeten Betrag derart ab, dass sich diese Zahlung für die Kläger in keiner Weise als Zahlung auf die Mietforderung darstellen musste. Berechtigterweise haben die Kläger daher im Folgenden die Überweisung zurückgewiesen. Ein vollständiger Ausgleich des Mietrückstandes unterblieb somit.

Den Klägern steht demnach auch der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 546aBGB gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Parteien des Mietvertrages zu.”