Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist die Minderungsquote eines Mieters zu kürzen, wenn der Mieter für einen Mietmangel – hier: Feuchtigkeit und Schimmel – mitverantwortlich ist?

Die Antwort des Landgerichts Karlsruhe (LG Karlsruhe – 9 S 169/16, Urteil vom 02.06.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Karlsruhe in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Bezüglich der Schimmelbildung im Badezimmer im Erdgeschoss rügt die Berufung zu Recht die Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen (§§ 529Abs. 1 S. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen hat der Beklagte einen Verantwortungsanteil an der Schimmelbildung zu tragen, der zu einer – geringen – Mietminderung führt.

Feuchtigkeits- und Schimmelbildung in der Wohnung ist grundsätzlich ein Mangel. Zu entscheiden war lediglich, ob der Mangel auch Gewährleistungsrechte auslöst. Das wäre nicht der Fall, wenn die Schimmelbildung von der Klägerin zu vertreten wäre (arg. e § 538 BGB; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Auflage 2017, § 536 Rn. 48). Ist streitig, ob vermietete Räume infolge des Mietgebrauchs beschädigt worden sind, trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass die Schadensursache dem Obhutsbereich des Mieters entstammt; eine in seinen eigenen Verantwortungsbereich fallende Schadensursache muss der Vermieter ausräumen (BGH, Urteil vom 10. 11. 2004 – XII ZR 71/01; OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 09-08-1984 – 3 REMiet 6/84). Bei Feuchtigkeit und Schimmelbildung in der Wohnung hat dabei nach der Gefahrkreistheorie zunächst der Vermieter nachzuweisen, dass keine Baumängel vorliegen (Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 536 Rn. 501 m. Nachw.). Erst wenn ihm dies gelingt, muss sich der Mieter hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit entlasten (LG Berlin, Urteil vom 19. 9. 2000 – 64 S 162/00; LG Freiburg, Urteil vom 16.06.1988, 3 S 34/88; Häublein, in: Münchener Kommentar BGB, 7. Aufl., § 2016 Rn. 45). Das gilt insbesondere dann, wenn Modernisierungsmaßnahmen wie der Einbau neuer Fenster mit besseren Wärmedämmungseigenschaften am Gebäude vorgenommen werden (LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2003 – 307 S 48/02; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015). In diesem Fall ist die Wohnung nicht allein deshalb mangelfrei, wenn die jeweils zum Bauzeitpunkt geltenden technischen Vorschriften eingehalten werden. Ein Baumangel kann dann auch darin liegen, dass nunmehr die Außenwände die schlechteste Wärmeisolierung aufweisen, so dass sich dort Taufeuchtigkeit bildet (LG Berlin, Urteil vom 23.01.2001 – 64 S 320/99; LG Freiburg, Urteil vom 16.06.1988, 3 S 34/88; Isenmann/Mersson, NZM 2005, 881, 882). Ändern sich infolge der Modernisierung die Anforderungen an das Heizungs- und Lüftungsverhalten, hat der Vermieter den Mieter darauf hinzuweisen und den Mieter über die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung der Feuchtigkeit zu unterrichten. Unterlässt er dies, kann sich der Vermieter nicht auf ein fehlerhaftes Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters berufen (LG Berlin, Urteil vom 23.05.2014 – Aktenzeichen 65 S 524/13; LG Berlin, Urteil vom 23,01.2001 – 64 S 320/99; LG Gießen, Urteil vom 12.04,2000, 1 S 63/00; Isenmann/Mersson, NZW 2005, 881, 883; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Auflage 2017 , § 538 Rn. 49a). Die Hinweispflicht besteht aber grundsätzlich nur dann, wenn sich nach Einbau wärmedämmender Fenster die Anforderungen an das Lüftungs- und Heizverhalten ändern und erhöhte Anforderungen bestehen (vgl. Eisenschmid, in. Schmidt-Futterer, Mietrecht; 12. Auflage 2015, § 536 Rn. 230f,; Blank, in: Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 538 Rn. 50). Sind beide Parteien für die Schimmelbildung verantwortlich, ist die Minderungshöhe entsprechend den Verantwortungsanteilen zu quotieren (LG Bonn Urt. v. 3.12.1990 — 6 S 76/90) oder die Minderungshöhe von vornherein niedriger anzusetzen (AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg Urt. v. 24.4.2012 — 7 C 326/10; LG Berlin Urt. v. 15.6.2009 — 67 S 279/08).

Nach diesen Maßstäben trägt der Beklagte bis November 2015 einen Verantwortungsanteil für die Schimmelbildung im Badezimmer im Erdgeschoss.

Die Schimmelbildung um das Fenster im Badezimmer im Erdgeschoss selbst ist unstreitig und vom Sachverständigen dokumentiert, Zur Ursache hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 23. November 2015 auf S. 18 ausgeführt (Seite 207 der amtsgerichtlichen Akte):

Zusammenfassend ist hier davon auszugehen, dass die primäre Schadensursache in einem ungeeigneten Heizungsverhalten liegt. Bereits aufgrund dieses Umstandes ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Bades mit Schimmelpilzbildung zu rechnen. Als schadensverstärkende baulich bedingte Umstände kommt hier die nachteilige Veränderung des bauphysikalischen Gesamtgefüges sowie die ungünstige Anordnung der Dusche im unmittelbaren Außenwandbereich und des Heizkörpers im entfernten Innenwandbereich hinzu.

Eine Quantifizierung der Verursachungsbeiträge hinsichtlich der tatsächlich aufgetretenen Schimmelpilzbildung wird im Nachhinein nicht möglich sein. Es wird insbesondere die Frage, ob es ggfs. auch bei einer durchgehenden Beheizung des Bades auf übliche Raumlufttemperaturen aufgrund der dargestellten baulichen Gegebenheiten zu Schimmelbildung gekommen wäre.

Insbesondere ausweislich des letzten Satzes hat der Sachverständige nicht ausschließen können, dass der Schimmel bauseits bedingte Ursachen haben kann. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten des Beklagten, der nach den oben dargestellten Grundsätzen den Entlastungsbeweis bezüglich baulicher Ursachen nicht vollständig hat führen können, Gleichzeitig hat der Sachverständige festgestellt, dass die konkrete und primäre Ursache für die Schimmelbildung im Heizverhalten der Klägerin liegt. Zweifel an dieser Darstellung des Sachverständigen sind mit der Berufung nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist unbestritten, dass die Klägerin die eingebaute Heizung nicht verwendet, sondern lediglich einen Elektro-Heizstrahler einschaltet, während sie das Bad benutzt. Soweit sich die Klägerin in der Berufung darauf beruft, sie habe zu ihrem Heiz- und Lüftungsverhalten mit Schriftsatz vom 22.04.2015 Beweis angetreten, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Sie hat nicht geltend gemacht, das Badezimmer in großem Umfang als vom Sachverständigen zugrunde gelegt zu beheizen, sondern lediglich behauptet, dass das Badezimmer “auch beheizt”. Einer Beweiserhebung zum Heizungsverhalten bedurfte es angesichts dieser unsubstantiierten Behauptung nicht – auch das kurzfristige Heizen mit dem Heizstrahler ist “beheizen” und das Lüftungsverhalten steht nicht in Frage.

Der Beklagten trägt aufgrund einer abstrakt möglichen baulichen Verursachung nicht die volle Verantwortlichkeit, weil die Klägerin – positiv festgestellt – die primäre Ursache für die konkrete Schimmelpilzbildung gesetzt hat. Auch unter Berücksichtigung dogmatischer Bedenken gegen eine Quotierung der Verantwortungsbeiträge (Selk, NJW 2013, 2629, 2630) ist bei diesem Sachstand eine Reduktion des Verantwortungsanteils angemessen, die, wenn auch nicht auf § 254 BGB, so doch auf § 242 BGB zu stützen ist (nemo auditur turpitudinem suam allegans).

Bei der Bemessung war hier zunächst von einer erheblich geringeren Minderungsquote als von der Klägerin geltend gemacht auszugehen. Zu berücksichtigen war lediglich eine Schimmelbildung in der Fensterlaibung; auf eine weitere Schimmelbildung auf den Fliesen hat sich die Klägerin selbst in zweiter Instanz nicht mehr berufen. Die Schimmelbildung ist im Sachverständigengutachten vom 24.11.2015 mit Bildern dokumentiert (Seiten 229, 231 der amtsgerichtlichen Akte). Sie betrifft lediglich den Rahmen um das Fenster und ist – auch in Anbetracht der erheblichen Wirkungsdauer – nicht sehr umfangreich. Insgesamt würde dieser Mangel auch bei voller Verantwortlichkeit des Beklagten nicht mehr als 5 % Minderung rechtfertigen. Zu berücksichtigen war weiter, dass die Dusche bei dem schmalen Zuschnitt des Badezimmers kaum anders angeordnet werden kann als an der Außenwand. Die Nachtabsenkung auf unter 20 ° C war ebenfalls nur zu einem sehr geringen Teil zu veranschlagen. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass sie nicht auf die Anforderungen an das Heizverhalten hingewiesen worden sei, führt dies nicht zu einer wesentlichen Verschiebung der Verantwortungsanteile. Hier ist weder vorgetragen, wann neue Fenster eingebaut wurden, noch ist geltend gemacht oder ersichtlich, dass sich infolge des Einbaus die Anforderungen an das Heiz- und Lüftungsverhalten geändert hätten. Auch der Sachverständige stellt nicht auf erhöhte Anforderungen ab, sondern legt allgemein geltende und bekannte Maßstäbe an ein durchschnittliches Heizverhalten an. Seit Vorliegen des Gutachtens im November 2015 ist die Klägerin jedenfalls über das richtige Heizverhalten informiert – dies betrifft indes den Zahlungsantrag nicht, der nur für den Zeitraum bis Dezember 2014 gestellt wurde.

Nach alledem rechtfertigt die Schimmelbildung im Badezimmer im Erdgeschoss keine höhere Minderung als 1 % der Bruttomiete.”