Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Ist der Vermieter von Wohnraum auch bei warmen Außentemperaturen verpflichtet, die Versorgung der Wohnung mit Warmwasser sicherzustellen?

Die Antwort des Landgerichts Fulda (LG Fulda – 5 T 200/17, Beschluss vom 05.01.2018) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Fulda in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Der Verfügungsanspruch folgt aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB . Der Vermieter hat dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu überlassen. Die Antragsgegnerin ist als Vermieterin gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auch verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dazu gehört auch die Versorgung mit Heizung und Warmwasser. Die Antragsgegnerin ist als Vermieterin dafür verantwortlich, dass die Warmwasserversorgung funktioniert und dass die Wohnung ausreichend beheizt werden kann. Zu dieser Verpflichtung gehört es auch, die Antragstellerinnen als Mieter vor Heizungsausfällen, etwa durch Leerlaufen des Öltanks, zu bewahren. Es ist ihre Verpflichtung, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Heizung und der Warmwasserversorgung ein Ende hat. Dies liegt auch innerhalb ihres Einfluss- und Verantwortungsbereiches.

Die Antragstellerinnen hatten auch ein berechtigtes Interesse an einer Regelung im Wege einer einstweiligen Verfügung. Sowohl die Versorgung der Wohnung mit Warmwasser als auch mit ausreichend Wärme durch eine funktionsfähige Heizung ist schon aus gesundheitlichen Gründen dringend und rechtfertigt einen Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935940 ZPO ( AG Bochum Urt. v. 29.11.2012 – 83 C 255/12BeckRS 2013, 07022). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Versorgungsunterbrechung sich im Hochsommer ereignete. Zwar wird ein Mieter in einer Jahreszeit mit hohen Außentemperaturen einen Ausfall der Heizung wohl hinnehmen können, sodass bei einem Ausfall allein der Raumheizungen eine Eilbedürftigkeit im Hochsommer zu bezweifeln wäre. Anders ist es aber bei einem Ausfall des Warmwassers, der gerade hier auch eingetreten war. Die Versorgung mit Warmwasser hat für die Körperhygiene des Menschen erhebliche Bedeutung, zumal im Hochsommer, da der menschliche Körper bei hohen Außentemperaturen verstärkt zum Schwitzen neigt und eine Einschränkung der Wasch- und Duschmöglichkeiten gerade dann besonders unangenehme Folgen zeigen kann. Es ist einem Mieter nicht zuzumuten, aufgrund einer bloßen Nachlässigkeit des Vermieters – verspätetes Absetzen der Heizölbestellung – wochenlang auf Warmwasser verzichten zu müssen. Der Mieter ist insoweit auch nicht auf alternative Wassererwärmungsmöglichkeiten zu verweisen. Dies gilt erst recht für die Antragstellerin, die die Wohnung zusammen mit ihren 2 und 8 Jahre alten Kindern bewohnt. Im Alter von 2 Jahren sind viele Kinder noch nicht zuverlässig trocken und sauber; hat sich das Kind eingenässt oder eingekotet, so muss sich die Antragstellerin darauf verlassen können, dass ihr schnell Warmwasser zur Verfügung steht, um ihr Kind waschen zu können. Es ist ihr nicht zuzumuten, etwa erst mit Hilfe eines Wasserkochers eine für Kinderhaut angenehme Wassertemperatur anzumischen. Insbesondere wäre es nicht zumutbar gewesen, diesen Zustand bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bestehen zu lassen, zumal die Antragsgegnerin selbst diesen Zustand verschuldet hat. Sie hätte schon viel früher den Heizöltank auf seine Befüllung überprüfen und sodann rechtzeitig Heizöl bestellen können.

Auch das Verhalten der Antragstellerin selbst spricht nicht gegen einen Verfügungsgrund. Sie hat den Verfügungsgrund nicht durch zu langes Zuwarten bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung selbst widerlegt. Die Notwendigkeit für eine einstweilige Verfügung kann zwar infolge Selbstwiderlegung durch längeres Zuwarten in Kenntnis der sie rechtfertigenden Umstände entfallen. Nach dem allgemein anerkannten und in zivilrechtlichen Eilverfahren auch stets angewandten Grundsatz der Selbstwiderlegung ist ein Verfügungsgrund zu verneinen, wenn der Antragsteller trotz ursprünglich bestehender Regelungs- oder Eilbedürftigkeit zu lange zugewartet hat, bevor er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, und zwar selbst dann, wenn dieses Zuwarten auf den Versuch zurückzuführen ist, die Angelegenheit mit dem Antragsgegner gütlich und kooperativ zu regeln (vgl. etwa KG Berlin, Urteil vom 09.02.2001, Az. 5 U 9667/00NJW-RR 2001, 1201 f.). Hinter diesem Grundsatz stehen nicht Gesichtspunkte der Verwirkung, sondern vielmehr der allgemeine Gedanke, dass derjenige, der seine eigenen Angelegenheiten selbst nicht mit der notwendigen Dringlichkeit und Konsequenz betreibt, nicht erwarten darf, dass die Gerichte dann, wenn sich die Sachlage schließlich – vorhersehbar – zuspitzt, die Situation als unaufschiebbaren Eilfall, der Vorrang vor allen anderen Geschäftsvorgängen hat, behandeln. Für die noch hinzunehmende Zeitspanne (in der Regel vier Wochen im Wettbewerbsrecht, ansonsten bis zu drei Monaten) sind die Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Schwierigkeit tatsächlicher und rechtlicher Art maßgeblich (Musielak/Huber, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 940 Rn. 4).

Gemessen daran hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht zu lange zugewartet. Unstreitig sind Heizung und Warmwasser bereits am 30.06.2017 ausgefallen. Die Antragstellerin hat sich dann zunächst, wie sie glaubhaft gemacht hat, ohne Erfolg telefonisch und per SMS an die Antragsgegnerin gewandt. Unter dem 04.07.2017 wandte sie sich dann bereits per Anwaltsschreiben an diese. Als dies nichts fruchtete, beantragte sie, eingehend am 20.07.2017, den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Antragstellerin hat hier nicht unnötig lange zugewartet. Vom Ablauf der zur Wiederherstellung der Warmwasserversorgung gesetzten Frist bis zum Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vergingen weniger als zwei Wochen. Nach derart kurzer Zeit kann noch nicht von einer Selbstwiderlegung der Eilbedürftigkeit gesprochen werden. Die Eilbedürftigkeit der Sache ist vielmehr der Antragsgegnerin anzulasten, denn hätte sie rechtzeitig den Öltank auf seine Befüllung überprüft und nicht erst abgewartet, bis der Öltank völlig leergelaufen ist, so hätte durch frühzeitige Ölbestellung eine Unterbrechung der Warmwasserversorgung von vornherein verhindert werden können. In diesem Fall hätte die Antragsgegnerin auch rechtzeitig einen Bekannten organisieren können, der ihr bei der Bedienung der Heizung behilflich ist. Ihre Argumente sind daher hier nicht stichhaltig.”