Aus der Rubrik “Wissenswertes”:

Kann der Vermieter Nebenkosten bis zum Betrag der geschuldeten Vorauszahlungen auch aufgrund einer nach Ablauf der Abrechnungsfrist erteilten Abrechnung noch geltend machen?

Die Antwort des Landgerichts Berlin (LG Berlin – 63 S 41/17, Urteil vom 29.12.2017) lautet: Ja!

Zur Begründung führt das Landgericht Berlin in seiner vorgenannten Entscheidung unter II. wie folgt aus: “Dem Vermieter steht auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist im Falle einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung jedenfalls ein Anspruch auf Zahlung bis zur Höhe der Sollvorschüsse zu.

Eine erst nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erteilte formell ordnungsgemäße Abrechnung steht zwar grundsätzlich der Geltendmachung von Nachforderungen entgegen (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB); um Nachforderungen in diesem Sinne handelt es sich aber begrifflich nur, wenn der Vermieter nach Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist einen Betrag verlangt, der eine bereits erteilte Abrechnung oder, falls er eine rechtzeitige Abrechnung nicht erstellt hat, die Summe der Vorauszahlungen des Mieters übersteigt. Dies gilt entsprechend, soweit der Mieter geschuldete Vorauszahlungen nicht oder -wie hier nur teilweise – erbracht hat. Nebenkosten bis zum Betrag der geschuldeten Vorauszahlungen kann der Vermieter deshalb auch aufgrund einer nach Ablauf der Abrechnungsfrist erteilten Abrechnung geltend machen (BGH, Urteil vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06).

Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf die sich aus der korrigierten Betriebskostenabrechnung für 2013 ergebenden Nachzahlung, die die zu leistenden Sollvorschüsse übersteigt. Grundsätzlich kann der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Frist aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht mehr zum Nachteil des Mieters korrigieren. Das gilt namentlich auch dann, wenn das Ergebnis der erteilten Abrechnung ein Guthaben des Mieters ist. Die Abrechnungsfrist aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und der durch § 556Abs. 3 Satz 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforderungen nach Fristablauf dienen der Abrechnungssicherheit für den Mieter und sollen Streit vermeiden. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn der Vermieter einen Abrechnungsfehler nach Ablauf der Abrechnungsfrist noch zum Nachteil des Mieters korrigieren könnte.

Es kommt hierbei grundsätzlich auch nicht darauf an, worauf der Fehler der Abrechnung beruht. Vielmehr ist eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter zugunsten des Mieters irrtümlich höhere als die tatsächlich erbrachten Vorauszahlungen angesetzt und deshalb zu Unrecht ein Guthaben des Mieters oder eine zu geringe Nachforderung errechnet hat.

Dass es sich bei den Nebenkostenvorauszahlungen um einen Teil der Miete handelt, rechtfertigt keine andere Wertung. Der Vermieter kann Nebenkosten als Vorauszahlungen nur solange geltend machen, als eine Abrechnung noch nicht erteilt und die Abrechnungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach dem Eintritt der Abrechnungsreife kann er nur noch die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge verlangen (BGH, Urteil vom 30.03.2011 – VIII ZR 133/10).

Insbesondere ist es in vorliegenden Fall der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Klägerin ab ihrem Versehen in der ursprünglich fristgemäßen Abrechnung, in welche sie versehentlich die Sollvorschüsse eingestellt hatte, wegen des Ablaufs der Abrechnungsfrist festzuhalten.

Zwar hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung dies grundsätzlich für möglich erachtet und auch im hiesigen zugrundeliegenden Sachverhalt hat die Klägerin durch Einstellen der Sollstatt der Istvorschüsse einen für die Beklagte ohne weiteres erkennbaren Fehler begangen, ferner haben auch die Parteien hier einen Rechtsstreit über die Höhe der zu leistenden Vorschüsse geführt, weil die Beklagte die Erhöhung nicht akzeptiert hat. Jedoch erfolgte im Gegensatz zur vorgenannten Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt hier die Korrektur der Abrechnung erst mehr als 18 Monate nach der ursprünglichen Abrechnung. Es handelt sich demnach nicht mehr um ein “kurz nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigiertes Versehen” der Klägerin.

Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht vermocht, den früheren Zugang der korrigierten Betriebskostenabrechnung zu beweisen. Auch die Berufungsbegründung enthält diesbezüglich keinen Beweisantritt.

Demnach ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung der Sollvorschüsse für 2013 in Höhe von 3.041,34 Euro, von welchem die unstreitig geleisteten tatsächlichen Vorschüsse in Höhe von 1.775,40 Euro sowie die durch die Beklagte auf die ursprüngliche Abrechnung gelisteten 64,55 Euro abzuziehen sind, womit es bei einem Anspruch von noch 1.201,36 Euro der Klägerin für 2013 verbleibt.”